Am 23. April haben die Banken Unicredit und Santander (zusammen mit den Private Equity Gesellschaften Warburg Pincus und General Atlantic) die Fusion ihrer Fondstöchter bekanntgegeben. Pioneer Investments und Santander Asset Management kommen zusammen auf ein Vermögen von über 400 Milliarden Euro. Das neue Unternehmen wird - entsprechend der Größenordnungen - Pioneer Investments heißen, je ein Drittel der Anteile wird von Unicredit, Santander und den beiden Private Equity Gesellschaften gehalten. (Das USA-Geschäft von Pioneer ist nicht betroffen, sondern wird zu 50% der Unicredit sowie Warburg Pincus und General Atlantic Capital gehören). Wir wollen einen Überblick über den neuen Manager geben und der Frage nachgehen, ob Anleger daraus Vorteile erwachsen könnten, oder ob Nachteile zu erwarten sind.
Beide Firmen verwalten je sehr hohe Volumina (nach Morningstar-Daten sind es bis zum April 2015 rund 172 Milliarden Euro bei Santander, 225 Milliarden Euro bei Pioneer Investments) und verzeichneten im vergangenen Jahr solide Zuflüsse von zusammen über 25 Milliarden Euro. In Europa ist Pioneer Investments insbesondere im Bereich Fixed Income gewachsen und verzeichnete zuletzt Mittelzuflüssen von rund 6 Milliarden Euro. Santander hat in Europa insbesondere bei defensiven und ausgewogenen Mischfonds dazugewonnen.
Nach dem Zusammenschluss entsteht ein neuer Vermögensverwalter mit globaler Ausrichtung dank möglicher Synergieeffekte, insbesondere mit Blick auf die Länderaufteilung. Im Vergleich zu kleineren, lokalen Vermögensverwaltern könnte der Größeneffekt insbesondere Vorteile bei der geographischen Diversifikation, Breite des Produktangebots, Kosten und Margen haben. Aus Sicht der Anleger bleibt jedoch abzuwarten, ob sich der Zusammenschluss auch positiv auf die Produktpalette auswirkt und die Qualität der angebotenen Fonds verbessert. Die Morningstar-Einschätzung der beiden Investmentgesellschaften ist jeweils Neutral.
Der Zusammenschluss wird möglicherweise auch die Wettbewerber nicht unberührt lassen und sie dazu zwingen, ihre Geschäftsbereiche zu konsolidieren: Das Fondsmanagement in Europa ist im Vergleich zu den USA noch immer sehr fragmentiert und enthält eine größere Anzahl an Fonds, auf die insgesamt aber einen kleinerer Pool an Investorengeldern fällt.
Kulturelle Integration?
Pioneer Investments und Santander AM gehören beide zu etablierten Finanzdienstleistern, die ein großes Vertriebsnetzwerk und ein breites Angebot von Fonds haben, mit dem sie einen Großteil der Assetklassen abdecken. Von der Investmentkultur her haben beide Firmen somit mehrere Gemeinsamkeiten. Es ist allerdings schwer vorherzusehen, inwieweit die Integration erfolgsversprechend ist. Uns gefällt das variable Vergütungsmodell für Portfoliomanager in beiden Firmen, das bei Santander auf der relativen Ein- und Drei-Jahres-Performance, bei Pioneer auf der relativen Ein- und Vier-Jahres-Performance basiert, wobei jeweils die längere Historie ausschlaggebender ist.
Mit Blick auf die Wertentwicklung, sind die Pioneer-Fonds etwas wettbewerbsfähiger (gut ein Drittel hat mindestens ein Vier-Sterne-Rating), während die Europa-Produkte von Santander beim Morningstar-Rating unterdurchschnittlich sind. Bei den in Europa zugelassenen Fonds für Privatanleger, liegen beide Investmentgesellschaften bei den Kosten leicht über dem jeweiligen Kategoriedurchschnitt.
Das neue Investmenthaus wird zukünftig mit den weltweit größten Fondshäusern im Wettbewerb stehen. Wir glauben, die neue Gesellschaft wird vor Allem auf drei Ebenen Profitieren: Größenvorteile, Vertriebsnetzwerk und Expertise. Mit Blick auf den Fondsvertrieb gibt es vermutlich nur geringe Überschneidungen, da Santander insbesondere in Lateinamerika, Spanien und Großbritannien stark aufgestellt ist, während der Vertriebsfokus von Pioneer auf Deutschland, Österreich, Italien und den USA liegt.
Was der Zusammenschluss für Santander bedeutet.
In den vergangenen Jahren hat Santander mehrere erfahrene Manager rekrutiert um die Qualität der eigenen Fonds zu verbessern. Bislang führte das zu gemischten Ergebnissen. Hier kann die Fusion Vorteile bringen, denn Pioneer bringt einige sehr gute Investmentteams mit (beispielsweise die Experten für Anleihen und Aktien im Büro in Dublin).
Was der Zusammenschluss für Pioneer Investments bedeutet
Die Vorteile der Fusion für Pioneer dürften mehr auf Seiten des Marketings und des Vertriebs, als bei der Qualitätsverbesserung der Investmentprodukte oder der Investmentteams liegen. Ausnahmen gibt es vielleicht auf Ebene lokaler Strategien wie Aktien Spanien oder Brasilien/Lateinamerika. Hier steuert Santander den Größeren Anteil an Erfahrung und Ressourcen bei. Pioneer hat zuletzt die Kapazitäten bei den erfolgreichsten Produkten überprüft, worauf Anleger gerade jetzt nach der Fusion im Zuge möglicher Personalveränderungen ein Auge haben sollten.
Wie passen beide Firmen zusammenpassen?
Auf der Anleihe-Seite ergänzen sich die Produktportfolios beider Firmen sehr gut. Pioneer hat drei gut aufgestellte Teams für US-, Europa- und Emerging Markets-Anleihen, während der Fokus von Santander primär auf Euro- und Pfund-Anleihen liegt, sowie auf lokalen Angeboten in beispielsweise Brasilien, Mexiko und Chile. Pioneer vertreibt derzeit rund 128 Anleihe-Fonds in Europa, Santander nur 45. In unseren Augen wird der gut aufgestellte Investmentansatz von Pioneer, der bei den Flagschiff-Fonds zum im Einsatz kommt, durch den Merger eher nicht von substantiellen Änderungen beeinflusst werden. Allerdings ist es noch zu früh, um klare Veränderungen zu sehen. Die Anleihe-Fonds von Santander haben zum Ende März 2015 ein durchschnittliches Morningstar-Rating von 2,68 versus 3,22 bei Pioneer.
Bei Mischfonds sowie Aktienfonds mit Schwerpunkt Europa gibt es die größten Überschneidungen. Wir werden daher genau auf die Ergebnisse des Zusammenschlusses achten hinsichtlich Auflage von Fonds und Änderungen bei den Investmentteams, dort wo es Doppelungen gibt.
Beide Firmen haben in Europa zuletzt mehrere “trendige” Produkte auf den Markt gebracht, wie beispielsweise festverzinsliche Anleihen und Mischfonds, Garantie und Kapitalschutz-Fonds. Auch wenn sie noch keinen wesentlichen Anteil der Angebotspalette beider Firmen haben, sind wir ihnen gegenüber tendenziell kritisch eingestellt was Kosten, Struktur und Nachhaltigkeit für den Privatanleger angeht.
Wir glauben, dass Pioneer in einigen Aspekten den Wettbewerben überlegen ist: Das Investmentteam für europäische Aktien und –Anleihefonds bringt einige sehr erfahrene Leute mit (zum Beispiel Tanguy Le Saout, Cosimo Marasciulo, Fabio Di Giansante, Sergio Groppi und Cristina Matti). Es gibt hier einige Fonds mit Morningstar Analyst-Rating Gold, Silber oder Bronze. Die von unseren Analysten gecoverten Santander-Fonds haben bislang noch kein positives qualitatives Rating.
Die neue Gesellschaft wird ihren Hauptsitz in London haben. Es bleibt aber zu überprüfen, wo die jeweiligen Investmentteams ihren Sitz haben werden. Das Londoner Team von Pioneer deckt Hochzins-Anleihen und Emerging Markets ab, hatte in den vergangenen Jahren aber häufiger mit Personalwechseln zu tun. Zudem hat Pioneer einige lokale Büros in Europa (z.B. in Dublin, München und Mailand), wohingegen Santander den Großteil seines Investmentteams in London und Madrid hat mit kleineren Ablegern insbesondere in Lateinamerika beschäftigt. Falls das gesamte Investmentteam nach London verlegt wird, dürfen substantielle Personalveränderungen nicht ausbleiben.
Die nächsten Schritte
Die Integration beider Firmen wird vermutlich einige Monate dauern. Beide Gesellschaften bringen eine breite Palette an Fonds mit: Laut unserer Datenbank werden weltweit 1200* Fonds angeboten wovon alleine die Hälfte in Europa zum Vertrieb zugelassen sind. Es ist also noch zu früh um voreilige Schlüsse zu ziehen, die sich aus dem Zusammenschluss der beiden ergeben, zumal die nicht ganz einfache Umsetzung der Fusion für die Fonds, Investmentstrategien und Teams entscheidend sein dürfte.
In den kommenden Monaten wird Morningstar die Entwicklung des Zusammenschluss der beiden Investment-Schwergewichte genau beobachten. Der Hauptaugenmerk liegt auf den bestehenden Fonds der beiden Firmen und was die Fusion letztlich für die Qualität der jeweiligen Produkte und somit qualitative Morningstar Analyst Rating bedeutet.
*Exklusive Spanische SICAVs und inclusive 455 Fonds mit Domizil in Brasilien.
Pioneer Fonds, die aktuell von Morningstar Analysten gecoverd werden
Santander AM Fonds, die aktuell von Morningstar Analysten gecoverd werden