Anleger verkaufen in großem Stil aktiv verwaltete Aktienfonds

Morningstar Mittelfluss-Statistik zeigt zunehmende Risikoaversion europäischer Fondsinvestoren im Oktober. Aktien-Indexfonds dagegen stark nachgefragt.

Ali Masarwah 03.12.2014
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Im Zuge der zeitweilig stark fallenden Aktienkurse im Laufe des Oktobers haben sich Anleger in Europa im großen Stil von Aktienfonds getrennt. Wie aus der Morningstar Absatzstatistik hervorgeht, flossen aus Aktienfonds (ex ETFs) im Oktober 5,59 Milliarden Euro ab. Dies war das höchste Niveau seit Juni 2013, als im Zuge der einsetzenden Diskussion um die Straffung der US-Notenbankpolitik Risiko-Anlagen weltweit abgestoßen wurden.

Besonders auffällig ist das unterschiedliche Verhalten von Anlegern in aktiv verwalteten Aktienfonds gegenüber Investoren in Aktien-ETFs und passiv verwalteten (nicht börsenkotierten) Aktienfonds. Während Aktien-ETFs Nettomittelzuflüsse von 3,89 Milliarden Euro verbuchten und Aktien-Indexfonds eine Nettovertriebsleistung von 2,88 Milliarden Euro verzeichnen konnten, flossen aus aktiv verwalteten Aktienfonds 8,46 Milliarden Euro ab. Angesichts der Tatsache, dass sich die Aktienkurse global seit Mitte Oktober von ihren Tiefs gelöst haben und Dividendentitel hiernach zu einer veritablen Erholung angesetzt haben, deuten unsere Zahlen darauf, dass Anleger in aktiv verwalteten Aktienfonds auf dem Tiefpunkt verkauft haben.

Ein ungewohntes Bild zeigte im Oktober die Gruppe der alternativen Fonds. Sie mussten erstmals seit Dezember 2011 in einer Einmonatsperiode Mittelabflüsse hinnehmen. Die Nettoabflüsse von 480 Millionen Euro gehen allerdings auf die Anteilsscheinrückgaben bei nur einem Fonds zurück: Nachdem ein Teil des Fondsmanagerteams des Ignis Absolute Return Government Bond Fund seinen Abschied genommen hatte, flossen in nur 2 Wochen 3,0 Milliarden Euro aus diesem europaweit vertriebenen Fonds ab.

Bei Mischfonds gab es im Oktober 2014 nichts Neues zu vermelden: Nach wie vor ist diese Fondsgruppe sehr stark gefragt: 8,58 Milliarden Euro flossen Mischfonds zu. Rentenfonds sahen Zuflüsse von netto 6,13 Milliarden Euro. Auch wenn die Zuflüsse deutlich in positivem Terrain waren, war die Nachfrage nach Bond- und Mischfonds indes gedämpfter als in den Vormonaten.

Von der Absatzbewegung aus riskanteren Fonds profitierten im Oktober Geldmarktfonds, die Rekordzuflüsse verbuchten – ungeachtet der nichtvorhandenen Renditeaussichten, die diese Produkte bieten. Die Nettozuflüsse von 26,97 Milliarden Euro bedeuten sogar ein Rekordniveau an Zuflüssen in einem Monat. Besonders stark profitierten französische Geldmarktfonds, die allerdings im Vormonat besonders hohe Abflüsse erlitten hatten, die nur teilweise ausgeglichen wurden.

Tabelle: Geldflüsse im Oktober nach Asset Klassen

Causa Bill Gross verhagelt Bilanz zweier Dollar-Bond-Kategorien

Kommen wir nun zu der Ebene der Morningstar Kategorien. Hohe Abflüsse wurden im Oktober vor allem in solchen Kategorien gesehen, deren Fonds unter Managerwechseln litten. Stichwort: Flexible US-Dollar Rentenfonds. Diese Kategorie musste mit einem Absatzminus von 3,38 Milliarden Euro die höchsten Abflüsse auf Kategorie-Ebene hinnehmen. Ursache waren die hohen Abflüsse aus PIMCO-Fonds, die nach wie vor unter dem Abgang von Unternehmensgründer Bill Gross litten. Der ehemals von Gross verantwortete PIMCO GIS Unconstrained Bond erlitt dabei die höchsten Abflüsse. Insgesamt verloren die fünf in der Kategorie vertretenen PIMCO-Fonds Abflüsse von 3,7 Milliarden Euro – die flexiblen US-Dollar Bond-Fonds ex PIMCO verzeichneten insofern Zuflüsse.

Der Bill-Gross-Faktor prägte auch die Zuflüsse in diversifizierte US-Dollar-Rentenfonds, die 1,31 Milliarden Euro verloren. Das PIMCO-Flaggschiff Total Return Bond Fund büßte im Oktober Anteilsscheinrückgaben im Gegenwert von 2,42 Milliarden Euro ein.

Tabelle: Die absatzschwächsten Kategorien im Oktober

Die Kategorie Alternatives – long/short Bonds litt unter den bereits erwähnten Abflüssen aus dem Ignis Absolute Return Bond Fund. Die Abflüsse aus den flexiblen Europa-Aktienfonds der spanischen Bestinver-Gruppe gingen auf den Abschied von Star-Fondsmanager Francisco Paramés zurück.

Defensive Mischfonds sind auch im Oktober Trumpf

Die höchsten Zuflüsse verbuchte die Kategorie der global anlegenden defensiven EUR-Mischfonds. Dies entspricht dem zweithöchsten, jemals erreichten Niveau (April 2013 war der Rekordmonat). Defensive EUR-Mischfonds, die in Europa investieren, verbuchten zusätzlich Nettoneugelder von 1,25 Milliarden Euro. Die höchsten Zuflüsse verzeichnete dabei die defensiven Mischfonds Carmignac Portfolio Capital Plus, JPMorgan Global Income und Ethna-Aktiv E.

Tabelle: Die 15 absatzstärksten Kategorien im Oktober

Global anlegende Aktienfonds konnten sich gegen den negativen Aktientrend im Oktober stemmen. Sie verbuchten Zuflüsse von gut 2,1 Milliarden Euro. Ein zweiter Blick zeigt allerdings, dass hiervon 1,3 Milliarden Euro in Indexfonds investiert wurden. (Der Absatz von ETFs dieser Kategorie trat im Oktober mit minus 27 Millionen Euro auf der Stelle.)

Ungebrochen war auch die Nachfrage nach Fonds der Kategorien EUR diversifizierte Bonds, EUR Unternehmensanleihen, Renten global und EUR Staatsanleihen. Auch Fonds für US-Standardwerte konnten kräftige Zuflüsse verbuchen.

Pioneer Investments, BlackRock und KBC punkten mit Bond-Fonds

Kommen wir nun zu den absatzstärksten und absatzschwächsten Fondsanbietern. Pioneer Investments konnte im Oktober dank der hohen Nachfrage nach Rentenfonds die höchsten Zuflüsse unter den europäischen Fondsanbietern verzeichnen. Auch BlackRock profitierte von Zuflüssen in Bond-Fonds, vor allem in seinen BGF Renminbi Bond Fund. Hinter dem Oktober-Absatzerfolg von KBC standen ebenfalls Zuflüsse in Rentenfonds.

Der US-Indexfondsspezialist Vanguard wiederum profitierte von Zuflüssen in Aktienprodukte, vor allem Indexfonds für globale Standardwerte (Blend).

Tabelle: Die stärksten Häuser im Vertrieb im Oktober

Auf der Verliererseite sticht vor allem die Allianz-Tochter PIMCO mit Abflüssen von 8,66 Milliarden Euro hervor. Die ehemals von PIMCO-Gründer Gross verantworteten Fonds, PIMCO GIS Total Return Bond, PIMCO GIS Unconstrained Bond, PIMCO GIS Low Average Duration and PIMCO GIS StocksPlus, mussten die höchsten Abflüsse hinnehmen. (Das Flaggschiff GIS Total Return Bond verlor hierbei am meisten)

Das britische Haus Ignis, das jüngst von Standard Life Investments übernommen wurde, findet sich aufgrund der hohen Abflüsse aus alternativen Fonds ebenfalls an prominenter Stelle unter den Verlierern des Monats Oktober. Pikanterweise hatte Standard Life Ignis unter anderem deshalb im Sommer übernommen, um im Alternatives-Bereich weiter vorzustoßen. Jetzt muss sich das schottische Haus auf einen weiteren Konkurrenten einstellen: Der ehemalige Ignis-Zinsexperte Russ Oxley wird bei Old Mutual Global Investors Leiter des neuen Bereichs Fixed-Income Absolute Return und zusammen mit einigen anderen Ex-Ignis-Mitarbeitern 2015 neue Produkte lancieren.

Tabelle: Die schwächsten Häuser im Vertrieb im Oktober 

Ein ungewohntes Bild zeigt auch der französische Asset Manager DNCA Finance. Hohe Abflüsse aus Mischfonds, welche die defensive Strategie „Eurose“ umsetzen, waren der Haupttreiber der negativen Mittelflussbilanz im Oktober. In diesem Jahr liegt der paneuropäisch vertriebene DNCA Invest Eurose, der längerfristig eine starke Performance hingelegt hat, im 68. Performance-Perzentil seiner Kategorie. Ungeachtet dieser Abflüsse konnte DNCA seine Assets in diesem Jahr (performance-bereinigt) um knapp 60% steigern, was vor allem auf die hohen Zuflüsse in seine Mischfonds zurückgeht.

Trendwende beim Carmignac Patrimoine?

Zum Schluss ein Blick auf die Absatzbilanz der größten Publikumsfonds (ex ETFs) in Europa. Die höchsten Zugänge konnte im Oktober die britische Version des Standard Life Investment Global Absolute Return Strategies mit 690 Millionen Euro verbuchen. In den ersten zehn Monaten des Jahres bringt es der inzwischen drittgrößte Fonds in Europa auf Zuflüsse von 2,53 Milliarden Euro. (Hinzu kommen Zuflüsse von 1,5 Milliarden Euro in das Luxemburger GARS-Fondsvehikel.) Der Fonds bleibt im Morningstar Analyst Rating auf „unter Beobachtung“ infolge mehrerer Managerwechsel in den vergangenen 18 Monaten.

Der defensive Mischfonds M&G Optimal Income, der ein Morningstar Analyst Rating „Silver“ trägt, konnte mit 491 Millionen Euro ebenfalls hohe Zuflüsse verbuchen. Während sich die Zuflüsse in den Templeton Gobal Bond, dem größten Fonds Europas, verlangsamten, konnte das Schwesterprodukt Templeton Global Total Return mit 407 Millionen Euro im Oktober hohe Zugänge verbuchen.

Die Zuflüsse in den US-Hochzinsfonds AB Global High Yield Bond Portfolio entsprechen dem generell freundlichen Umfeld für US-Hochzins-Bond-Fonds, die im Oktober netto-positiv waren.

Im Oktober wurde ein langanhaltender Trend gebrochen. Der ausgewogene Mischfonds Carmignac Patrimoine konnte erstmals seit Mai 2013 einen positiven Monat im Vertrieb verzeichnen. Der von Edouard Carmignac verantwortete Fonds liegt nach einer langen Durststrecke in diesem Jahr wieder im oberen Mittelfeld seiner Kategorie, nämlich im 32. Performance-Perzentil. Dies scheint offenbar auch bei Anleger angekommen zu sein, die sich dem Fonds wieder zaghaft annähern, wie die Zuflüsse von moderaten 53 Millionen netto dokumentieren.

Tabelle: Absatzbilanz der größten 10 Publikumsfonds

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich