Ungeachtet des tiefen Tals der Tränen, das die Börsen der Schwellenländer in den vergangenen Jahren durchschritten haben, sind die Märkte dieser Länder reifer geworden - und sie dürften in Zukunft immer mehr an Tiefe gewinnen. Ein Indikator dafür ist deren zunehmende Erschließung durch Investmentfonds, die – ungeachtet der schwachen Performance und hoher Mittelabflüsse seit 2014 – auch die Nischensegmente der Emerging Markets mit Produkten abbilden.
Neue Schwellenländer-Kategorie - frei von Themenfonds
Nach den Frontiermärkten kommen für Fondsanleger immer mehr klassische Schwellenländer-Nebenwerte ins Spiel. Auch wenn Fonds für Frontiermärkte ebenfalls in Unternehmen aus der zweiten Reihe investieren, ist die Vorgehensweise oft eher themenorientiert und sollte von Anlegern kritisch auf ihre Diversifikationsleistung geprüft werden (Stichwort: „Next 11“).
Wir haben infolge der Zunahme der Zahl an Nebenwertefonds per Ende April eine neue Morningstar Kategorie ins Leben gerufen, die – themenfrei – Fonds für Schwellenländer zusammenfasst, die auf Mid und Small Caps setzen. Mit dieser neuen Kategorie sprechen wir natürlich keine Empfehlung für oder wider diese Fonds oder das Investment-Universum aus. Wir geben Anlegern vielmehr die nötigen Tools an die Hand, um aus dem inzwischen großen Wust an Schwellenländerfonds einen distinktiven Bereich abzugrenzen. Das ermöglicht es, dieses Segment effektiver zu analysieren und ähnliche Fonds miteinander zu vergleichen.
Wir wollen im Folgenden die Highlights dieser neuen Kategorie skizzieren, diese auf ihre ökonomischen Merkmale abklopfen und auf ihre Rendite- und Risiko-bezogenen Kennzahlen eingehen. Dabei nehmen wir auch eine Abgrenzung zu den Anlegern bekanntere Gruppe der Standardwertefonds für Emerging Markets vor. Wir stellen auch die Frage: "aktiv oder passiv?" und stellen die besten und größten Fonds und ETFs näher vor.
34 aktive Fonds und drei ETFs in der neuen Kategorie
Zunächst die Basics: Unsere neue Kategorie umfasst 37 in Europa domizilierte Fonds, drei davon sind ETFs. Auch wenn die ältesten Fonds bereits im Jahr 2000 aufgelegt wurden, ist die Zahl der Produkte seit 2011 besonders schnell angestiegen: Nicht weniger als 20 Schwellenländer-Nebenwertefonds kamen seitdem in Europa auf den Markt.
Das verwaltete Vermögen in den Fonds dieser Kategorie belief sich europaweit per Ende April auf 5,33 Milliarden Euro. Damit zählt sie zu den kleineren Kategorien, zumal im Vergleich zur Standardwertekategorie Aktien Schwellenländer, die mit einem verwalteten Vermögen von 161,5 Milliarden Euro die drittgrößte europäische Morningstar-Fondskategorie darstellt.
Die Kategorie der Schwellenländer-Nebenwerte befindet sich von der Größenordnung her in der Region der Kategorien „Sektorfonds Energie“, „Sektorfonds Finanzdienstleister“ und „Aktien Hongkong“, die ebenfalls ein Vermögen von jeweils rund fünf Milliarden Euro aufweisen.
Mit der Kurserholung kamen die Mittelzuflüsse zurück
Kommen wir nun zur Nachfrageseite. Wie die untere Grafik zeigt, hielten sich die Zuflüsse in Schwellenländer Nebenwertefonds in den vergangenen Jahren in Grenzen. Damit bewegten sich die Flows im Einklang mit den Investitionen bzw. Desinvestitionen der Anleger in großkapitalisierte Schwellenländer-Aktienfonds.
Im Zuge steigender Kurse (Schwellenländer-Börsen haben in diesem Jahr ihre Pendants aus den Industrieländern outperformt) zeichnet sich eine Erholung der Nachfrage ab. Die Zuflüsse bewegten sich im April den dritten Monat in Folge über der Nulllinie, was angesichts der miesen Stimmung für Schwellenländer-Investments schon fast eine Serie darstellt, zumal die Performance der vergangenen 12 Monate ungeachtet der jüngsten Erholung noch deutlich negativ ist.
Tabelle: Mittelflüsse in Schwellenländer-Nebenwertefonds seit 2011
Wir blicken nun auf die Charakteristika dieses Marktsegments. Es bietet sich zunächst eine Top-down-Sicht auf Indexebene an. Uns liegen mit Blick auf die verwendete Fonds-Benchmark Informationen zu 28 von 37 Fonds vor. Von den 28 Fonds weisen 13 den Index MSCI Emerging Markets Small Cap Index als Messlatte bzw. Underlying aus, fünf verwenden den Large-Cap-Index MSCI Emerging Markets, und zwei nutzen den MSCI Emerging Markets Mid Cap Index. Wir wollen die Charakteristika dieser Indizes mit den Merkmalen der Fonds abgleichen und schauen, welche Messlatte sich am besten als Benchmark eignet.
Vier Benchmarks im Vergleich
Gemäß dem Indexanbieter MSCI umfasst der MSCI Emerging Markets Small Cap Index derzeit rund 1.850 Aktien. Er deckt etwa 14% der Marktkapitalisierung der frei handelbaren Aktien in 23 Ländern ab, die MSCI als Schwellenländer definiert. Das entspricht insgesamt einer Marktkapitalisierung von 582 Milliarden US-Dollar. Im Schnitt weist jedes Unternehmen einen Börsenwert von 315 Millionen Dollar auf (Stand: Ende April).
Im MSCI Emerging Markets Mid Cap Index befinden sich rund 375 Unternehmen, die etwa 15% der Marktkapitalisierung der frei handelbaren Aktien in 23 Schwellenländern abdecken. Das entspricht einer Marktkapitalisierung von 589 Milliarden US-Dollar. Im Schnitt weist jedes Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 1,57 Milliarden Dollar auf.
In einer gänzlich anderen Liga spielen die Unternehmen des „Mutterindex“ der Schwellenländer-Aktien: Wie aus dem Index-Fact Sheet von MSCI hervorgeht, deckt der MSCI Emerging Markets 85% der Marktkapitalisierung in den 23 Ländern ab. Er umfasst 836 Unternehmen, die insgesamt einen Börsenwert von 3,646 Billionen Dollar haben. Im Schnitt sind das 4,36 Milliarden Dollar pro Unternehmen.
Nach der Analyse der Eigenschaften der Unternehmen und dem Abgleich mit den Indizes haben wir uns für eine andere Benchmark entschieden: Morningstar hat Schwellenländer-Nebenwertefonds den MSCI Emerging Markets Small/Mid Cap Index als Kategorie-Benchmark verpasst. Der gemischte Nebenwerte-Index, der breiter aufgestellt ist als die oberen Barometer, passt am ehesten zum tatsächlichen Anlageuniversum der größtenteils aktiv verwalteten Fonds der Kategorie. Der MSCI EM SMID umfasst rund 2.220 Unternehmen, die etwa 29% des Börsenwerts der Emerging Markets abdecken. Das entspricht einer Gesamtmarktkapitalisierung von 1,171 Billionen Dollar. Im Schnitt sind das 527 Millionen Dollar pro Unternehmen.
Tabelle: Schwellenländer-Nebenwertefonds und vier Indizes: Der Kontext
Die obere Tabelle ermöglicht den Vergleich der Fondskategorie mit den jeweiligen Indizes. Uns liegen die Portfolio-Informationen zu 33 der 37 Fonds der Kategorie vor. Aus der Tabelle geht hervor, dass die Produkte der Schwellenländer-Nebenwertekategorie gemäß unserer Aktienkategorisierung im Schnitt zu 38,5% im Mid-Cap-Segment unterwegs sind, es folgen Small Caps mit 25,6% und Large Caps mit 19,1%. Sehr große Werte (die in keinem der Nebenwerte-Indizes vertreten sind) machen 4,4% des Kategoriedurchschnitts aus. Micro Caps, also die kleinsten Unternehmen, sind mit 5,6% gewichtet, eine mehr als doppelt so hohe Gewichtung wie im MSCI EM Small Cap.
Die Durchsicht der uns zur Verfügung stehenden 33 Portfolios zeigt, dass viel für die Verwendung der gemischten Benchmark spricht. Sie reflektiert noch am ehesten die Positionierung der Fonds. Das gilt es im Blick zu behalten, wenn es um die Berechnung von Rendite- und Risiko-Kennzahlen geht, wie etwa Tracking Error, Alpha, Beta o.ä. - diese werden in unseren Tools immer relativ zum Kategorie-Index ausgewiesen, der in der Kurzfassung den Namen MSCI EM SMID trägt.
Im zweiten Teil unserer Werkschau zur Kategorie Aktien Schwellenländer Nebenwerte wollen wir uns die Branchen und Länderstruktur der Fonds vornehmen: Lesen sie hier Schwellenländer-Nebenwertefonds: Branchen und Länder