Der scheinbar unaufhaltsame Anstieg von Vermögenspreisen aller Art hat im Juli risikofreudige Investoren angelockt. Europäische Investoren haben im vergangenen Monat 62 Milliarden Euro in langfristige Fonds investiert, etwas weniger als im Vormonat (66 Milliarden Euro), aber deutlich mehr als im Durchschnitt der letzten 12 Monate.
Die höchste Nachfrage verzeichneten Rentenfonds, die im Juli 38 Milliarden Euro anzogen, nur etwas weniger als im Mai, dem bisher besten Absatzmonat für Rentenprodukte in diesem Jahr. Risikoreiche Rentenfondskategorien wie Unternehmensanleihen, Hochzinsanleihen und flexible Anleihen waren die Produkte der Wahl für einkommenssuchende Anleger.
Aktienfonds verzeichneten Mittelzuflüsse in Höhe von 15 Milliarden Euro, deutlich weniger als die 21 Milliarden Euro, die Aktienfonds im Juni zugingen. Die größte Nachfrage verbuchten Fonds für globale Wachstums-Aktien sowie Technologiefonds. Dagegen wurden Value-, Dividendenfonds und Emerging-Markets-Aktienfonds überwiegend abgestoßen.
Die Zuflüsse in Mischfonds verlangsamten sich im Juli, befanden sich aber immer noch im positiven Bereich. Dass aggressive EUR-Mischfonds und flexible EUR-Mischfonds die höchste Nachfrage verzeichneten, während defensive Mischfonds Abflüsse erlitten, zeigt, dass Anleger auch bei Aktien-Renten-Fonds derzeit mehr Risiko suchen.
Angetrieben von der hohen Nachfrage nach Goldprodukten sammelten Rohstofffonds 1,8 Milliarden Euro netto ein.
Geldmarktfonds erfreuten sich mit Zuflüssen von 68 Milliarden Euro der höchsten Nachfrage in einem Monat seit den Zeiten der Finanzkrise, im Januar 2008. Auch wenn diese kurzfristigen Anlagevehikel nicht immer die Anlagepräferenzen einzelner Anleger widerspiegeln – Unternehmen setzen sie zu nicht-gewinnorientierten Zwecken ein -, so deuten die anhaltenden Zuflüsse in diesem Jahr darauf hin, dass Anleger bereit sind, in diese zumeist negativ rentierenden Produkte anzulegen, weil sie ihnen offenbar bessere Alternativen bieten als – ebenfalls negativ rentierliche – Staatsanleihen, die zudem Durationsrisiken aufweisen.
Neben den Mittelzuflüssen profitierten die in Europa domizilierten Fonds auch von den steigenden Märkten. Das in langfristigen Fonds verwaltete Vermögen stieg infolgedessen von 9,197 Billionen Euro am 30. Juni auf 9,311 Billionen Euro per Ende Juli. Unter Einbeziehung von Geldmarktfonds legte das Vermögen in derselben Periode auf 10,770 Billionen Euro nach 10,614 Billionen Euro zu.
Tabelle: Mittelflüsse nach Asset-Klasse im Juli
Aktiv versus Passiv
Aktiv verwaltete Fonds sammelten im Juli doppelt so viel Geld ein wie Indexfonds - 42 Milliarden Euro gegenüber 20 Milliarden Euro. Um die Größenunterschiede bereinigt, wuchsen die passiven Fonds im Juli in Europa jedoch dynamischer als aktiv verwaltete Fonds. Dies spiegelt sich im organischen Wachstum wider, das die Nettozuflüsse in Prozent des Vermögens darstellt. Während die langfristigen Indexfonds organisch im Juli um 1,08 Prozent wuchsen, lag die Quote der aktiv verwalteten Fonds bei 0,57 Prozent.
Der Marktanteil von Indexfonds stieg von 19,7 Prozent am 30. Juni auf 19,8 Prozent per Ende Juli. Ein Jahr zuvor hatte der Marktanteil der passiven Fonds noch bei 18,3 Prozent gelegen.
Während Rentenfonds den Hauptanteil des Vertriebserfolgs bei aktiv verwalteten Fonds ausmachten, konnten Indexfonds gleichermaßen mit Aktien- und Rentenfonds punkten. Auch Rohstofffonds, die weitgehend die Domäne der passiven Produkte sind, erzielten im Juli Vertriebserfolge. Erwähnenswert ist, dass Indexprodukte, die den Goldpreis nachbilden, die größten Nutznießer der enormen Nachfrage nach Goldprodukten sind; aus regulatorischen Gründen wird der Goldpreis in den allermeisten Ländern Europas nicht durch Fonds, sondern Zertifikate abgebildet. Mit Gold hinterlegte Zertifikate werden als ETCs bezeichnet und Indexprodukten zugerechnet.
Tabelle: Mittelzuflüsse in aktiv verwaltete Fonds und Indexfonds (Auswahl Asset Klassen)
Fonds-Kategorien: Die Gewinner und die Verlierer
Fonds für Euro-Unternehmensanleihen waren erneut die beliebteste Kategorie in Europa. Diesen Fonds gingen im Juli 4,0 Milliarden Euro zu nach 5,6 Milliarden Euro einen Monat zuvor. Aktiv verwaltete Fonds, die in EUR-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating investieren, nahmen 2,5 Milliarden Euro ein. Dies entspricht 62 Prozent der Zuflüsse der Kategorie. Das liegt unter dem Marktanteil der aktiv verwalteten Fonds, die noch 73 Prozent der Assets in dieser Kategorie verwalten. Angesichts des Niedrigzinsumfelds und der niedrigen Renditen von hochklassigen Unternehmensanleihen schichten Anleger immer stärker in günstige Indexfonds um. Der größte Fonds der Kategorie in Europa, der iShares Core Euro Corporate Bond ETF, verzeichnete im Juli die höchsten Zuflüsse auf Fondsebene.
Die Zuflüsse in Höhe von 3,6 Milliarden Euro, die hochverzinslichen Anleihenfonds zugingen, sind Ausdruck der Risikobereitschaft zinshungriger Anleger, die bereits kurz nach dem März-Crash manifest geworden ist. Die beiden erfolgreichsten Fonds im Juli waren der Mercer Global High Yield Bond Fund und der Aviva Investors Global High Yield Fund mit Nettoneugelder in Höhe von 1,1 Milliarden bzw. 520 Millionen Euro.
Tabelle: Die Kategorien mit den höchsten Zuflüssen und den höchsten Abflüssen
Auch im Bereich Staatsanleihefonds zeigt sich ein verstärktes Umschichten von aktiven Fonds zu Indexfonds. USD-Staatsanleihen waren mit Nettoabflüssen von 3,7 Milliarden Euro die Verlierer auf Kategorie-Ebene. Ein genauerer Blick zeigt, dass passive Fonds Zuflüsse in Höhe von 460 Millionen Euro verzeichneten, während aktiv verwaltete Fonds einen Ausverkauf erlitten; Juli 2020 war sogar der zweitschlechteste Monat seit Beginn unserer Aufzeichnungen zu europäischen Mittelflussdaten im Jahr 2007.
Ein ähnliches Bild bot sich bei den Fonds für britische Staatsanleihen (Gilts), die 1,7 Milliarden Euro im Juli abgaben. Aktiv verwaltete Fonds erlitten Abflüsse von 1,8 Milliarden Euro, während Indexfonds Zuflüsse von 100 Millionen Euro verbuchen konnten. Beim BlackRock Core Plus UK Gilt Fund gingen 1,1 Milliarden EUR zur Tür hinaus.
Fonds für globale Schwellenländer Aktien erlitten im fünften Monat in Folge Abflüsse. Dies spiegelt die pessimistische Einschätzung der Anleger hinsichtlich der Aussichten für die Schwellenländermärkte in Zeiten von Covid-19 wider. Doch auch hier gilt der identische Befund: In einer insgesamt unbeliebten Kategorie schichten Anleger in passive Vehikel um – was insofern erstaunen mag, als dass sich Indexfonds in dieser Aktienkategorie gegenüber dem Durchschnitt der aktiven Konkurrenz nicht ausgezeichnet haben.
Die Fondsanbieter: Die Juli-Gewinner
Dank des gigantischen Ansturms auf risikoreiche Anleihefonds stand Pimco an der Spitze der aktiven Vermögensverwalter. Die Allianz-Tochter sammelte im Juli netto 6,6 Milliarden Euro ein, fast doppelt so viel wie der zweitplatzierte Anbieter JPMorgan. Pimco konnte vor allem mit globalen flexiblen Anleihenfonds punkten, aber auch Fonds für Unternehmensanleihen (global) sowie Fonds für diversifizierte USD-Kurzläufer waren gefragt.
JP Morgan verzeichnete im Juli Nettozuflüsse von 3,4 Milliarden Euro. Wie in den Vormonaten profitierten Aktien- und Rentenfonds der US-Gesellschaft gleichermaßen. Die gefragtesten Fonds waren der JPM China A Opportunities und der JPM Global High Yield Bond, die 480 Millionen bzw. 340 Millionen Euro an Zuflüssen verzeichneten.
Auf der passiven Seite führte iShares mit Nettomittelzuflüssen von 5,7 Milliarden Euro die Liste der erfolgreichsten Indexfonds-Anbieter mit großem Abstand an. Der größte Teil der Zuflüsse ging an Rentenfonds, die 3,4 Milliarden Euro einsammelten, gefolgt von iShares-Aktien-ETFs, die 1,6 Milliarden Euro an Zuflüssen sahen. Im bisherigen Jahresverlauf erhielten die festverzinslichen ETFs doppelt so viel Neugeld wie Aktien-ETFs des Marktführers. Auf Einzelfondsebene verzeichnete der iShares Core EUR Corporate Bond ETF Zuflüsse von 760 Millionen Euro, gefolgt vom iShares Physical Gold ETC mit Nettozuflüssen von 530 Millionen Euro.
UBS ETFs verbuchten ein Neugeschäft in Höhe von 3,4 Milliarden Euro im Juli, vor allem dank der hohen Nachfrage nach Aktien-ETFs, vor allem Produkte, die in Eurozonen-Aktien investieren. Auch Kanada-ETFs und global anlegende Schwellenländer-Aktien-ETFs der UBS waren gefragt.
Tabelle: Die Fondsanbieter mit den höchsten Zuflüssen im Juli
Die Fonds-Anbieter: Die Juli-Verlierer
Abflüsse aus aktiv verwalteten UBS-Fonds waren ein Spiegelbild der Zuflüsse, die dem ETF-Segment der Schweizer Bank zugutekamen. Darin spiegeln sich die Abflüsse aus den aktiv verwalteten festverzinslichen Fonds der UBS wider, die 5,0 Milliarden Euro verloren.
Russell Investments erlitt Abflüsse in Höhe von fast 2,0 Milliarden Euro, die gleichermaßen aus Aktien- und Rentenfonds abgezogen wurden.
Es war ein weiterer negativer Monat für die aktiv verwalteten Fonds von Invesco. Der US-Vermögensverwalter konnte zuletzt im Februar 2018 Zuflüsse in seine aktiv verwalteten Fonds in Europa verzeichnen. Die Abflüsse des vergangenen Monats gingen in erster Linie auf das Konto von Rückgaben aus Aktien- und Mischfonds.
Auf der Indexfondsseite erlitt VanEck die höchsten Abflüsse. Dies ging zurück auf Abflüsse in Höhe von 450 Millionen Euro aus dem VanEck Vectors Global Equal Weight ETF, der in diesem Jahr um 4,5 Prozentpunkte hinter dem MSCI ACWI-Index zurückblieb. Dies spiegelt die Untergewichtung von US-Aktien und des Technologiesektors wider, während europäische Aktien sowie Finanz- und Energiewerte aufgrund des Gewichtungsmechanismus stärker vertreten sind als im klassischen, kapitalisierungsgewichteten MSCI ACWI.
WisdomTree-Index-Produkte litten weiterhin unter den Rückgaben aus dem WisdomTree WTI Crude Oil ETC, der Abflüsse in Höhe von 540 Millionen Euro hinnehmen musste.
Die Indexfonds von Pictet litten unter Rücknahmen vor allem aus US- bzw. Nordamerika-Aktien-Indexfonds.
Tabelle: Die Anbieter mit den höchsten Abflüssen im Juli
Die Vertriebsbilanz der größten Fonds und ETFs
Europas größter Fonds, der Rentenfonds Pimco GIS Income, konnte mit Zuflüssen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro seine beste Absatzbilanz in einem Monat seit Oktober 2019 erzielen. Da es sich bei diesem Fonds um ein Produkt handelt, das vor allem in risikoreiche Papiere investiert, zeigen die hohen Zuflüsse, dass sich Anleger immer mehr trauen, ins Risiko zu gehen.
Dennoch hat der März 2020 bei dem Mega-Fonds Spuren hinterlassen. Der Abverkauf in Höhe von 15,6 Milliarden Euro war abrupt und brutal. Zusätzlich zu den Abflüssen verzeichneten Risiko-Bonds hohe Verluste, was zu einem Rückgang der Vermögenswerte des Pimco Income von 74 Milliarden EUR Ende Februar auf 52 Milliarden EUR per 31. März führte. Seitdem hat dieser Fonds dank Zuflüssen und einem Anstieg der Vermögenspreise einen Teil des verlorenen Terrains zurückgewonnen. Per 31. Juli verfügte er über ein Vermögen von 57 Milliarden Euro. Im Juli waren die gegenüber dem EUR abgesicherten Anteilsklassen die höchsten Mittelzuflüsse. Obwohl die Absicherungskosten für Anleger in der Eurozone immer noch hoch sind, hat diese Maßnahme Anlegern in letzter Zeit Schutz vor dem Anstieg des Euro geboten.
Anders verhielt es sich beim Mischfonds JPM Global Income Fund von JPMorgan, der aufgrund von Rückgaben bei seinen EUR-Anteilsklassen Abflüsse verzeichnen musste.
Sowohl der iShares Core S&P 500 als auch der Vanguard S&P 500 ETF mussten Juli Federn lassen, wobei das iShares-Produkt deutlich schlechter abschnitt als das Vanguard-Pendant. Dies lief der positiven Nachfrage nach passiven US-Standardwertefonds entgegen. (Aktiv verwaltete US Large-Cap Blend Fonds erlitten im Juli Abflüsse).
Indes profitierten die beiden größten Renten-Indexfonds am europäischen Markt, der bereits erwähnte iShares Core EUR Corporate Bond ETF und der Vanguard Global Bond Index, auch im vergangenen Monat von der hohen Nachfrage nach passiven Renten-Investments.
Tabelle: Die Absatzbilanz der größten Fonds in Europa (ohne Geldmarktfonds)
Verpassen Sie nichts! Alle Morningstar Analysen können Sie in unseren Research Newslettern gratis mitbekommen. Hier anmelden und immer auf dem Laufenden bleiben!
Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier.