Wir erhöhen unsere Fair Value-Schätzung je Tesla-Aktie. Der Grund ist allerdings weniger die Vorstellung des neuen „Model 3“, da das Fahrzeug bis zum Jahr 2018 keinen signifikanten Umsatzanteil beisteuern wird. Wir begründen unsere Entscheidung vielmehr anhand zwei anderer Faktoren. Zum einen nimmt die Anzahl der verwässerten Aktien jährlich um 10% ab. Zum zweiten haben wir unser Bewertungsmodell angepasst. Tesla ist ein noch junges Unternehmen, das bereits starke Wachstumsraten zeigt. Wir finden es somit richtig, dass zu Gunsten von Investitionen noch keine Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe erfolgen. Positiv für unser Bewertungsmodell ist auch, dass im jetzigen Stadium nicht mehr ein derart hoher Finanzierungsaufwand notwendig ist, wie noch vor einigen Jahren. Als Folge unserer Anpassung erhöht sich somit nach unserem Modell der Unternehmenswert und damit auch unsere Fair Value Schätzung je Tesla-Aktie.
Wenngleich das neue Elektroauto für unsere Unternehmensbewertung noch keine Rolle spielt, sind wir dennoch von der Vorstellung beeindruckt. Zwar war die erste Präsentation am 31. März wenig mit Details um das neue Auto geschmückt. Die Veranstaltung war laut Tesla-CEO Elon Musk allerdings nur der Auftakt. Wir erwarten, dass in einer zweiten Präsentation unter anderem das neue Selbstfahrersystem genauer vorgestellt wird. Das Interesse ist allerdings schon jetzt beeindruckend und wir erwarten, dass sich das Model 3 auch sehr gut verkaufen wird.
Über 300.000 „Vorbestellungen“ ist nicht richtig
Das Unternehmen vermeldete am 7. April über 325.000 Reservierungen für das Model 3. Bei einem angenommenen Fahrzeugpreis von durchschnittlich 40.000 US-Dollar wäre das ein Umsatz von mehr als 13 Milliarden USD. Ein beeindruckendes Ergebnis, das innerhalb einer Woche und ohne jegliche Werbeausgaben erreicht wurde. Man muss es jedoch in Perspektive setzen: Bei der Zahl 325.000 handelt es sich um Reservierungen, nicht um echte Bestellungen. Eine Modellreservierung bei Tesla bedeutet, dass sich der Kunde für rund 1.000 US-Dollar einen Produktionsplatz sichert. Dieser Betrag wird von Tesla voll erstattet, wenn der Kunde seine Reservierung zurücknimmt. Fraglich ist also, wie viele Kunden letztlich ihre Reservierung in eine Bestellung wandeln und ein Auto inklusive individueller Konfiguration ordern. In Deutschland ist dies erst Mitte bis Ende 2017 möglich. Das neue Tesla-Elektroauto wird bis 2018 also nicht in einem signifikanten Volumen hergestellt und ausgeliefert. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Elektroautobauer in einem sehr kapitalintensiven Geschäft agiert, das zudem hoch zyklisch ist. Um die hohe Nachfrage zu decken, wird das Unternehmen weitere erhebliche Produktionskapazitäten, so genannte Giga-Fabriken, benötigen.
Im vergangenen Jahr wurden weltweit insgesamt 50.658 Tesla-Fahrzeuge ausgeliefert. Im ersten Quartal 2016 liefen 14.820 Autos vom Band. Für das Jahr 2016 hat sich das Unternehmen ein Ziel von 80.000 bis 90.000 Auslieferungen gesetzt, für 2017 rechnen wir mit rund 100.000. Bis zum Jahr 2020, wenn die erste Giga-Fabrik voll einsatzfähig ist, sollen bis zu 500.000 Fahrzeuge vom Band laufen können. Zum Vergleich: alleine BMW produzierte 2015 in der US-Fabrik in South Carolina 400.904 X-Modelle. Daimler produzierte 2014 1,75 Millionen Fahrzeuge über alle Modelle hinweg. Um das Unternehmensziel zu erreichen und die Elektromobilität auf breiter Ebene verfügbar zu machen, wird Tesla also noch deutlich stärkere Kapazitäten benötigen. Außerdem sind wir der Ansicht, dass die Produkte letztlich noch günstiger sein und eine größere Reichweite haben müssten, um auch Kunden, die auf herkömmliche Verbrennungsmotoren setzen, zum Wechsel bewegen zu können.
Wettbewerbsvorteil: für ein Morningstar Economic Moat-Rating ist es noch zu früh
Tesla ist ein Unternehmen, das noch weit am Anfang seines Wachstumszyklus steht. Damit geht einiges an Unsicherheit einher, ob es das Unternehmen schaffen wird, die Elektromobilität auf breiter Ebene verfügbar zu machen, oder ob es ein Produkt für Wohlhabende bleiben wird.
Für unsere Berechnungsverfahren sehen wir auch noch einige Gefahren, die den Unternehmenswert deutlich schmälern könnten. Demnach warten wir auch noch mit der Verleihung eines Narrow Moat Ratings (enger Wettbewerbsvorteile). Ein Grund sind auch logistische Schwierigkeiten. Das Spitzenmodell Tesla S hat zwar eine bessere Reichweite als viele anderen Elektroautos. Herkömmliche Verbrennungsmotoren sind aber noch immer überlegen. Selbst das Netzwerk an Superchargern (in Europa gibt es rund 613 dieser Schnellladestationen) ändert daran nicht viel: Über eine längere Strecke werden Tesla-Besitzer öfter einen Ladestopp einlegen müssen, der zudem auch deutlich länger dauert (ca. 40 Minuten für eine 80% Batterieladung) als das Betanken eines herkömmlichen Autos. Zudem ist fraglich, ob stets eine der Supercharger-Ladestationen frei ist, wenn man sie gerade braucht.
Insgesamt sind wir jedoch zuversichtlich und sehen einen positiven Trend für unser Moat Rating. Von unseren fünf Bewertungskriterien dürften am ehesten in den Bereichen Markenwert und Kostenvorteile die Quellen für ein Moat Rating liegen. Letztes gilt insbesondere in Bezug auf die Reduktion der Batteriekosten, sobald die Giga-Fabrik einsatzbereit ist. Konservative Schätzungen der Unternehmensführung belaufen sich auf eine Kostenreduktion von 30% je kWh. Dies zusammen mit dem Vertriebsnetzwerk über die eigenen Tesla-Boutiquen sehen wir als Teil des Fundaments für ein künftiges Moat Rating.
Aktie notiert über Fail Value Schätzung
Wir heben unsere Fair Value-Schätzung je Tesla-Aktie von 197 auf 220 US-Dollar an. Trotz des Hypes um das Neue Model 3 wird das Unternehmen bis Ende 2017 keines der neuen Autos ausliefern und deshalb berücksichtigen wir für unser Discounted Cashflow Berechnung, dem unsere Fair Value Schätzung zugrunde liegt, auch keine Umsatz aus dem neuen Fahrzeug bis 2018. Zum Handelsbeginn am Montag, den 11. April 2016 notierten die Aktien des US-Elektroautoherstellers in New York bei 251 US-Dollar. Das ist ein Aufschlag von 14,1% gegenüber dem von uns geschätzten fairen Wert. (Lesen Sie hier, welche Fonds in Tesla investiert sind)
*Mitarbeit von Michael Haker