Wer hat den günstigsten Welt-ETF?

Eine Untersuchung der Kosten weltweit anlegender Aktien-Indexfonds. Ältere ETFs weisen Nachteile gegenüber den ETFs der „neuen Generation“ auf. Auch semi-aktive Produkte spielen in einer anderen Liga. Aber auch bei teuren ETFs ist nicht zwangsläufig Handeln angesagt.

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Erst jüngst haben wir Anleger darauf hingewiesen, dass es bei ETFs oft auch dann noch billiger geht, wenn man geglaubt hat, dass das Ende der Fahnenstange bei den Kosten erreicht sei. Im Vergleich zu aktiv verwalteten Fonds ist die Kosten-Erosion bei börsennotierten Indexfonds bemerkenswert, und Anleger sollten davon profitieren. Sie täten gut daran, sich laufend zu vergewissern, ob die Kosten ihrer ETFs noch angemessen sind. 

Nach dem allgemeinen Hinweis kommt nun der Blick auf das Detail. Wir wollen heute auf die Kosten von weltweit investierenden Aktien-ETFs blicken. Wie haben sich die Kosten über die Jahre entwickelt? Wie teuer sind global anlegenden ETFs heute? Welches sind die günstigsten, welches sind die teuersten ETFs? Welche Indizes bilden sie ab, und was müssen Anleger, die noch nicht investiert sind, sonst noch beachten? Dabei wollen wir nicht nur die nackten Zahlen widergeben, sondern auch einige für Anleger relevante Schlussfolgerungen ziehen. Ganz zum Schluss finden Sie eine Reihe von Tabellen, in denen Sie auf Heller und Cent die Gebührenhöhen und -tiefen der ETFs der Kategorie „Aktien Welt Standardwerte Blend“ nachvollziehen können. 

Ein Blick in die Geschichtsbücher: Als ETFs in Europa laufen lernten 

Fangen wir mit der Historie an. Global anlegende Aktien-ETFs gibt es in Europa bereits seit dem Jahr 2001, ein Jahr nach dem Start des ETF-Segments der Deutschen Börse, der allgemein auch als Start des ETF-Marktes in Europa angesehen wird. In den ersten Jahren war noch nicht absehbar, dass der MSCI World das Rennen als wichtigster Referenzindex für globale Aktien-ETF machen würde. Drei der vier ältesten Welt-ETFs bildeten den DJ Global Titans 50 ab. Der älteste global anlegende Aktien-ETF ist der in Deutschland aufgelegte iShares DJ Global Titans 50, der damals noch unter der Indexchange-Flagge segelte. (Indexchange war die damalige ETF-Tochter der HypoVereinsbank.) 

Der vierte ETF im Bunde der Dinos war ein MSCI World Tracker. Doch dem Dino UNICO i-tracker MSCI World war nur ein kurzes Leben beschert: Der Fonds der Tochtergesellschaft von Union Investment wurde bereits Ende 2008 mangels Erfolges dichtgemacht. (Seitdem hält die genossenschaftliche Fondsgesellschaft die Standarte des aktiven Managements hoch.) 

Anfang des Millenniums waren die Gebühren noch hoch: Mindestens 50 Basispunkte mussten Anleger damals an Gebühren für Welt-Aktien-ETFs berappen. Bis Ende 2009 lagen die Gebühren der damals 15 global anlegenden Aktien-ETFs im Schnitt bei 45 Basispunkten. Insgesamt brachten die Welt-ETFs seinerzeit gut 3,6 Milliarden Euro auf die Waage. 

Kosten gehen insgesamt deutlich zurück, aber im Schnitt nicht 

Seitdem hat sich der Markt rasant entwickelt. Heute gibt es in Europa in unserer Kategorie 72 ETFs mit einem Vermögen von 59 Milliarden Euro. Im Schnitt sind 820 Millionen in jeden dieser ETFs investiert, mehr als dreimal so viel wie vor zehn Jahren. Interessant ist, dass die laufenden Gebühren im Durchschnitt bei 0,32 Prozent liegen. Das ist natürlich deutlich weniger als die 45 Basispunkte, die noch 2009 im Schnitt fällig waren, aber Welten liegen die beiden Kosten-Quoten nicht auseinander. Das liegt daran, dass viele der älteren Produkte nach wie vor das Pricing aus Ur-Omas Zeiten beibehalten haben, und sehr zur Freude der Anbieter sind noch viele Anleger dabeigeblieben. Der bereits erwähnte iShares DJ Global Titans 50 ist hierfür ein gutes Beispiel. Er kostet auch heute 0,51 Prozent pro Jahr. Mit einem Vermögen von gut 320 Millionen Euro beschert er BlackRock satte Erträge. 

So lange sich die Anleger nicht bewegen, gibt es keinen Grund dafür, dass die ETF-Anbieter ihre Cash Cows mittels Gebührensenkungen schlachten sollten. Stattdessen legen sie lieber neue ETFs auf, die dann ein zeitgemäßes Pricing aufweisen. Auch das ist ein guter Grund, warum sich Anleger regelmäßig über das aktuelle Gebührengefüge bei ETFs informieren sollten. (Wie gesagt, weiter unten finden Sie eine Tabelle mit den teuersten und günstigsten ETFs dieser Kategorie). 

Etwas anders sieht das übrigens Bild aus, wenn man die Kosten der ETFs nach investiertem Vermögen gewichtet. Kapitalgewichtet kosten weltweit anlegende Aktien-ETFs am europäischen Markt nur gut 0,28 Prozent pro Jahr. Anleger investieren also tendenziell in die günstigeren ETFs. Doch es geht noch was, wie wir weiter unten zeigen werden. 

MSCI dominiert den Markt für globale Aktien-ETFs 

Die oben erwähnte Dominanz von Indexanbieter Dow Jones in der Aktien-Welt-Kategorie zu Beginn des Millenniums ist längst Geschichte. Heute steht der Indexanbieter MSCI an der Spitze. 43 ETFs mit einem verwalteten Vermögen von knapp 53 Milliarden Euro bilden MSCI-Benchmarks ab. Das meiste Geld – gut 39 Milliarden Euro - steckt dabei in ETFs, die den MSCI World abbilden. 

Nach verwaltetem Vermögen in den ETFs folgt auf MSCI mit großem Abstand FTSE. In sechs global anlegenden ETFs, die FTSE-Indizes replizieren, waren per Ende Juli 2,9 Milliarden Euro investiert. 

Es folgt der Frankfurter Anbieter Solactive, dessen Indizes sechs ETFs mit 1,4 Milliarden Euro an verwaltetem Vermögen bestücken. 

Dow Jones-Indizes spielen heute in der Aktien-Welt-Kategorie keine große Rolle als Underlyings. In drei ETFs sind gerade einmal 570 Millionen Euro investiert. 

Solactive setzt bei den Kosten Maßstäbe 

Die Dominanz von MSCI ist offenkundig, wie aus den oberen Zahlen hervorgeht. Doch Größe ist bekanntlich nicht alles. Für Anleger hängt der Anlageerfolg bei ETFs – ceteris paribus – vor allem von den Kosten ab. Und hier sind ETFs auf MSCI-Indizes längst nicht das Maß aller Dinge. Es ist bekannt, dass sich der Index-Marktführer seine Marke, neudeutsch: Brand, von den ETF-Initiatoren teuer bezahlen lässt, die die Kosten natürlich wiederum an die Investoren weitergeben. Im Schnitt müssen Anleger in ETFs, die MSCI-Indizes abbilden, 31 Basispunkte pro Jahr an Gebühren bezahlen. Das sind unter den großen Indexanbietern in unserer heutigen Kategorie die höchsten Kosten. 

Bei ETFs, die FTSE-Indizes abbilden, sind es im Schnitt 26 Basispunkte und somit deutlich weniger. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass Vanguard schon vor Jahren bei seinen ETFs den Switch von MSCI zu FTSE machte und dort offenbar deutlich günstigere Konditionen aushandelte. Der im September 2014 aufgelegte Vanguard FTSE Developed World ETF setzte damals mit Kosten von 18 Basispunkten jährlich Maßstäbe. 

Doch die Zeiten ändern sich. Inzwischen setzen bei den Kosten andere Anbieter die Akzente. Bis auf weiteres jedenfalls. ETFs, die globale Aktien-Indizes des Frankfurter Hauses Solactive abbilden, kosten gerade einmal 18 Basispunkte im Durchschnitt. Grund hierfür ist, dass Solactive mit einem aggressiven und flexiblen Pricing an den Markt geht, in der – vermutlich berechtigten – Hoffnung, den etablierten Index-Anbietern damit Marktanteile abzujagen. Das wiederum ermöglicht ETF-Anbietern, die Marktanteile gewinnen wollen, mit Kampfkonditionen anzutreten. 

Amundi setzt bei globalen Aktien-ETFs heute Maßstäbe

Den jüngsten Coup landete die französische Amundi, die mit einer Serie von sehr günstigen ETFs den vorläufigen Höhepunkt des ETF-Preiskampfes setzte. Zu dem Angebot zählt auch ein global anlegender Aktien-ETF; der Amundi IS Prime Global ETF DR, der sage und schreibe nur fünf Basispunkte kostet. Damit ist er der mit Abstand günstigste Standardwerte Aktien-ETF. Es lohnt sich, bei diesem ETF ein wenig zu verharren. Ihm liegt der Solactive GBS Developed Markets Large & Mid Cap Index zugrunde. Er dürfte nicht zufällig gewisse Ähnlichkeiten mit dem MSCI World aufweisen. Wie der Standard-Index von MSCI bildet auch der Solactive-Index die Performance von rund 1.600 Standard- und Nebenwerten (Mid Caps) aus 23 Industrieländern ab, die rund 85 Prozent der frei handelbaren Marktkapitalisierung dieser Länder umfassen. 

Die Stoßrichtung der ETF-Anbieter, die aggressiv Marktanteile gewinnen wollen (ohne sich dabei als wohltätige Organisation registrieren zu wollen), ist klar: Anleger können entscheiden, ob sie 20, 30 oder 50 Basispunkte für einen ETF berappen wollen, der bekannte Index-Brands im Namen führt. Oder ob sie mit einem ETF vorliebnehmen möchten, der zwar keinen „glamourösen“ Brand – sofern es so etwas im Bereich Finanzen gibt – bietet, aber dafür nur einen Bruchteil der Kosten aufweist. 

Die Billigheimer sind im Vertrieb erfolgreich 

Bisher scheint die Rechnung der Billigheimer aufzugehen. Während in den vergangenen drei Monaten (per Ende Juli) gut eine Milliarde Euro in die günstigsten 15 Standard-Welt ETFs flossen, zogen Anleger rund 20 Millionen Euro aus den 15 teuersten Welt-ETFs ab. Weniger eindeutig, aber identisch in der Tendenz sieht die Absatztendenz in den ersten sieben Monaten dieses Jahres aus. Die die Zuflüsse in die günstigsten ETFs beliefen sich auf 1,8 Milliarden Euro, während die teuersten global anlegenden ETFs Zuflüsse von 880 Millionen Euro hatten. 

Es steht zu erwarten, dass sich der Kostentrend nach unten einerseits immer mehr ins Bewusstsein der Anleger eindringen wird. Andererseits, und das ist nur scheinbar paradox, sind die Tage für übermäßig teure ETFs keinesfalls gezählt. Es gibt zum einen träge Anleger, die sich schlicht nicht um die Details kümmern, wenn der ETF erst einmal im Depot liegt. Hier wäre mehr Aktivität wünschenswert. Es gibt keinen guten Grund, für eine identische Brutto-Performance zehnmal höhere Gebühren zu berappen. 

Manche Anleger sollten dennoch an den teuren ETFs festhalten 

An dieser Stelle jedoch ein Hinweis. Ungeachtet der großen Vorteile, die günstige Investmentprodukte haben, so gibt es unter Umständen gute Gründe, teure ETF nicht aus dem Depot zu werfen. Bei Privatanlegern sind das typischerweise steuerliche Gründe. Für Anleger in Deutschland ist hier an erster Stelle die Datumsgrenze 31. Dezember 2008 zu nennen. Wer vor Inkrafttreten der Abgeltungssteuer Anfang 2009 investiert hat, muss sich sehr genau überlegen, ob er an seinem Alt-Investment rühren will. In jedem Fall sollten Anleger den Rat eines Steuerfachmanns einholen, bevor sie aktiv werden. 

Weitere Faktoren, die nichts mit den Kosten eines Investments zu haben, sind die Angemessenheit des Index und die Güte der Replikation. Klappt es mit dem Index-Tracking nicht, bringen günstige Kosten den Anleger nicht wirklich weiter. Hinzu kommen noch Faktoren wie Auflagestandort, der Ausschüttungsstatus (thesaurierend versus ausschüttend), Replikations-Art (Swap versus physisch replizierend), die ebenfalls den Ausschlag für oder wider einen ETF geben können. 

Schlussendlich stellt sich die Frage, ob Anleger in einen klassischen Indexfonds investieren wollen, oder ob es ein semi-aktiver ETF sein soll. In Sachen Gebühren sind so genannte Smart Beta ETFs das letzte Gebühren-Refugium für ETF-Anbieter. (Wir bei Morningstar sprechen lieber von Strategic Beta ETFs). Diese semi-aktiven Produkte weisen typischerweise ein relativ hohes Pricing im Vergleich mit klassischen Index-Trackern auf. Die 16 Strategic Beta ETFs am europäischen Markt kosten im Schnitt 0,38 Prozent an laufenden Gebühren. Zwar zeigt sich auch bei Strategie Beta ein Zusammenhang zwischen Mittelflüssen und Kosten. Anleger wenden sich vor allem den günstigen Produkten zu. Doch auch wenn die Kostensenkungswelle inzwischen Strategic Beta ETFs erreicht hat, bleiben diese Produkte relativ teuer. Anleger müssen also den potenziellen Nutzen dieser Produkte mit den Kosten genau abwägen. 

Tabelle 1: Die günstigsten ETFs für globale Aktien (absteigende Reihenfolge)

Cheapest etfs

Tabelle 2: Die teuersten ETFs für globale Aktien (absteigende Reihenfolge)Expensive etfs

Tabelle 3: Die größten ETFs für globale AktienCorrect table aum global etf

Tabelle 4: Die global anlegenden Strategic Beta Aktien-ETFs am MarktStrategic beta global

* In der ersten Fassung dieser Analyse waren die Angaben zum verwalteten Vermögen in Tabelle 3 fehlerhaft; die Reihenfolge der größten Fonds war zwar  korrekt, aber wir hatten das Vermögen zu niedrig ausgewiesen, und zwar um eine Stelle vor dem Komma. Wir bedauern dieses Versehen.

Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier

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Über den Autor

Ali Masarwah und Julien Roueche  Ali Masarwah ist Chefredakteur von Morningstar Deutschland, Österreich und Schweiz; Julien Roueche ist Investment Solutions Specialist, Morningstar Europe