Das Rennen um die französische Präsidentschaft wird am 24. April in der letzten Runde zwischen dem zentristischen Präsidenten Emmanuel Macron und seiner rechtsextremen Rivalin Marine Le Pen ausgetragen - genau wie 2017.
Nach den offiziellen Ergebnissen der ersten Runde erreichte Macron 27,6 % der Stimmen, während seine Herausforderin 23,4 % erhielt.
"Die erste Runde hat den Zusammenbruch der traditionellen Parteien und den Aufstieg der Protestwähler bestätigt. Es wird nun ein neuer Wahlkampf beginnen, der sich auf Wirtschaft und Außenpolitik konzentrieren wird. Der Ausgang bleibt höchst ungewiss, allerdings behält Macron einen kleinen Vorsprung", schreibt Philippe Gudin, Volkswirt bei Barclays, in einer Mitteilung an Investoren.
Hatte es Anfang März noch als fast sicher gegolten, dass Emmanuel Macron (La République en Marche oder LREM) in der ersten Runde am 10. April einen “großen” Sieg einfahren werde, ist sein Vorsprung nun doch recht knapp ausgefallen.
Der französische Präsident nimmt eine zentrale Rolle ein in Europas Reaktion auf den Krieg in der Ukraine, doch die Folgen dieses Krieges auf die franzöische Wirtschaft hat er nicht ausreichend thematisiert. Das gilt zum Beispiel für die Sorgen um die Inflation und die daaus resultierenden Folgen für die Kaufkraft privater Haushalte und die Investitionsentscheidungen von Unternehmen.
Seine Rivalin hingegen führte ihren Wahlkampf hingegen auch mit genau diesem Thema: dem "Schutz" von Einkommen und Kaufkraft der französischen Haushalte. Gleichzeitig hat sie zudem versucht, ihre Sympathien für den russischen Präsidenten zu verbergen. Dass die Wahlbeteiligung historisch niedrig ausfiel, wird ebenfalls als negativ für Macrons Wiederwahl gesehen.
Marktverschiebungen
Anfang letzter Woche begannen die Finanzmärkte, die Unsicherheit des Wahlausgangs einzupreisen.
Seit Jahresbeginn ist der CAC 40 um 6,6 % gesunken – vor allem erklärt durch den um 10 % gefallenen Bewertungsmultiplikator für Aktien (KGV für 12 Monate).
Der Spread zwischen der französischen Staatsanleihe und der Bundesanleihe ist zuletzt gestiegen, und zwar auf 56 Basispunkte am vergangenen Freitag, verglichen mit 20 Basispunkten Ende letzten Jahres.
"Die Wiederwahl von Macron wäre ein positives Element für den Zusammenhalt der Europäischen Union. Innenpolitisch würden die Fortsetzung der Arbeitsmarktreformen, die Anhebung des Rentenalters und die Senkung von Unternehmenssteuern die mittleren Wachstumsaussichten verbessern", schrieb Jean-Baptiste Pethe, Volkswirt bei BNP Paribas Exane, am 1. April.
"Sollte ein Populist gewählt werden, würden Länderrisiken in der Eurozone wahrscheinlich steigen", fügt er hinzu. Der Ökonom erwartete zu dem Zeitpunkt für den Fall eines Sieges von Frau Le Pen bzw. Herrn Mélenchon einen Anstieg der Staatsanleihen-Spreads um 100 bzw. 150 Basispunkte.
"Im Falle eines Wahlsiegs von Le Pen empfehlen wir vor allem, französische Banken unterzugewichten, defensiv aufgestellt zu bleiben und selektiv einige Titel aus dem Konsumsektor auszuwählen", so Exane.
Die Strategen von Goldman Sachs verweisen zudem auf die Auswirkungen der französischen Wahlen auf Europa.
In einer Mitteilung vom 8. April hieß es: "Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine haben sich Aktien und die Spreads von Staatsanleihen als widerstandsfähig erwiesen (...) Ein Teil dieser Widerstandsfähigkeit ist wahrscheinlich auf die schnelle und einheitliche Reaktion der europäischen Staats- und Regierungschefs zurückzuführen (...), wobei Präsident Macron eine Schlüsselrolle in dem Vorstoß zur weiteren EU-Integration spielt."
Ein Wechsel in der französischen Präsidentschaft und die steigende Wahrscheinlichkeit eines Sieges von Le Pen würden Stress an den Märkten auslösen: einige Länderrisiken dürften wieder in den Vordergrund rücken und die Risikoprämien für Aktien würden steigen, so Goldman Sachs.
Sean Darby, Stratege bei Jefferies, weist darauf hin, dass eine Reihe von in Paris notierten Unternehmen attraktive Fundamentaldaten und Bewertungsmultiplikatoren in Bezug auf Kapitalrendite und freie Cashflow-Rendite aufweisen, insbesondere vor dem Hintergrund steigender Zinssätze.
Er bleibt jedoch bei seiner "mäßig positiven"/"mäßig bullishen" Einschätzung hinsichtlich französischer Aktien.