Outperformance 2015: Das Jahr der aktiven Fondsmanager

In den für Anleger wichtigen Aktienkategorien haben aktiv verwaltete Fonds 2015 in großem Stil ihre Indizes übertroffen. In unserer Auswertung, die mehr als 6.200 Fonds umfasst, ziehen wir Bilanz. Im ersten Teil unserer Übersicht zu den Outperformer-Fonds skizzieren wir die großen Linien nach.

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Welchen Nutzen stiften aktiv verwaltete Fonds für Anleger? In diesen Zeiten sind solche Grundsatzfragen an der Tagesordnung. Fondsmanager haben einen schlechten Leumund. In der Wahrnehmung viele Anleger schaffen es nur die wenigsten, ihre Messlatten zu übertreffen, kassieren dafür aber üppige Gebühren. (Streng genommen sind das zwei Seiten derselben Medaille, aber das soll heute nicht das Thema sein.) Befeuert wurde die Debatte um aktives Management von der schwachen Performance quer über die meisten Fondskategorien in den vergangenen Jahren. Besonders geschadet hat die Entwicklung im Jahr 2014, das für aktiv verwaltete Fonds besonders schlecht gelaufen ist. Bei global anlegenden Aktienfonds lag die Outperformer-Quote 2014 beispielsweise nur bei knapp 12% (lesen Sie hier mehr).

Es ist also an der Zeit, erneut eine Zwischenbilanz zu ziehen: Wie haben aktiv verwaltete Aktienfonds 2015 performt? Wo haben sie ihre Vergleichsindizes übertroffen, wo hinkten sie hinterher? Unter mehr als 6.200 Aktienfonds aus den wichtigsten Kategorien für Anleger in Europa haben wir die Outperformance-Quoten gegenüber den jeweiligen Kategorie-Indizes gesucht. In die Untersuchung sind 35 Morningstar Kategorien eingeflossen; dabei haben wir auch auf die Performance nach Stilen -- Value, Blend und Growth sowie auf Standard- und Nebenwerte geschaut. Wir haben alle Fondsanteilsklassen einbezogen, die eine Vertriebszulassung in Europa haben.

In unserer Untersuchung blicken wir zunächst auf die Outperformer-Quoten in den einzelnen Kategorien. In weiteren Schritten schauen wir dann auf den Grad der Under- oder Outperformance in den einzelnen Kategorien. Danach gehen wir auf die Ebene der Fondsgesellschaften und berichten, welche der größten Gesellschaften innerhalb der großen Kategorien die Benchmarks im vergangenen Jahr outperformt haben. Und weil Einjahresbilanzen bekanntlich nur Stichtagsbestrachtungen sind, setzen wir zum Abschluss die Outperformance-Quoten in den langfristigen Kontext seit 2010 – sowohl mit Blick auf Kategorien als auch auf Ebene der Fondsanbieter. Ohne vorab zu viel zu verraten wird damit viel der kurzfristigen Bilanzen relativiert.

Outperformance 2015

Verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die Bilanz aktiver Fondsmanager 2015 in den für europäische Anleger wichtigsten Aktienfondsgruppen. Wir haben uns auf die Großgruppen Aktien „weltweit“, „Europa“, „USA“, „Großbritannien“, „Schwellenländer“ und „Japan“ konzentriert. Bei der Auswertung haben wir uns dabei nicht nur auf Standardwerte konzentriert, sondern, soweit vorhanden, Dividendenfonds, flexible Aktienfonds sowie Nebenwertefonds berücksichtigt. Im Einzelnen haben wir folgende 13 Großgruppen ausgewählt, die sich wiederum aus 35 Morningstar Aktienkategorien zusammensetzen:

Tabelle: Übersicht über die untersuchten Großgruppen und Morningstar Kategorien

Morningstar Kategorien und Investmentgruppen

Insgesamt bringen die über 6.200 untersuchten Fonds ein Vermögen von 1.637 Millarden Euro per Anfang Februar 2016 auf die Waage. Eine Übersicht über die geographischen Investmentschwerpunkte finden Sie in der unteren Grafik. Daraus geht hervor, dass global anlegende Fonds mit 2.170 Produkten zahlenmäßig überwiegen. Es folgen Aktien Europa (1.942 Fonds), USA (784), Emerging Markets (583), Großbritannien (488)und Japan (302).

Grafik: Untersuchungsgegenstand nach Anzahl der Fonds

Outperformer 2015_Untersuchung 

2015 punkteten aktive Manager gegenüber dem verheerenden Vorjahr deutlich

Ein erster Blick auf die 13 Großgruppen zeigt, dass sich aktive Manager deutlich besser geschlagen haben als im Jahr zuvor. In fast allen Gruppen war die Outperformer-Quote deutlich höher als 2014, wie aus der unteren Tabelle hervorgeht (nicht Survivorship Bias frei). Fangen wir bei den Großgruppen Aktien global, Aktien Europa und Aktien Schwellenländer an. Besonders augenfällig war die Bilanzverbesserung bei europäischen Aktienfonds. Hier stieg die Erfolgsquote der aktiven Manager von mageren 25,7% im Jahr 2014 auf 68,8% in 2015. Bei Schwellenländerfonds lag die Quote bei 56,7% in 2015 nach 41,4% im Jahr zuvor. Die Outperformer-Quote bei globalen Aktienfonds ist mit 34% deutlich niedriger. Allerdings ist auch hier der Sprung gegenüber 2014 beachtlich. Seinerzeit waren nur 16,1% der Fondsmanager erfolgreich.

Tabelle: Die Outperformer-Quoten nach Großgruppen

Outperformer 2015_Grossgruppen

Die positive Tendenz ist auch bei den Ländergruppen (USA, Großbritannien und Japan) sowie bei den Gruppen, die Value, Growth und Nebenwertefonds vereinen, zu beobachten. Besonders substanziell war der Sprung bei den Gruppen USA Standardwerte Value, USA Mid Caps sowie Nebenwerte global und Europa.

Weniger spektakulär war indes die Verbesserung der Performance bei der Gruppe Aktien Japan. Hier stieg die Quote allerdings ebenfalls merklich an, und zwar von 30 auf 38%. Indes hatten es aktive Manager bei USA Standardwerten Blend, die typischerweise den S&P 500 als Benchmark verwenden, unverändert schwer. Die Erfolgsquote stieg 2015 gegenüber 2014 kaum wahrnehmbar an, und zwar auf 15,9 von 15,7%.

Über die Gründe für diese verbesserte Performance lässt sich trefflich spekulieren. Haben alle erfolglosen Fondsmanager einen Stockpicker-Kurs gemacht und sich hiernach 2015 erfolgreich ins Zeug gelegt? Wohl kaum. Die verbesserte Performance aktiver Fonds deutet an, dass die häufig zu beobachtende Reduzierung der Diskussion um die Erfolgsrezepte von aktivem Management auf das Talent der Fondsmanager eine zu eingeschränkte Sicht der Dinge darstellt. Die Marktbedingungen müssen auch beachtet werden. Bei eindeutigen Trends haben aktive Manager die Möglichkeit, sich erfolgversprechend zu positionieren. Auf Branchen-Ebene war dies 2015 recht eindeutig gegeben: Energiewerte, Rohstoffaktien und – vor allem europäische – Finanzwerte entwickelten sich unterdurchschnittlich; spiegelbildlich waren die Sektoren Konsumgüter, Healthcare und Technologiewerte weit vor den marktbreiten Indizes. 

Fondsmanager, die zumindest die größten Havarien, etwa Energiewerte, vermieden, konnten gegenüber den Benchmarks punkten. Das gelang vielen, wie wir weiter unten sehen werden. Übrigens trafen Fondsmanager mit Anlageschwerpunkt Großbritannien besonders gute Bedingungen vor: Die maßgeblichen Indizes weisen ein hohes Gewicht an Rohstoff- und Energieunternehmen auf, die bekanntermaßen mit großen Problemen zu kämpfen hatten; diese Titel rechtzeitig zu vermeiden, ist offenkundig vielen Managern gelungen.

Dass es USA-Aktienfondsmanager 2015 erneut schwer hatten, dürfte auf ein für den US-Markt 2015 typisches Phänomen zurückgehen: Die Outperformer 2015 konzentrierten sich auf Titel wie Facebook, Amazon, Netflix und Google/Alphabet oder auch Microsoft. Typischerweise geht es bei der überwiegenden Mehrheit der aktiven Fonds aber sehr viel diversifizierter zu. Wir sind gespannt, ob sich der rabenschwarze Start der „Fang“-Aktien (Akronym von Facebook, Amazon, Netflix und Google) 2016 in der Erfolgsbilanz der USA-Fondsmanager 2016 niederschlagen wird!

Die Erfolgsbilanz nach Morningstar Kategorie im Blick

Steigen wir nun von der Ebene der Großgruppen eine Etage tiefer und blicken auf die Erfolgsbilanz nach Morningstar Kategorie. Auch hier finden sich beachtliche Outperformer-Quoten, die sich bereits auf der Ebene der Großgruppen angedeutet haben.

Zu den interessanten Details: Egal, ob es sich um globale, europäische, britische oder US-Standardwerte handelt: Die meisten Outperformer finden wir bei den Value-Kategorien. Besonders hoch lag die Outperformer-Quote in der Großbritannien Value-Kategorie, nämlich bei 91,7%, wobei die Anzahl der Fonds recht gering ist. Ähnlich hoch war die Erfolgsquote aktiver Value-Manager in Europa: Satte 89,8% der Fonds ließen den MSCI Europe Value hinter sich. Geringer, aber dennoch beachtlich war der Erfolg von globalen und USA-Value-Fonds im Vergleich zur Erfolgsquote von vergleichbaren Blend- oder Growth-Fonds, auch wenn die Erfolgsquote der aktiven Manager hier mit 56,6% bzw. 44,4% geringer ausfiel als im Falle Großbritanniens- und bei Europafonds.

Auffällig ist auch die hohe Erfolgsquote aktiver Manager in den Mid-Cap-Bereichen, die gegenüber den Standardwerte-Blend-Kategorien relativ erfolgreich waren. Dies gilt vor allem für die Kategorien USA und UK Mid Caps, aber auch, wenn auch in geringerem Maße, für die Kategorien Europzone und Europa Mid Caps, die allesamt höhere Erfolgsquoten aufwiesen als ihre Pendants in den Kategorien Large Cap Blend.

Tabelle: Die Erfolgsquoten nach Morningstar Kategorie

Outperformer 2015_Morningstar Kategorien

Im nächsten Schritt haben wir uns auf Ursachenforschung begeben und uns dabei exemplarisch auf europäisch und global investierende aktive Fonds konzentriert. Worin lagen die Erfolgsgeheimnisse der aktiven Manager?

 Grafik: Sektorgewichtung Outperformer vs. Kategorieindex

Outperformer 2015_Sektor Globale und Europa Aktienfonds

Die oben abgebildete Grafik zeigt die Sektoren, bei denen es die größten Unterschiede in den Sektorgewichtungen der aktiven Fonds gegenüber den Indizes per Ende Dezember 2015 gab. In dunkelblau dargestellt ist die Gewichtung des jeweiligen Sektors im MSCI World (oben) und im MSCI Europe (unten). Daneben ist die durchschnittliche Gewichtung des Sektors bei den aktiv verwalteten Fonds abgebildet, die den jeweiligen Index im vergangenen Jahr outperformt haben. Insgesamt sind das 928 Fonds.

Bei weltweit investierenden Aktienfonds konnten wir die größten Unterschiede bei Energiewerten und Finanzdienstleistern feststellen. Erfolgreiche Fondsmanager haben im Durchschnitt die zuletzt arg gebeutelten Energieaktien durchschnittlich um gut 3,3 Prozentpunkte untergewichtet, Anfang des vergangenen Jahres lag diese Untergewichtung sogar bei 4,1 Punkten. Finanzdienstleister machten im MSCI World gut 18,7% aus, während entsprechende Werte in globalen Aktienfonds mit 15,5% deutlich weniger vertreten waren. Im Verlauf des letzten Jahres hat sich allerdings auch hier die Untergewichtung von 3,5 auf 2,7 Punkte verringert.

Deutlich stärker als der Vergleichsindex setzten aktive Manager hingegen auf defensive Konsumgüter. Die beliebtesten Investments globaler Standardwerte-Fonds waren hier die US-Aktien Pepsi Cola, Imperial Tobacco sowie DrPepperSnapple. Auch Gesundheitsaktien wurden über das gesamte Jahr stärker favorisiert (rund 1,3 bis 1,5 Punkte mehr als im Index); zu den am meisten gesuchten Investments hier gehörten die Aktien von Johnson&Johnson, CVS Health sowie die Schweizer Roche Holding.

Mit Blick auf die Ländergewichtung haben wir festgestellt, dass US-Werte insgesamt deutlich weniger in globalen Fonds gewichtet waren als im Index MSCI World. Dies ist ein typisches Bild für globale Aktienfonds, die in Europa zum Vertrieb zugelassen sind. Immerhin machen amerikanische Aktien im MSCI World rund 55 bis 60% aus. Aktive Fondsmanager gewichteten 2015 US-Werte stattdessen mit rund 42%, setzten zugleich stärker auf Aktien aus Deutschland, der Schweiz und Großbritannien.

Bei Aktienfonds Europa, die in der oberen Grafik durch den gelben Balken dargestellt werden, sind Energiewerte ebenfalls in Ungnade gefallen – die Untergewichtung liegt hier bei rund 2 Punkten. Noch stärker ist der Unterschied zum MSCI Europe hingegen bei defensiven Konsumgütern und Finanzdienstleistern. Letztgenannte waren über das gesamte vergangene Jahr rund 3 bis 4 Punkte untergewichtet. Bei defensiven Konsumwerten ist die Untergewichtung zum Jahresende auf knapp 2,3 Punkte geschrumpft, Anfang 2015 betrug sie noch fast 3,2 Punkte.

Stärker gesucht waren hingegen zyklische Konsumwerte. Europäische Aktienfonds setzten hier vor allem auf Daimler, die britische Kommunikationsagentur WPP und den Automobilzulieferer Continental. Am stärksten übergewichtet wurden Technologietitel. Fondsmanager griffen hier vor allem zu den SAP-Aktien. Zuletzt gewichteten aktive Manager auch Industrieunternehmen während des gesamten Jahres gut 2% stärker als im Vergleichsindex MSCI Europe.

Bei der Länderallokation unterschieden sich die erfolgreichen Fonds ebenfalls zum Teil klar vom Index. Aktien aus der Schweiz und Gro­britannien waren während des gesamten Jahresverlaufs rund 4% weniger in den aktiven Fonds vertreten. Dafür setzten sie etwas stärker auf Französische, italienische und niederländische Aktien.

Im zweiten Teil unserer Untersuchung werfen wir einen genaueren Blick auf die Verteilung der Outperformance. Dabei unterscheiden wir erneut zwischen den Großgruppen sowie der Morningstar-Kategorien. Teil drei beschäftigt sich mit den Fondsgesellschaften und wer im vergangenen Jahr am erfolgreichsten die Morningstar Kategorie-Indizes übertreffen konnte.

 

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Über den Autor

Ali Masarwah und Michael Haker  Ali Masarwah ist Chefredakteur von Morningstar Deutschland, Österreich und Schweiz; Michael Haker ist freier Mitarbeiter von Morningstar in Frankfurt