Die Bond-Märkte bzw. die Akteure dort sind in den vergangenen Jahren träge geworden. Gestützt von den Notenbanken befanden sich die Renditen in einem scheinbar ewigen Sinkflug - bis tief in negatives Terrain hinein. Mit höchst angenehmen Folgen für Investoren, die vom inversen Verhältnis zwischen Renditen und Kursen profitierten. Doch die Sorglosigkeit, mit der Anleger stetig die Renditekurve hinuntergeglitten sind, ist vorbei. Der sanfte Gleitflug mündete nach der Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten in eine regelrechte Achterbahnfahrt ein. Die Renditen zogen unmittelbar nach dem 8. November an und machten so ziemlich alle Kursgewinne in diesem Jahr zunichte. Blicken wir auf die Hintergründe und die Perspektiven.
Wir erinnern uns, dass die Märkte in den vergangenen Jahren verwöhnt wurden. Angefangen mit den diversen quantitativen Lockerungsprogrammen der US-Notenbank (Fed) vor fast acht Jahren bis hin zur Negativzinspolitik und den Wertpapieraufkäufen der EZB in Verbindung mit der Politik des leichten Geldes der Bank of Japan wurden die Märkte von einer üppigen Liquiditäts-Diät verwöhnt. Der expansive geldpolitische Kurs hatte die Märkte mit einem stetigen Nachschub an neu geschaffenen Mitteln versorgt. Die Investition dieser neuen Mittel trug dazu bei, die Zinsen weltweit auf historische Tiefstände zu senken - in vielen Fällen kam es zu Negativrenditen. Das hat die ohnehin langwährende Bond-Hausse weiter befeuert und auch viele Aktienmärkte auf Allzeithochs getrieben.
Bewusstseinswandel bei den Notenbanken?
Die jüngste Korrektur seit dem überraschenden Wahlergebnis in den USA dürfte Anleger zu einem Umdenken bewegen. Sie müssen sich nicht nur auf steigende Marktzinsen (bzw. Inflation!) im Zuge der zunehmend optimistischen Erwartungen an das Wirtschaftswachstum einstellen. Auch die Abhängigkeit von immer expansiveren Geldpolitik der Notenbanken dürfte auf die Probe gestellt werden. Investoren müssen sich damit abfinden, dass die Bereitschaft der Zentralbanken, die Märkte mit ständig mehr Liquidität zu versorgen, nachlassen wird. Es wird weithin erwartet, dass die Fed im Dezember die Zinsen erhöhen wird.
Übrigens gilt die wahrscheinliche Straffung nicht nur mit Blick auf die Fed. Die EZB hatte bereits im September beschlossen, ihre Geldpolitik anstelle der vom Markt erwarteten weiteren Lockerung unverändert beizubehalten. Nach der diesbezüglichen Ankündigung der EZB fielen die Kurse zahlreicher europäischer Staatsanleihen rasant, wodurch die Renditen einiger Anleihen erstmals seit Mitte Juni wieder positives Terrain betraten. Der Kurs der deutschen 10-jährigen Anleihe ging soweit zurück, dass ihre Rendite mit 0,02 % wieder im Plus lag, nachdem sie Mitte Juli mit einer Negativrendite von 0,19 % gehandelt worden war. Bisher hat auch die BoJ nicht auf die steigenden Renditen in Japan reagiert.
Die Renditen von US-Staatsanleihen waren übrigens bereits vor der Wahl von Donald Trump im Anstieg begriffen. Nach Erreichen der Talsohle im Juli infolge des Brexit-Schocks hatten die langfristigen US-Zinsen einen Aufwärtstrend begonnen. Im September stieg die Rendite des 10-jährigen Treasury Bond um 14 Basispunkte wieder auf 1,70 %, und der 30-jährige Treasury Bond legte um 17 Basispunkte auf 2,45 % zu. Nach der US-Wahl am 8. November wurden die Renditen auf neue Höhen katapultiert: Bei zehnjährigen Papieren liegt die Rendite inzwischen bei 2,19 Prozent, die von 30-jährigen Treasuries sprangen erstmals seit Januar über die Drei-Prozent-Marke. An den wenigen Tagen nach der Trump-Wahl wurden nach Schätzungen von Investmentbanken infolge steigender Renditen weltweit über eine Billion Dollar an Wert von den globalen Bond-Märkten abgeschlagen.
Berg- und Talfahrt auch bei den Mittelflüssen in Fonds
Die Nervosität der vergangenen Monate hat natürlich auch nicht vor Unternehmensanleihen haltgemacht, wenn auch die Vorzeichen hier andere sind. Nach einem wechselhaften Sommer begann sich die steigende Volatilität auch auf die Psyche der Anleger in Hochzinsprodukten auszuwirken. Bereits im September gab es in einzelnen Wochen hohe Abflüsse aus Hochzins-Fonds und -ETFs. Im Oktober kam es dann im Zuge der Aktienkorrektur zu hohen Abflüssen aus den Hochzins-Vehikeln. (Fonds für Investment-Grade-Unternehmensanleihen behaupteten sich dagegen relativ gut). Parallel dazu weiteten sich die Spreads im Laufe der vergangenen Wochen aus.
Allerdings scheinen Hochzins-Investoren derzeit in das Lied der Aktienanleger einzustimmen. In der Woche nach der Wahl von Donald Trump waren Hochzins-Fonds in den USA wieder stark nachgefragt – wie auch viele Aktienkategorien. Bisher hatten die wirtschaftlichen Kennzahlen in den USA eher auf ein schleppendes Wachstum hingedeutet und für pessimistische Ausblicke für die Gewinn- und Umsatzentwicklung der Unternehmen gesorgt. (Die seit vielen Jahren manifesten Sorgen der Anleger machten die Aktien-Erholung seit 2009 übrigens zur unbeliebtesten Hausse aller Zeiten machte!).
Blickt mach auf die Entwicklung der Aktienmärkte, dann wurden die Konjunktursorgen mit der Wahl Trumps scheinbar weggefegt. Davon profitieren vor allem Aktienanleger. Bond-Investoren haben das Nachsehen, wobei moderat steigende Zinsen keinesfalls Gift für Unternehmensanleihen sein müssen. Doch man sollte sich hüten, die letzten zwei Wochen zum Maß aller Dinge zu machen. Es ist keinesfalls ausgemachte Sache, dass die Anleihe-Renditen weiter wie bisher in atemberaubender Weise anziehen werden. Ebenso wenig wie ein Durchmarsch der Aktienmärkte gewiss ist. Fest steht allerdings, dass die Zeit der einfachen Lösungen am Bond-Markt dem Ende entgegengeht. Die Volatilität ist zurück, und sie dürfte sich nicht so schnell verabschieden.