„Duell der Indizes: F.A.Z.-Euro vor Euro STOXX 50“, lautete der Aufmacher im Finanzteil der Tageszeitung FAZ am vergangenen Donnerstag. Der Hintergrund: Der Medienkonzern berechnet seit geraumer Zeit Aktien- und Bond-Indizes. Der F.A.Z. Index, der die Performance deutscher Aktien zusammenfasst, weist dabei sogar eine längere Historie auf als der allseits bekannte DAX, der erst 1988 das Licht der Welt erblickte. Anlass des Berichts in der FAZ war, dass der F.A.Z. Euro-Index den Euro StOXX 50 in den letzten 12 Jahren deutlich übertroffen habe – laut FAZ um insgesamt 53 Prozentpunkte. Allein im vergangenen Jahr lag die Outperformance laut FAZ bei 5 Punkten. Grund genug, einen näheren Blick auf diesen Index zu wagen und die Performance in einen größeren Zusammenhang zu setzen. Auch wenn der F.A.Z.-Euro-Index als superbe Alternative zum Euro STOXX 50 Index hervorgehoben wird, gibt es einige Punkte, die Investoren beachten sollten, bevor sie eine Entscheidung für oder wider einen Index treffen. (Wir halten es für möglich, dass in absehbarer Zeit ETFs auf diesen Index – analog zum F.A.Z. Index - lanciert werden könnten).
Zunächst zu den im FAZ-Artikel genannten Daten. Sie reichen bis 2002 zurück, setzen sich größtenteils allerdings aus einer Rückrechnung, also aus einem Backtest, zusammen. „Live“ ist der Index laut F.A.Z. erst seit 2011.
Stichwort: Back-Testing
Back-Testing ist also unser erstes Stichwort. Die beeindruckende Outperformance basiert zum größten Teil auf einer Simulation. Und genau hier liegt die erste Gefahr. Rückrechnungen sind mit Vorsicht zu genießen. Der Index-Fondsanbieter Vanguard veröffentlichte 2012 eine Studie, die das rückwirkende Indextracking von ETFs testete. Die Autoren, Joel M. Dickson, Sachin Padmawar und Sarah Hammer, wählten eine Stichprobe von Aktienindizes, deren Performance über mindestens fünf Jahre zurück getestet und weitere fünf Jahre live überwacht wurde. In den fünf Jahren, bevor der Index initialisiert wurde, erzielte er zurückgerechnet im Durchschnitt eine Überrendite von 12,25% gegenüber dem US-Aktienmarkt. In den fünf Jahren nach der Initialisierung waren die Renditen gemittelt 0,26 % negativ. Die Ergebnisse der Studie von Vanguard sind nicht so überraschend (und nicht nur, weil die Studie von Vanguard kommt, einem eifrigen Verfechter der kostengünstigen marktkapitalisierungsgewichteten Indizes). Viele rückwärtig geprüfte Indizes der Stichprobe wurden auf Geheiß von ETF-Emittenten zusammengestellt, die neue Fonds in einem „heißen“ Marktsegment abdeckten. (Nur wenige Produktanbieter werden Fonds in einer ungeliebten Anlageklasse auflegen.)
Wenn es eine Wahrheit gibt, auf die man sich verlassen kann und die zuverlässig ignoriert wird, ist es diese, dass die Vergangenheit keine Garantie für zukünftige Ergebnisse ist. Oder: Traue nie einem Backtest.
Stichwort: Indexgewichtung
Der Renditeunterschied zwischen F.A.Z-Euro-Index und dem Euro STOXX 50 resultiert in erster Linie aus der unterschiedlichen Indexkonstruktion. Der Euro STOXX 50 Index ist anhand der Streubesitz-Marktkapitalisierung gewichtet und umfasst 50 Unternehmen aus 7 der 18 Euroländer. Der F.A.Z. Euro-Index wendet hingegen die Gleichgewichtung an und besteht aus 100 Unternehmen. Einmal im Jahr wird die Gewichtung der Indexbestandteile auf 1% herab- bzw. heraufgesetzt. Des Weiteren werden alle Länder berücksichtig, sofern diese mindestens 1% des BIP im Euroraum repräsentieren. Dadurch sind im Index 11 statt nur 7 Länder vertreten.
Das sind erhebliche Konstruktionsunterschiede. Wer einen gleichgewichteten Index mit einem nach Marktkapitalisierung gewichteten Index vergleicht, setzt sich dem Vorwurf aus, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Es gibt bereits Aktienindizes für Europa-Aktien, die dem Gleichgewichtungsprinzip folgen. Der STOXX Europe 600 Equal Weighted Index hat den STOXX Europe 600 Index zwischen 2002 und Februar 2014 um insgesamt 56 Prozentpunkte outperformt. Es handelt sich also beim F.A.Z.-Index nicht um Hexerei, sondern um ein bekanntes Phänomen bei gleichgewichteten Indizes – wenn kleinere Werte outperformen, kommt das Gleichgewichtungsansätzen entgegen. Aber solche Outperformance-Muster sind keine Einbahnstraße.
Was hat es mit der Gleichgewichtung auf sich? Sie ist die einfachste Konstruktionsmethode bei Indizes, da jeder Indexbestandteil dieselbe Gewichtung zugeordnet bekommt. Die Gewichtung ist daher sehr einfach nachzuvollziehen, da neben der Anzahl der Aktien keine weiteren Informationen benötigt werden. Die Idee hinter Gleichgewichtungsansätzen ist es, kleinere Unternehmen relativ zum marktkapitalisierenden Index stärker und größere Unternehmen niedriger zu gewichten. Das schützt Anleger vor spekulativen Blasen, die bei marktkapitalisierungsgewichteten Indizes drohen.
Wie nachhaltig ist der Size-Effekt?
Einige Studien, etwa der Finanzwissenschaftler Fama/French, zeigen, dass bei gleichgewichteten Indizes die Size-Prämie abgegriffen werden kann. Jedoch konnte dieser Effekt seit den 90er Jahren nicht mehr nachgewiesen werden. Vielmehr wird die Blasenbildung und Konzentration in wenigen großen Mega-Caps verhindert, was wiederum beim platzen der Blase den Index vor starken Kurseinbrüchen schützt. Sollten die Kurseinbrüche jedoch nicht auf Grund einer Blasenbildung erfolgen, schützt der gleichgewichtet Index nicht zwangsweise vor schmerzhaften Verlusten – Stichwort Eurokrise. Auf dem Höhepunkte der Eurokrise 2011 hat der STOXX Europe 600 Equal Weight Index seinen großen Bruder underperformt. Das war laut Rückrechnung übrigens auch beim F.A.Z.-Euro-Index gegenüber dem Euro STOXX 50 ebenso der Fall.
Es gibt weitere Nachteile. Gleichgewichtete Indizes werden häufiger umgeschichtet, um das Gleichgewicht beizubehalten. Häufiges Umschichten kann die Rendite der ETF-Investoren beeinflussen, da sich die Handelskosten erhöhen. Je häufiger der Index umgeschichtete wird, desto teurer ist es für einen ETP-Anbieter diesen abzubilden. Diese Kosten werden dann an den Investor weitergereicht. Dies trifft insbesondere auf physisch replizierende ETFs zu.
Dieser Nachteil scheint beim F.A.Z.-Index indes nicht stark ausgeprägt zu sein. Er gewichtet nur einmal jährlich neu, was die Umschlaghäufigkeit sicherlich gegenüber „aktiveren“ Rebalancing-Strategien reduziert. Die meisten dieser Ansätze führen die Portfolios quartals- bzw. halbjährlich zurück auf ihre Ursprungsgewichtung zurück. Diese Mechanistik kommt antizyklischen Investoren entgegen. Wer allerdings eher auf markttechnische Strategien setzen will, ist mit diesem Ansatz nicht gut bedient, da sie sich gegenläufig zu Momentum-Strategien verhält. Hierbei werden die Aktien mit der besten Rendite der letzten 12 Monate gekauft und für ein Jahr gehalten. Der F.A.Z.-Euro-Index verkauft hingegen die Gewinner und kauft die Verlierer der letzten 12 Monate. Es gibt für beide Strategien ein Für und Wider. Schließlich hat jede Strategie ihre Vor- und Nachteile. Anleger müssen sie allerdings verstehen.