Ukraine-Krise dämpft Aktienhunger der europäischen Fondsanleger

Im März waren europaweit vor allem Rentenfonds gefragt – unverändert starke Nachfrage nach Mischfonds und alternativen Produkten. Aktienfonds schwächeln.

Ali Masarwah 07.05.2014
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Der Ukraine-Konflikt und die andauernde Diskussion um die Krise vieler Schwellenländer scheint den Hunger der Anleger nach Aktien in Europa gedämpft zu haben. Vor allem seit der Eskalation der Krim- zur Ukrainekrise Ende Februar werden nicht nur Schwellenländer-Investments verkauft – auch breit investierende Aktienfonds wurden im März deutlich weniger gesucht als in den Monaten zuvor.

Wie aus den paneuropäischen Absatzdaten von Morningstar (ex Dachfonds) hervorgeht, verbuchten Aktienfonds im März 4,8 Milliarden Euro an Nettozuflüssen. Weniger Nettoneugelder wurden in dieser großen Kategorie zuletzt im August 2013 gesehen. 

Bei Rentenfonds sind Hochzinspapiere gefragt

Dagegen waren im März vor allem Rentenfonds gefragt. Sie verzeichneten eine Nettoabsatzleistung von 17,1 Milliarden Euro. Das ist das höchste Niveau in einem Monat seit Mai 2013, dem Monat vor Beginn der „Tapering“-Diskussion um das Ende der ultraexpansiven Geldpolitik der US-Notenbank.

Die Struktur der Zuflüsse in die Bond-Kategorien zeigt freilich, dass hier der Hunger nach Rendite der Haupttreiber für Neuinvestments ist. Unternehmensanleihe- und Hochzinsfonds waren besonders stark nachgefragt. Interessanterweise waren auch Rentenfonds für Schwellenländer auf der Kaufliste von Investoren – sogar solche Fonds, die in lokale Schwellenländer-Bonds investieren verbuchten Zuflüsse. Offenkundig gehen die ersten Investoren davon aus, dass diese Asset-Klasse in den vergangenen 10 Monaten über Gebühr abgestraft wurde.  

Mischfonds und Alternatives sind die Absatzkönige

Unverändert hoch waren im März unterdessen die Zuflüsse in Mischfonds und alternative Publikumsfonds, die hedgefondsähnliche Strategien verfolgen, wobei unter den Mischfonds die defensiven Kategorien im Vordergrund standen und bei alternatives Long-Short-Aktienstrategien im Fokus der Anleger waren.

Somit war das erste Quartal in der Summe zwar einerseits von einem beeindruckenden Comeback von Aktienfonds und einer starken Nachfrage nach Mischfonds und Alternatives gekennzeichnet. Mischfonds waren mit Abstand die am stärksten nachgefragte Fonds-Kategorie mit Zuflüssen von netto 31,3 Milliarden Euro in den ersten drei Monaten.

Andererseits deutet der jüngste Comeback der Rentenfonds an, dass Anleger in unsicheren Märkten auf der Renditeseite eher die Bond-Alternative zu Aktien bevorzugen. Dank dieses Runs auf Bond-Fonds schoben sich Zinsfonds mit Quartalszuflüssen von 28,6 Milliarden Euro vor Aktienfonds (24,1 Milliarden Euro).

Geldmarktfonds mussten unterdessen im März Mittelabflüsse in Höhe von 10,9 Milliarden Euro hinnehmen. Unter dem Strich blieben per Ende März  

Tabelle: Die Zuflüsse in die großen Fondskategorien in Europa per Ende März

 

Kommen wir nun zu den Zuflüssen nach Morningstar Kategorie. Wie aus der unteren Tabelle hervorgeht, konnten im März Unternehmensanleihefonds, die auf US-Dollar lautende Papiere kaufen, mit 4,2 Milliarden Euro die höchsten Zuflüsse auf Kategorie-Ebene verbuchen. Auf die Kategorie „sonstige Rentenfonds“, ein bunter Mix aus unterschiedlichen Laufzeit- und währungsgehedgten Fondstranchen, entfielen die zweithöchsten Mittelflüsse europaweit, gefolgt von konservativen Mischfonds, sonstigen Mischfonds sowie flexiblen US-Dollar Mischfonds.

Tabelle: Die zehn Morningstarkategorien mit den höchsten Zuflüssen

Auffällig ist, dass unter den am stärksten nachgefragten März-Kategorien sich nur eine Aktienfondsgruppe befindet, die streng genommen keine Aktienfondsgattung darstellt: Alternative Long-Short-Aktienfonds sammelten überproportional viel Anlegergeld ein. Besonders erfolgreich war dabei der Alken Absolute Return Europe. Er konnte 590 Millionen Euro im März einsammeln und 1,25 Milliarden im ersten Quartal. Inzwischen wurde dieser Fonds allerdings für Neuanleger geschlossen, sodass die Zuflüsse künftig deutlich niedriger ausfallen dürften.

Mehr als nur eine Fußnote Wert sind auch die Zuflüsse in Euro-Staatsanleihefonds – diese gehen allerdings überwiegend auf das Konto von Indexfonds, sodass dieser Absatzerfolg eher mit einer Passivierung von Bond-Investments zu erklären ist und nicht unbedingt Ausdruck einer neuen Zuwendung von Anlegern hin zu konservativen Euro-Bonds darstellt.

Betrachtet man die am stärksten nachgefragten Kategorien im ersten Quartal finden sich europäische Aktienfonds für Standardwerte an zweiter Stelle, und auch US-Standardwertefonds finden sich auf Quartalsbasis unter den Top 10 Morningstar-Kategorien. Auch Japan-Fonds, deren Absatzzahlen im März im Zuge der fortdauernden Konsolidierung am japanischen Aktienmarkt zurückfielen, waren auf quartalssicht stark nachgefragt. 

Globale Rentenfonds mit der roten Absatzlaterne

Hohe Abflüsse mussten im März unterdessen vor allem globale Rentenfonds. Aus Fonds dieser Morningstar-Kategorie flossen 2,5 Milliarden Euro ab, im gesamten Jahresverlauf büßten diese Fonds 5,8 Milliarden Euro ein. Hinter dieser Zahl finden sich vor allem die globalen Flaggschiff-Bondfonds von Franklin Templeton.

Dass Anleger nach wie vor aus Schwellenländer-Anlagen flüchten, wird bei dem Blick auf die Morningstar-Kategorien mit den höchsten Abflüssen deutlich. Drei der am stärksten verkauften Kategorien bilden Schwellenländer-Aktienuniversen ab. Vor allem global anlegende Schwellenländeraktienfonds mussten hohe Abflüsse im März – wie auch im gesamten ersten Quartal – hinnehmen. 

Auch Garantiefonds und Konsumgüter-Aktienfonds zählten zu den Verlierern im März.  Deutlich abgeebt sind im März indes die Abflüsse aus Diversifizierten USD-Rentenfonds, und Globale Schwellenländer-Bond-Fonds für lokale Währungen schafften sogar einen Turn-around (blieben im ersten Quartal aber die Kategorie mit den zweithöchsten Abflüssen).

Tabelle: Die Morningstarkategorien mit den höchsten März-Abflüssen

Ein Blick auf die großen Fonds am europäischen Markt zeigt ein vertrautes Bild. Die beiden größten Wertpapierpublikumsfonds, die großen Franklin-Templeton-Rentenfonds, Templeton Global Bond und Templeton Global Total Return, mussten auch die höchsten Nettoabflüsse hinnehmen. Wenig besser sieht das Bild beim ausgewogenen Mischfonds Carmignac Patrimoine aus. Der Fonds, der noch vor rund einem Jahr ein Fondsvermögen von gut 30 Milliarden Euro aufwies, bringt es heute „nur“ noch auf 24 Milliarden Euro. Die anhaltende Performance-Schwäche kostete den Fonds knapp eine Milliarden an Abflüssen im März. Im ersten Quartal waren es Abgänge von 2,2 Milliarden Euro.

Keine gute Bilanz konnten zwei große PIMCO-Fonds im März aufweisen. Das PIMCO-Flaggschiff Total Return Bond Fund verlor netto 560 Millionen Euro, und nach einer kurzen Erholung brachen beim PIMCO GIS Global Investment Grade Credit erneut die Dämme. 

Unverändert stark waren dagegen die Zuflüsse beim M&G Optimal Income Fund und BGF Global Allocation Fund. Diese Fonds profitierten erneut von einer langfristig hervorragenden Performance-Bilanz; diese hohe Nachfrage nach diesen beiden Fonds legen freilich auch Zeugnis ab von der großen Bereitschaft der Anleger (und Berater), Fondsmanagern die Verantwortung für die Asset Allocation zu delegieren.

Tabelle: Absatzbilanz der größten europäischen Wertpapierfonds im März

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich