Wir haben uns in dieser Woche anlässlich der Entscheidung des Indexanbieters MSCI, chinesische Festlandsaktien (so genannte A-Shares) noch nicht in seine globalen und regionalen Schwellenländer-Benchmarks aufzunehmen, mit der Verbreitung von A-Shares in Fonds befasst. Dabei haben wir die These aufgestellt, dass die Entscheidung von MSCI weniger dramatisch war, als es viele Beobachter in den Medien suggeriert haben (lesen Sie hier). Anschließend haben wir uns das große Bild angeschaut und festgestellt, dass A-Shares zwar in aktiv verwalteten Schwellenländerfonds vertreten sind, aber – mit der Ausnahme von Fonds, die in Asien vertrieben werden – in doch sehr überschaubarem Ausmaß. Die in Europa domizilierten Emerging Markets-Fonds setzen dieses Segment insgesamt in homöopathischen Dosen ein (lesen Sie hier mehr).
Weil aber das Gesetz der großen Zahl signifikante Erkenntnisse auf der Mikro-Ebene (zwangsläufig) ausblendet, wollen wir im letzten Artikel unserer Reihe nun auf die Fonds eingehen, die A-Shares in signifikantem Umfang beimischen. Wir wollen auch sehen, wie lange die Erfahrungen der Fondsmanager mit diesem Segment zurückgehen.
Die untere Tabelle zeigt die aktiv verwalteten Schwellenländerfonds, die für Anleger im deutschsprachigen Raum erhältlich sind und per Ende Mai das höchste Gewicht an A-Shares aufwiesen. Zur Erinnerung: Es handelt sich hier samt und sonders um Off-Benchmark-Wetten. Neben dem Namen der Fonds und ihrer ISIN finden Sie Angaben zur Morningstar Kategorie. Drei der zehn Fonds investieren global in große Unternehmen aus den Schwellenländer, zwei legen in Nebenwerten an, und fünf Fonds konzentrieren sich auf die Regionen Asien ex Japan bzw. Asien-Pazifik ex Japan. Neben dem aktuellen Anteil an A-Shares finden Sie in der Spalte rechts davon den durchschnittlichen Anteil an A-Shares seit Juni 2013, basierend auf monatlichen Portfoliodaten.
Tabelle: Überwiegend langfristig dabei: Fonds mit hohen A-Shares Anteilen
Wie aus den Daten hervorgeht, fahren die zehn Fonds recht signifikante Wetten auf A-Shares. Am höchsten ist der Anteil mit gut 16,5% im Ashmore Emerging Markets Global Small-Cap. Der Nebenwertefonds investiert bereits seit Anfang 2014 in A-Shares, die er von einem Anteil von unter fünf Prozent bis September 2014 auf bis knapp 20% per Ende 2015 erhöhte. Zu keiner Zeit lag der A-Shares-Anteil seit Herbst 2014 unter 10%, im Schnitt waren es seit Anfang 2014 gut 11,5% des Fondsvermögens.
Das größte Übergewicht hält der Ashmore-Fonds in Lateinamerika, vor allem in Brasilien. In Europa ist vor allem Russland gegenüber der Benchmark überrepräsentiert. Während Taiwan und Südkorea deutlich untergewichtet sind, ist der Anteil chinesischer Nebenwerte – auch dank des hohen A-Shares Anteil – übergewichtet. Das Rendite-Risiko-Profil ist unterdurchschnittlich, wie aus dem Zwei-Sterne Morningstar Rating hervorgeht. Konnte der Fonds von der Gewichtung von A-Shares bis Mitte 2015 noch profitieren, zogen diese Aktien den Fonds in der Korrektur hiernach nach unten.
Der Comgest Growth Asia ex Japan, der in Asien ex Japan investiert, bringt es auf eine A-Shares Quote von 11,2%. Wie der MAN GLG Unconstrained Emerging Markets ist der Comgest-Fonds allerdings ein Neuling im A-Shares-Segment. Erst seit Februar dieses Jahres investiert Fondsmanager David Raper in China-Festlandsaktien, dann allerdings in substanziellem Umfang. Der Fonds des französischen Schwellenländerspezialisten, der zu den besten 10% der Fonds seiner Kategorie gehört, ist derzeit vor allem in China und Indien übergewichtet. Untergewichtet ist der Comest-Fonds vor allem in Singapur und Südkorea.
Die meisten Fonds tasten sich peu a peu an A-Shares heran
Auffällig ist, dass die meisten Fonds unserer Auswahl aktuell einen höheren Anteil an A-Shares aufweisen als im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre. Dies gilt vor allem für die bereits erwähnten Fonds von Ashmore und den A-Shares-Neulingen Comgest und Man GLG, aber auch für die Fonds von Robeco, Fidelity, Polunin und Baring. Das spricht für ein sukzessives Herantasten der Manager an dieses Aktiensegment. Zurückhaltender zeigen sich in jüngster Zeit dagegen die Fonds von Pictet und Invesco, bei denen sich der aktuelle Anteil an A-Shares unterhalb des (langjährigen) Exposures befindet – ob dies auf eine aktive Reduzierung zurückgeht oder bedingt ist durch die Kursverluste der letzten 12 Monate sei dahingestellt.
Angesichts der zunehmenden Öffnung des chinesischen Kapitalmarkts für ausländische Investoren dürften künftige Fonds-Auswertungen eine wachsende Bedeutung des chinesischen Festlandsmarkts in Schwellenländerfonds offenbaren – unabhängig davon, ob Indexanbieter wie MSCI diese Aktien 2017, 2018 oder 2019 in ihre globalen und regionalen Benchmarks aufnehmen werden. Derartige Entscheidungen werden nur von ETFs und anderen Indexfonds 1:1 umgesetzt; bei aktiv verwalteten Fonds dürfte es ein gleichermaßen schleichender wie stetiger Öffnungsprozess sein.
Es geht also nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie“, also über das künftige Ausmaß der Gewichtung chinesischer Festlandsaktien in globalen Aktienfonds. Anleger sollten sich in jedem Fall darauf einstellen, dass viele Produkte, die in Schwellenländer investieren, sukzessive einen größeren Schwerpunkt auf chinesische Aktien legen werden. Sie sollten sich also Gedanken darüber machen, ob sie mit der wachsenden China- bzw. Asienlastigkeit ihrer Investments leben wollen oder sie diesem Übergewicht mit einer gezielten Verlagerung auf andere Schwellenländer-Regionen begegnen wollen.