Die Messung der Wettbewerbsvorteile, die ein Unternehmen gegenüber der Konkurrenz aufgebaut hat, steht im Zentrum des Morningstar Moat Ratings. Die Qualität der Moats, also der wirtschaftlichen Burggräben, ist auch ein wesentlicher Bestandteil des Morningstar Star Ratings für Aktien (mehr zu unserer Aktienanalyse auf einen Blick lesen Sie hier).
In diesem Artikel analysieren wir verschiedene Finanzkennzahlen über verschiedene Moat-Ratings und Moat-Quellen hinweg, um aufzuzeigen, was für eine fundamentale Performance Anleger erwarten können, wenn sie auf Basis der von uns definierten Moat-Kategorien investieren. Vorweg gesagt zeigen die gewonnenen Erkenntnisse, dass sich nicht alle Moats in gleichem Maße wirken. Vielmehr führen bestimmte Moat-Eigenschaften zu einer nachhaltig besseren finanziellen Performance als andere.
Bei der Vergabe unserer Moat-Ratings berücksichtigen wir sowohl quantitative als auch qualitative Überlegungen. Auf der quantitativen Ebene achten wir auf die Spanne zwischen der erwarteten Rendite auf das investierte Kapital und den unterstellten gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten, was nichts anderes ist als der erzielte wirtschaftliche Gewinn. Dabei wird der Nachhaltigkeit der Gewinne eine deutlich größere Bedeutung beigemessen als deren Höhe. Zudem muss eindeutig klar sein, dass ein Unternehmen zumindest von einem der folgenden fünf Moats, also Wettbewerbsquellen, profitiert: Immaterielle Vermögenswerte, Kostenvorteile, Aufwand für Kunden bei einem Anbieterwechsel, Netzwerkeffekte sowie Skaleneffekte.
Unsere Methode
Unsere Analyse (Stichtag: 16.5.2017) berücksichtigt das gesamte von uns abgedeckte Anlageuniversum, allerdings bereinigt um Aktien, von denen es verschiedene Klassen gibt. Auch Unternehmen mit ADRs werden nur einmal berücksichtigt. Damit wird sichergestellt, dass jedes Unternehmen in unseren Berechnungen eine gleiche Gewichtung erhält.
Nachdem wir unser gesamtes Anlage-Universum in Aktien mit einem „weiten“, „engen“ und „keinem“ Moat eingruppiert hatten, haben wir die Unternehmen anschließend nach den Quellen ihrer Wettbewerbsvorsprünge in verschiedene Gruppen sortiert. Im Anschluss haben wir innerhalb dieser Gruppen die verschiedenen Finanzkennziffern verglichen, um besser zu verstehen, was für fundamentale Charakteristiken Anleger über die von Morningstar verwendeten Klassifizierungen hinweg erwarten dürfen. Folgende Ergebnisse haben wir in unserer Untersuchung ermittelt:
1. Unternehmen mit einem Wide Moat sind deutlich profitabler als solche mit einem engen oder keinem Moat
Das Ergebnis ist wenig überraschend, da die Rendite auf das eingesetzte Kapital bei der Vergabe eines Moat-Ratings bereits zu Beginn der Überlegungen einer der wichtigsten quantitativen Belege darstellt. Beim Blick auf die Kennzahlen, die mit den einzelnen Moat-Rating-Klassen einhergehen, helfen allerdings die Daten in der Abbildung weiter unten, das Potenzial genauer einzuschätzen, das mit den verschiedenen Moat-Ratings einhergeht.
Potente Profite: Wide Moat Unternehmen verdienen mehr
2. Unternehmen mit einem Wide Moat profitieren mit höherer Wahrscheinlichkeit von verschiedenen Moat-Quellen als solche mit einem engen oder keinem Moat
Auch hier handelt es sich um ein nachvollziehbares Ergebnis, weil mehrere Moat-Quellen zu nachhaltigeren Gewinnen beitragen sollten. Unser Research deutet darauf hin, dass 75 Prozent der Firmen mit einem weiten Burggraben den damit verbundenen Wettbewerbsvorteil aus mehr als einer Moat-Quelle beziehen. Bei Gesellschaften mit einem engen Moat sind es dagegen nur 60 Prozent.
Die häufigste Moat-Quelle sind immaterielle Vermögenswerte und hohe Wechselkosten auf Kundenseite (179 Gesellschaften), danach kommen immateriellen Vermögenswerte und Kostenvorteile (167 Gesellschaften). Die Kombination von Netzwerk- und Skalen-Effekten ist dagegen eindeutig am seltensten (19 Firmen).
Wenn bei einem bestimmten Geschäftsmodell verschiedene Moat-Quellen in Frage kommen, muss jede Moat-Quelle auf ihre Verdiente hin untersucht werden. Obwohl die Quellen von Wettbewerbsvorteilen in vielen Fällen miteinander verknüpft sind, besteht der für uns entscheidende Lackmus-Test bei der Betrachtung von möglichen Moat-Quellen in folgendem: Würde ein Unternehmen auch dann noch über einen Wettbewerbsvorteil verfügen, wenn es nur diesen einen Moat geben würde.
Beispielsweise profitiert Coca Cola von einem immateriellen Vermögenswert, weil man über einen starken Markennamen und ein breites Vertriebsnetz verfügt. Unter sonst gleichen Bedingungen dürfte Coca Cola auch bei einem Verlust an Preismacht infolge eines Schadens bei Brand dank der Größenvorteile beim Einkauf von Rohmaterialien und den Marketing- sowie Lohn-Kosten dennoch weiterhin über einen nachhaltigen Kostenvorteil verfügen.
3. Unternehmen, die von mehreren Moat-Quellen profitieren, zeigen eine bessere fundamentale Performance als solche mit nur einer Moat-Quelle
Auch dieser Befund passt zu dem, was man spontan erwarten würde. Je mehr Barrieren ein Unternehmen zum Schutz vor dem Markteintritt anderer Gesellschaften hat, desto geringer ist das Risiko, dass sich seine Wettbewerbspositionierung verschlechtert und umso nachhaltiger ist auch die Profitabilität.
Wir haben sodann die gleiche Analyse für jede Gruppe mit einem Wide und einem Narrow Moat durchgeführt, um so die Folgen des Moat-Rating-Mix zu kontrollieren.
Für Unternehmen mit einem weiten Graben und mehreren statt nur einer Moat-Quelle sind die Renditen auf das investierte Kapital in den vergangenen Jahren höher ausgefallen, aber dafür waren die Eigenkapitalrenditen für die vergangenen zwölf Monate und die vergangenen zehn Jahre niedriger. Gegenüber einer Untersuchung aus dem Jahr 2012 stellt das eine Veränderung dar. Damals deuteten die Ergebnisse darauf hin, dass Unternehmen mit einem Wide Moat und mehreren Moat-Quellen über alle vier Kriterien hinweg eine bessere fundamentale Performance erzielen.
Bei den Unternehmen mit einem Narrow Moat entsprechen die Ergebnisse wieder mehr den Erwartungen. Bei solchen Unternehmen, die über zwei oder mehr Moat-Quellen verfügen, fallen sowohl die Renditen auf das investierte Kapital als auch die Renditen auf das Eigenkapital höher aus als bei Gesellschaften mit nur einer Moat-Quelle.
4. Unter den fünf Moat-Quellen sind Skaleneffekte die häufigste Ursache, die zu einem Narrow Moat Rating führen. Dagegen sind Netzwerkeffekte häufiger oft für einen weiten Wide Moat verantwortlich
Skaleneffekte führen in 88 Prozent der Fälle zu einem Narrow Moat Rating. Weil die Renditen auf das investierte Kapitals für Unternehmen mit Skaleneffekten dazu tendieren, nur leicht über den Kapitalkosten auszufallen, ist es schwierig, mit einem hohen Maß an Überzeugung die Ansicht zu vertreten, dass ein derartiges Unternehmen, bei dem wir auf Sicht der nächsten zehn Jahre nur mit der Generierung eines minimalen wirtschaftlichen Gewinns rechnen, in der Lage sein wird, diese Leistung auch in den darauf folgenden zehn Jahren zu wiederholen.
Wenn die wirtschaftlichen Gewinnspannen dünn sind, könnte jeder beliebige exogene Faktor, wie Schwankungen bei der Marktgröße, ein sich veränderndes regulatorisches Umfeld oder sich wandelnde Verhaltensmuster der Konsumenten, die Fähigkeit zur Gewinnerzielung negativ beeinflussen.
Netzwerkeffekte führen bei 37 Prozent der Unternehmen zu einem Wide Moat Rating. Prozentual betrachtet ist das häufiger als bei anderen Moat-Quellen. Auch das ist nachvollziehbar. Gelingt es einem Unternehmen, einen Netzwerk-Effekt aufzubauen, kommt es häufig zu einer „Winner-takes-all“-Situation. Die Konkurrenten fallen dann quasi über die Klippe.
Schauen wir zur Verdeutlichung auf die Ursprünge der Sozialen Medien zurück, als Facebook noch mit Myspace konkurrierte. Obwohl Myspace einst die meistbesuchte Website in den USA war, endete die Geschichte mit einer totalen Dominanz von Facebook. Myspace wurde 2005 von News Corp für 580 Millionen Dollar übernommen, ehe die Gesellschaft dann 2011 erneut für 35 Millionen Dollar verkauft wurde. Die Marktkapitalisierung von Facebook ist dagegen mittlerweile auf rund 430 Milliarden Dollar angeschwollen.
5. Netzwerkeffekte führen bei fast allen Profitabilitäts-Kennziffern zu einer besseren fundamentalen Performance als andere Moat-Quellen
Wie die untere Abbildung zeigt, erzielen die Unternehmen, bei denen der Wettbewerbsvorteil aus Netzwerkeffekten resultiert, unter den fünf potentiellen Moat-Quellen über alle Leistungskennziffern hinweg die höchste Profitabilität. Eine Ausnahme stellt nur die Rendite auf das eingesetzte Kapital für die vergangenen drei Jahre dar. Dieses Ergebnis spiegelt die Tatsache wider, dass Netzwerk-Effekte zwar die seltenste Moat-Quelle ist, sie aber sehr wirkungsvoll ist, wenn sie sich erst einmal etabliert hat.
Hohe Profitabilität: Netzwerkeffekte treiben die fundamentale PerformanceUnternehmen, die von Skalen-Vorteilen profitieren, weisen für fast alle Kennziffern und Beobachtungszeiträume die unvorteilhafteste fundamentale Performance auf. Dies spiegelt vermutlich die Tatsache wider, dass strikt regulierte Versorger für gewöhnlich über Skalen-Effekte verfügen, aber ihre Renditen auf das eingesetzte Kapital durch Vorgaben der Regulierungsbehörden beschnitten werden. (Die potenziellen wirtschaftlichen Gewinne dieser Unternehmen werden also in Richtung Verbraucher verschoben.)
6. Eine Kombination aus immateriellen Vermögenswerten und Kostenvorteilen bringt - gemessen an der Rendite auf das investierte Kapital - bessere Ergebnisse als jede andere Moat-Quellen-Kombination
Wir haben uns alle möglichen Kombinationen der wirtschaftlichen Moat-Quellen mit Blick auf ihre relative Wirkung angesehen. Wie die Abbildung unten zeigt, lieferte eine Verbindung aus immateriellen Vermögenswerten und Kostenvorteilen die höchsten Renditen auf das investierte Kapital. Diese Gruppe beinhaltet Firmen wie Amazon, Procter & Gamble und Nike.
Angesehen haben wir uns auch die Folgen aus diversen Moat-Kombinationen auf die erzielte Gesamtperformance, die Sie en Detail weiter unten finden. Dabei stellten wir fest, dass die Moat-Quelle „Skaleneffekte“ eine polarisierende Wirkung hat. In den vergangenen fünf Jahren lieferten demnach Unternehmen mit Skaleneffekten, die zudem auch von immateriellen Vermögenswerten profitierten, eine hohe Gesamtperformance ab.
Dagegen lieferten Unternehmen mit Skaleneffekten, die auch Kostenvorteile genießen, die niedrigste Gesamtperformance. Die Gruppe mit der höchsten Gesamtperformance (immaterielle Vermögenswerte und Skaleneffekte) beinhaltet Unternehmen wie International Speedway, Carnival und Waste Management.
Polarisierung: Wirkung von Skaleneffekten nicht eindeutig
Kombinationen, die Netzwerk-Effekte beinhalten, brachten allgemein gute Ergebnisse. Auf Sicht der vergangenen fünf Jahre belegten sie die Ränge zwei, drei und vier (sowie den neunten Platz, wobei diese Kombination die kleinste Stichprobengröße aufweist). Netzwerk-Effekte und immaterielle Vermögenswerte erzielten in dieser Verbindung die beste Performance. Die Gruppe umfasst Firmen wie Facebook, Alphabet und American Express.
Firmen mit drei oder mehr Kombinationen haben wir bei der Analyse ausgeklammert, weil diese Gruppen zu klein sind, um aussagekräftige Schlussfolgerungen zuzulassen. Nur 74 Unternehmen in unserem Anlageuniversum speisen ihre Moats aus drei oder mehr Wettbewerbsvorteilen.
7. Netzwerk-Effekte führen zur höchsten Volatilität bei den Ergebnissen
Bei der Betrachtung der Renditestabilität im Verlauf der Zeit haben wir auf eine Zehnjahres-Zeitreihe zur durchschnittlichen Eigenkapitalrendite, der Gesamtkapitalrendite und der operativen Gewinnspanne für jede Moat-Quelle angesehen. Dazu haben wir dann jeweils die dazugehörige Standardabweichung für diese zehn Jahre gemessen. Der Netzeffekt hatte die höchste Variabilität über alle drei Metriken. Bei allen drei Kennziffern wiesen die Netzwerk-Effekte die größten Schwankungen auf.
Anschließend sind wir einen Schritt weitergegangen und haben jede der fünf Moat-Quellen in Gruppen mit einem „weiten“ und „engen“ wirtschaftlichen Burggräben unterteilt. Dabei zeigte sich, dass Unternehmen, die dank eines hohen Wechselaufwands einen breiten Burggraben haben, die stabilsten Eigenkapitalrenditen aufweisen. Gesellschaften mit Skalen-Vorteilen und einem engen wirtschaftlichen Burggraben verfügten dagegen über die stabilsten Gesamtkapitalrenditen. Firmen mit einem Wide Moat und Kostenvorteilen wiederum wiesen die stabilsten operativen Gewinnmargen auf.
Umgekehrt zeigten Unternehmen mit einem Narrow Moat und mit Netzwerk-Effekten am wenigsten Stabilität bei den Eigenkapital-Renditen. Gesellschaften mit einem Wide Moat und Netzwerk-Effekten erzielten die instabilsten Gesamtkapitalrenditen, und Firmen mit einem Narrow Moat in Verbindung mit Netzwerkeffekten waren am instabilsten, was die operativen Gewinnspannen angeht.
Zudem haben wir auch noch jede Profitabilitäts-Metrik in ihre dazugehörigen Standardabweichungen aufgeteilt, um für jede Kennziffer einen risikoadjustierten Index zu erstellen. Dabei zeigt sich als Ergebnis, dass alle Unternehmen mit einem Wide Moat bei jeder Moat-Quelle Top-Ergebnisse erzielen. Am schlechtesten schnitten die Firmen mit Netzwerk-Effekten ab. Obwohl bei dieser Gruppe die Profitabilität hoch ist, sind sie gleichzeitig auch einem erhöhten Risiko ausgesetzt.
8. Netzwerk-Effekte bringen die beste Gesamt-Performance
In den vergangenen fünf und zehn Jahren haben Firmen mit Netzwerk-Effekten auf Total-Return-Basis besser abgeschnitten als alle anderen Moat-Quellen, und Unternehmen mit Skalen-Effekten bildeten das Schlusslicht, wie aus der unteren Abbildung hervorgeht.
Allerdings unterstellen wir, dass sich diese Ergebnisse im Laufe der Zeit verändern – abhängig davon, wie gut Growth-Aktien im Vergleich zu Value-Werten abschneiden. Denn die Vertreter aus der Gruppe mit Netzwerk-Effekten verfügen eher über Wachstums-Charakteristika. Dagegen weisen die Vertreter mit den Skalen-Effekten eher Attribute auf, die Value-Aktien kennzeichnen. Als wir die Analyse im Jahr 2012 durchführten, hatten Unternehmen mit Skalen-Effekten noch die besten historischen Gesamtrenditen abgeliefert und die Gesellschaften mit den Netzwerk-Effekten die zweitniedrigsten.
Großer Effekt: Netzwerke sind unter den Moat-Quellen die besten Renditetreiber
Ergänzende Erkenntnisse
Neben Messgrößen wie Profitabilität und Gesamtrendite haben wir uns das Kurs-Gewinn-Verhältnis vorgenommen. Unternehmen mit einem Wide Moat Rating weisen im Schnitt die höchsten Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf, sie werden am wenigsten leer verkauft, weisen die höchsten Marktkapitalisierung auf und bieten die niedrigsten Dividendenrenditen. Firmen mit einem engen wirtschaftlichen Burggraben kommen dagegen mit dem besten Wachstum daher. Bei Gesellschaften ohne Moat ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis am niedrigsten, sie werden am häufigsten geshortet, haben die niedrigsten Börsenwerte und werfen im Schnitt höhere Dividendenrenditen ab.
Unternehmen mit hohem Wechselaufwand für die Kunden weisen mit Blick auf die Ergebnisse der vergangenen fünf Jahre die niedrigsten Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf. Gesellschaften mit Netzwerk-Effekten verfügen dagegen für die Vergangenheit als auch auf Basis der aktuellen Gewinnschätzungen über die mit Abstand höchsten Kurs-Gewinn-Verhältnisse, und sie zeigen das höchste Wachstum und bringen die niedrigsten Dividendenrenditen. Unternehmen, die Vorteile bei den immateriellen Vermögenswerten genießen, rangieren bei keiner Leistungskennzahl auf dem ersten oder auf dem letzten Platz. Gesellschaften mit Kostenvorteilen weisen die höchste Marktkapitalisierung auf und werden am wenigsten geshortet. Firmen mit Größenvorteilen weisen die niedrigsten Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf, das niedrigste Wachstum, werden am häufigsten geshortet, haben den niedrigsten Börsenwert und bieten die höchsten Dividendenrenditen.