Multi Asset Fonds 2016: Strategisch? Taktisch? Opportunistisch? Oder doch nur diversifiziert?

Wir haben mit vier prominenten Managern gemischter Portfolios über die Perspektiven für Asset Allocation Modelle diskutiert.

Ali Masarwah 29.02.2016
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2016 startete mit einem gehörigen Knall an den Märkten. Bevor in der zweiten Februarhälfte etwas Ruhe einkehrte, mussten Aktien und Unternehmensanleihen hohe Kurseinbußen hinnehmen. Derweil sich Staatsanleihen so verhielten, wie man es von ihnen in derartigen Zeiten erwartet. Sie wirkten sich in Aktien-Renten-Portfolios stabilisierend aus. Grund genug, mit Fondsmanagern gemischter Mandate zusammenzukommen, die nicht nur die Risiken für Anleger reduzieren, sondern auch die Performance im Niedrigzinsumfeld retten sollen. Viele Mischfondsmanager haben in den vergangenen Jahren angesichts extrem niedriger Renditen Langläufer untergewichtet --- und damit viel Bond-Performance liegen lassen. Wir haben folgende prominente Mischfondsmanager bzw. Entscheidungsträger bei Anbietern derselben zum Gespräch eingeladen.  Deren Flaggschifffonds, die wir mit dem Morningstar Factsheet auf unserer Website verlinkt haben, finden Sie neben dem Namen und der Funktion der jeweiligen Manager:

-          Ansgar Guseck, Dachfondsmanager und Vorstand der Sauren Fonds-Research, Sauren Global Defensiv (nicht zum öffentlichen Vertrieb in Österreich zugelassen). Morningstar Analyst Rating: Bronze

-          Asbjorn Trolle Hansen, Fondsmanager, Nordea Investment Management, Nordea Stable Return

-          Klaus Kaldemorgen, Fondsmanager, Deutsche Asset Management, DWS Concept Kaldemorgen, Morningstar Analyst Rating: Bronze

-          Didier Saint Georges, Mitglied des Investment Komites, Carmignac Gestion, Carmignac Patrimoine, Morningstar Analyst Rating: Bronze

 

Gruppenfoto

Die Teilnehmer des Multi Asset Round Tables von links nach rechts: Ali Masarwah, Barbara Claus (beide Morningstar), Asbjorn Trolle Hansen (Nordea), Klaus Kaldemorgen (Deutsche Asset Management), Ansgar Guseck (Sauren), Didier Saint Georges (Carmignac), Foto: Michael Haker.

 

Morningstar: Die Aktienmärkte und auch Unternehmensanleihen haben sich in diesem Jahr von ihrer volatilen Seite gezeigt, und sogar Mischfonds hatten im Januar Abflüsse, was eine Seltenheit darstellt. Wie sehen Sie die aktuelle Marktsituation, was sind die Treiber der Kurse?

Klaus Kaldemorgen (Deutsche Asset Management): Der Markt ist eindeutig getrieben von der Sorge über einen Abschwung der globalen Konjunktur. Insbesondere die Abschwächung des chinesischen Wachstums und die fallenden Ölpreise treiben Anleger um. Über allem schwebt die Frage, ob es die Zentralbanken noch einmal richten können und noch einmal mit einer lockeren Geldpolitik einen so genannten Put gegen die Volatilität einbringen können. Inzwischen überwiegen allerdings die Sorgen, dass die Zentralbanken nicht mehr als Stabilitätsanker fungieren, sondern zum Risikofaktor werden könnten. Ich teile diese Sorgen; ich sehe die jüngsten Lockerungsschritte der EZB und die Einführung von Negativzinsen kritisch. Die Kombination von hoher Volatilität zwischen den Währungen und den Turbulenzen am Ölmarkt könnten zur großen Herausforderung für Unternehmen und Staaten gleichermaßen werden. Diese Akteure könnten überfordert sein und sich nicht mehr in der Lage sehen, adäquat zu reagieren.

Didier Saint Georges (Carmignac Gestion): Die Märkte fangen erst jetzt an zu realisieren, dass wir Zeugen eines Regimewechsels sind. Der massive Eingriff der Zentralbanken ab 2009 hat Investoren lange Zeit üppige Renditen und eine niedrige Volatilität beschert. Viele Anleger haben sich daran gewöhnt, und sie haben im Zuge dessen auch den Hebel angesetzt, um von den steigenden Märkten zu profitieren. Übrigens wurden auch viele Staaten von den niedrigen Zinsen verleitet, sich stärker zu verschulden. Jetzt mehren sich die Anzeichen, dass die Konjunktur kippt. Unser Basisszenario sieht zwar keine Rezession in den USA vor, aber ich vermute, dass viele Anleger noch immer das Ausmaß der Verlangsamung des US-Wachstums unterschätzen. Ich stimme Ihnen zu, dass die Zentralbanken an ihre Grenzen stoßen mit Blick auf die Wirkung ihrer lockeren Geldpolitik. Gerade die EZB hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Mario Draghi hat das Inflationsziel von 2% in der Eurozone seit Jahren beständig verfehlt. Das Problem ist, dass es die EZB überhaupt nicht in der Hand hat, die Inflation in der Eurozone zu steuern. Die deflationären Tendenzen sind ein weltweites Problem und haben viel mit den Überkapazitäten in China zu tun. Diese disinflationären Tendenzen treffen auf Ökonomien und Märkte, die hoch gehebelt sind. Dieser Regimewandel birgt also hohe Risiken in sich.

Asbjorn Trolle Hansen (Nordea Investment Management): Dem kann ich nur zustimmen. Im Sommer 2015 haben viele Anleger die Probleme in China verortet. Aber es geht auch um die USA. Es bestanden bis weit in den Herbst letzten Jahres hinein Hoffnungen, dass die US-Notenbank die Zinsen nicht anheben würde. Im Januar wurde klar, dass sich die US-Notenbank anschickt, die Zinsen in einer wirtschaftlichen Schwächephase zu erhöhen. Die Lage der US-Industrie trübt sich ein, und das wird Folgen für die Gewinne der Unternehmen haben.

Das wackelige Fundament der Weltwirtschaft ist schon seit langem ein Thema. Ungeachtet des anämischen Wachstums haben sich die Aktienmärkte seit der Eurokrise 2011 und 2012 hervorragend entwickelt. Und man kann durchaus auch positive Konjunktursignale wahrnehmen, etwa die wachsende Stärke der Verbraucher in Europa und des US-Dienstleistungssektors. Wie positionieren Sie Ihre Fonds in diesen Zeiten, in denen man nicht vorhersagen kann, wann Anleger vom Risk-on in den Risk-off Modus wechseln werden?

Saint Georges: In der Tat hätte man die Fragilität der Märkte auch schon vor einem Jahr diagnostizieren können. Der Unterschied zu damals ist, dass seit vergangenem Sommer Kapital aus China abfließt. Das sehen wir nicht nur als Ausdruck ökonomischer Probleme, sondern auch als Liquiditätsproblem. Gespeist werden die Abflüsse aus den Geldern chinesischer Investoren, die mit unbefriedigenden Eigenkapitalrenditen konfrontiert sind. Die Kapitalflucht ist also nicht das Ergebnis aufgelöster Carry Trades, es ist vielmehr chinesisches Geld, das aus China abfließt. Hier kommen also zwei Risiken zum Tragen: Liquiditätsrisiken und ökonomische Risiken. Deshalb haben wir die Aktienquote im Carmignac Patrimoine nach der Korrektur im vergangenen Sommer auf unter 10% reduziert. Das ist der Stand heute. Auch nach dem Kurssturz in diesem Jahr sehe ich noch immer reichlich Sorglosigkeit im Markt.

Kaldemorgen: Seit vergangenem Sommer haben auch wir die Aktienquote reduziert. Im DWS Concept Kaldemorgen sind wir derzeit bei einer Aktienquote von 24%. Wir sehen die Dinge also etwas optimistischer als Sie bei Carmignac. Aber natürlich sind die Märkte heute schwierig und sie werden es auch bleiben. Der Punkt ist nur, dass die Sichtweise der Investoren sehr stark schwankt; an einem Tag ist das Glas halb voll, am nächsten ist es halb leer. Taktische Ansätze bieten sich also an, um von diesen Stimmungsschwankungen zu profitieren. Ich muss als Multi-Asset Manager schließlich auch meine Renditeziele erreichen. Das bringt mich zur Anleihenseite. Staatsanleihen weisen heute hohe Risiken auf, bieten aber kaum Renditeperspektiven. Die finden wir aber durchaus noch bei Unternehmensanleihen. Hochzinsanleihen sind seit November 2015 durch ein tiefes Tal gegangen. Die Spreads sind heute in etwa dort, wo sie schon einmal waren, nämlich im Herbst 2011. Die hohen Risiken werden heute also auskömmlicher vergütet. Wir investieren aber nur dann in High Yield, wenn ein Unternehmen auch börsengelistet ist. Die Idee dahinter: Gerät die Firma in Schwierigkeiten, wird zuerst die Dividende gestrichen, dann geht es ans Eigenkapital. Erst danach wird es für die Bonds eng. Bondhalter sind also vom Puffer, den das Eigenkapital darstellt, geschützt. Ich habe einen Teil des Dollar-Risikos abgesichert, da die meisten Emissionen in US-Dollar notieren.

Hansen: Im Gegensatz zu Ihnen neigen wir nicht dazu, große Sprünge bei den Aktienquoten zu machen. Natürlich passen wir diese gemäß unserer Sicht der Märkte an. Wir haben unser Aktien-Exposure bereits im April 2015 reduziert, weil wir eine pessimistische Sicht auf die konjunkturelle Entwicklung hatten und für 2015 und 2016 von einer negativen Entwicklung der Unternehmensgewinne ausgegangen sind. Aber unsere Hauptrenditequelle ist die Diversifikation, nicht die taktische Adjustierung der Aktienquoten. Zugleich halten wir die Korrelationen zwischen unseren Trades niedrig.

Demnach wären Hochzinsanleihen für Sie keine Diversifizierer von Aktienrisiken.

Hansen: Nein, mit Sicherheit nicht.

Als hervorragende Diversifizierer haben sich dagegen sichere Staatsanleihen erwiesen. Immer und immer wieder, und auch wieder 2016. Warum nicht auch zukünftig?

Hansen: Deutsche Bunds und andere sichere Staatsanleihen waren in der Vergangenheit tatsächlich hervorragende Diversifizierer. Aber je höher der Bund Future nach oben tickt, desto dünner wird die Luft. Ich sehe nur noch sehr begrenztes Renditepotenzial für  Bundesanleihen. Anleger, die heute ihre Aktienrisiken diversifizieren wollen, müssen mehr tun, als sich an historischen Korrelationen zu orientieren. Hochzinsanleihen sehe ich auch nicht als Alternative. Deren Kurse werden ähnlich wie bei Aktien vom niedrigen Ölpreis und den sinkenden Unternehmensgewinnen unter Druck gesetzt. Das sind direktionale Wetten, deren Ausgang von den identischen Faktoren abhängt, auch wenn es durchaus Bewertungsunterschiede gibt.

Wie hoch ist denn Ihr Exposure zu Aktienrisiken?

Hansen: Der Nordea Stable Return weist heute ein Beta von 0,15 bis 0,2 auf.

Ansgar Guseck (Sauren Fonds-Research): Wer große Sprünge bei der Aktienquote in Abhängigkeit der Marktentwicklung macht, läuft Gefahr, in einem Augenblick sehr gut dazustehen, aber im nächsten ein katastrophales Bild abzuliefern. Das gilt vor allem im heutigen Marktumfeld, in dem riesige Kursbewegungen durch nichtige Anlässe stattfinden. Es ist heute sehr riskant, extreme Long- oder Short-Wetten zu fahren. Wir spielen in den Sauren-Fonds auch nicht mit den Aktienquoten herum. Wir glauben nicht an den Erfolg von Markt-Timing-Versuchen.

Wie handhaben Sie als Dachfondsmanager es mit flexiblen Multi-Asset-Fonds? Die lassen sich gerade wegen ihrer Flexibilität kaum in den Portfolio-Kontext verlässlich einbetten.

Guseck: Wir haben aus diesem Grund nur wenige derartige Fonds in unseren Portfolios. Typischerweise setzen wir auf der Aktienseite Long-only Produkte, bei Rentenfonds haben wir eine deutlich kleinere Quote an flexiblen Long-only Fonds. Den defensiven Anteil unserer Dachfonds haben wir dagegen in Absolute-Return-Strategien allokiert, die verschiedene Long-Short-Strategien in den Asset-Klassen Aktien, Renten und Währungen anwenden. Mit hedgefondsähnlichen Strategien lässt sich ein Portfolio weitgehend von den Marktrenditen abkoppeln. Der Grund für diese Umorientierung liegt in unserer Einschätzung, dass das Rendite-Risiko-Profil der typischen Bond-Märkte unattraktiv ist. Wir sehen hier sehr begrenzte Renditeaussichten, und es wird künftig für Mischfonds unmöglich sein, mit herkömmlichen Aktien-Renten-Strategien die phantastischen Renditen der Vergangenheit zu erzielen. Der Aktienmarkt hat sich seit 2009 verdreifacht, und bei Bonds sind die Renditen immer weiter gefallen. Das wird sich in den kommenden Jahren so nicht wiederholen lassen. Absolute-Return-Strategien bieten nach diesem Szenario die beste Lösung.

Dass sich immer mehr Fondsmanager nach diesem Szenario ausrichten, dürfte klar sein. Aber wie gut haben Fondsmanager die Renditeerwartungen der Anleger auf ein entsprechend bescheideneres Niveau heruntergebracht? Unser Eindruck ist, dass viele Fondshäuser noch immer gerne auf die Performance der Vergangenheit hinweisen. Viele Anleger sind also noch immer auf die freundlichen Aktien-Renten-Märkte zumindest der vergangenen sechs, sieben Jahre geeicht. Und wer will schon in einem High-Beta Markt diversifiziert sein?

Guseck: Die Erwartungen der Anleger auf ein realistisches Maß zurückzubringen, ist wirklich entscheidend. Im Idealfall wird ein gemischtes, ausgewogenes Portfolio Aktien, Renten und Absolute Return Strategien vereinen. Absolute Return Strategien werden dabei ein wichtiger Treiber der Gesamtportfolio-Performance werden, weil sie mehr als Bonds und Cash abwerfen werden. Dennoch gilt es, klar zu kommunizieren, dass Fondsmanager nicht in der Lage sein werden, die Performance der letzten sieben Jahre zu wiederholen.

Hansen: Ich denke schon, dass die meisten Asset Manager bereits seit einiger Zeit versuchen, die Erwartungen der Anleger auf realistischere Niveaus zu bringen. Das Problem an der Sache ist, dass die Aktien-Renten-Hausse weitergegangen ist und die Performance herkömmlicher gemischter Portfolios unverändert hoch war, nicht zuletzt bedingt durch die Eingriffe der Notenbanken. Die vorsichtigen, vorausschauenden Manager wurden wieder und wieder von den Märkten eines besseren belehrt ...

Und dieses Mal ist alles anders? Wer in den vergangenen fünf, 10 oder sogar 15 Jahren ein gleichermaßen günstiges wie starres 50:50-Aktien-Renten-Portfolio hat laufen lassen und nur einmal im Jahr dieses Portfolio auf die Ausgangssituation zurückgeführt hat, konnte die allermeisten vergleichbaren Mischfonds übertreffen.  Auch Absolute-Return-Strategien haben bescheidene Renditen abgeworfen.

Hansen: Glauben Sie mir, diese einfachen Portfolios werden künftig so nicht mehr funktionieren. Die Renditen werden runterkommen, die Bond-Rally geht zuende, und dann wird sich zeigen, wie wichtig flexible Ansätze wirklich sind.

Kaldemorgen: Ich habe wirklich kein Problem damit, die Erwartungen der Anleger zu dämpfen. Es wird unmöglich sein, mit einem Multi-Asset-Ansatz über längere Zeit zweistellige Renditen jährlich zu erzielen. Welche Alternativen gibt es? Cash zu halten, ist definitiv keine gute Alternative. Klassische Diversifikationsinstrumente funktionieren auch nicht mehr wie in der Vergangenheit. Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als der US-Dollar ein guter Hedge für die Aktienmärkte war. Aber heute könnte sogar der Euro die Funktion eines sicheren Hafens einnehmen und nicht der Dollar! Taktische Entscheidungen sind heute wichtiger als die großen strukturellen Allokationsentscheidungen. Natürlich wird man hier nicht immer richtig liegen, es geht darum, dass 6 von 10 Entscheidungen aufgehen.

Saint Georges: Ja, man muss taktisch agieren, aber für uns besteht das darin, die Langfristpositionen, die unserer Sicht der Märkte entsprechen, abzusichern. Unsere Basis-Investments bleiben unangetastet, aber wir hedgen das Beta. Multi Asset Manager stehen vor der großen Herausforderung, das Marktrisiko zu managen  bzw. zu reduzieren; übrig bleibt dann – hoffentlich -- das Alpha.

Sie haben die Anlagebedingungen des Carmignac Patrimoine dergestalt angepasst, dass Sie stärker auf der Short-Seite aktiv werden können. Wie flexibel macht Sie das?

Saint Georges: Unsere Short-Positionen verstärken unsere fundamentalen Überzeugungen. Ein einfaches Beispiel: Wir sind von der Amazon-Story ziemlich überzeugt. Insbesondere in den USA expandiert der Konzern auf Kosten der klassischen Einzelhändler. Wir sind deshalb long Amazon, und zugleich haben wir bei einigen Retailern, bei denen wir der Meinung sind, dass sie unter der Amazon-Expansion leiden werden, Short-Positionen aufgebaut. Das wird die Essenz unserer Long/Short-Strategie sein.

Hansen: Taktische Asset Allocation steht als typisches Beispiel für eine flexible Herangehensweise. Aber man kann Flexibilität auch anders zum Ausdruck bringen. Meines Erachtens sollte die Diversifikation im Vordergrund stehen.

Können Sie das erläutern?

Hansen: Bei den allermeisten Asset-Allocation Modellen konzentrieren sich die Manager auf die breiten Aktien- und Rentenmärkte und gehen dabei überwiegend direktionale Wetten ein, die ihrem Weltbild entsprechen und sich gegenseitig verstärken und somit nicht zur Diversifikation beitragen. Aber die Märkte, auf denen die meisten Fonds agieren, sind hocheffizient. Die meisten taktischen Modelle gehen durch binäre Entscheidungen ein sehr hohes Risiko ein. Flexibilität ist gut, ja, aber es sollte meines Erachtens darum gehen, Ideen so zu generieren, dass das Portfolio im Ergebnis nicht hoch zu den klassischen Markt-Betas korreliert ist.

Ich vermute, Sie sprechen jetzt nicht über den Einsatz von Asset-Klassen wie Gold, das zwischen 2011 und 2016 ja auf sehr ungute Weise unkorreliert mit Aktien und Renten war. Diese negative Korrelation war sicher nicht das, was Anleger, die diversifizieren wollten, glücklich gemacht hat.

Hansen: Nein, es geht nicht darum, neue Asset Klassen zu finden, diese Diversifikationsstrategien können Sie auch mit den klassischen Asset-Klassen einsetzen. Ein einfaches Beispiel: Wir halten eine große Position an US-Staatsanleihen. Die Renditen sind viel attraktiver als die von vergleichbaren deutschen Bundesanleihen. Das heißt, dass ich hier ein relativ attraktives Rendite-Risikoprofil habe. Zugleich habe ich eine Absicherung nach unten: Wenn die US-Wirtschaft stagnieren sollte, dann werden Treasuries den US-Aktienmarkt outperformen.

Herr Guseck, was halten Sie als Dachfondsmanager davon, dass sich immer mehr klassische Mischfonds mit Long/Short-Strategien in die Absolute Return Welt hineinbewegen?

Guseck: Das Beispiel des Carmignac Patrimoine ist ein typisches Beispiel für Mischfonds, die ihre Anlagerichtlinien anpassen, um mehr Spielraum auf der Short-Seite auszunutzen.  Viele Manager implementieren Long/Short-Strategien. Ob sie damit erfolgreich sein werden, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Jeder Multi Asset Manager muss die Frage beantworten, wie er es mit dem defensiven Part seines Portfolios hält. Wie gesagt, klassische Anleihen werden künftig keine Performance-Quelle mehr darstellen, deshalb muss man nach neuen Opportunitäten suchen, sonst besteht die Hälfte des Portfolios aus nicht-performenden Assets.

Herr Kaldemorgen, sind künftig mehr Short-Positionen im DWS Concept Kaldemorgen zu erwarten?

Kaldemorgen: Wenn es um Shorts auf einzelne Aktien geht, bin ich eher skeptisch. Für entsprechende Short-Spezialisten mag das ein vielversprechender Weg sein, aber ich halte solche Wetten mit Blick auf das Risiko-Rendite-Profil nicht für viel versprechend. Die Risiken erscheinen mir zu hoch. Aus bekannten Gründen ...

Guseck: Wenn eine Short-Position gegen Sie läuft, dann wird ihr Gewicht immer größer und Sie könnten sogar in so einer Position gefangen werden...

Kaldemorgen: ... Wir sind fundamental-orientierte Investoren. Wir würden also solche Unternehmen shorten, deren Geschäftsaussichten wir negativ beurteilen. Aber es gibt sehr viele Beispiele für Fälle, in denen selbst Unternehmen in Schwierigkeiten eine gute Performance hingelegt haben, sei es, weil die Erwartungen übertrieben niedrig waren oder weil sie übernommen wurden. Heute ist die Zahl der Short-Positionen auf US-Ölgesellschaften immens groß.  Aber ich sehe die Zeit kommen, und sie wird bald da sein, dass diese Aktien in wenigen Wochen problemlos 20 Prozent oder mehr zulegen werden. Solche Short-Positionen halte ich für sehr gefährlich. Ich als Multi Asset Manager halte mich an meine klar definierten Risikobudgets.

Saint Georges: Ich stimme Ihnen zu, man sollte sich auf seine Stärken konzentrieren, oder, wenn man überzeugt von Short-Strategien ist, sollte man diese Kompetenzen aufbauen. Das haben wir in den vergangenen Jahren gemacht. Wir haben Talente eingestellt, die mit Shorts umgehen können. Aber am Ende des Tages geht es nur um eine Ergänzung unserer Strategie. Die Short-Seite wird bei uns keine dominierende Rolle spielen, ja sie wird immer Teil unserer fundamentalen Weltsicht sein. Aber sie ist wichtig, denn in der heutigen Marktlage gilt es, alle verfügbaren Performance-Quellen auszuschöpfen.

Hansen: Es gibt verschiedene Wege zum Erfolg bei Multi Asset Strategien. Entscheidend ist, dass man seiner Strategie treu bleibt. Anleger sollten skeptisch reagieren, wenn Ihre Manager Grundlegendes an ihrem Stil verändern.

Es ist hier viel die Rede von Flexibilität. Ich sehe bei den meisten flexiblen Ansätzen aber einen Widerspruch zu langfristigen, fundamentalen Strategien. Taktische Allocation-Strategien, in denen es um Markettiming geht, haben sich in der Vergangenheit selten als erfolgreich herausgestellt.

Kaldemorgen: Mit rein fundamentalen Ansätzen kommen Sie aber in diesen Tagen nicht zum Ziel, damit ist es nicht getan. Man muss andere Indikatoren hinzunehmen. Ich ziehe Sentiment-Indikatoren reinen markttechnischen, taktischen Modellen vor. Stimmungsindikatoren deuten auf die Erwartungen der Marktakteure hin, und die spiegeln wiederum deren Positionierungen wider. Risiko-Assets dann zu kaufen, wenn die Stimmung optimistisch ist und die Kurse nahe ihren Allzeithochs sind, ist vermutlich keine gute Idee. Ende 2015 hatten fast alle Fondsmanager Aktien übergewichtet. Konsens-Trades sind aber typischerweise auch ein Signal dafür, dass die Erwartungen überzogen sind.  Behavioural Ansätze mit technischen Faktoren zu kombinieren, kann auch sinnvoll sein.

Wer Behavioral-Ansätze anwendet, stellt sich typischerweise gegen den Markttrend. Das kann auch wehtun...

Kaldemorgen: Absolut, das kann sehr schmerzhaft sein. Aber das ist nun mal Teil des Spiels der Märkte. Nachdem der DAX im März 2015 die 12.500-er Marke überschritten hatte, habe ich angefangen, die Aktienquote im Concept Kaldemorgen zu senken. Wie wir im Nachhinein wissen, war das zu früh, und entsprechend hat das Performance gekostet. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits ein Plus von sechs Prozent seit Jahresanfang erzielt, was die Sache entspannt hat. Aber ich stimme zu, dass man in solchen Situationen nicht gut aussieht.

Saint Georges: Wenn ein Asset Manager den Auftrag hat, langfristig eine ordentliche Rendite zu erzielen und zugleich das Anlegerkapital zu schützen, dann kann, ja dann muss er es sich leisten, derartige kurzfristige Rückschläge hinzunehmen. Man kann nicht eine Langfriststrategie haben und zugleich jeder kurzfristigen Marktbewegung, die gegen einen läuft, hinterhertrauern. Ich glaube langfristig nicht an Japan oder an Gold? Gut, dann sollte ich diesen Investments auch nicht hinterherrennen, wenn sich meine fundamentale Meinung nicht geändert hat. Dann interessiert mich das schlicht nicht. Es war eben von der Erfolgsquote von 60 Prozent die Rede. Das kommt schon nahe ans Optimum heran. Wenn man als Fondsmanager dann noch die richtig großen Fehler vermeidet, dann hat man seine Aufgabe erfüllt. Es ist sogar die Verantwortung des Asset Managers, das Risiko zu reduzieren, wenn er der Meinung ist, dass eine schwere Marktkrise bevorsteht, selbst wenn sich hinterher herausstellt, dass es doch nicht so schlimm war. Die Anleger erwarten, dass er so handelt. Asset Manager müssen ihre Anlageziele respektieren.

Hansen: Man hat einen Plan und eine Strategie, diesen Plan umzusetzen. Weiterentwickeln muss man die Strategie schon, aber man darf seine Fahne nicht nach dem Wind richten. Wenn meine Konkurrenten ihre Portfolios mit High Beta Investments vollladen, dann stört mich das nicht. Ich habe die Flexibilität, von Mainstream abzuweichen. 


Die Gesprächsführung hatten Barbara Claus, Senior Fondsanalystin mit Schwerpunkt Mischfonds, und Ali Masarwah, Director, Editorial, Morningstar EMEA. Die Diskussion fand Ende Januar statt, die Zitate der Fondsmanager wurden allerdings Mitte Februar auf ihre Aktualität durchgesehen.

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich