Alle Augen richten sich heute auf das Treffen der US-Notenbank in Washington. Die Fed wird aller Voraussicht nach einen Ausstieg aus ihrem Anleiheankaufprogramm verkünden und somit das Ende der ultralockeren Geldpolitik einleiten. Im Gegensatz zur bisher spärlichen und nicht immer konsistenten Kommunikation dürfte Noch-Fed-Chef Ben Bernanke die Marschroute heute detailliert offenlegen. Neben den Projektionen zur US-Wirtschaft wird er ein Statement abgeben, und im Anschluss daran wird sich Bernanke auf einer Pressekonferenz den Fragen der Medien stellen. Er dürfte diese Plattform nutzen, um die Risiken und Vorteile des allgemein erwarteten Strategieschwenks abzuwägen.
Insgesamt erwarten wir, dass der Offenmarktausschuss der US-Notenbank den Schwenk in der Geldpolitik eher behutsam einleiten und eine Reduzierung der Asset-Käufe um zehn bis 15 Milliarden US-Dollar im Monat beschließen wird. Die Umsetzung dürfte bereits im September erfolgen.
Was spricht für den kurzfristigen Beginn des „Taperings“? Nun, zunächst geht es um die Glaubwürdigkeit der Fed, die angekündigt hat, ihr Asset-Kaufprogramm dann zurückzufahren, wenn die Wirtschaftsindikatoren in eine bestimmte Richtung weisen. Wo stehen die USA heute? Manche Beobachter bezweifeln, dass das Wachstum der Beschäftigung tatsächlich so schnell voranschreitet, wie es die vorläufigen Zahlen zeigen. Sie verweisen auf die wiederholte Revisionen in der Vergangenheit.
Arbeitslosenquote nähert sich der Fed-Zielmarke an
Auch wenn nicht alle Konjunkturdaten und –indikatoren so solide erscheinen, dass es nicht auch Alternativen zum Tapering gäbe, geht es mit der US-Wirtschaft eindeutig aufwärts. Der Rückgang der Arbeitslosenquote auf 7,3 Prozent ist nicht so weit von der Fed-Zielmarke von 6,5 Prozent entfernt, sodass der Beginn des „Taperings“ fällig ist. Erleichtert werden dürfte die Entscheidung auch durch den Umstand, dass sich das Anleihenrückkaufprogramm nur in sehr geringem Ausmaß positiv auf das Wirtschaftswachstum ausgewirkt hat.
Ben Bernanke, dessen Amtszeit im Januar endet, dürfte die heutige Gelegenheit auch deshalb nutzen, weil 2013 nur noch zwei weitere Offenmarkt-Ausschusssitzungen stattfinden. Da nach der Oktober-Sitzung keine Pressekonferenz geplant ist, erscheint es unwahrscheinlich, dass die FED einen wichtigen Politikwechsel in einer dürren Mitteilung verkünden wird.
Die Dezembersitzung findet wiederum so kurz vor dem Ende der Amtszeit Bernankes statt, dass es ebenfalls unwahrscheinlich ist, eine derart schwere Hypothek dem Nachfolger oder der Nachfolgerin kurz vor dem Amtsantritt vor die Füße zu werfen. Wenn also nicht heute der Einstieg in das „Tapering“ verkündet wird, könnte sich der Schwenk in der Geldpolitik bis in den März 2014 verzögern!
Dass die Fed heute mit einem Strategieschwenk den Erwartungen der meisten Marktteilnehmer entsprechen dürfte, ist das eine. Das schließt allerdings nicht aus, dass es an den Kapitalmärkten weltweit in den nächsten Tagen volatiler zugehen wird. Nach wie vor schwelt die Syrienkrise, und sollten der US-Präsident und der Kongress in den nächsten Tagen keine Einigung über die Erhöhung des Schuldenlimits erzielen, droht – wie im vergangenen Jahr auch - die Fiskalklippe ab Mitte Oktober die staatlichen Behörden lahmzulegen.