In unserer Übersicht zu ESG-Fonds am europäischen Fondsmarkt haben wir im ersten Teil eine grobe Übersicht über die Bedeutung von ESG-Fonds in Europa geliefert. Im zweiten haben wir untersucht, in welchen Asset-Klassen Nachhaltigkeitsfonds besonders stark vertreten sind und in welchen Fondskategorien das meiste Geld in ESG-Fonds investiert ist. Im dritten Teil haben wir die Frage „aktiv versus passiv“ aufgegriffen und ermittelt, in welchen Kategorien ESG-Indexfonds am häufigsten vertreten sind. In Teil IV unserer Übersicht haben wir geklärt, dass Nachhaltigkeitsfonds relativ zu vergleichbaren Fonds im Großen und Ganzen halten, was sie versprechen.
Im letzten Teil unserer Übersicht blicken wir auf die Kosten von Nachhaltigkeitsfonds relativ zu den Kosten der Kategorie insgesamt. Und weil Kosten die wichtigsten Determinanten der künftigen relativen Rendite vergleichbarer Investments sind, haben wir uns auch die Morningstar-Sterne Ratings von ESG-Fonds angeschaut, welche Aussagen erlauben über das Rendite-Risiko-Profil von ESG-Fonds (immer relativ zu vergleichbaren Fonds).
Kommen wir zunächst zu den Kosten. Skeptiker könnten unken, dass Nachhaltigkeitsfonds deshalb von Fondsanbietern verstärkt vermarktet werden, weil sie überdurchschnittliche Gebühren versprechen, frei nach dem Motto: Nachhaltigkeits-Research bringt eine zusätzliche Komplexität in den Investment-Prozess, die auch vergütet werden muss. Doch dem scheint auf den ersten Blick nicht so zu sein, zumindest nicht im Durchschnitt.
Kommen wir zu den Details. In der unteren Tabelle haben wir die durchschnittlichen Kosten von ESG-Fonds im Vergleich zu den Kosten vergleichbarer Fonds der identischen Kategorie ermittelt. Sie lesen die untere Tabelle so: Neben Angaben zur Zahl und zum Vermögen von ESG-Fonds in der jeweiligen Kategorie haben wir den Index-Anteil der ESG-Fonds hinterlegt. Es folgt weiter rechts der Durchschnitt der Kosten (TER) der ESG-Fonds. In der Spalte rechts daneben sind die Kosten der Kategorie angegeben. Die Differenz bildet den Abschluss der Tabelle und ist zu verstehen: Ist sie ein negativer Wert, sind die Kosten von ESG-Fonds geringer als der Durchschnitt der Kategorie-Kosten. Ein positiver Wert deutet indes an, dass ESG-Fonds höhere Kosten aufweisen als der Durchschnitt der Kategorie, in der sich diese befinden. Die Differenz ist farblich markiert. Je stärker die Felder Richtung Signalfarbe rot tendieren, desto teurer sind ESG-Fonds, je stärker grün die Zell-Farbe ausschlägt, desto günstiger sind sie.
Tabelle: Die Kosten von ESG-Fonds relativ zu ihren Kategorien
Die obere Tabelle der bedeutsamsten Kategorien nach ESG-Fondsgewicht (Volumen-bezogen) zeigt, dass – grosso modo – ESG-Fonds tendenziell günstiger sind als der Durchschnitt der jeweiligen Kategorie. Das ist bei 17 der 20 Kategorien der Fall. Nur in drei Kategorien sind ESG-Fonds teurer. Die Befürchtung, wonach ESG-Fonds übermäßig teuer sein könnten, bestätigt sich also nicht. Doch es lohnt, sich darüber Gedanken zu machen, denn es spricht dafür, dass hier nicht nur Altruismus im Spiel sein könnte.
Die genauen Ursachen zu benennen, ist schwierig, allerdings bieten sich einige Vorschläge an, warum etliche ESG-Fonds-Cluster relativ günstig sind. Zum einen scheint eine gewisse Korrelation zwischen Index-Anteil der jeweiligen ESG-Cluster und den Kosten zu existieren. So weisen ESG-Cluster in etlichen Kategorien, die relativ günstig sind, einen recht hohen Anteil an Indexfonds auf. So bei den Kategorien Aktien Schwellenländer, Aktien Standardwerte USA und Aktien Standardwerte Europa. Doch da andere günstige ESG-Cluster, wie etwa defensive EUR Mischfonds oder Standardwerte Value, nur aus aktiv verwalteten Fonds bestehen, ist das erkennbar nicht die ganze Erklärung.
Weitere Erklärungen könnten darin bestehen, dass unser Sample einen hohen Anteil, nämlich 20 Prozent, an Fonds mit Domizilen Niederlande, Norwegen, Schweden und die Schweiz aufweist. Das sind Standorte mit besonders günstigen Kosten. Fonds dieser Herkunft machen indes nur sieben Prozent des Fondsmarkts in Europa aus. Hinzu kommt, dass unser ESG-Fonds-Sample zu rund 15 Prozent aus institutionellen Fonds besteht, deren Bestandteil am Publikumsfondsmarkt europaweit indes nur bei rund elf Prozent liegt. Das zeigt, dass günstige Kosten nicht zwangsläufig zur DNA von Nachhaltigkeitsfonds gehören: sie sind vielmehr institutioneller, tendenziell eher Indexfonds und stammen aus günstigen, vorwiegend nordischen Fonds-Standorten, die typischerweise tiefere Kosten als Fonds aus anderen europäischen Standorten aufweisen.
Günstige Kosten gehören nicht zwangsläufig zur DNA von Nachhaltigkeitsfonds; sie sind vielmehr institutioneller, tendenziell Indexfonds und stammen häufiger aus günstigen Fonds-Standorten.
Kommen wir zum Abschluss noch zum Rendite-Risiko-Profil der ESG-Cluster im Vergleich zum Durchschnitt der Kategorien, denen sie angehören. Wir haben die wichtigsten ESG-Cluster nach Vermögen aufgeführt und das durchschnittliche Morningstar Sterne-Rating aufgeführt sowie die Überschussrendite versus Kategoriedurchschnitt (annualisiert) in den fünf Jahren seit März 2012 in der rechten Spalte der unteren Tabelle aufgeführt.
Tabelle: Die wichtigsten ESG-Cluster im Spiegel der Morningstar Sterne Ratings
Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, weisen die allermeisten ESG-Cluster ein (durchschnittliches) Drei-Sterne-Rating auf. Das bedeutet, dass das Rendite-Risiko-Profil der Fonds dem Durchschnitt der Kategorie entspricht, was nicht weiter verwundert: Das Gesetz der großen Zahl gilt nun einmal auch für ESG-Fonds: auch sie tendieren zum Mittel der jeweiligen Kategorie. Risiko-adjustiert sind ESG-Fonds zumeist nicht besser und nicht schlechter als der Durchschnitt.
Vier Kategorien fallen indes aus dem Rahmen und weisen Auffälligkeiten auf: Die ESG-Cluster der Kategorien Aktien Schwellenländer, zwei Cluster von ausgewogenen EUR Mischfonds und GBP Mischfonds aggressiv weisen jeweils ein Vier-Sterne-Rating auf. Da sich unser Sterne-Rating um eine risikoadjustierte Performance-Betrachtung handelt, kann es sich lohnen, an dieser Stelle nachzuhaken. Dass bei Schwellenländer-Aktien ESG-konforme Investments helfen können, operative Risiken zu mindern, was sich wiederum in einer überlegenen Performance widerspiegeln kann, leuchtet intuitiv ein. Allerdings dürfte dieses an sich logische Argument auch anderswo Gültigkeit besitzen, sodass es sich hier allenfalls um erste Überlegungen handelt.
Vor diesem Hintergrund überrascht nicht, dass die oben genannten vier ESG-Cluster mit die höchste (nicht Risiko-adjustierte) Outperformance gegenüber den jeweiligen Kategorie-Durchschnitten erzielt haben. Mit 2,82 Punkten Outperformance pro Jahr war die Bilanz der aktienlastigen GBP Mischfonds in den vergangenen fünf Jahren am besten, aber auch global anlegende ausgewogene Euro ESG-Mischfonds landeten pro Jahr im Schnitt 1,8 Punkte vor ihrem Kategoriedurchschnitt. Schwellenländer-ESG-Fonds zeigten eine Outperformance von 1,01 Prozentpunkten pro Jahr seit 2012.
Fünf von 20 ESG-Cluster zeigten indes schlechtere Werte als ihre Kategorie-Durchschnitte. Besonders schwach schnitten ESG-konforme Wasserfonds ab, die in den vergangenen fünf Jahren pro Jahr 1,15 Punkte hinter ihrem Kategoriedurchschnitt lagen.
Auch wenn dies interessante Befunde sind, muss an dieser Stelle betont werden, dass derartige Performance-Bilanzen angesichts des begrenzten Fondsuniversums und der begrenzten Zeiträume zwar Anlass für tiefergehende Recherchen liefern, sie aber nicht als Beleg für oder gegen die These der Überlegenheit von ESG-Fonds-Performance gewertet werden können.
Die Übersicht zur Übersicht: Die Artikelserie zu Nachhaltigkeitsfonds in Europa:
Teil III: Wie stark sind Indexfonds unter den ESG-Clustern in der jeweiligen Kategorie vertreten?
Teil IV: Wie sieht das Nachhaltigkeits-Rating dieser ESG-Fondsgruppen relativ zu ihren jeweiligen Fondskategorien aus? Wie fällt die Bilanz der einzelnen Faktoren Umwelt, Soziales, Governance aus?
Teil V: Welches Rendite-Risiko-Profil weisen ESG-Fonds in Europa auf? Und wie teuer sind sie im Vergleich zu herkömmlichen Fonds der identischen Kategorie?