In den vergangenen 30 Jahren haben wir bei Morningstar viele Innovationen eingeführt, um Anlegern Investmententscheidungen zu erleichtern. Sei es das Morningstar Sterne-Rating, die Morningstar Style Box, die Morningstar Kategorien oder das Morningstar Analyst Rating: Alle diese Tools helfen Anlegern, Investmentfonds zu analysieren, zu vergleichen, auszuwählen und nachzuverfolgen. Das gilt für aktive Fonds und ETFs gleichermaßen. Dieser Tradition folgt das Morningstar Sustainability Rating für Investmentfonds, das wir heute, am 17. März 2016, der Öffentlichkeit vorstellen. Es verfolgt das Ziel, Investoren eine zusätzliche Dimension bei der Fondsanalyse zu erschließen, indem das Nachhaltigkeitsprofil der Fondsholdings offengelegt wird. Damit haben Investoren die Möglichkeit, anhand der tatsächlichen Investmentpraxis die Nachhaltigkeitsausrichtung eines Fonds relativ zu vergleichbaren Fonds zu erfassen.
Nachhaltigkeit: Eine kurze Einführung in ein wichtiges Investmentthema
Nachhaltigkeit, zu Englisch Sustainability, gewinnt für viele Menschen zunehmend an Bedeutung. Immer neue Umfragen zeigen, dass Bürger besorgt sind über den Klimawandel, die Umweltzerstörung, den Umgang von Firmen mit ihren Mitarbeitern und wie sich die Unternehmenswelt sozial engagiert. In der Welt der Kapitalanlage werden diese Themenfelder oft mit dem Akronym „ESG“ zusammengefasst. Dahinter stehen die Begriffe: environmental, social und governance.
Eine steigende Zahl von Investoren erwartet, dass diese Faktoren auch im Portfoliomanagement berücksichtigt werden. Sie fordern, dass Investments Werte-basiert erfolgen. Sie möchten nur in solche Firmen investieren, die Nachhaltigkeitskriterien beachten. Andere Investoren, vor allem die professionellen Anleger, berücksichtigen ESG-Faktoren, weil sie zur Kenntnis genommen haben, dass nicht-nachhaltiges Wirtschaften den Unternehmen operative Probleme verursachen kann und die Unternehmensgewinne dadurch negativ betroffen werden können. Daher ist es auch aus dieser, renditegetriebenen Sicht der Dinge geboten, ESG-Faktoren zu berücksichtigen. Das gilt vor allem für Anleger mit einer Langfristperspektive, etwa im Bereich der Altersvorsorge.
Bis heute hatten Investoren keine einfache Möglichkeit, die Nachhaltigkeitsbilanz verschiedener Fonds miteinander zu vergleichen. Wer nachhaltig investieren wollte, war auf eine relativ kleine Gruppe von Produkten beschränkt, die mit einem Nachhaltigkeitsstempel versehen sind. Diese Produkte, auch als „SRI“-Fonds (steht für „socially responsible investment“) bezeichnet, verfolgen häufig Strategien, die entweder auf Ausschlusskriterien basieren, oder aber bei denen das Fondsmanagement einen aktivistischen Ansatz verfolgt, um Unternehmen zu einem nachhaltigeren Wirtschaften zu bewegen.
Derartige Produkte mögen für einige Anleger eine gute Wahl sein, aber hier gilt es, einige Fallstricke zu beachten. Zunächst sind diese Produkte nicht zahlreich. Nur 2% der Fonds deklarieren sich als nachhaltig. Einige dieser SRI-Fonds liefern gute Renditen, aber etliche haben sich nicht durch gute Performance hervorgetan. Das reduziert die Auswahl an möglichen Fonds noch weiter. Pensionsplänen fehlen SRI-Perspektiven häufig in Gänze. Darüber hinaus ist es für Anleger schwierig nachzuhalten, wie sehr Nachhaltigkeitsfonds tatsächlich Nachhaltigkeitskriterien in ihre Anlagestrategie integrieren. Zur Erinnerung: Es ist die jeweilige Fondsgesellschaft, die ihren Fonds einen SRI-Stempel versieht. Im Detail der Sache nachgehen ist dann Sache des Anlegers oder des Beraters.
Das Morningstar Sustainability Rating hilft Anlegern, diese Bedenken zu adressieren und Hürden bei der Fondsanalyse zu überwinden. Es erlaubt Anlegern, den Praxistest bei SRI-Investments zu machen. Mit dem Einsatz des Ratings können Anleger selbstständig prüfen, ob ein SRI-Fonds seinem Mandat tatsächlich nachkommt. Zudem erweitert es den Horizont auf Fonds jenseits des Nachhaltigkeitsuniversums --- schließlich kalkulieren wir das Sustainability Rating für alle Fonds, bei denen wir in hinreichendem Maße über Portfoliodaten verfügen. Im Erst-Rating haben wir weltweit 20.000 Fonds ein Sustainability Rating zugewiesen. Damit können sich Anleger und Berater auch ein Bild über das Nachhaltigkeitsprofil konventioneller Fonds machen.
Wie das Rating funktioniert
Das Morningstar Sustainability Rating misst, wie die Unternehmen in einem Fondsportfolio die mit ESG-Fragen zusammenhängenden Chancen und Risiken managen. Es ist ein relatives Bewertungsschema. Die Bilanz erfolgt im Vergleich mit ähnlichen Fonds innerhalb derselben Morningstar Kategorie. Für die Erstellung des Ratings auf Fondsebene greifen wir auf die Daten des Analysehauses Sustainalytics zurück, eines führenden Anbieters von ESG Ratings und Research. Sustainalytics erstellt also die ESG-Bilanz auf der Unternehmensebene, die wir zu einem Fonds-Rating verdichten. Das Morningstar Sustainablility Rating wird dann vergeben, wenn zu mehr als 50% des Fondsvermögens Sustainalytics-Ratings vorliegen. Wir erfassen dabei Aktien und Unternehmensanleihen gleichermaßen.
Der Rating-Prozess eines Fonds verläuft in zwei Schritten, die in der unteren Grafik abgebildet sind. Zunächst kalkulieren wir den Morningstar Portfolio Sustainability Score. Der Wert ergibt sich aus dem gewichteten Durchschnitt der normierten ESG-Scores auf Unternehmensebene. Im Anschluss wird der ESG Score auf Portfolioebene um einen so genannten Controversy-Faktor bereinigt. Hier handelt es sich um einen Abschlag, der ESG-relevante Kontroversen misst bzw. bewertet (hier gelangen Sie zum Methodik-Dokument des Morningstar Sustainability Ratings).
Schaubild 1: Der zweistufige Rating Prozess
Im zweiten Schritt sortieren wir die bewerteten Fonds in fünf normalverteilte Gruppen innerhalb einer Morningstar Kategorie ein. Diese Kategorisierung entspricht dem Vorgehen bei der Errechnung des Morningstar Sterne Ratings, mit dem Unterschied, dass wir das Morningstar Sustainability Rating in Globen darstellen und nicht in Sternen. Ein Globus signalisiert ein niedriges Rating, zwei Globen ein unterdurchschnittliches, drei Globen ein durchschnittliches, vier Globen ein überdurchschnittliches und fünf Globen ein hohes Sustainability Rating.
Schaubild 2: Das Moringstar Sustainability Rating: Wie die „Globen“ vergeben werden
Der Einsatz des Ratings
Anleger und Berater können mit dem Portfolio Sustainability Score einschätzen, wie gut oder schlecht die Unternehmen in einem Fonds die mit ESG Faktoren verbundenen Risiken und Chancen im Vergleich zu ihrer Branche managen. Ein Score von mehr als 50 auf einer Skala von 0 bis 100 zeigt, dass ein Fonds im Schnitt zur „nachhaltigeren“ Hälfte einer Branche zählt. Anleger können also das Morningstar Sustainability Rating nutzen, um Fonds innerhalb einer Morningstar Kategorie zu vergleichen , wie das untere Schaubild zeigt:
Schaubild 3: Zwei Fonds im Vergleich
Anleger können mit unserem Rating einordnen, wie gut bestehende Fonds oder Portfoliokandidaten ESG Kriterien anwenden. Sie können überprüfen, ob als Nachhaltigskeitsstrategie deklarierte Fonds ihren Mandaten treu sind. Schließlich können Anleger mit Hilfe unserer Daten auch für sich selbst herausfinden, ob es sich lohnt, Nachhaltigkeitsprinzipien bei der Portfoliokonstruktion zu berücksichtigen.
Fazit
Unser Sustainability Rating ist mit Blick auf Nachhaltigkeitsinvestments sicher nicht das letzte Wort. Aber es ist ein erster Schritt auf dem Weg, die Nachhaltigkeitsbilanzen verschiedener Fonds zu bewerten und miteinander zu vergleichen. Das Rating hilft Investoren, eine grundlegende Frage zu beantworten: Wie managen die Unternehmen, die in einem Fonds enthalten sind, ihre Nachhaltigkeitsrisiken? Das Nachhaltigkeitsrating auf Basis der ESG-Bewertung einzelner Unternehmen bietet dazu eine objektive Antwort. Es ermöglicht darüber hinaus die Möglichkeit, Fondsvergleiche anhand einheitlicher Kriterien vorzunehmen und bietet somit eine wichtige Hilfestellung für Anleger, die nachhaltig investieren möchten.