Es gibt eine neue Berichtspflicht, die so genannte EU-Offenlegungsverordnung oder Sustainable Finance Disclosure Regulation, kurz SFDR. Investoren sollen leichter erkennen können, ob ein Fonds Umweltbelange (environmental), soziale Aspekte (social) und Fragen der Unternehmensführung (corporate governance), also ESG-Faktoren bei seinen Investmententscheidungen berücksichtigt.
Auch wenn eine weitere Abkürzung das Letzte ist, was die Investmentwelt braucht, macht es SFDR wirklich einfacher, nachhaltige Angebote zu finden. Fonds in Europa werden jetzt nach drei Gruppen klassifiziert, abhängig davon, wie detailliert ihre Berichterstattung zu ESG ist. Artikel 6 umfasst alle gemanagten Produkte, aber wollen wir uns speziell die anspruchsvolleren Artikel 8 und 9 genauer ansehen, um herauszufinden, was der Unterschied zwischen ihnen für den Investor wirklich bedeutet.
Artikel 8 gilt für Fonds, die „umweltrelevante und soziale Eigenschaften“ aufweisen, Artikel 9 für solche, die „ein nachhaltiges Investmentziel“ haben. Seit der Implementierung der EU-Offenlegungsverordnung sind vier Monate vergangen und viele Fondsgesellschaften fühlen den Druck, so viele Fonds wie möglich zu haben, die wenigstens die Standards nach Artikel 8 erfüllen. Bis jetzt haben 34% diese oder eine höhere Klassifikation.
Grenzüberschreitend sind in Europa 109 Fonds nach Artikel 8 klassifiziert, 28 nach Artikel 9. Was aber sind die praxisrelevanten Unterschiede? Die folgenden Grafiken schauen hinter die Regulierung.
Wie investieren Fonds, um ein Rating nach Artikel 8 oder 9 zu bekommen – und sind sie tatsächlich nachhaltig? Trotz ihres Status bedeutet keine der Klassifikationen, dass ausschließlich Investments in Vermögenswerten mit einem niedrigen ESG-Risiko getätigt werden. Um das ESG-Risiko eines Portfolios zu messen, nutzen wir eine Risikoskala von 0 bis 50, wobei 0 für kein Risiko und 50 für ein hohes Risiko steht. Für Artikel 8-Fonds beträgt der durchschnittliche Nachhaltigkeits-Score 38,96, der für Artikel 9-Fonds 39,60.
Schaut man sich die Allokation von Artikel 8-Fonds an, fällt auf, dass die Mehrzahl nicht in Unternehmen mit einem hohen ESG-Risikoniveau investiert ist, das Gleiche gilt für jene mit einem zu vernachlässigenden Risiko; 75% der Fonds haben weniger als 2% Exposure in jeder Kategorie. Die meisten Fonds halten etwa 80% ihres Vermögens in Positionen mit einem niedrigen oder mittleren Risiko.
Natürlich gibt es Ausnahmen. Der NN International Romanian Equity Fund zum Beispiel hält 28,07% seines Vermögens in Werten mit hohem ESG-Risiko und nur 8,31% in solchen mit niedrigem. Der Orchard US Small Cap Value wiederum ist zu 54,97% in Werten mit hohem ESG-Risiko investiert und die Immobilienfonds AXA World Funds - Framlington Global Real Estate Securities und NN European Real Estate halten zum größten Teil Werte mit einem niedrigen oder zu vernachlässigenden Risiko.
Die Daten für Artikel 9-Fonds zeigen eine vergleichbare Allokation, wenn auch etwas konzentrierter. Die meisten Fonds haben fast kein Exposure in den niedrigsten und höchsten Risikokategorien und alle Fonds halten mindestens 25% in Unternehmen mit einem mittleren ESG-Risiko. Der Pictet-Biotech weist die maximale Allokation in Vermögenswerten mit hohem Risiko aus, wogegen der Liontrust GF Sustainable Future Global Growth als der Fonds mit dem niedrigsten allgemeinen ESG-Risiko-Rating zu 61,63% in Werten mit niedrigem ESG-Risiko investiert ist und zu 36,52% in solchen mit mittlerem Risiko.
Mit Blick auf Investmentstile können Fonds aus allen Morningstar-Kategorien als Artikel 8 und 9 angesehen werden. Aber wenn wir uns die Morningstar Style Box anschauen, konzentriert sich die überwiegende Mehrheit der klassifizierten Fonds auf Large/Blend und Large/Growth. Außerdem wurden einige Value-Fonds nach Artikel 8 klassifiziert, bei Artikel 9 ist das jedoch weniger der Fall. Und wir warten noch darauf, dass die Small Cap-Kategorien nach Artikel 9 klassifiziert werden, während Fonds nach dem Small/Growth-Stil in beiden höhere Klassifizierungen vertreten sind.
Wie schon erwähnt, sind die durchschnittlichen Risiko-Scores von Artikel 8- und Artikel 9-Fonds sehr ähnlich, sie unterscheiden sich aber auf der Ebene der Investmentstile. Der größte Unterschied lässt sich bei Value-Fonds beobachten, wo Artikel 8-Fonds die höchsten Scores haben. Lässt man aber die Small Cap-Kategorien außen vor, dann haben Artikel 9-Fonds den größten Risikoappetit – und sowohl in den Growth- als auch in den Blend-Stilen einen höhen Score.
Es mag so aussehen, dass es nicht so viel gibt, was die beiden SFDR-Kategorien voneinander unterscheidet, wenn die Positionen der Fonds, das Risiko und die Performance ziemlich ähnlich aussehen. Aber die Fondsgesellschaften und die Fonds folgen nach wie vor unterschiedlichen Investmentansätzen und einige denken intensiver über eine bestimmte ESG-Strategie nach als andere. Bisher hat Mornigstar neun SFDR-Fonds anhand unseres kürzlich gestarteten ESG Commitment Level analysiert, von diesen haben zwei ein Leader-Rating erhalten: Impax Global Equity Opportunities (Artikel 8) und Stewart Investors Global Emerging Markets Sustainability (Artikel 9). Insgesamt haben wir bis jetzt vier Fondsgesellschaften mit SFDR-Fonds untersucht: Vanguard wurde mit einem Low-Rating, Impax, Robeco und Stewart Investors mit einem Leader-Rating bewertet.