Anleger, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, verfügen mit unserem Sustainability-Research ein nützliches Tool, um das Nachhaltigkeitsprofil auf Fonds- und Indexebene zu analysieren. Investoren können anhand des auf Portfolio-Ebene ansetzenden Researchs prüfen, welche Finanzinstrumente eine gute Nachhaltigkeits-Bilanz aufweisen. Unsere Morningstar Sustainability Ratings liefern - wie auch unsere Sterne-Ratings - eine einfache, zugespitzte Kennzahl.
Doch unser ESG-Research, das auf dem Einzeltitel-Research von Sustainalytics aufsetzt, kann noch viel mehr. Unter anderem haben wir in diesem Jahr ein Tool entwickelt, welches das Karbon-Risiko auf Portfolioebene misst. Das haben wir nunmehr auch in unserem halbjährlich berechneten Morningstar Sustainability Atlas aufgegriffen.
Doch kommen wir zunächst zum Update unseres beliebten Formats, das die Fragen beantwortet, in welchen Ländern sich die meisten Unternehmen mit einer guten Nachhaltigkeits-Bilanz finden lassen, wo Kontroversen und Skandale besonders virulent sind, und wie die einzelnen Faktoren Umwelt, Soziales und Governance gewichtet sind.
Morningstar Sustainability Atlas für die Top-down-Perspektive
Die Nachhaltigkeits-Bilanz von 46 Morningstar Länder-Indizes haben wir in der aktuellen Fassung des „Morningstar Sustainability Atlas“ per Ende August festgehalten. Bei unserer Länderübersicht kommt das identische Verfahren zum Einsatz, mit dem wir auch Investmentfonds auf ihre ESG-Bilanz prüfen.
Um die Nachhaltigkeit auf Indexebene zu vergleichen, messen wir die Portfolio Sustainability Scores, die sich aus den jeweiligen ESG-Scores abzüglich der Controversy Scores zusammensetzt. Der Portfolio Sustainability Score ist hier also die um Skandale und Kontroversen bereinigte ESG-Bilanz der 46 Länderindizes.
Kommen wir nun zu den Ergebnissen unserer Untersuchung. Sie ist nach Nachhaltigkeits-Scores sortiert und der Übersicht halber in Quintilen zusammengefasst, die entsprechend farblich gekennzeichnet sind. Länderindizes im nachhaltigsten Quintil sind dunkelgrün markiert, gefolgt von einem hellgrünen Cluster. Das mittlere Quintil ist gelb koloriert, gefolgt von den orange- und rotmarkierten Quintilen, die die Schlusslichter bilden.
Die Niederlande, Portugal und viele Skandinavier sind top
Unverändert schneiden europäische Indizes weltweit am besten ab. Darauf deutet der grüne Grundton unserer ESG-Heatmap in Europa an. Per Ende August 2018 schneiden die Niederlande mit einem Score von 61,7 Punkten (von 100 maximal möglichen) am besten ab, was vor allem auf die sehr gute Bilanz von ASML Holding und der ING Groep fußt. Es folgt der Morningstar Finnland-Index, der von dem guten Scores für Nokia, Kone und UPM-Kymmene profitiert . Portugal findet sich ebenfalls erneut unter den nachhaltigsten Länderindizes.
Stichwort Länderindizes: Zu beachten ist, dass bei engen Benchmarks wenige nachhaltige Unternehmen den Ausschlag geben können. Das zeigt sich auch anhand des Beispiels des Morningstar Kolumbien Index, einer Benchmark, in der Bancolumbia und Grupo Sura, zwei Finanzkonzerne, besonders gute Scores aufweisen. Der Ungarn-Index profitiert wiederum von dem guten Nachhaltigkeits-Rating von MOL, einer der besten Öl- und Gas-Förderer gemäß der Einschätzung von Sustainalytics.
Grafik: Der Morningstar Sustainability Atlas im Überblick
Schwach schneiden nach wie vor die Indizes Russlands, Chinas und der meisten nahöstlichen Staaten ab. Die USA landen erneut im zweitschlechtesten Index-Quintil, worauf wir noch eingehen werden.
Im Einzelnen schneidet der Morningstar Portugal Index aus Umweltsicht weltweit am besten ab. Der Index Morningstar Dänemark ist mit Blick auf Einhaltung sozialer Kriterien top, und die Niederlande landen mit Blick auf Corporate Governance, also bei den Grundsätzen der guten Unternehmensführung, ganz weit vorn.
Kolumbien kommt unter allen Emerging Markets auf die beste ESG-Bilanz; in Asien glänzt Taiwan dank der sehr guten Bilanz von Taiwan Semiconductor.
Das Gewicht von Kontroversen ist für die Gestalt unseres Atlas nicht zu unterschätzen. Länder wie die Schweiz und Großbritannien kommen zwar auf sehr gute ESG Scores, die Kontroversen um Schlüsselunternehmen wie UBS und HSBC trüben die Bilanz indes ein. Das Ergebnis für die USA wird ebenfalls durch Kontroversen verschlechtert. Hier stehen Facebook, Alphabet und Amazon im Mittelpunkt. Ähnlich, wenn auch nicht so extrem, ist der Fall beim Deutschland-Index: Das Barometer schneidet in der ESG-Bilanz sehr gut ab, wird allerdings durch die schwachen Controversy-Werte u.a. von Volkswagen nach unten gezogen.
Neue Features: Die Karbon-Intensität und das Karbon-Risiko
Seit Mai 2018 berechnen wir die Carbon Metrics auf Fondsebene. Sie ermöglichen es Investoren, die Umweltauswirkungen und Risiken des Klimawandels für ihre Portfolios zu untersuchen. Die Fonds mit den besten Werten erhalten die Morningstar Low Carbon Designation, was darauf hindeutet, dass die Unternehmen im Portfolio mit dem Ziel identifizieren, den Übergang zur kohlenstoffärmeren Wirtschaft zu gewährleisten.
Die Carbon Metrics haben wir auch im Nachhaltigkeits-Atlas berücksichtigt. Für Indizes haben wir die gewichteten Durchschnittswerte der Bestandteile berechnet. Hier werden zwei Kennzahlen untersucht: Kohlenstoffintensität und Kohlenstoffrisiko. Es müssen 67 Prozent des Gewichts eines Index von Sustainalytics abgedeckt werden, damit die Kohlenstoffkennzahlen berechnet werden können. Vier Länderindizes hatten eine unzureichende Abdeckung und wurden entsprechend ausgeschlossen: Israel, Neuseeland, Ägypten und Thailand.
Zwei unwahrscheinliche Champions bei der Karbon-Intensität: Peru und die VAE
Kommen wir zunächst zur Karbon-Intensität. Wie die untere Heat Map anzeigt, gehören Peru und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zu den am wenigsten CO2-intensiven Aktienmärkten. Der Grund: Hier dominieren Banken, Telecoms und Immobilienfirmen, die nur einen kleinen CO2-Fußabdruck aufweisen. Die entwickelten asiatischen Märkte Singapur und Japan haben im Verhältnis zur Größe ihrer Märkte ebenfalls einen kleinen CO2-Fußabdruck, ebenso wie die meisten westeuropäischen Märkte, wobei Schweden den höchsten Wert aufweist.
Die fossile, kraftstoffintensive Ökonomien Kanadas und Russlands sind indes CO2 intensiv. Chinesische, US- und brasilianische Unternehmen haben relativ zur Größe ihrer Unternehmen keine besonders schlechten CO2-Bilanzen. Indische Unternehmen sehen ziemlich CO2-intensiv aus, obwohl Indiens Umwelt Score etwa um den globalen Mittelwert liegt. Das kohlenstoffintensivste Land ist die tschechische Republik, was nicht überrascht, da ein Versorgungsunternehmen, CEZ, den Index dominiert.
Graphik: Die Karbonintensität im Blick
Kommen wir nun zur ausgefeilteren Karbon-Kennzahl: zum Carbon Risk. Er bewertet, ob bzw. inwiefern das Geschäftsmodell eines Unternehmens durch den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft gefährdet ist. Unternehmen mit niedrigem CO2-Risiko sind am besten gerüstet, um zu überleben und zu gedeihen, wenn sich die Welt von fossilen Brennstoffen verabschiedt hat. Die Risiken sind mannigfaltig. Der Klimawandel könnte die physischen Vermögenswerte oder auch das Geschäftsmodell insgesamt gefährden. Unternehmen können auch von der Politik oder der Regulierung, welche sie zur Senkung der Treibhausgasemissionen drängen, betroffen sein; Anlagen, bei denen die Nutzung fossiler Brennstoffe im Vordergrund steht, könnten zu sogenannten Stranded Assets mutieren, also als totes Kapital enden. Auch kann eine veränderte Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit Marken (Brands) schädigen.
Beim Carbon Risk werden bestimmte Wirtschaftssektoren per se als riskant eingestuft. Energie wird bei weitem als die riskanteste Branche eingestuft, gefolgt von Versorgern, Rohstoffherstellern und Industrieunternehmen. Am unteren Ende des Risikospektrums finden sich die Branchen Gesundheit und Technologie.
Diese Methodologie schlägt sich wie folgt im Nachhaltigkeitsatlas nieder. Wie die untere Karte zeigt, weisen westeuropäische Märkte wie die Schweiz, die Niederlande und Frankreich ein geringes Kohlenstoffrisiko aus. In Asien ist das der Fall in Japan, Korea, Taiwan und Hongkong.
Auf den ersten Blick überrascht, dass die USA als großer Emittent von Treibhausgasen ein niedriges Risikoniveau aufweist. Das liegt daran, dass Gesundheits- und Technologieunternehmen mehr als ein Drittel der US-Aktienmarkts ausmachen; Energiekonzerne machen ein Gewicht von weniger als sechs Prozent im Morningstar USA aus.
Auf der anderen Seite steht Russland, bei dem fast 60 Prozent seiner Marktkapitalisierung im Bereich Energie zu verorten ist. Entsprechend zeigt dieser Markt das höchste CO2-Risiko überhaupt. Ebenfalls mit einem erheblichen Kohlenstoffrisiko behaftet sind die energieintensiven Märkte Polen und Kanada sowie Chile, das ein hohes Gewicht an Rohstoffunternehmen aufweist. Australische Unternehmen leisten gute Arbeit beim Management von Kohlenstoffrisiken. (Im Umkehrschluss deutet das auf die hohe Kohlenstoffintensität dieses Markets hin, was zeigt, dass eine hohe Karbon-Intensität nicht ein gutes Risikomanagement ausschließt.)
Graphik: Das Karbonrisiko im Fokus
Die vollständige Version des aktuelle Morningstar Sustainability Atlas finden Sie hier in englischer Sprache.