Brauchen Sie ein Spaßportfolio?

Ein bisschen Spielgeld kann ein Überdruckventil für Investoren sein und sie davon abhalten, an ihrem Hauptportfolio herumzupfuschen

Ben Johnson 23.02.2022
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Viele von uns legen etwas Spielgeld beiseite, um damit hin und wieder aufs Ganze zu gehen. Das kann das Bedürfnis nach Spekulation stillen helfen, ohne allzu viel Risiko. Ich mache das, seit ich mit dem Investieren begonnen habe. Manchmal nutze ich es als schnelles Mittel gegen die Angst, etwas zu verpassen (FOMO), manchmal zwinge ich mich damit, mehr über bestimmte Ecken des Marktes zu erfahren, in denen ich mich nicht so gut auskenne. Und wieder ein anderes Mal haue ich es regelrecht auf den Kopf, weil ich denke, ich hätte etwas entdeckt, was dem Markt fehlt.

Wie bei vielen von Ihnen ist das Ergebnis eine Mischung aus Erfolgen und Misserfolgen, aber ich lerne eine Menge dabei. Im Folgenden werde ich die Idee, etwas Monopoly-Geld anzuhäufen, näher beleuchten, mögliche Vor- und Nachteile untersuchen und ein paar persönliche Anekdoten einstreuen.

 

Eine witzige Idee

Die Idee, Bargeld für eine impulsive Wette zur Seite zu legen, kommt in der akademischen Forschung nicht wirklich vor. Soweit ich weiß, war der Vanguard-Gründer Jack Bogle einer ihrer der prominentesten Befürworter. In einem Interview mit MarketWatch aus dem Jahr 2014 erklärte er die Gründe dafür:

"Splitten Sie Ihr Geld. Legen Sie einen Teil auf ein Konto für langfristige Investitionen, den anderen auf ein Konto für kurzfristige Spekulationen. Tippen Sie auf Fonds, auf Märkte, auf Aktien, wenn Sie wollen, denn das gibt Ihnen die Möglichkeit, Ihren spekulativen Impulsen nachzugehen. Allerdings können die Ihnen richtig weh tun und daher empfehle ich Ihnen, nicht mehr als 5% Ihres Portfolios auf das Konto mit Spielgeld zu legen. Außerdem empfehle ich Ihnen, das Ganze nach fünf Jahren zu überprüfen. Hat es sich besser oder schlechter entwickelt als die langfristige Anlage? Ich wäre erstaunt, wenn nicht mindestens 95% dieser funny money-Konten schlechter abschneiden würden.“

Bogle, der Großmeister der Indexierung, kannte auch die menschliche Natur allzu gut. Er befürwortete solche funny money-Portfolios (ein Begriff, den er ebenfalls geprägt hat, zumindest in diesem speziellen Zusammenhang), weil er hoffte, dass Investoren dann nicht an den übrigen 95% ihres Geldes herumpfuschen.

Seit jeher neigen Menschen dazu, der Versuchung nachzugeben. Wir wissen, was das Beste für uns ist, aber es kann schwierig und - seien wir ehrlich - langweilig sein, auf dem Pfad der Tugend zu bleiben. Wir wissen, dass ausreichend Schlaf, regelmäßiger Sport und eine ausgewogene Ernährung entscheidend sind für eine gute Gesundheit. Und doch gehen wir oft trendigen Neuheiten auf den Leim, die eine Abkürzung zu mehr Gesundheit versprechen. Bei Investments wissen wir, dass eine breite Streuung, niedrige Kosten und minimale Aktivitäten entscheidend sind für die Gesundheit unserer Portfolios. Aber wenn wir CNBC einschalten, aufregende Schlagzeilen lesen und auffällige Grafiken sehen, können wir nicht anders, als etwas zu tun.

Monopoly-Geld kann für die Anleger ein Ventil sein, um Druck abzubauen, so wie ein "Cheat Day" (ein Tag, an dem man essen kann, was man will) Menschen helfen kann, einen Ernährungsplan einzuhalten.

 

Was ist der Plan?

Die vielleicht wichtigste Entscheidung, mit der sich Anleger beim Ausarbeiten ihrer funny money-Pläne konfrontiert sehen, ist die Frage, wie viel sie von ihrem investierbaren Vermögen dafür aufwenden. Bogle empfiehlt "nicht mehr als 5%", aber das ist ein recht allgemeines Rezept für eine sehr persönliche Diagnose. Für einige Anleger mag null die richtige Antwort sein. Andere sind möglicherweise bereit, mehr als 5% zu riskieren. Letztlich lautet die beste Antwort "es kommt darauf an".

Ich gehe am liebsten so an die Sache heran, dass ich einen Betrag wähle, der bis auf null sinken könnte, ohne dass ich schlaflose Nächte hätte. Fragen Sie sich, was Sie aus der Bahn werfen würde. Für einige ist das eine runde Zahl, etwa 1.000 Euro oder 10.000 Euro. Für andere ist es vielleicht eine andere Größe, wie beispielsweise die Dividendeneinnahmen eines Jahres. In meinem Fall ist weniger als 1% meines investierbaren Vermögens in funny money allokiert: eine Kombination aus Einzelaktien, einem geschlossenen Fonds und einem winzigen Anteil an Bitcoin (0,00820984, um genau zu sein).

Viele Anleger richten ein separates Konto für ihre funny money-Unternehmungen ein. Ich kann das nachvollziehen, auch wenn ich es selbst nicht tue. Getrennte Konten können möglicherweise ein nicht gewolltes Vermischen verhindern helfen ("Vielleicht stecke ich einfach ein bisschen mehr in diesen aufstrebenden, auf dem Metaverse basierenden Jachthersteller") und halten die Buchhaltung sauber ("Das ist mein Spaßportfolio"). Auch die Frage der Besteuerung spielte eine Rolle für die Frage, ob getrennte Konten sinnvoll sind: Was, wenn Wetten funktionieren und realisierte Gewinne der Steuerlast erhöhen? Was, wenn Verluste entstehen, die man vortragen möchte? Auch hier gilt: Es gibt nicht eine einzig richtige Antwort.

 

Was ist der Vorteil?

Der größte potenzielle Vorteil von Spielgeld besteht meiner Meinung nach darin, dass es Sie davon abhält, mit dem Rest Ihres Portfolios große Risiken einzugehen. Mit einem kleinen Geldbetrag, der einem ganz bestimmten Zweck dient, kann man ein Ticket für den neuesten Trend lösen, Risiken eingehen, wenn sich Gelegenheiten auftun, oder einfach darauf wetten, dass der Markt etwas falsch bewertet. Das kann wirklich Spaß machen und lehrreich sein, auch wenn es sich finanziell nicht auszahlt. Der Rest Ihres Portfolios dagegen bleibt unangetastet und langweilig - und wächst in aller Ruhe weiter.

 

Was ist der Nachteil?

Was ist das Schlimmste, was passieren kann, wenn Sie mit einem Teil Ihres Portfolios spielen? Nehmen wir an, Sie zweigen 5% Ihres Vermögens für risikoreichere Anlagen ab. Was wäre, wenn Sie das Geld verbrennen? Ein Totalverlust von 5% Ihres Portfolios würde eine Delle in Ihren Finanzplan (und in Ihr Ego) schlagen, aber er würde Sie nicht ruinieren. Und was wäre, wenn Ihr Spaßportfolio nicht auf null fällt, sondern nur schlechter abschneidet als der Rest Ihres Portfolios? In diesem Fall hoffe ich, dass Sie in den Überzeugungen gestärkt werden, nach denen Sie Ihr sonstiges Geld verwalten. Das ist auch meine Erfahrung. Im Großen und Ganzen waren meine spekulativen Wetten eine gemischte Angelegenheit. Meine kläglichen Versuche, den Markt auszutricksen oder vorbehaltlos zu spekulieren, haben mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass breit gestreute, kostengünstige Fonds und eine ruhige Hand langfristigen Anlageerfolg ermöglichen.

Was aber, wenn Ihre Wetten erfolgreich sind? Was, wenn diese 5% Ihres Portfolios so gut abschneiden, dass daraus 10%, 15% oder mehr werden? Was dann? Ich kenne niemanden, der von diesem Ergebnis enttäuscht wäre, aber diese Art von Erfolg kann auch potenzielle Nachteile mit sich bringen. Derartige Anlageerfolge können zu übermäßigem Selbstvertrauen führen und sind nur schwer zu wiederholen, zumal sie oft auf Glück und nicht auf Können beruhen. Die besten Investoren wissen das und sorgen dafür, dass diese Erfolge nicht in Hybris umschlagen.

Wie meine Kollegin Amy Arnott in ihrem Bericht "Mind the Gap" aus dem Jahr 2021 feststellte, weisen viele Einzelaktien (und alle Kryptowährungen) eine viel höhere Volatilität auf als diversifizierte Fonds. Auch einige der auf lange Sicht besten Aktien durchlaufen Performancephasen, die selbst die stoischsten Anleger auf eine harte Probe stellen. Wer mit seinem funny money Spaß haben will, muss auch Zeiten durchstehen, in denen die Performance alles andere als lustig ist.

 

Aber mal im Ernst

Ein Spaßportfolio mit Monopoly-Geld ist nicht für jeden geeignet. Viele Anleger würden keinen Cent in ein solches Vorhaben stecken. Und das ist auch gut so! Für diejenigen, die der Meinung sind, dass ihnen ein wenig Spielerei guttut, ist es eine Option, die sie in Betracht ziehen sollten. Aber denken Sie daran, über Ihre Gewinne und Verluste ehrlich Buch zu führen, und lassen Sie sich erstere nicht zu Kopf steigen.

 

 

 

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Über den Autor

Ben Johnson  Ben Johnson is Morningstar’s Director of European ETF Research.