Definieren wir zunächst die Begriffe. "Liquide alternative" Fonds sind öffentlich verfügbare Anlagen, in der Regel Investmentfonds und börsengehandelte Fonds. Sie sind „liquid“, weil sie öfter gehandelt werden können als ihre Vorgänger (Hedgefonds), und sie sind „alternativ“, weil sie ihre Investitionen sehr atypisch tätigen und weder wie Aktien noch wie Anleihen agieren.
Dies sind die sieben Liquid Alternatives Kategorien von Morningstar:
• Equity Market Neutral
• Event Driven
• Macro Trading
• Multi-strategy
• Options Trading
• Relative Value Arbitrage
• Systematic Trend
Fast alle Liquid Alternatives Fonds sind neu und wurden nach der globalen Finanzkrise 2008 gegründet. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes ein nachträglicher Einfall - eine Reaktion auf den Absturz des Aktienmarktes. Das Argument: Diese Fonds sollten die alltäglichen Investoren-Portfolios schützen, so wie es Hedgefonds gegenüber institutionellen und wohlhabenden Investoren taten.
Einen Schutz gewährten sie – aber vor Anlagegewinnen. In den 2010er-Jahren erzielten liquide alternative Fonds einen durchschnittlichen Jahresgewinn von 1,66 % und lagen damit hinter allen anderen Fondskategorien, mit Ausnahme einiger Spezialgruppen wie Energie-, Edelmetall- und lateinamerikanischen Aktienfonds. Die Ergebnisse waren zwar nicht katastrophal, aber sie rechtfertigten auch nicht die Existenz dieser Fonds.
Das Marktumfeld liefert keine Entschuldigung. Es stimmt, dass der Boom an den Aktienmärkten die relative Performance der liquiden Alternativen negativ beeinträchtigt hat. Aber relative Renditen sind nicht das Problem. Dass ein Hedgefonds im Rahmen eines Bullenmarkts hinterherhinkt, ist sowohl verständlich als auch akzeptabel. Besorgniserregend ist es, wenn die abgesicherte Anlage hinter hochwertigen Anleihen zurückbleibt, wie es bei liquiden alternativen Fonds der Fall war. Also wozu herumtricksen? Da kann man auch gleich Staatsanleihen halten.
Das Performanceproblem
Liquid Alternative Fonds können nicht auf der Welle der Investitionen mitschwimmen. Einfach ausgedrückt haben Aktien und Anleihen einen Beta-Faktor. Wenn Sie ein paar Aktien kaufen, sollten Sie mit der Zeit Geld verdienen, und das gleiche gilt für Anleihen. Um von Beta zu profitieren, braucht man keine Investitionskenntnisse.
Dagegen ist für Liquid Alternatives Fonds Know-how erforderlich. Nehmen wir aktienmarktneutrale Fonds: Für jede Long-Aktie hält ein marktneutraler Fonds eine entsprechende Short-Position. Die Betas heben sich gegenseitig auf. Die für den Fonds erwartete Rendite besteht aus 1) den sich aus dem Cashflow des Portfolios ergebenen Zinsen 2) minus den Kosten. Wenn ein marktneutraler Fonds diese erschreckend tiefe Hürde überwinden möchte, muss er entweder mit seinen Sicherungsgeschäften mogeln oder sein Portfolio-Manager muss mehr gute als schlechte Entscheidungen treffen.
Das gleiche Prinzip ist auf andere Liquid Alternatives Kategorien anzuwenden. Ereignisgesteuerte und relative Value-/Arbitrage-Fonds erwerben und veräußern Aktien, während Makrotrading-, Optiontrading- und Fonds mit systematischem Trend andere Anlagekategorien kaufen. In jedem Fall spielen solche Fonds ebenso wie marktneutrale Fonds ein Nullsummenspiel. Sie können nicht erfolgreich sein, es sei denn, andere Anleger machen Verluste. Das heißt, sie gedeihen nur, wenn ihre Manager den Durchschnitt übertreffen.
Im kürzlich durch Morningstar veröffentlichten Bericht
„2021 Global Liquid Alternatives Landscape“ wird auf weitere Schwierigkeiten hingewiesen.
1) Änderungen in der Aufstellung. Wenn Fondsgesellschaften nicht sehr seriös mit Liquid Alternatives Fonds umgehen, werden es Anleger höchstwahrscheinlich auch nicht tun. Und Fondsgesellschaften waren nicht seriös. Von den seit 2009 aufgelegten 453 Liquid Alternatives Fonds existieren heute nur noch 153. Das ergibt eine wenig beeindruckende Überlebensquote von 34 % in den letzten 12,5 Jahren.
2) Komplexität. Die Instabilität rührt von beiden Seiten her. Ein Grund dafür, dass Fondsgesellschaften so viele Liquid Alternatives Fonds stillgelegt haben, ist der, dass die Anleger unbeständig waren. Liquid Alternatives sind alles andere als leicht zu halten. Die Komplexität ihrer Strategien lassen sie unvorhersehbar werden und das verärgert die Aktienhalter oftmals. Geld zu verlieren, ist eine Sache; aber Geld unerwartet zu verlieren, ist eine ganz andere.
3) Einschränkungen. Liquide alternative Fonds wurden als Hedgefonds für die breite Masse vermarktet. Dieses Versprechen ist doppelt ins Auge gegangen. Erstens haben Hedgefonds seit der Einführung von liquiden Alternativen enttäuscht, wobei die 2010er-Jahre als das ''verlorene Jahrzehnt" dieser Branche bezeichnet wurden. Als Zweites hat das Angebot dieser Sonderliquidität einen Haken. Einige Hedgefonds-Investmentstrategien können von ihren börsennotierten Cousins nicht angewendet werden. Liquid Alternatives Fonds imitieren Hedgefonds, sind aber keine perfekten Ergänzungen.
4) Gebühren. Glücklicherweise sind Liquid Alternatives Fonds im Allgemeinen billiger als Hedgefonds. Das ist ein Vorteil. Allerdings sind sie als offene Investmentfonds kostspielig und weisen eine durchschnittliche Kostenquote von 1,66 % (im Vergleich zu einer durchschnittlichen Kostenquote von 0,75 % im Vereinigten Königreich) auf. Richtig, das ist der gleiche Prozentsatz wie ihre annualisierte Nettorendite. Für jeden Dollar, denn ein Aktionär gewonnen hat, nimmt die Fondsgesellschaft einen Dollar für sich selbst ein. Eine 50/50 Aufteilung. Was könnte fairer sein?
Nach vorne blickend
Dies alles hört sich nicht sehr ermutigend an. Und sollte es auch nicht. Implizit widersprechen liquide alternative Fonds dem passiven Investieren. Indexer behaupten, dass die Aktionäre nicht der Versuchung erlegen sollen, „Manager Alpha“ zu suchen, und stattdessen lieber spottbillige Betas erwerben sollen. Ohne gleich so direkt zu werden, wird Liquid Alternatives Fonds das Gegenteil nachgesagt. Mehr zahlen, Betas vergessen und diese Manager Alphas einsacken.
Die Geschichte unterstützt eindeutig die Argumente der Indexer. Dennoch gibt es trotz ihrer Schwächen derzeit drei Gründe zugunsten der Liquid Alternatives Fonds:
1) Die Nachfrage nach Equity Hedge Fonds hat zugenommen. Es ist besser, sich gegen die Kursrückgänge an den Aktienmärkten zu schützen, wenn sich die Aktienbewertungen auf Rekordniveau befinden, als wenn die Preise eher bescheiden sind. Als Liquid Alternatives Fonds auf den Markt kamen, waren Hedges nicht mehr sehr gefragt. Heute besteht Nachfrage. Wie schon zuvor gesagt, bedeutet dies nicht, dass Liquid Alternatives Fonds die richtigen Hedges sind. Aber zumindest wird ihre Funktion gebraucht.
2) Der Wettbewerb hat nachgelassen; 10-jährige Staatsanleihen brachten im Januar 2009 2,5 % ein, fünf Jahre später 3 % und heutzutage 1,3 %. Cash zahlt sich natürlich überhaupt nicht aus. Zugegeben birgt der Vorzug von Liquid Alternatives Fonds gegenüber solchen Vermögenswerten zusätzliche Risiken, aber über den gesamten Marktzyklus hinweg gesehen ist es wahrscheinlich, dass sie eine etwas höhere Rendite erzielen.
3) Die Fonds weisen nun längere Erfolgsbilanzen auf. Die Vorhersage von zukünftigen Gewinnern ist ein gefährliches Unterfangen. Allerdings wird es leichter, wenn sich entsprechende Anhaltspunkte verdichten, was nun bei Liquid Alternatives Fonds der Fall ist. Vor zehn Jahren konnten nur sehr wenige Liquid Alternatives Fonds auf eine Fünf-Jahres-Erfolgsbilanz zurückblicken. Mittlerweile haben 46 Fonds eine 10-Jahres-Bilanz. Das ist keine große Zahl, aber groß genug, um eine provisorische Schlussfolgerung zu ziehen.