Anleger geben sich im September vorsichtiger als in den Vormonaten

Seit Juni sinken die Zuflüsse in Langfristfonds in Europa. Fonds für Risiko-Bonds waren im September deutlich weniger gefragt. Aktienfonds sahen dagegen stabile Zuflüsse. Der Morningstar Fonds-Absatzbericht für den Monat September.  

Ali Masarwah 28.10.2020
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Die Kursrückgänge an den Aktienmärkten im September haben ihre Entsprechung im Verhalten von Fondsanlegern in Europa gefunden. Der Risiko-Appetit europäischer Anleger fiel gedämpft aus, und die Zuflüsse in langfristige Fonds ging im Vergleich zu den Vormonaten deutlich zurück. Nach dem Crash bei Risiko-Assets im ersten Quartal waren Fonds-Anleger bereits ab Ende März aus der Deckung gekommen und hatten ihren Beitrag zum Marktaufschwung geleistet, der bis Anfang September für steigende Aktienkurse gesorgt hatten. Seit Juni gingen die Zuflüsse in Fonds allerdings Monat für Monat zurück. Die Zuflüsse in langfristige Fonds gingen im September auf 27 Milliarden Euro zurück, nachdem sie im August bei 45 Milliarden Euro und im Juli bei 62 Milliarden Euro gelegen hatten. Mit Ausnahme von Aktienfonds gingen die Zuflüsse auf breiter Front zurück. 

Aktienfonds gefragt, Rentenfonds weniger

Die Nachfrage nach festverzinslichen Fonds erreichte im September einen mehrjährigen Tiefstand. Lässt man die sintflutartigen Abflüsse vom März in Höhe von 140 Milliarden Euro außer Acht, so waren die Zuflüsse in Rentenfonds – gerade einmal 7 Milliarden Euro - die niedrigsten in einem Monat seit Dezember 2018, als festverzinsliche Produkte starke Abflüsse verzeichneten. Risikoreiche Anleihekategorien fielen in Ungnade, und die beiden Kategorien mit den höchsten Zuflüssen im bisherigen Jahresverlauf, EUR-Unternehmensanleihen und USD-Unternehmensanleihen, erlitten sogar Abflüsse. 

Aktienfonds widersetzten sich dem Trend und erfreuten sich einer robusten Nachfrage von 20,5 Milliarden EUR, dem höchsten Monatsstand seit Juni 2020. Damit übertraf die Nachfrage nach Aktienfonds erstmals in diesem Jahr die Nachfrage nach Rentenfonds. 

Die Nachfrage nach Mischfonds ging zum dritten Mal in Folge zurück; die Zuflüsse beliefen sich im Berichtsmonat auf 2,3 Milliarden EUR. Die höchsten Abflüsse verbuchten ausgewogene USD-, defensive EUR- und defensive GBP-Mischfonds. Indes waren global anlegende Euro-Mischfonds nachgefragt.  

Alternative Fonds erleben einen Rückschlag

Angetrieben durch die erneute Nachfrage nach Goldfonds erlebten Rohstofffonds im September eine Art Comeback und verzeichneten nach Abflüssen im August Nettozuflüsse von 900 Millionen EUR. 

Eventuelle Hoffnungen, die Fondsanbieter über eine Erholung der alternativen Fonds gehegt haben mochten, wurden im September enttäuscht. Nach Zuflüssen von fast 900 Millionen EUR im August - dem ersten positiven Monat seit August 2018 - erlebten diese Hedge-Fonds-ähnlichen Produkte im September einen Rückschlag und verloren 4,1 Milliarden EUR.

Geldmarktfonds verzeichneten Abflüsse in Höhe von 5,0 Milliarden EUR. 

Aufgrund von Verlusten an den Märkten für Risikopapiere sank das Vermögen europäischer Langfristfonds von 9,495 Billionen EUR per Ende August auf 9,453 Billionen EUR einen Monat später. Bei Einbeziehung von Geldmarktfonds sank das Vermögen von 10,937 Billionen EUR per 31. August auf 10,895 Billionen EUR per 30. September. 

Tabelle: Absatzbilanz nach Asset-Klassen im SeptemberFund Flows 2020 09 Exh 1 Broad Cat

Indexfonds weiter auf Wachstumskurs

Die Nachfrage nach Indexfonds fällt bereits seit Jahren proportional höher als ihr Anteil am verwalteten Vermögen aus. Folgerichtig steigt der Marktanteil von Indexfonds (ETFs und nichtbörsennotierte Indexfonds) seit Jahren stetig. Im September über die Nachfrage nach Indexfonds sogar in absoluten Zahlen die Zuflüsse in aktiv verwaltete Fonds. Offene Indexfonds und ETFs verzeichneten Nettozuflüsse in Höhe von 13,75 Milliarden Euro gegenüber 12,96 Milliarden Euro bei aktiv verwalteten Produkten. Der Marktanteil von Indexfonds stieg im September weiter an; per Ende vergangenen Monats waren 20,2% des Vermögens langfristiger Fonds in Indexprodukten investiert. Ein Jahr zuvor hatte die Quote noch bei 18,7% gelegen. 

Bei den Indexfonds erfreuten sich Aktienfonds der größten Nachfrage mit Zuflüssen von 9,8 Milliarden Euro; der Löwenanteil davon entfiel auf US-, Japan- und global anlegende Standardwertefonds. 

Die Zuflüsse in aktiv verwaltete Aktienfonds übertrafen die Nachfrage nach aktiven ebenfalls Anleihenfonds deutlich. Globale Large-Cap-Growth-Fonds, Sektor-Technologie- und Sektor-Ökologiefonds verzeichneten die höchsten Zuflüsse auf der aktiven Seite. 

Tabelle: Mittelflüsse nach Asset-Klasse: Indexfonds vs. aktiv verwaltete FondsFlows Active Passive Sep 2020

Fonds-Kategorien: Gewinner und Verlierer 

Mit Nettozuflüssen von 5,0 Milliarden Euro waren die globalen Growth-Aktienfonds (Standardwerte) im September die gefragtesten Produkte; diese Fonds, die typischerweise Branchen wie Technologie, Pharma und defensive Konsumgüter übergewichten, konnten schon zum sechsten Monat in Folge starke Zuflüsse verbuchen. Das Gros der Gelder steuerte dabei aktiv verwaltete Fonds an. Capital Group New Perspective – ein Fonds, der ein Morningstar-Analyst Rating von „Silver“ hält, war mit fast 1,5 Milliarden Euro der meistverkaufte Fonds dieser Kategorie. Auch global anlegende Standardwerte, die keine Stilpräferenz zeigen (blend), waren gefragt. Die Zuflüsse von 2,7 Milliarden Euro waren etwa gleich auf Indexfonds und aktiv verwaltete Fonds verteilt. 

Der BGF World Technology Fund war erneut der Spitzenreiter in der Kategorie Aktiensektor Technologie, die nach einer Verlangsamung der Zuflüsse im August einen Monat später wieder den zweiten Platz unter den Kategorien mit den höchsten Zuflüssen einnahm; Technologiefonds haben damit 16 Monate in Folge positive Mittelflüsse verzeichnet. 

Kräftig Federn lassen mussten dagegen alternative Multistratie-Fonds, die 2,4 Milliarden Euro an Abflüssen hinnehmen mussten und damit seit fast 2,5 Jahren jeden Monat in Folge Abflüssen verzeichnen mussten. In dieser Kategorie ist das verwaltete Vermögen in den letzten drei Jahren von 191 Milliarden EUR auf 114 Milliarden EUR eingebrochen, was auf die Kombination von Abflüssen und unterdurchschnittlicher Wertentwicklung zurückzuführen ist. 

Nach fünf positiven Monaten mit positiven Mittelflüssen verzeichneten EUR-Unternehmensanleihenfonds Nettoabflüsse in Höhe von 1,1 Milliarden EUR. Der IShares Core € Corp Bond ETF schwächelte mit Abflüssen in Höhe von 1,3 Milliarden EUR am meisten. 

Breit aufgesetzte Rohstoff-Körbe - hauptsächlich börsengehandelte Rohstoffe - verloren im September 1,1 Mrd. EUR. Dabei verloren Öl-ETCs am meisten. Der Invesco Bloomberg Commodity ETF verlor 904 Millionen EUR, gefolgt vom iShares Diversified Commodity Swap ETF (Nettoabflüsse von 276 Millionen EUR).

Tabelle: Fondskategorien: Gewinner und VerliererFund Flows 2020 09 Exh 3 Fund Level Categories Leaders

Fund Flows 2020 09 Exh 4 Fund Level Categories Laggards

Fonds-Anbieter: Gewinner und Verlierer 

JP Morgan führte die Liste der Fondshäuser auf der aktiven Seite an und sammelte netto 1,9 Milliarden Euro ein, vor allem dank der Nachfrage nach Aktienfonds für China, die 451 Millionen Euro anzogen. Der meistverkaufte Fonds war JPM US Technology mit 297 Millionen EUR an Zuflüssen. 

Capital Group belegte mit 1,6 Mrd. EUR den zweiten Platz. Hauptnutznießer waren globale Standardwerte-Aktienfonds, ein Ergebnis, das fast ausschließlich auf Capital Group New Perspective zurückzuführen ist. 

Pictet verzeichnete kräftige Zuflüsse in seine global anlegenden Rentenfonds. Der Fondsanbieter mit Sitz in Genf verzeichnete den sechsten positiven Monat in Folge. 

Auf der passiven Seite führte BlackRock mit einem Nettoneuzugang von 3,6 Milliarden Euro die Liste mit großem Abstand an, die nichtbörsennotierten Indexfonds zugingen (iShares ist das ETF-Haus von BlackRock). Der Großteil der Neugelder entfiel auf japanische Aktienfonds, die fast 2,0 Milliarden Euro erhielten. 

Tabelle: Fonds-Anbieter: Die GewinnerFund Flows 2020 09 Exh 5 Providers Largest Inflows Active Passive 

Von den passiven Produkten der UBS profitierten vor allem US-Standardwerte-Aktienfonds und Schweizer Large Cap-Fonds. Dabei erhielt der UBS ETF MSCI USA 420 Millionen EUR netto. 

Unter den aktiven Managern lief es für Pimco im September am schlechtesten. Nach fünf aufeinanderfolgenden Monaten mit positiven Mittelflüssen hagelte es Rückgaben. Fast 1,5 Milliarden Euro wurden netto aus den Fonds der Allianz-Tochter abgezogen, wobei das Flaggschifffonds Pimco GIS Income 1,4 Milliarden Euro verlor. 

Franklin Templeton musste weiter Rückgaben hinnehmen. Der in Kalifornien ansässige Vermögensverwalter hat in den vergangenen 17 Monaten nur in einem Monat Zuflüsse verbucht. Die größten Verlierer waren globale Rentenfonds, vor allem Templeton Global Total Return und Templeton Global Bond, die Abflüsse von 369 Millionen EUR bzw. 313 Millionen EUR verzeichneten. 

Bei Indexfonds erlitt WisdomTree die höchsten Abflüsse; 287 Millionen EUR gingen dem WisdomTree Physical Gold ETF verloren. Scottish Widows verzeichnete zum 20. Mal in 23 Monaten Abflüsse (320 Millionen EUR). Der Scottish Widows Corporate Bond Tracker verlor im September mit 469 Millionen EUR an Netto-Rückgaben am meisten. Die vom in Edinburgh ansässigen Vermögensverwalter angebotenen Produkte werden im Vereinigten Königreich vertrieben.

Tabelle: Fonds-Anbieter: Die VerliererFund Flows 2020 09 Exh 6 Providers Largest Outflows Active Passive

 

Die Absatzbilanz der größten Fonds 

Im August hatte es in der Rangliste der größten Langfristfonds in Europa einen Wechsel an der Spitze gegeben. Pimco GIS Income wurde durch den Aktienfond AP7 Aktiefond ersetzt. Die beiden Fonds wechselten im September erneut die Plätze. Die Verluste an den globalen Aktienmärkten im September, die den AP Aktiefond trafen, wogen schwerer als die Abflüsse aus dem Pimco GIS Income. 

Mit Ausnahme des Fundsmith Equity, der Zuflüsse von 45 Millionen EUR verzeichnete, erlitten alle der größten Langfristfonds im September Abflüsse. Die zweithöchsten Abflüsse (nach dem Pimco GIS Income) flossen aus dem Pimco GIS Global Investment Grade Credit ab. Die Anteilsklassen, die gegen Euro-Währungsrisiken abgesichert sind, sahen die höchsten Rückgaben, gefolgt von den Abflüssen aus den US-Dollar-abgesicherten Tranchen. 

Auf der Indexfondsseite mussten die beiden größten ETFs in Europa, iShares Core S&P 500 und Vanguard S&P 500, im September erneut gegen den positiven Flow-Trend für US-Standardwerte-ETFs Federn lassen. In den letzten Monaten verzeichneten ETFs, die US-Indizes synthetisch nachbilden, eine höhere Nachfrage, während die physisch replizierenden Tracker von iShares und Vanguard zu den Verlierern zählten. 

Dagegen verzeichnete der iShares Core MSCI World ETF Zuflüsse in Höhe von 160 Millionen EUR, ein etwas höheres Niveau als die Zuflüsse, die der weltweit anlegende Aktien-ETF im August verzeichnet hatte.

Tabelle: Die Absatzbilanz der größten Fonds (ohne Geldmarktfonds)Fund Flows 2020 09 Exh 8 Largest Funds Active Passive

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Die Analysen in diesem Artikel basieren auf unserem Tool für professionelle Anleger. Weitere Informationen zu Morningstar Direct erhalten Sie hier

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich