In vielen Fällen ist die Sache klar: Wer einen ETF oder Fonds der Kategorie „Aktien Türkei“ hält, der nimmt in Kauf, dass er ein Investment hält, dessen Wertentwicklung zumindest in der aktuell aufgeheizten Zeit von den Ansichten und Äußerungen des Präsidenten der Republik Türkei abhängt. Doch kaum ein Anleger dürfte davon ausgehen müssen, in sonstigen Fondskategorien Türkei-Assets in einer dominanten Rolle vorzufinden.
In Indexfonds sind Türkei-Investments zumeist eine quantité négligeable...
Vorweg gesagt: in den großen globalen Aktien- und Renten-Benchmarks machen Türkei-Assets nur eine vernachlässigungswerte Größe aus. Im MSCI Emerging Markets sind Türkei-Aktien mit sage und schreibe 0,7 Prozent gewichtet. In den beiden Bond-Benchmarks für globale Schwellenländer JPM EMBI Global TR (Hartwährungen) und JPM GBI Emerging Markets Global Diversified TR (lokale Währungen) machen Türkei-Assets sechs bzw. fünf Prozent aus. Und ungeachtet der hohen Verschuldung türkischer Unternehmen sind im Morningstar EM Corporate Bond TR nur drei Prozent Türkei-Bonds enthalten.
Selbst dort, wo man Unbill vermuten könnte, in regionalen Benchmarks, die etwa der Kategorie „Aktien Osteuropa Schwellenländer“ zugrunde liegen, ist der durch türkische Assets verursachte Flurschaden in den vergangenen Wochen gering gewesen. Im MSCI Emerging Europe sind Türkei-Aktien mit gerade einmal gut elf Prozent gewichtet.
Doch zu wissen, was die Benchmarks machen, bringt allenfalls den Anlegern in Indexfonds Gewissheit. Wer in aktiv verwalteten Fonds investiert, ist dagegen mit den individuellen Strategien der Fondsmanager konfrontiert, und die können durchaus signifikante Abweichungen der Fondsportfolios von den Benchmarks mit sich bringen. Wir haben deshalb nachgesehen, welche Fonds einen höheren Anteil als zehn Prozent des Fondsvermögens in Türkei-Aktien und Türkei-Bonds halten. Stichtag war der 31. Juli, wobei wir, um ein möglichst repräsentatives Sample zu erwischen, alle Fonds berücksichtigt haben, deren Portfolios nicht älter als Ende Mai sind. Berücksichtigt haben wir alle Fonds, die mindestens in einem Land der Region DACH zum Vertrieb zugelassen sind.
... bei aktiv verwalteten Fonds lohnt sich dagegen ein kritischer Blick
Kommen wir zunächst zur Aktienseite. Besonders hoch sind die Gewichtungen von Türkei-Aktien in Osteuropa-Fonds. Hier haben wir zwei Kategorien ausgemacht: „Aktien Schwellenländer Europa“ und „Aktien Schwellenländer Europa ex Russland“. Besonders häufig waren Türkei-Aktien mit 33 Prozent per Ende Juni im Mori Ottoman vertreten. Immerhin 22 Prozent waren es im SEB Eastern Europe ex Russia und gut 20 Prozent im Mori Eastern European. Auch im Metzler Eastern Europe und Danske Invest Trans-Balkan sind es noch knapp 20 Prozent. Das ist deutlich mehr als die elf Prozent in der oben erwähnten MSCI Osteuropa-Benchmark.
In einer anderen Liga mit Blick auf Türkei-Aktien spielen Aktienfonds außerhalb der Osteuropa-Kategorien, auch in Nahost-Fonds, wobei der Schroder ISF Middle East mit gut 16 Prozent hier eine Ausnahme ist. Der Goldman Sachs N-11 liefert mit 11,5 Prozent Türkei-Anteil ein beredtes Zeugnis darüber ab, dass die Marketing-Abteilungen vor nicht so langer Zeit die Türkei noch als Hoffnungsstory angesehen haben und die Produktabteilungen einiger Fondsanbieter entsprechende Produkte lancierten („N-11“ steht für Next Eleven und das steht wiederum für besonders stark wachsende Schwellenländer-Staaten).
Ansonsten liegt der Anteil von Türkei-Aktien in unserem betrachteten Fondsuniversum bei unter zehn Prozent. Das schließt angesichts der Gewichtung von Türkei-Aktien im MSCI Emerging Markets von unter einem Prozent nicht hohe Übergewichtungen aus, aber wir wollten mit der willkürlich gezogenen Grenze von zehn Prozent Fonds ermitteln, die in hohem Maße von dem jüngsten Crash betroffen sind.
Tabelle: Eine Übersicht über Aktienfonds mit hohen Türkei-Gewichtungen
Und wie sieht es auf der Bond-Seite aus? Hier haben nicht nur Kursverluste bei Staatspapieren und den Corporate Bonds Anlegern zu schaffen gemacht, sondern ganz besonders auch der Verfall der Lira. Und die Prognosen sehen gerade hier nicht gut aus. Der mit weitgehenden Befugnissen ausgestattete Präsident Erdogan zeigt sich überzeugt, dass hohe Zinsen die Inflation anfachen und nicht umgekehrt die Inflation in Schach halten. Deshalb gibt er sich entschlossen, die türkische Notenbank entsprechend von Zinserhöhungen abzuhalten.
Auch wenn man dieser unter Ökonomen höchst umstrittenen Meinung anhängt, kommt man nicht umhin festzustellen, dass die Finanzmärkte höchst negativ auf die türkische Finanz- und Wirtschaftspolitik der vergangenen Monate reagiert haben – und es vermutlich so lange tun werden, bis die Notenbank zur Orthodoxie zurückkehrt und die geldpolitischen Zügel strafft. Keine gute Prognose also für Bond-Investments.
Für Anleger deshalb die gute Nachricht: Es gibt kaum Fonds in Europa, die ausschließlich auf Türkei-Bonds setzen. Doch es folgt eine nicht so gute: Es gibt etliche Osteuropa-Rentenfonds mit hohen Türkei-Gewichtungen. Allesamt über zwölf Prozent weisen u.a. die Fonds INVL Emerging Europe Bond, Deka-ConvergenzRenten, Amundi Bond Opportunities, Raiffeisen-Osteuropa-Rent und Erste Bond Danubia auf.
Bei global investierenden Bond-Fonds ist der Anteil Türkei-Bonds im EdRF Emerging Bonds mit gut 16 Prozent besonders hoch. Dass die Türkei auch bei Inflationsschutz Bonds dabei ist, zeigt der knapp 14-prozentige Türkei-Anteil im SPRD Bloomberg Barclays Inflation Linked Local Bond ETF, eine Ausnahme unter Indexfonds, wie die Daten unserer Auswertung zeigen.
Deutlich über zehn Prozent machen Türkei-Bonds unter anderem in folgenden global anlegenden Emerging Markets Fonds aus: Pictet Emerging Corporate Bonds, IQAM Bond Local Currency Emerging Markets, Allianz Target Return Bond Emerging Markets sowie die beiden Fonds CB Accent Lux Swan High Yield und CB Accent Lux Swan Bond Opportunity. Auch die DWS ist mit dem Deutsche Invest Emerging Markets Opportunities mit von der Partie. In der unteren Tabelle finden Sie weitere Fonds mit Türkei-Übergewichtungen.
Tabelle: Eine Übersicht über Bondfonds mit hohen Türkei-Gewichtungen
Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier.