Das richtige Timing hat einen entscheidenden Einfluss auf die Rendite einer Investition. So hätte beispielsweise ein Investor, wenn er nahe des Tiefpunkts der Aktienmärkte Anfang März 2009 in den DAX-Index investiert hätte, in den 10 Monaten bis zum Jahresende eine bemerkenswerte Rendite von über 60% eingefahren. Im Gegensatz dazu hätte der gleiche Anleger aber Ende 2009 immer noch 25 Prozent Verlust zu verzeichnen gehabt, wenn er den deutschen Leitindex bereits im Januar des Vorjahres gekauft hätte.
Dieses kleine Beispiel verdeutlicht den hohen Einfluss des richtigen Anlagezeitpunkts auf die Rendite einer Investition – doch ist gutes Timing alles und kann man es für sich nutzen? Mitnichten, denn in der Realität sehen die Ergebnisse leider anders aus. Anleger treffen selten den optimalen Einstiegszeitpunkt. Im Gegenteil, sie kaufen und verkaufen oft zu ungünstigen Zeitpunkten: In steigenden Aktienmärkten werden Aktienquoten weiter erhöht (und dabei oft zu teuer gekauft), in fallenden Märkten panisch veräußert, gerne dann, wenn die Papiere schon recht günstig geworden sind.
Prozyklisches Verhalten
Bei Morningstar haben wir dieses prozyklische Verhalten auch bei Fondssparern festgestellt: Dies zeigt sich anhand der Anlegerrenditen (Investor Returns), die die Fondsrendite mit den Investitionszeitpunkten der Anleger durch Beobachtung der Mittelzu- und Abflüsse im Fonds verknüpfen: Die Untersuchung ergab, dass Anleger bevorzugt in Fonds/Anlageklassen investierten, nachdem diese sich gerade besonders gut entwickelt hatten, das heißt, nachdem der Großteil der Überrendite bereits erzielt worden war. In Summe fielen diese „Investor returns“ aufgrund der ungünstigen Investitionszeitpunkte daher deutlich niedriger aus als die „offizielle“ Fondsperformance im identischen Zeitraum.
Doch nicht nur bei privaten Anlegern existiert dieses prozyklische Verhalten, auch professionelle Vermögensverwalter sind davor nicht gefeit – ich habe während meiner Zeit im Portfoliomanagement mehrmals erlebt, dass Verkäufe nahe des Tiefpunktes ausgeführt wurden. Fakt ist: Der Einfluss des richtigen Timings auf die Performance ist hoch, lässt sich aber praktisch nur schwer nutzen.
Einige trendfolgende Strategien waren zwar mit ihren Timingentscheidungen über Jahre hinweg in der Lage, Mehrwert zu erzeugen, taten sich aber in den politisch motivierten und oft seitwärts tendierenden Märkten der letzten Jahre schwer.
Strategisch orientierte Portfolioallokation
Da der Versuch, Markttiming erfolgreich zu betreiben, in der Praxis meistens daneben geht, halte ich eine strategisch orientierte Portfolioallokation generell für sinnvoller. Diese richtet sich idealerweise an der Risikotragfähigkeit des Anlegers aus. Dabei sollte das Portfoliorisiko nicht nur ex-ante betrachtet werden, denn am Ende einer Baisse fällt die Verlusttoleranz der Anleger erfahrungsgemäß immer geringer aus als in guten Börsenzeiten.
Daher ist es ratsam, Extremszenarien wie sie in den letzten Jahren vorkamen, als sich einzelne Märkte, wie z.B. der DAX-Index, mehr als halbiert hatten, in die Betrachtung miteinzubeziehen. Aktuelle Marktbewegungen, Bewertungen, Investmentthemen und das makroökonomische Umfeld sollten dabei nicht ausgeblendet werden, sondern können im Portfolio im Rahmen von mittelfristigen Über- und Untergewichtungen von Anlageklassen oder -sektoren Berücksichtigung finden. Auch taktische Anlageentscheidungen können, als Ergänzung, durchaus erfolgreich eingesetzt werden.
Gerade in Krisenphasen bieten sich kurzfristig Gelegenheiten, Anlagen zu Schnäppchenpreisen einzusammeln. Auch wenn man diese sehr wahrscheinlich nicht zum Tiefstkurs erwischt, kann man mit etwas Durchhaltevermögen ansprechende Erträge erzielen – es lohnt sich also, auch einmal opportunistisch vorzugehen.