ETF-Marktführer iShares hat die Gebühren des iShares S&P 500 (Dist) gesenkt, und zwar substanziell von 0,4 Prozent auf nur noch 0,07 Prozent jährlich. Somit ist dieser ETF aus dem Stand heraus nicht mehr der teuerste ETF auf den US-Leitindex am europäischen ETF-Markt, er zählt nunmehr sogar zu den günstigsten. Als Reaktion haben unsere ETF-Analysten das qualitative Rating des Fonds von „Bronze“ auf die Höchstnote „Gold“ erhöht. Die bis dato sehr hohen Gebühren hatten das Performance-Potential begrenzt. Nunmehr erscheint es sehr wahrscheinlich, dass sich die relative Performance dieses ETFs verbessern wird.
Es handelt sich bei diesem Schritt um eine längst überfällige Entscheidung. Zumindest aus Anlegersicht. Bisher war dieser ETF das mit Abstand teuerste Produkt auf den S&P 500 Index. Auch aus Sicht von iShares ist es auf den ersten Blick überfällig, den zweitältesten ETF auf den S&P 500 in Europa wieder konkurrenzfähig zu machen. (Der älteste war der UNICO i-tracker S&P 500, der Ende Februar 2002 aufgelegt wurde. Allerdings wurde dieser ETF bereits 2008 liquidiert, als die genossenschaftliche Union Investment ihren wenig erfolgreichen Ausflug ins ETF-Geschäft beendete).
Nach langen Jahren hoher Mittelabflüsse drohte der nicht mehr konkurrenzfähige Dino von iShares auszubluten. In den vergangenen drei Jahren musste der einst größte ETF auf US-Standardwerte Abflüsse von rund 7,8 Milliarden Euro hinnehmen. Ein Vertriebsdebakel also, das mit der viel zu späten Einsicht in die Notwendigkeit ein Ende fand? Nicht ganz. Auf den zweiten Blick war es ein durchaus geschickter Schachzug von iShares.
Aus eins mach zwei: Wie iShares auf die Vanguard-Herausforderung reagierte
Zunächst eine kleine Rückblende, die uns ins Jahr 2013 führt. Seinerzeit sorgte Vanguard mit einer kleinen aber extrem günstigen Auswahl an Produkten in Europa bereits für Furore. Unter anderem hatte Vanguard 2012 einen S&P 500 ETF auf den Markt gebracht, der mit Gebühren von nur sieben Basispunkten sensationell billig war. iShares stand somit vor der Alternative, die Kosten für den mit rund zehn Milliarden Euro damals größten S&P 500 ETF umgehend zu senken und somit die für ETF-Anbieter-Verhältnisse sehr üppigen Gebühren von 40 Basispunkten auf einen Schlag zu verlieren. Oder aber ein neues Pferd in die Arena zu treiben und bei der altehrwürdigen Cash Cow alles beim Alten zu belassen - und so lange wie möglich die hohen Erträge zu vereinnahmen.
Bekanntlich entschied sich iShares für die zweite Variante und schickte 2013 den neuen iShares Core S&P 500 zu exakt den identischen Konditionen von sieben Basispunkten an jährlichen Gebühren ins Rennen. Fortan machten zwei Produkte das Rennen um den Titel des größten S&P 500 ETF unter sich aus. Derzeit hat der iShares Core S&P 500 mit Zuflüssen von 11,8 Milliarden Euro in drei Jahren und einem Vermögen von 18,7 Milliarden Euro die Nase vor dem Vanguard-Pendant, das mit Zuflüssen von 9,2 Milliarden und einem Volumen von 16,6 Milliarden Euro allerdings auch extrem erfolgreich ist.
Somit wird klar, dass es ein geschickter Schachzug des Marktführers war, sein langjähriges Flaggschiff sehenden Auges ausbluten zu lassen. Es ging schließlich um das große Ganze. Im Gegensatz zu so manch anderen ETF-Anbietern, die im Zuge des seit Jahren tobenden Preiskampfes die Gebühren ihrer Dickschiffe reduzierten und somit umgehend hohe Ertragseinbußen hinnehmen mussten, hatten die Verantwortlichen bei iShares richtig vorausgesehen, dass viele ETF-Investoren nur träge auf den erheblichen Kostennachteil des iShares S&P 500 (Dist) reagieren würden. Die Abflüsse waren seit 2013 zwar sehr hoch, aber insgesamt ist die Asset Basis mit zuletzt sieben Milliarden Euro über die Jahre erstaunlich stabil geblieben. IShares hatte also noch einige Jahre große Freude an dem längst nicht mehr zeitgemäß gepreisten Produkt und wehrte zugleich die Vanguard-Attacke erfolgreich ab.
IShares hatte also noch einige Jahre große Freude an dem längst nicht mehr zeitgemäß gepreisten Produkt und wehrte die Vanguard-Attacke erfolgreich ab
Somit erscheinen die gigantischen Abflüsse beim iShares S&P 500 (Dist) in einem anderen Licht: Es war weniger ein 7,8 Milliarden Euro Debakel als vielmehr eine höchst erfolgreiche Ertrags-Rettungsaktion. Zur Erinnerung: Ungeachtet der hohen Abflüsse in den vergangenen Jahren war das Legacy Produkt von iShares per Ende April noch immer der siebtgrößte ETF in Europa.
Nunmehr scheint man beim Marktführer zur Erkenntnis gekommen zu sein, dass genug genug ist und dass die Vorteile der Kostensenkung den Nachteil der rückläufigen Erträge aufwiegen. Künftig werden also ein ausschüttender und ein thesaurierender iShares S&P 500 ETF versuchen, den Vanguard S&P 500 in die Zange zu nehmen. Die Ausgangsbedingungen sind identisch: Drei irisch domizilierte ETFs mit jährlichen Kosten von je sieben Basispunkten gehen gegeneinander ins Rennen.
Doch damit bei unseren Lesern nicht der Eindruck entsteht, dass es nur USA-ETFs aus den Häusern iShares und Vanguard gibt, bringen wir weiter unten eine Vergleichstabelle mit den kapitalisierungsgewichteten USA-Standardwerte-ETFs am europäischen Markt, aufsteigend nach Gebühren sortiert. Dabei finden Sie weiter rechts in der Tabelle auch die relative Rendite der ETFs gegenüber der Total Return Variante des S&P 500. Die findigen Beobachter werden recht schnell erkennen, dass die Gebührenhöhe zwar für die Performance sehr wichtig ist, aber bei weitem nicht der einzige Erfolgsfaktor für ETFs bzw. den von ihnen erzielbaren Anlageerfolg darstellt. Dass die meisten aktiv verwalteten USA-Standardwerte-Fonds gegen USA-ETFs keine Chance hatten, zeigen die durch die Bank guten Sterne Ratings für die ETFs - die teuren unter ihnen wie die billigen.
Tabelle: Die USA-Standardwerte-ETFs am europäischen Markt (ex Strategic Beta)