Neue Fonds - Drahtseilakt für Investoren

Wie reagieren Investoren auf Trends, die der Vertrieb und die Fondsindustrie ausrufen? Wir haben einen Blick auf Mittelflüsse und Renditen modischer Anlagethemen geworfen. 

Ali Masarwah 03.09.2013
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In unserer Halbjahresstatistik zu Neuemissionen am Fondsmarkt in Europa haben wir festgestellt, dass Aktien- und Rentenprodukte für Emerging Markets sowie Mischfonds bei den Asset Managern oben auf der Agenda standen (lesen Sie hier mehr). Wir wollen nun herausfinden, ob und wie diese Investments bei Anlegern ankommen und haben einen Blick auf die Absatzbilanz einiger der Trendy-Fondskategorien geworfen. Doch wir wollten nicht nur dokumentieren, wie viel Geld in die Fondskategorien geflossen ist, in denen die Fondsgesellschaften eine besonders rege Emissionstätigkeit an den Tag gelegt haben und immer noch legen, sondern auch feststellen, welche Performance Anleger mit diesen Fonds erwirtschaften konnten.

Wir kontrastieren zudem die Absatz- und Performance-Bilanz der Trend-Investments mit der Entwicklung bei vermeintlich "langweiligen" Fondskategorien wie europäische Aktien oder Renten. Grundlage der europaweiten Untersuchung ist die Performance der Morningstar Kategorien im laufenden Jahr sowie in den vergangenen drei Jahren, die wir den geschätzten Nettozuflüssen in denselben Zeiträumen gegenüberstellen. 

Bei Aktien stehen Emerging Markets im Vordergrund

Wir kommen zunächst zu den Aktienkategorien, die in diesem Jahr die meisten Neuauflagen gesehen haben. Wie unsere Tabelle unten zeigt, stehen Emerging Markets an vorderster Stelle. Wir haben aus dieser großen Gruppe vier Morningstar Kategorien ausgewählt. Globale Emerging-Markets-Aktienfonds und Asien-ex-Japan-Produkte haben die meisten Neuauflagen auf sich vereint. Darüber hinaus haben wir uns die Kategorien Afrika/Nahost- und Frontiermärkte näher angesehen, zwei Themen, die zwar nicht die meisten Neuauflagen sahen, aber relativ zu ihrer Größe viel Aufmerksamkeit unter Investoren erregt haben.

Tabelle: Mittelflüsse und Performance: Die Prozyklik dominiert

Bei globalen Emerging-Markets-Fonds fällt auf, dass die extrem hohen Zuflüsse der vergangenen Jahre mit einer bescheidenen Performance einhergingen. Die Validität der Annahme vieler Anleger (vermutlich gestützt durch die Marketing-Botschaften der Fondsanbieter und des Finanzvertriebs), wonach ein hohes Wirtschaftswachstum zwangsläufig auch hohe Aktien-Renditen nach sich zieht, wurde einem harten Realitäts-Check unterworfen.

Während Fonds für globale Schwellenländeraktien in den vergangenen drei Jahren europaweit 41,38 Milliarden Euro netto einsammeln konnten, betrug die durchschnittliche Dreijahresrendite dieser Morningstar-Kategorie minus 0,5 Prozent pro Jahr. Auch in diesem Jahr waren die Zuflüsse mit 5,33 Milliarden Euro recht hoch, die Performance mit minus 7,62 indes reichlich mies. 

Europafonds sind viel besser als der Ruf des "Alten Kontinents"

Kontrastiert man diese Performance mit den Renditen, die mit einigen vermeintlich langweiligen Anlagekategorien erzielbar waren, fällt auf, dass europäische Standardwertefonds eine deutlich bessere Wahl gewesen wären. Sie erzielten 2013 und in den vergangenen drei Jahren mit einem Plus von 9,53 bzw. 7,99 Prozent sehr ordentliche Renditen. Aktien aus "old Europe" standen indes auf der Verkaufsliste europäischer Investoren. Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, zogen Anleger in den vergangenen drei Jahren knapp 8,5 Milliarden Euro aus Europa-Standardwertefonds ab. Im laufenden Jahr beliefen sich die Abflüsse - ungeachtet der längst manifesten Stabilisierung der Eurozone - auf 1,5 Milliarden Euro.

Besser fällt die Bilanz bei globalen Standardwertefonds der Stilrichtung Blend aus, die in den vergangenen drei Jahren 18,8 Milliarden an Zuflüssen verzeichneten. Mit einem Plus von 8,18 Prozent pro Jahr war Performance-Bilanz globaler Fonds deutlich besser als die von Schwellenländerfonds. Der Abgleich der Performance mit den Mittelzu- und -abflüssen zeigt, dass es sich gelohnt hätte, antizyklisch zu investieren und eher auf Europa, statt auf die gehypten Schwellenländer zu setzen.

Doch es steht zu befürchten, dass Anleger derzeit dabei sind, die alten Fehler erneut zu begehen. Denn inzwischen hat sich die Euphorie für Emerging-Markets-Aktienfonds deutlich abgekühlt. Die wachsenden Sorgen der Investoren um die politische und wirtschaftliche Stabilität der Schwellenländer und die sich andeutende Kursänderung der US-Notenbank verhagelt ihnen offenbar den Appetit auf Emerging Markets Investments, wie die hohen Mittelabflüsse der vergangenen 3 Monate zeigen.

Die Frage stellt sich allerdings, ob ein Ausstieg jetzt, nach einer bereits länger anhaltenden Kursschwäche, die richtige Antwort ist. Zumindest könnten Anleger, die der Emerging-Markets-Hype der Vergangenheit eher skeptisch gegenüberstanden, in der heutigen Situation möglicherweise Chancen erkennen. Die Bewertungen sprechen jedenfalls derzeit eher für ein Engagement in Emerging Markets als noch vor zwei Jahren. 

Tendenz zu diversifizierteren Schwellenländer-Investments ...

Eine etwas andere Geschichte erzählen dagegen Aktienfonds der Kategorie Asien ex Japan. Diese Kategorie, die ebenfalls bescheidene -  wenn auch positive Renditen – in den vergangenen drei Jahren verzeichnet hat, leidet bereits seit Jahren unter hohen Mittelabflüssen. Hier dürfte ein interessanter Trend zum Tragen kommen: Investoren entscheiden sich zunehmend für einen breiteren Zugang zu Emerging Markets. Darunter leiden Regionenfonds, wie das Beispiel Asien ex Japan zeigt, aber auch globale Schwellenländerfonds mit konzentrierten Ansätzen, wie zum Beispiel die vormals so beliebten BRIC-Fonds, deren Fokus offenbar von immer mehr Investoren als zu eng empfunden wird. Auch Emerging-Markets-Länderfonds mussten in den vergangenen Jahren überwiegend Mittelabflüsse hinnehmen.

... mit der Ausnahme der Frontier-Märkte

Kein Widerspruch zu diesem Befund stellen die hohen Zuflüsse in die so genannten Frontierfonds dar. Schließlich elektrisieren neue Trends den Vertrieb und viele Anleger, und es ist typisch, dass neue Investment-Stories zunächst hohe Zuflüsse auf sich vereinen – man erinnere sich nur an BRIC-Fonds, die ab Anfang des Millenniums sehr hohe Zuflüsse verbuchten und die erst mit der Finanzkrise 2008 abbrachen. Heute gelten BRICS – man vergegenwärtige sich die sich häufenden Krisenmeldungen aus Brasilien, Russland und Indien - offenbar nicht mehr als passende Investment-Story. 

Anleger scheinen mit Frontier-Investments allerdings eine BRIC-reloaded-Story zu spielen. Mit dem Unterschied, dass es sich bei Frontiermärkten wie Pakistan, Nigeria, Bangladesch oder Kenia um Grenzgänger handelt. Es sind Länder, die zur Erfolgsstory werden könnten - oder aber auch als gescheiterte Staaten enden könnten. Man könnte also die These vertreten, dass das Anlagerisiko bei diesen Märkten höher ist als bei den etablierten Märkten Brasilien, Russland, Indien und China. Wie dem auch sei: Frontiermärkte konnten sich bisher in diesem Jahr dem Negativtrend an den großen Schwellenländer-Märkten entziehen. Die Performance der Frontierfonds ist jedenfalls beachtlich. Wie nachhaltig die Investment-Story der „nächsten Generation“ der Schwellenländer ausfallen wird, muss sich indes noch zeigen. Die begrenzte Kapazität der dortigen Finanzmärkte für "heißes Geld" aus den Industrieländer sowie der derzeitige Run westlicher Investoren sollte jedenfalls vorsichtig stimmen.

Und wie sieht die Bilanz bei Rentenfonds aus? Lesen Sie hier, welche Bond-Kategorien im Trend waren und wie die Performance-Bilanz ausfällt.

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich