Der Modebegriff „Smart-Beta“ macht im ETF-Markt die Runde. Er suggeriert, dass es Intelligente Indizes bzw. ETFs gibt, die Vorteile gegenüber den herkömmlichen, nach Markt- bzw. Schuldenkapitalisierung gewichteten Indizes aufweisen. Doch was gut ist für das Marketing nicht gut für den Anleger sein. Es fängt schon beim Grundsätzlichen an: Was soll „Smart-Beta“ bedeuten? Bis Dato gibt es keine unabhängige bzw. einheitliche Bezeichnung und Kategorisierung dieser neuen Produkte. Die Folge: Jeder Marktteilnehmer kocht seine eigene Suppe.
Daher wird der Ruf von Investoren nach einer Definition und analytischen Durchdringung dieses Marktes von unabhängiger Seite immer lauter. Morningstar hat hingehört und legt nun eine Studie zu diesen alternativen ETFs vor.*
Zunächst zur Semantik: „Smart-Beta“ heißt bei uns - deutlich weniger bombastisch - „Strategic Beta“. Diesen Produkten liegen verschiedene Ansätze und Strategien zugrunde, eins haben die Benchmarks bzw. Indexprodukte jedoch gemeinsam. Sie versuchen, entweder das Renditeprofil eines Marktes für Anleger zu verbessern, oder das Risikoprofil zu modifizieren, und zwar immer relativ zu den klassischen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Indizes.
Bei Aktienprodukten, welche den mit Abstand größten Teil dieser Produktkategorie darstellen, haben die Indizes meist einen oder mehrere Faktor-Exposures im Vergleich zum Standardindex. Dies bringt zwar eine erhöhte Komplexität mit sich, davon sollten sich Anleger nicht abschrecken lassen, da Faktor-Investments bereits lange existieren. Akademiker zerlegen bereits seit Jahrzehnten die Investmentrenditen in ihre einzelnen Bestandteile. Und andere, allen voran der Gründer von Barr Rosenberg, haben die wichtigsten Renditetreiber bereits vor langer Zeit in investierbare Produkte gepackt - “im Westen nichts Neues”, also.
Nach unserem Verständnis müssen Strategic Beta Produkte folgende Gemeinsamkeiten aufweisen:
1. Sie basieren auf Indizes.
2. Sie bilden Indizes insofern auf unkonventionelle Weise ab, als sie einen aktiven Part in ihrer Methodik aufweisen, der normalerweise darauf ausgelegt ist, die Rendite zu verbessern oder das Risikoprofil relativ zum Standardindex zu modifizieren.
3. Die zugrunde liegenden Benchmarks haben eine kurze Performance-Historie und wurden mit dem einzigen Ziel aufgesetzt, als Grundlage für ein Investmentprodukt zu dienen.
4. Die Produkte sind tendenziell günstiger als aktiv-gemanagte Fonds.
5. Gleichzeitig sind sie aber oft wesentlich teurere als reine Betaprodukte, wie z.B. der Euro Stoxx 50 Index.
Bessere Rendite, weniger Risiko?
Nachdem wir das Strategic-Beta-Universum grob definiert haben, unterteilen wir die Kategorie nun anhand der strategischen Zielsetzung der zugrundeliegenden Benchmarks. Die Anlageziele werden dabei in drei Gruppen aufgeteilt: renditeorientierte Strategien, risikoorientierte Strategien und für den Rest „Sonstige“.
Renditeorientierte Strategien versuchen, die Rendite relativ zum Standardindex zu verbessern. Value- und Growth-Benchmarks sind ein hierfür ein gutes Beispiel. Andere renditeorientierte Strategien versuchen, bestimmte Renditequellen abzuschöpfen, wie z.B. Dividendeni-Produkte.
Indes versuchen risikoorientierte Strategien z.B. das Risiko relativ zum Standardindex zu verringern. Low-Volatility- und High-Beta-Strategien sind wohl die bekanntesten Varianten in dieser Kategorie.
Zuletzt erfassen “Sonstige” eine Vielfalt von Strategien, angefangen bei unkonventionellen Rohstoff-Benchmarks bis hin zu gemischten Multi-Asset-Indizes. Diese Kategorisierung ermöglicht es Investoren, Strategic-Beta-Produkte etwas flexibler zu klassifizieren.
Die folgende Graphik zeigt unsere vollständige Strategic-Beta-Taxonomie.
Strategic-Beta-Strategien im Überblick
In unserer Studie haben wir uns neben der Taxonomie von Strategic-Beta-Produkten auch das in diesen Produkten verwaltete Vermögen, die Produktentwicklung und die Kosten angeschaut – weltweit. Darüber hinaus werfen wir einen Blick auf den Ursprung der Strategien und welche Risikoprämien sie versuchen abzuschöpfen. Im letzten Teil unserer neuen Studie geben wir Investoren einen praktischen Leitfaden zur Hand. Darin wird dargestellt, wie Strategic-Beta-Produkte anhand verschiedener Kriterien analysiert werden können, um eine fundierte Anlageentscheidung zu treffen.
Strategic-Beta-Produkte: Ein globaler Marktüberblick
Der Marktanteil von Strategic-Beta-ETPs (ETP steht für Exchange Traded Products) ist in den vergangenen Jahren weltweit stark angestiegen, insbesondere in den größeren bzw. weiter entwickelten Märkten. Ende June 2014 gab es weltweit 663 Strategic-Beta ETPs mit einem verwalteten Vermögen von rund $396 Milliarden. In den USA repräsentieren diese Produkte 19% vom gesamten ETP-Markt, während es in Europa 5,6% und in der Asien-Pazifik-Region nur 1,5% sind.
Zwar sind die einzelnen Märkte unterschiedlich weit entwickelt, jedoch gibt es Themen, die in allen Regionen anzufinden sind. Insbesondere Dividenden-ETFs gehören in jeder Region zu den beliebtesten Strategic Beta-Strategien. Dabei handelt es sich um Konzepte, welche die Indexbestandteile zumeist anhand ihrer Dividendenrendite filtern und gewichten. Der Erfolg von Dividendenstrategien sollte vor dem Hintergrund des heutigen Niedrigzinsumfelds nicht überraschen.
Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Einführung von Strategic-Beta-Produkten und dem Entwicklungsstand des jeweiligen ETP-Marktes sowie der Asset Management- und Finanzdienstleistungsindustrie im Allgemeinen. Die Asset Management-Industrie in den USA gilt als sehr weit entwickelt. Nach Kanada ist der amerikanische ETP-Markt der zweitälteste der Welt. Es ist also wenig verwunderlich, dass Strategic-Beta-Produkte aus den USA 90% des Gesamtmarktes ausmachen.
Ein Blick auf die Gebühren zeigt, dass Strategic-Beta-Produkte tendenziell günstiger als die aktiv gemanagten Konkurrenzprodukte. In manchen Fällen sind die Unterschiede im Preis jedoch nur minimal. Gleichzeitig sind sie oft ein Vielfaches teurer als ETPs, die klassische Indizes abbilden.
Zudem haben wir festgestellt, dass die Referenzindizes zunehmend komplexer werden. Dies dürfte Teil der natürlichen Marktentwicklung sein. Eine andere Facette dieser Entwicklung ist die Aufteilung von marktkapitalisierenden Indizes nach Regionen, Ländern, Sektoren, Sub-sektoren, usw. stattgefunden hat. Während diese Strategien immer granularer werden und versuchen aktive Strategien in Indizes zu packen, wird der Due-Diligence-Prozess für Investoren immer aufwändiger.
*Die vollständige, englischsprachige Studie "A Global Guide to Strategic-Beta Exchange-Traded Products" finden Sie hier.
Zum zweiten Teil unserer deutschsprachigen Zusammenfassung unserer Strategic Beta Studie, der sich auf den europäischen Markt konzentriert, gelangen Sie hier.