Vermögensverwaltende Fonds sind in aller Munde. Derzeit trommelt die Fondsbranche besonders kräftig für diese Produkte, die - so wird es oft suggeriert - ein Allheilmittel für Anleger „in unsicheren Zeiten“ seien (wann, fragt man sich, waren die Kapitalmärkte, vor allem Aktien, jemals „sicher“?). Viele Medien haben dieses hohe Lied der Vermögensverwaltung aufgegriffen.
Kostproben möchte ich Ihnen an dieser Stelle nicht vorenthalten: „Stur ausgerichtete Investmentfonds eignen sich nicht mehr als Daueranlage“, hieß in einem Anlegermagazin zu Beginn des Jahres. „Neue Anlagestrategien müssen her“, denn „Buy-and-hold-Strategien wirken nicht mehr“. Flexible und globale Multi-Asset-Strategien passten, so heißt es weiter, in die „heutige Börsenlandschaft“ (Wir haben bereits gelernt, dass die Zeiten unsicher sind) „Vermögensverwaltungsfonds ermöglichen sichere Navigation in allen Marktphasen“, versprach jüngst ein anderes Magazin, denn, so wiederum das Fazit eines Fernsehbeitrags: Der Vorteil vermögensverwaltender Fonds liege darin, dass diese „die Gewichtung der Anlagekategorie frei wählen“ könnten.
Nach dem Marketing-Sturm: was bleibt?
Doch was zeichnet diese Produkte eigentlich aus? Ungeachtet des Wusts an Marketing-Botschaften kommt man recht schnell zum Kern der Sache. Vermögensverwaltende Fonds investieren - soweit, so banal - in mehrere Asset-Klassen und agieren dabei vollkommen flexibel. Das Ziel: Sie sollen immer das „Richtige“ machen. Nimmt die Volatilität an den Kapitalmärkten zu, schichten die Fondsmanager von risikoreichen Anlagen, vor allem Aktien, in qualitativ hochwertige Staatsanleihen und Cash um.
Einige Marktteilnehmer setzen als Bedingung zudem voraus, dass bei vermögensverwaltenden Fonds Risikomanagement-Mechanismen zum Einsatz kommen sollen. Dabei wird allerdings nicht klar, was die Natur bzw. Qualität dieser Mechanismen sein soll. Regelrecht bedenklich wird es, wenn zudem behauptet wird, dass diese Fonds „unabhängig von Benchmarks“ oder „Marktindizes“ verwaltet werden. Sofern ein Fonds am Kapitalmarkt agiert und sein Geld auf mehrere Asset-Klassen streut (und wir haben ja gelernt, dass vermögensverwaltende Fonds dies tun), muss für den Investor transparent gemacht werden, mit welchem Rendite-Risiko-Profil er es zu tun hat. Was sollte sonst die Funktion einer Benchmark bzw. eines Index sein?
Die Rede ist also von flexiblen Mischfonds. Diese können den Anteil an Risiko-Assets beliebig von null bis 100% variieren. Aus gutem Grund halten wir uns bei Morningstar von Wohlfühlfloskeln wie „vermögensverwaltende Fonds“ fern, die alles und nichts sagen. (Nebenbei bemerkt: Auch die Neue-Markt-Fonds, deren Trümmer von der Geschichte längst weggekehrt wurden, haben das „Vermögen“ der Kunden „verwaltet“ - freilich mit eher schlechtem Erfolg). Wir kategorisieren Fonds indes nicht anhand der deklarierten Absichten der Investmentgesellschaften, sondern ihrem Investitionsverhalten folgend. Es gibt bei uns die Mischfonds-Kategorien „defensiv“, „ausgewogen“, „aggressiv“ und „flexibel“ - mit ihren verschiedenen Ausrichtungen je nach Anlage-Region bzw. -Währung.
Hohe Zuflüsse in flexible Mischfonds in den vergangenen 12 Monaten
Angespornt von derart viel Lob der Medien und dem intensiven Marketing-Beschuss durch die Fondsanbieter sind Anleger zuletzt in großem Stil in flexible Mischfonds eingestiegen. Europaweit wurden per Ende Juni in den vergangenen 12 Monaten netto gut 18,5 Milliarden Euro in Publikumsfonds dieser Provinienz investiert. Nur defensiv ausgerichtete Produkte konnten unter den Mischfonds in diesem Zeitraum mehr Anlegergeld einsammeln.
Fondsmanager, die flexibel in Aktien, Renten, Rohstoffe und Cash investieren, konnten ihre totale Freiheit für Anleger zumeist wenig gewinnbringend ausleben.
Angesichts dieser Entwicklung reibt sich der verwunderte Beobachter die Augen. Viele Anleger haben das Leistungsversprechen der Fondsbranche offenbar mit der bloßen Verkündung bereits als erfüllt betrachtet – und entsprechend gekauft. Die unkritische Herangehensweise ist vor dem Hintergrund der Erfolgsbilanz dieser Produkte höchst erstaunlich. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren die Erfolgsbilanz flexibler Mischfonds mehrfach unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: Diese Fondsgattung hat überwiegend enttäuschende Ergebnisse geliefert.
Fondsmanager, die vollkommen flexibel in Aktien, Renten, Rohstoffe und Cash investieren dürfen, konnten bisher ihre totale Freiheit für Anleger wenig gewinnbringend ausleben. „Mischen possible?“ lautete noch die als Frage formulierte Morningstar-Untersuchung im Herbst 2011, deren Ergebnisse wenig schmeichelhaft für diese Produktgattung ausfielen. „Mischen impossible“, lautete das vollends ernüchterte Fazit unserer zweiten Untersuchung ein Jahr später. Die Ergebnisse beider Untersuchungen nähren berechtigte Zweifel an der Tauglichkeit der vermeintlichen Allwetterprodukte. Wohlgemerkt wurden in der Untersuchung nur solche Fonds mit langen Performance-Historien berücksichtigt, Produkte also, deren Verhalten man anhand mehrerer Börsenzyklen beurteilen kann.
Neues Studien-Design, neues Glück?
Doch an dieser Stelle halten wir inne. Da sich unsere bisherigen Auswertungen auf die lange am Markt bestehenden Fonds konzentrierten, haben wir vielleicht entscheidende Innovationen der Fondsbranche verpasst? Vielleicht haben ja die nach der Finanzkrise aufgelegten Multi-Asset-Fonds (Achtung: eine weitere, neumodische Bezeichnung für Mischfonds!) den klassischen Produkten den Schneid abgekauft? Konnte das viel beschworene moderne Risikomanagement dieser Fonds gar die bisherigen Schwachpunkte der flexiblen Produkte ausmerzen?
Wir wollten es genau wissen und haben uns die Bilanz aller in Europa zum Vertrieb zugelassenen global anlegenden flexiblen Mischfonds mit Schwerpunkt Euro vorgenommen. Wie haben diese Fonds im Zeitraum von 1, 3, 5 und 10 Jahren abgeschnitten? Wir sind dabei sehr großzügig vorgegangen und haben die Ergebnisse nicht um die fusionierten und liquidierten Fonds ergänzt (seit August 2008 wurden 670 flexible Mischfonds europaweit vom Markt genommen, und es steht zu vermuten, dass diese nicht wegen überbordenden Erfolgs verschwunden sind).
Wir haben als Vergleichsmaßstab einen 50:50-Aktien-Renten Index konstruiert, der aus dem Bond-Index Barclays Capital Euro Aggregate TR und dem Aktienindex FTSE World TR besteht und regelmäßig auf seinen Ausgangspunkt zurückgesetzt wird.
Wie die untere Tabelle zeigt, ist die Bilanz der marktbreiteren Untersuchung, die alle global investierende, flexible Mischfonds umfasst, deckungsgleich mit unseren vorangegangenen Studien. Die allermeisten flexiblen Mischfonds sind nicht in der Lage, eine ausgewogene Benchmark zu übertreffen.
Tabelle: Das unerbittliche Gesetz der großen Zahl: Die Rendite-Risiko-Bilanz flexibler Mischfonds
Egal, ob in den ersten sieben Monaten dieses Jahres, den vergangenen 12 Monaten oder innerhalb der vergangenen 3,5 und 10 Jahren: In keinem Zeitraum konnten die Fonds in der Breite überzeugen. 2013 hinkten flexible Mischfonds dem 50:50-Index im Schnitt um 4,15 Prozentpunkte hinterher, in den vergangenen 12 Monaten waren es gut 5,3 Prozentpunkte weniger, und in den vergangenen 3 Jahren fielen flexible Mischfonds sogar knapp 7 Prozentpunkte hinter den Index zurück – pro Jahr, wohlgemerkt.
Und es gibt noch schlechtere Nachrichten: Diese substanzielle Underperformance ging mit einem wesentlich höheren Risiko als beim Index einher. In den vergangenen 3 Jahren waren sowohl der maximale Verlust als auch die Volatilität dieser Produkte im Durchschnitt um einiges höher als beim Index, wie aus der oberen Tabelle ebenfalls hervorgeht.
2,2% der flexiblen Mischfonds konnten seit 2010 überzeugen
Doch weil es die Gesetze der großen Zahl manchmal an Tiefenschärfe vermissen lassen, wollten wir wissen, wie viele Fonds es in den verschiedenen Perioden geschafft haben, den Index zu übertreffen. Wir haben nachgeschaut, wie hoch der Anteil der Outperformer über diverse Perioden war. Vielleicht haben ja einige große Ausreißer nach unten der Morningstar-Kategorie als Ganzes die Performance verhagelt?
Dies ist mitnichten so. Die Ergebnisse lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, wie die untere Tabelle zeigt.
Tabelle: Die erschreckend niedrige Erfolgsquote flexibler Mischfonds
In den ersten 7 Monaten dieses Jahres konnten 16,6% der Fonds die 50:50-Aktien-Renten-Benchmark übertreffen. In den vergangenen 12 Monaten waren es 16,9%. Anhand der Ergebnisse ähnlicher Untersuchungen geht davon aus, dass quer über alle Fondsgattungen und Zeiträume rund 30% der aktiven Fonds ihre Benchmark übertreffen. Wem also die oben erwähnte Kurzfristbilanz bescheiden vorkommt, der wird von der Erfolgsquote über 3 und 5 Jahre überrascht sein: Nur 2,2% bzw 2,8% der Fonds übertrafen in dieser Zeit die Benchmark. In den vergangenen 10 Jahren waren es 8,2%, was ebenfalls keine wirklich befriedigende Bilanz darstellt.
In den vergangenen 3 Jahren haben es europaweit 2,2% der flexiblen Mischfonds geschafft, eine ausgewogene Aktien-Renten-Benchmark übertroffen.
Nun mag man einwenden, dass die Kapitalmärkte in den vergangenen Jahren höchst stürmisch und mit Finanzkrisen durchsetzt waren. Aber genau das ist eben der selbsterteilte Auftrag der Manager flexibler Mischfonds: die Kundenportfolios sicher durch die volatilen Märkte zu navigieren. In den vergangenen 3 und 5 Jahren war dieser Erfolg nur wenigen Anlegern in flexiblen Mischfonds vergönnt. Eine statische Aktien-Renten-Strategie, die lediglich regelmäßig auf die Ausgangsposition hätte zurückgesetzt werden müssen, wäre in den vergangenen 3 und 5 Jahren - nicht risikoadjustiert! - erfolgreicher als mehr als 90% aller flexiblen Mischfonds am Markt gewesen.
Doch was ist eigentlich im Einzelnen schief gelaufen? Was haben die versierten Kapitalmarktexperten falsch gemacht? Wie haben sie sich in den turbulentesten Marktphasen verhalten, in Zeiten also, in denen es auf kühle Köpfe ankam? Kann man als Anleger unter Umständen Lehren aus dem Verhalten der Fondsmanager ziehen? Wir werden im zweiten Teil dieser Untersuchung in einer Fallstudie die Asset-Allokation der flexiblen EUR-Mischfonds in Europa in den vergangenen 3 Jahren an markanten – tatsächlichen oder vermeintlichen - Wendepunkten an den Aktienmärkten unter die Lupe nehmen. Lesen Sie hier weiter.