Interview: „Dabei sein, so lange die Musik spielt“

Jens Ehrhardt gilt als Doyen der deutschen Vermögensverwalter. In einer Zeit, in der Namen wie Carmignac und Flossbach von Storch in aller Munde sind, geht es bei DJE Kapital in Pullach eher unspektakulär zu. Aber durchaus erfolgreich. 

Ali Masarwah 02.05.2013
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Ein Interview mit dem Gründer der DJE Kapital AG, Dr. Jens Ehrhardt, ist immer ein Parforce-Ritt durch die Welt der Kapitalanlage. Ausgangspunkt ist natürlich das Große Ganze, die Makroökonomie, die Welt der Zinsen und Notenbankpolitiken. Einerseits. Andererseits spielt die Mikroperspektive traditionell auch eine gewichtige Rolle in Ehrhardts Anlagestrategie. Man erinnere sich nur an sein langjähriges Investment in den Düngemittelhersteller K +S, das ihm auch den Spitznamen "Mister Kali und Salz" eintrug. Aber die Bilanzanalyse ist weniger das A und O bei Ehrhardt als vielmehr sein dezidiert pragmatischer Blick auf die Welt. Investieren hat im Hause DJE viel mit Common Sense, Mut und mehr als nur einem Hauch Opportunismus zu tun. Wir trafen Jens Ehrhardt zum Gespräch in der DJE-Zentrale in Pullach, am Rande von München.  

Herr Ehrhardt, die Eurokrise wütet bereits seit einigen Jahren, die Industrieländer ächzen unter der hohen Schuldenlast. Die extrem lockere Geldpolitik hält die Zinsen global künstlich niedrig, und die Kapitalmärkte gelten als verzerrt und von der Politik manipuliert. Spielen fundamentale Faktoren heute überhaupt noch eine Rolle für Kapitalanleger?

Auf der Makro-Ebene hat sich das Gewicht zwischen monetären und fundamentalen Einflussfaktoren verschoben. Fundamentale Faktoren sind deutlich in den Hintergrund gedrängt worden. Als ich 1974 die FMM-Methode entwickelt habe (FMM steht für „fundamental“, „monetär“ und „markttechnisch“, Anmerkung von Morningstar), stellte sich die Frage, ob ich das „F“ wie fundamental oder das „M“ wie monetär nach vorne stellen sollte. Ich habe mich damals entschieden, das Fundamentale in meinem Investmentansatz als wichtigsten Faktor hervorzuheben. Das gilt nach wie vor. Denn wenn das nicht stimmt, können die Notenbanken so viel Geld drucken, wie sie wollen, dann kracht ohnehin alles zusammen. Die Verschuldung als Faktor ist in unserer fundamentalen Analyse der Märkte ohnehin vertreten. Wenn ein Land oder ein Unternehmen hoch verschuldet ist, gilt es als fundamental unsicher, und dann muss man vorsichtig sein.

Ist das wirklich so? Gesamtwirtschaftlich sieht es eher düster aus, aber das scheint keinen zu interessieren, solange die Notenbanken eine expansive Linie fahren. Wie wollen Sie als fundamental arbeitender Fondsmanager einen Mehrwert erzielen? ETFs tun es doch auch?

Das würde ich so nicht unterschreiben. Auch wenn fundamentale Faktoren auf der Makro-Ebene zurückgedrängt wurden, zählt das Fundamentale auf Unternehmensebene schon noch. Die Börse hat nie aufgehört, zwischen Unternehmen zu unterscheiden, die Gewinne erwirtschaften, und solchen, die nicht solide aufgestellt sind. Und diese Unterscheidung ist gerade in letzter Zeit noch wichtiger geworden.

Heute macht fundamentales Investieren wieder Spaß, weil die Kurse nicht ohne Begründung steigen oder fallen.

 

Davor waren die Korrelationen innerhalb der Indizes tatsächlich hoch, und bis 2012 ging tendenziell alles mit den monetären Aktionen der Zentralbanken rauf und runter. Das ist aber nicht neu: In Krisenzeiten differenzieren die Märkte nicht. Seit 2012 differenzieren die Märkte wieder stärker. Heute macht fundamentales Investieren wieder Spaß, weil die Kurse nicht ohne Begründung steigen oder fallen.

Die US-Notenbank hat angekündigt, die Märkte so lange mit Geld zu fluten, bis die Arbeitslosigkeit unter die 6,5%-Marke sinkt. Was passiert, wenn diese Marke erreicht ist und die FED zeitnah den Rückzug einleitet?

Der Einfluss der Geldpolitik ist riesengroß. Wenn die Arbeitslosigkeit in den USA kurzfristig deutlich sinken würde und die FED anfangen würde, den Exit anzugehen, dann würde das einen ziemlichen Erdrutsch auslösen, die Märkte würden schon sehr negativ reagieren.

Es ist schon paradox, man muss hoffen, dass sich die die Konjunktur nicht zu gut entwickelt, weil dann die Stimulanz der Notenbanken zurückgezogen wird.

Es ist eine paradoxe Situation; man muss als Vermögensverwalter hoffen, dass die eigenen Favoriten auf Unternehmensebene gut laufen, die Konjunktur sich aber nicht zu gut entwickelt, weil dann die Stimulanz der Notenbanken zurückgezogen wird.

Wie real ist diese Gefahr?

Noch nicht groß, es ist noch nicht so weit. Der Konjunkturaufschwung in den USA wird nach meiner Meinung überschätzt - es wird zu viel an der Erholung des Immobilienmarkts festgemacht. Ich würde hinter der Konsumkraft der privaten Verbraucher einige Fragezeichen setzen. Die Gehälter steigen nicht richtig. Eine Lohnerhöhung von 1,7 % bei etwas verlängerter Arbeitszeit ist im Ergebnis nicht mehr als ein Plus von durchschnittlich 2%. Und die Sparquote ist in Amerika mit 2,3 Prozent nach wie vor sehr niedrig, auf Pump Konsumieren wird also nicht funktionieren. Von der Seite sind die Impulse für die Konjunktur minimal, was insgesamt für ein gedämpftes Wachstum spricht.

Die expansive Linie der Notenbanken dient auch dazu, der Politik Spielräume freizuboxen, damit diese Reformen angeht und die Verschuldung senkt. Nutzt die Politik die Spielräume so, dass man davon ausgehen kann, dass der Rückzug der Notenbanken geordnet ablaufen wird, also kein Chaos an den Märkten droht?

Ich weiß, dass das negativ klingt, aber ich sehe nicht, dass die Konjunktur weltweit auf absehbare Zeit von selbst auf die Beine kommt. Es wird fiskalisch oder monetär überall angekurbelt, und das wird so bleiben. Das Wachstum ist nicht einmal im viel gepriesenen China selbsttragend. Wenn der Staat dort nicht investieren würde, wären die Zuwachsraten längst nicht so hoch wie das kommunizierte Plus von 7,7% beim BIP im vergangenen Jahr.

Das heißt, Investoren werden weiter durch unbekanntes Terrain navigieren müssen …

Ja, im Grunde wird die Konjunktur weltweit künstlich gestützt. Dadurch haben wir relativ gute Fundamentaldaten – an der Oberfläche sieht es also deshalb gut aus. Wenn die Staatsnachfrage zurückgeht, werden aber auch die Unternehmensgewinne nicht mehr so gut aussehen. Die staatliche Ankurbelungspolitik beeinflusst die Unternehmensgewinne weltweit.

Dann halten wir fest: Sie sind ein fundamental investierender Vermögensverwalter, sind pessimistisch für die fundamentale Lage der Weltwirtschaft gestimmt und halten die Märkte für verzerrt. Dennoch fahren Sie in Ihren Fonds hohe Aktienquoten.

Als Vermögensverwalter muss man dabei sein, so lange die Musik spielt. Das geht auch gar nicht anders, für extrem defensive Strategien wird man von Anlegern nicht belohnt.

Auf der Reise ins Ungewisse müssen Sie also prozyklisch vorgehen.

Das kann man so formulieren. Man muss sich anpassen. Wer nur in der Ecke steht und meint, dass alles nur ungesund ist, Gold kauft oder in Festgeld und Bundesanleihen umschichtet, hat zwar ein hochsolides Portfolio, sieht auf der Performance-Seite aber ziemlich dumm aus.  Selbst wenn man langfristig mit dem Szenario richtig liegt, verliert man auf dem Weg seine Kunden...

…die aber bekannterweise keine Verluste tolerieren …

Unser Anspruch ist es, gut durch Baissephasen zu kommen, und das haben wir insgesamt auch geschafft. Aber es gibt viele Investoren, die keine Verluste hinnehmen!

Wie wollen Sie Verluste vermeiden, aber wenn Sie mittanzen müssen, so lange die Musik an den Märkten spielt, dann kann das nicht klappen. Auf jeder Party bricht die Musik irgendwann ab.

Ganz vermeiden lassen sich Verluste nicht. Aber es ist auch kein Blindflug. Trotz der großen Unsicherheit sind auch heute höhere Aktienquoten vertretbar. Das kann man am Bespiel Gold festmachen. Etliche Vermögensverwalter halten nach wie vor hohe Goldquoten in ihren Portfolios, wir haben unsere dagegen auf unter 5% gesenkt. Warum?

Wer nur Gold kauft oder in Festgeld und Bundesanleihen umschichtet, hat zwar ein hochsolides Portfolio, sieht auf der Performance-Seite aber ziemlich dumm aus.

Die beiden Schreckensgespenster für Anleger, Bankenpleiten und Inflation, die den Goldpreis stützen, stehen heute nicht mehr im Vordergrund. Seitdem Mario Draghi im vergangenen Sommer angekündigt hat, dass die EZB alles Nötige unternehmen wird, um den Euro zu retten, sind die existenziellen Gefahren für die Banken in den Euro-Kernstaaten heute gebannt. Auch die Angst vor einer stark steigenden Inflation ist zurückgegangen, die Teuerung ist auf sehr niedrigem Niveau. Seitdem diese Krisenszenarien gebannt wurden, fällt der Goldpreis. Deshalb lohnt es sich nicht, an einer hohen Goldquote festzuhalten. Man muss auch mit dem Strom schwimmen können und das Timing hinbekommen. Ich schließe dabei nicht aus, dass die Pessimisten, die immer noch auf Gold setzen, langfristig Recht haben werden. Aber bis es soweit ist, verhagelt es einem das Ergebnis.

Der scharfe Rückgang beim Goldpreis könnte sich auch jederzeit an den Aktienmärkten wiederholen. Nach dem rasanten Kursanstieg seit dem vergangenen Sommer sind 10% Minus doch nichts Außergewöhnliches. Wie gehen Sie mit diesen Risiken um?

Wir haben unsere Aktienquoten genau im Blick und sichern uns mit Puts ab, wenn es die Marktlage erfordert. Das hat bisher ganz gut funktioniert. Die Gefahr, Rückschläge zu erleiden, beschränkt sich übrigens nicht auf den Aktienmarkt. Das ist am Rentenmarkt genauso. Wir können heute nicht nur solide Unternehmensanleihen kaufen, sondern müssen Abstriche bei der Bonität machen, um so auf unsere Rendite zu kommen.

Manche Beobachter sprechen von einer Blase bei Unternehmensanleihen.

Ja, das sehen wir auch so.

Wie begrenzen Sie die Bond-Risiken?

Wir streuen breit und setzen auf kürzere Laufzeiten. Das haben wir schon 2011 gemacht, was uns damals allerdings eher geschadet als geholfen hat. Da wir heute auf Papiere mit niedrigerer Bonität ausweichen, versuchen wir, die Risiken mit mehr Research auszugleichen. Wir schauen uns beispielsweise Unternehmen an, deren Bonds kein Rating haben und deshalb höhere Zinsen bieten. Die müssen nicht zwangsläufig hohe Risiken haben.  

Es gäbe die Alternative, auf der Bond-Seite die Risiken radikal einzuschränken und nur noch auf sichere Bundesanleihen zu setzen. Schließlich sind Anleihen bei Asset-Allocation-Ansätzen wie Ihren zumeist für den Risk-off-Modus gedacht.

Nein, das ist keine Option, denn Bonds sind für uns nicht nur ein Cash-Ersatz. Wir haben auch Mandate mit fixen Rentenanteilen, und unsere Rentenfonds werden auch nicht nur in unserer Vermögensverwaltung eingesetzt, sondern auch von externen Anlegern gekauft –  und die wollen Zuwachs sehen. Ich weiß, dass das nicht dem Value-Charakter unseres Hauses entspricht, aber es gibt derzeit keine Anleihen, die eine Top-Qualität haben und ordentliche Renditen abwerfen. Aber zum Glück ist das ausschließliche Bond-Management nicht der Schwerpunkt unserer Tätigkeit, als reiner Bondmanager würde ich mich heute unwohl fühlen.

Aber als Aktienfondsmanager nicht?

Als Aktienfondsmanager hat man vielleicht gar nicht so schlechte Zeiten vor sich – wenn man davon ausgeht, dass es in der Zeit des Gelddruckens keine Alternative zu Aktien gibt. Weil die Konjunktur nicht auf die Beine kommt und das Quantitative Easing vermutlich noch länger andauert, könnte in den nächsten Jahren die Wiederentdeckung der Aktie bevorstehen, vielleicht sogar auch eine substanzielle Ausweitung der KGVs.  

In den nächsten Jahren könnte die Wiederentdeckung der Aktie bevorstehen, vielleicht sogar auch eine substanzielle Ausweitung der KGVs.

Als ich vor 44 Jahren anfing, notierten in Japan fast alle Aktien bei KGVs von weniger als 10. Ende der 1980er Jahre lag der Schnitt dann bei 95. Natürlich konnte das nicht gut gehen, aber  was ich sagen will ist, dass die sehr expansive monetäre Politik in den nächsten Jahren eine Neubewertung von Aktien bringen könnte. Wenn Staatsanleihen mit 2% rentieren und somit ein KGV von 50 aufweisen, warum sollte dann nicht das Aktien-KGV bei 30 statt bei zwischen 10 und 20 liegen, wie es heute der Fall ist? Wird das so kommen? Ich weiß es nicht - wir befinden uns nun einmal in unbekanntem Terrain.

Im Falle Japans scheinen Sie die Antwort aber gefunden zu hab en: Seit dem vergangenen Herbst wetten Sie auf den japanischen Aktienmarkt.

Ja, wir haben uns mit Calls, die weit aus dem Geld waren, in den Markt hineinbewegt. Das hatte ich auch schon Anfang 2012 versucht, aber nach einem kurzen Sprung kam der Nikkei wieder runter. Weil Japan so lange nicht gelaufen ist, waren im vergangenen Herbst viele skeptisch. „Japan? Nicht schon wieder, da verliert man nur, Japan läuft nie!“, war das Motto. Aber Tatsache ist, dass die japanische Politik etwas gegen den steigenden Yen tun musste.  Heute ist der Japan-Anteil in unseren Fonds bei 20%, und ich denke, dass sich dort noch mehr tun wird. Es ist die am stärksten von der monetären Politik getriebene Börse.

Bei Ihren großen Publikumsfonds, dem Astra-Fonds und FMM-Fonds, ist es manchmal schwer, eine konsistente Linie zu finden. Die Fonds zeigen keine klaren Muster über verschiedene Marktphasen hinweg. 2009 und 2011 haben sich die Fonds unterdurchschnittlich entwickelt, 2008 und 2012 dagegen outperformt. Die Fonds hatten also sowohl in der Baisse als auch in der Hausse Stärke- und Schwächephasen. Wie wichtig ist es, als Fondsmanager berechenbar zu sein?

Langfristig ist das sehr wichtig. Unser ältester Fonds, der FMM-Fonds, hat langfristig die beste Performance der Peer Group bei der niedrigsten Volatilität. Generell läuft er in einer Hausse schlechter als die Masse, und in der Baisse zumeist besser. Das soll auch weiter das Motto unseres Hauses sein: in schlechten Zeiten weniger verlieren als andere. Kurzfristig können nicht alle Wetten aufgehen: 2009 haben wir die Aktienquote zu spät erhöht, 2011 lagen wir auch wegen der hohen Deutschland- und der niedrigen USA-Quote hinten. Aber 2012 ist es genau deshalb gut gelaufen. Beim Timing kann man kurzfristig eben nicht immer richtig liegen.

Beim Timing kann man kurzfristig nicht immer richtig liegen.

Legendenstatus genießen heute aber andere Fondsmanager, nämlich die, die in den jüngsten Krisen kaum verloren haben: So Edouard Carmignac 2008 mit seinem Mischfonds Carmignac Patrimoine, 2011 war es Flossbach von Storch mit dem Multi Opportunities.

Ja, 2008 war der Carmignac der Gewinner, 2011 Flossbach von Storch. Ihr Erfolg wurde mit Milliarden Euro an Zuflüssen belohnt. Zu Recht, denn beide machen einen guten Job.

Bei Fonds ist es oft so, dass auf eine Outperformance oft eine Phase unterdurchschnittlicher Renditen folgt. Eignen sich erfolgreiche Fondsmanager auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs nicht vor allem als Kontraindikatoren?

Nein, das muss nicht sein, und so eine Schlussfolgerung ginge mir zu weit. Ein großes Volumen muss nicht mit einer Underperformance verbunden sein. Ein schneller Anstieg beim verwalteten Vermögen ist aber eine Herausforderung. Das haben wir gemerkt, als das Volumen von eine auf zehn Milliarden Euro gestiegen ist. Es hat organisatorische Neurungen erfordert und auch die Arbeit als Fondsmanager erschwert. Ich stelle es mir sehr schwierig vor, wie Carmignac ein Vermögen von 50 Milliarden Euro zu verwalten. Mit 50 Milliarden Euro beeinflusst man die Märkte!

Ist das Geschäft mit der Vermögensverwaltung nicht schwieriger geworden? Sie haben selbst erwähnt, dass Investoren nach wie vor Rendite erwarten, aber nicht länger bereit sind, Verluste zu tolerieren. Etliche risikokontrollierte Fonds sichern systematisch das Marktrisiko weg. Wäre das eine Lösung?

Anleger laufen den Outperformern von gestern hinterher. Das war immer schon so, daran hat sich nichts geändert. Deshalb kommt es nicht nur darauf an, in schlechten Zeiten nichts oder wenig zu verlieren. Zu defensiv vorzugehen, kostet Rendite, und man kann sich mit Absicherungsstrategien mit Futures unter Umständen die Performance kaputt machen. Ich setze lieber Puts ein, die weit aus dem Geld sind, die sind bei niedrigen Volatilitäten billig und haben eine große Hebelwirkung. Insgesamt bin ich aber der Meinung, dass man mit einer extrem vorsichtigen Herangehensweise nie zu einer zufriedenstellenden Performance kommt, wenn die Benchmark der Aktienmarkt ist. Schauen Sie sich die Realität an: Seit 2009 geht es eher hoch als runter. Da wollen die Kunden dabei sein.

Eine Alternative zu taktischen Allokationsmodellen könnten auch starre Benchmark-Ansätze sein. Man nehme ein globales, passives 50:50 Aktien-Renten-Portfolio und führe es monatlich auf seine Ursprungsgewichtung zurück. Einen derartigen Ansatz hat kaum ein Mischfonds in den vergangenen Jahren geschlagen – der ist mit ETFs auch leicht replizierbar. Sind derartige Modelle eine Bedrohungen für Ihre Zunft?

Nicht jedes erfolgreiche Rezept aus der Vergangenheit wird auch in der Zukunft funktionieren. Auch dieses nicht. Die Rendite derartiger Portfolios war sehr stark von den guten Bond-Märkten getrieben. Mit der Bond-Hausse dürfte es aber wirklich vorbei sein. Auch wenn sich die ganzen Unkenrufe zu Bonds in den letzten Jahren nicht bewahrheitet haben, ist eine derartige Performance nicht wiederholbar, selbst dann, wenn die Zinsen noch weiter fallen sollten. Das gilt auch für hochwertige Unternehmensanleihen: Kaufe den Bond und profitiere vom rückläufigen Zins – das funktioniert nicht mehr.

Zum Schluss die Frage, die nicht fehlen darf, nämlich die nach dem Stand der Nachfolgeregelung: Sie sind seit 1974 Inhaber der DJE Kapital AG und ihr oberster Fondsmanager. Sie sind aus dem operativen Geschäft nicht wegzudenken und haben jüngst wieder die Verantwortung für den DJE Alpha Global übernommen, als es mit dem Fonds nicht so gut lief. Sie sind, auf den Punkt gebracht, unersetzbar.

Einerseits hört man das gerne, weil es schmeichelt, zugleich aber auch nicht, weil so ein Kompliment ein Unsicherheitsszenario für das Unternehmen beinhaltet. Außerdem ist jeder ersetzbar. Ja, ich bin noch immer die Feuerwehr, die gerufen wird, wenn etwas nicht läuft, und ich bin auch im Alltagsgeschäft nicht ganz unwichtig. Aber warum auch nicht? Ich liebe meinen Beruf und bete zu Gott, dass ich ihn noch lange ausüben kann. Es gibt auch viele Beispiele dafür, dass man auch im hohen Alter erfolgreich sein kann – Kostolany hat noch gearbeitet, als er deutlich über 90 Jahre alt war, Warren Buffett  ist auch deutlich älter als ich und Carmignac nicht so viel jünger (Edouard Carmignac ist Jahrgang 1947, Jens Ehrhardt wurde 1942 geboren, Anmerkung von Morningstar). Jan (Jan Ehrhardt, der Sohn von Jens Ehrhardt, leitet das Research bei DJE und managt die DJE-Dividendenfonds, Anmerkung von Morningstar) ist seit mehr als 10 Jahren bei uns, er übernimmt immer mehr Fonds und liegt damit auch richtig gut. Er geht sehr systematisch vor  und ist überhaupt ein viel systematischerer Manager als ich. Ich habe das Gefühl, alles getan zu haben, um unsere Firma auf eine breitere Basis zu stellen.

Das Interview führte Ali Masarwah

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich