Indexfonds wachsen seit Jahren deutlich stärker als aktiv verwaltete Fonds. Auch im vergangenen Jahr konnten passiv verwaltete Fonds, ETFs sowie nicht-börsennotierte Tracker, ihren Marktanteil in Europa steigern, auch wenn aktiv verwaltete Fonds 2017 ein deutlich besseres Vertriebsjahr hatten als 2016. Ohne Hinzurechnung von Geldmarktfonds stieg der Anteil von ETFs und nichtbörsennotierten Indexfonds am gesamten europäischen Fondsmarkt von 13,8 Prozent per Ende 2015 über 15,1 Prozent per Ende 2016 auf nunmehr gut 16 Prozent per Ende Februar 2018. Das europaweit in Indexfonds investierte Vermögen belief sich per Ende Februar auf 1,35 Billionen Euro, das sich etwa hälftig auf ETFs und nichtbörsennotierte Indexfonds verteilt.
Besonders markant ist die Entwicklung im Aktienbereich. Hier machen Indexfonds bereits gut 26 Prozent des europäischen Aktienfondsmarkts aus. Der Anstieg des Marktanteils geht auf die steigende Nachfrage zurück. 2017 steuerten über 60 Prozent aller Zuflüsse in Aktienfonds passive Vehikel an.
Der Trend ist also klar: Investoren schichten von aktiv verwalteten Anlagefonds in ETFs und andere Indexfonds um. Diese Feststellung wird immer mehr zur Binsenweisheit. Wenig diskutiert wird indes, ob sich diese Entwicklung auch aus Anlegersicht gelohnt hat. Wie stellt sich das Rendite-Risiko-Profil der passivierten Investments dar? Wir haben bereits häufiger diese Frage aufgegriffen (lesen Sie hier und hier), haben nunmehr die Daten aktualisiert und die Auswertung auf die zehn größten Fondskategorien in Europa ausgeweitet. Die untere Tabelle zeigt die zehn Morningstar Kategorien mit dem höchsten verwalteten Vermögen in Europa (ex Geldmarktfonds).
Tabelle: Die größten zehn Fondskategorien: Vermögenswerte und Mittelflüsse
Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, machen global anlegende Aktienfonds, die typischerweise den MSCI World als Benchmark haben, die größte Kategorie aus mit einem Vermögen von knapp 550 Milliarden Euro, die in aktiven wie passiven Fonds stecken. Es folgen globale Schwellenländer-Aktienfonds mit gut 300 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen, gefolgt von USA-Standardwertefonds und europäische Standardwertefonds mit einem Gesamtvermögen von knapp 290 Milliarden bzw. gut 210 Milliarden Euro. Es folgen alternative Multistratgiefonds, die funktional Mischfonds sind (prominente Vertreter sind der Deutsche Concept Kaldemorgen und der SLI Global Absolut Return Strategies) sowie ausgewogene Mischfonds, die global anlegen. Insgesamt besteht die Top-zehn-Liste aus sechs Aktienkategorien, zwei Rentenkategorien, einer Mischfondskategorie und einer alternativen Kategorie.
Als nächstes blicken wir auf den Anteil von Indexfonds am verwalteten Vermögen dieser Kategorien. Wie aus der unteren Tabelle hervorgeht, ist die Existenz von Indexfonds in Europa bereits recht manifest. Am höchsten ist der Anteil von Indexfonds in der Kategorie Aktien USA Standardwerte. Hier sind bereits knapp zweidrittel aller Gelder in ETFs und nichtbörsennotierten Indexfonds investiert. Auch sind bereits 55 Prozent der Gelder, die in Fonds der Kategorie Aktien Großbritannien Standardwerte stecken, passiviert.
Indes sind ausgewogene Mischfonds und alternative Multistrategiefonds eine reine „aktive“ Angelegenheit. Keine bzw. keine nennenswerten Assets stecken in diesen Mischfonds. Auch Rentenfonds für Schwellenländer-Papiere sind zu 90 Prozent von aktiven Managern dominiert; auch globale Schwellenländer-Aktienfonds und Aktienfonds Welt sind zwei Kategorien, in denen der Anteil passiver Fonds unter 30 Prozent liegt.
Indes spricht die Dynamik der Mittelzuflüsse, dass auch in den weniger „passivierten“ Kategorien aktiven Managern ein scharfer Wind ins Gesicht bläst. Wie aus den Spalten rechts in der Tabelle hervorgeht, liegt der Anteil der passiven Fonds an den Mittelflüssen überall über dem Anteil der Passiven an den Vermögenswerten, was bedeutet, dass sie über kurz oder lang einen größeren Marktanteil gewinnen. Übrigens waren die Mittelflüsse in den beiden Kategorien Aktien USA und Aktien Großbritannien in den vergangenen drei Jahren negativ, während die Zuflüsse in Indexfonds deutlich positiv waren. Hier stieg der Marktanteil der passiven Fonds in den vergangenen Jahren besonders stark.
Tabelle: Marktanteil der passiven Fonds in den zehn größten Fondskategorien
Kommen wir abschließend zur spannenden Frage, ob sich die Passivierung von Assets in den zehn wichtigsten Fondskategorien gelohnt hat. Das wollen wir anhand der Verteilung der Morningstar Sterne Ratings prüfen. Unser viel beachtetes Rating ist das Ergebnis einer quantitativen Analyse und hat das Ziel, die Vergangenheits-Performance vergleichbarer Fonds unter Berücksichtigung von Risiken zu bewerten.
Eine Morningstar Sterne-Rating bekommt jeder Fonds, der einer homogenen Fondskategorie angehört und eine Historie von über drei Jahren aufweist. Die Ratings innerhalb einer Morningstar Fonds-Kategorie werden wie folgt verteilt: Die 10% der Fonds mit der besten risikoadjustierten Rendite bekommen fünf Sterne, die folgenden 22,5% erhalten vier, die mittleren 35% der Fonds drei, die nachfolgenden 22,5% zwei und die schlechtesten 10% der Fonds einer Morningstar-Kategorie werden mit einem Stern bewertet.
Da Indexfonds denselben Kategorien zugeordnet werden wie aktiv verwaltete Fonds, können Anleger auf einen Blick feststellen, wie die Qualität von Indexfonds ausgefallen ist relativ zu vergleichbaren, zumeist aktiv verwalteten Fonds. (Das ist deshalb so einfach, weil alle Morningstar Kategorien zahlenmäßig von aktiv verwalteten Fonds dominiert werden).
Besitzt nun ein Indexfonds ein Fünf- oder Vier-Sterne-Rating, dann hat er innerhalb seiner Kategorie -- und damit vorwiegend gegenüber aktiv verwalteten Fonds -- überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Ein Drei-Sterne-Rating impliziert, dass der passive Fonds nicht aus der Masse der aktiven Fonds herausragt. Ein Indexfonds mit einem Ein- oder Zwei-Sterne-Rating gehört zum schlechtesten Drittel der Vergleichsfonds.
Tabelle: USA, Europa, Schwellenländer: Wo die Passiven vorne liegen
Wie aus der oberen Tabelle hervorgeht, hat es sich nicht immer gelohnt, passiv zu investieren. Am stärksten fielen die Ergebnisse der passiven Fonds in den vergangenen Jahren in der Kategorie aus, in der es kaum Indexfonds gibt: bei ausgewogenen Mischfonds. Einige wenige Produkte von der niederländischen Gesellschaft Think ETF brachten es auf eine 100 Prozent Quote von guten bis sehr guten Fonds. Hervorragend waren auch die Ergebnisse der passiven Fonds in den beiden Kategorien Aktien Welt und Aktien USA, wo 96 bzw. 94 Prozent aller in passiven Fonds investierten Gelder mit vier oder fünf Sternen bewertet sind.
Respektabel ist auch das Ergebnis der passiven Schwellenländer Bond-Fonds, wo 73 Prozent der Assets in Fonds stecken, die mit vier oder fünf Morningstar Sternen bewertet sind.
Schwache Ergebnisse erzielten passive Fonds indes in der Kategorie Aktien Großbritannien. Nur etwas mehr als ein Fünftel der Assets steckt in Vier- oder Fünf-Sterne-Fonds. Der FTSE 100 war in den vergangenen Jahren eine höchst dankbare Benchmark für aktive Investoren – Stichwort Korrektur bei Konsumwerten (Tesco) oder die scharfen Rücksetzer bei Rohstoff- und Energie-Aktien, die im FTSE 100 stark vertreten sind.
Indizes wie der FTSE 100 und der Euro STOXX 50 waren in den vergangenen Jahren höchst dankbare Benchmarks für aktive Investoren
Nicht sehr wesentlich besser sieht es auch im Bereich Unternehmensanleihen und Eurozonen Standardwerte. Auch bei letzterer Kategorie stecken viele Assets in zutiefst durchschnittlichen Produkten, die den Index Euro STOXX 50 abbilden, der vollgeladen ist mit italienischen Banken, deren Malaise in den vergangenen Jahren recht gut vorhersehbar war.
Im Gegensatz zum Vormarsch der Indexfonds beim Marktanteil am verwalteten Vermögen ist auch die Entwicklung der Qualität alles andere als ansteigend. Bei Schwellenländer Bonds etwa lag im Jahr 2013 die Quote guter und sehr guter Indexfonds bei 91 Prozent. Heute stecken nur noch 73 Prozent der Indexfonds-Assets in guten bis sehr guten Fonds. Ähnlich ist die Entwicklung bei Schwellenländer-Aktienfonds. Index hat sich die Qualität der Indexfonds in den Kategorien Aktien Europa und Aktien Eurozone seit 2013 leicht verbessert.
Fazit
Indexfonds sind unverändert auf dem Vormarsch. Sie gewinnen jedes Jahr an Marktanteilen hinzu und bringen die aktiv verwalteten Fonds in den meisten Fondskategorien in Bedrängnis. Allerdings geht dies nicht einher mit der Qualität der Produkte, die auch in sehr stark passivierten Kategorien oft zu wünschen lassen. Seit Jahren wächst der Marktanteil der passiven Fonds etwa in der Kategorie Aktien Großbritannien, derweil die Qualität dieser Produkte, die immer mehr Anleger ansteuern, doch zu wünschen übriglässt. Ähnliches gilt für Schwellenländer Aktien- und Schwellenländer-Rentenfonds.
Das spricht für eine Passivierung mit Augenmaß. Allerdings liegt das Heft des Handelns häufig nicht in der Hand der Endanleger. Gerade in Großbritannien, den Niederlanden und der Schweiz gewinnen Asset-Allocation Mandate im Banken- und Plattformgeschäft an Bedeutung. Hier werden Indexfonds als Asset Allocation Bausteine eingesetzt. Viele Vermögensverwalter sehen ihre Kernaufgabe – nicht nur in diesen oberen drei Märkten – immer mehr in der Vermögensstrukturierung nach Asset Klassen. Fonds-Picking, eine lange Zeit sehr beliebte Disziplin im Wealth Management, scheint nachhaltig auf dem Rückzug zu sein.