Europas Energiemarkt - Kartografiert

Die Länder der EU produzieren rund 39% ihrer Energie selbst und importieren die restlichen 61%. Wir zeigen, welche Länder Öl, Gas, Kohle, Atomenergie oder Erneuerbare nutzen.

Sunniva Kolostyak 21.12.2021
Facebook Twitter LinkedIn

Oil rig

In Europa schießen die Energiepreise in die Höhe und alarmieren Verbraucher und Regierungen gleichermaßen. Für viele könnte es ein harter Winter werden. Das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage hat zu Rekordpreisen geführt und die Inflation angeheizt.

Wo und wie also wird Europas Energie produziert. Mit Hilfe von Daten der Europäischen Kommission sind wir in der Lage, die größten Energieproduzenten in Europa zu benennen und zu zeigen, welche Arten von Energie sie herstellen, ob das Erdöl, Erdgas oder erneuerbare Energien sind.

Laut Eurostat, der Statistikbehörde der EU, produzieren die EU-Länder insgesamt rund 39% ihrer Energie selbst und importieren die restlichen 61%. Bei den Importen gibt es natürlich Unterschiede von Land zu Land: Das Vereinigten Königreich hing 2019 bei seiner Energie zu 35% von Importen ab, Irland zu 68%, Italien zu 77% und Island zu 16%. Und – wenig überraschend – exportiert Norwegen fast 600% mehr als es selbst verbraucht.

Europäische Energie

Beim Sichten der Daten haben wir auch analysiert, welche Energiearten die Europäer nutzen. Die Zahlen für 2019 zeigen, dass der größte Teil der Energie aus fünf verschiedenen Quellen stammt: Erdöl-Produkte einschließlich Rohöl (36%), Erdgas (22%), erneuerbare Energien (15%), Atomenergie und feste fossile Brennstoffe (beide 13%).

Die meisten Länder in Europa nutzen zum größten Teil fossile Brennstoffe, darunter das Vereinigte Königreich, Spanien, Deutschland und Dänemark.

Auf unserer Karte zeigen wir die Länder mit den größten Energiebilanzen (als Differenz zwischen der produzierten und importierten Energie). Grundlage ist die Maßeinheit von Eurostat: tausend Tonnen Öläquivalent. Bei der verfügbaren Energie liegt Deutschland mit einer Bilanz von 306.973 vorn, es folgen Frankreich mit 253.116 und das Vereinigte Königreich mit 184.968. Am unteren Ende der Tabelle haben kleinere Länder weniger Energie zur Verfügung. Montenegro, Albanien und Kosovo liegen bei 1.112, 2.386 und 2.668 tausend Tonnen Öläquivalent. Montenegro importiert 33%, Albanien 32% und Kosovo 31%.

Weniger Erneuerbare

Nach Ansicht der Aktienanalysten von Morningstar sind die Gaspreise eine Folge der gestiegenen Nachfrage nach Energieerzeugung, einer nachlassenden Produktion von erneuerbaren Energien und dem kleineren Angebot an Kohle- und Atomstrom. Hinzukommen geringere Vorräte nach dem kalten Winter 2021.

Jeremy Gatto, Investmentmanager für Multi-Asset bei Unigestion fügt hinzu, dass die Krise nicht über Nacht gelöst werden kann, weil der Sektor Zeit braucht, um zu reagieren. „Das Vereinigte Königreich liegt bei den Lagerkapazitäten für Erdgas weit hinten, weniger als 1% von Europas eingelagertem Erdgas wird in Großbritannien gespeichert. Viele Länder in Europa sind von externen Lieferanten abhängig, insbesondere von Russland. Extrem hohe Energiepreise drängen einige der Energieproduzenten aus dem Vereinigten Königreich aus dem Markt und steigern den Preisdruck weiter.“

Mehr noch: Ein großer Teil der Elektrizität wird in Großbritannien in gasbetriebenen Kraftwerken produziert und vor kurzem wurde die wichtigste Leitung für den Stromimport aus Frankreich bei einem Brand zerstört.

„Interessanterweise besteht einer der Gründe für die aktuelle Situation in den mangelnden Investitionen während der letzten zehn Jahre. Schuld daran sind die Anstrengungen für eine ‚grüne‘ Revolution. Leider zwingt die gegenwärtige Energiekrise viele Länder, zu einer der schmutzigsten Methoden der Energieerzeugung zurückzukehren: dem Verbrennen von Kohle“, sagt Gatto.

Die Analysten von Morningstar glauben jedoch, dass integrierte Ölkonzerne wie Shell, Total und BP, die Erdgas zum Kernstück ihrer Energietransformation machen, nicht nur kurzfristig, sondern auf lange Sicht in Form höherer Erträge profitieren werden.

Simon Gergel, Portfoliomanager bei Merchants Trust (MRCH) ergänzt, es sei wichtig sich daran zu erinnern, dass die Energieversorgung der Welt nach wie vor zu über 80% von fossilen Brennstoffen abhängt. „Die Energienachfrage wird im Lauf der Zeit vermutlich weiter in dem Maß steigen, in dem sich aufstrebende Volkswirtschaften weiterentwickeln und industrialisieren. Auch wenn es eine Transformation weg von fossilen Brennstoffen gibt, wird dieser Übergang auf Grund der hohen Kapitalintensität der Energieindustrie lange dauern und riesige Investitionen erfordern.“

STICHWÖRTER
Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Sunniva Kolostyak  is a data journalist at Morningst