Ist ein 'Hedge Fund-Lite' das Richtige für Sie?

Anlagestrategien, die in einem Marktabschwung überdurchschnittlich abschneiden, sind nichts für Anfänger. Doch die Anlageklasse der Liquid Alternatives macht sie seit über einem Jahrzehnt auch für Anleger jenseits der Hedgefonds investiertbar. Hier für Sie zusammengefasst, was Sie wissen müssen.

Lukas Strobl 12.07.2022
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Das Wichtigste in Kürze

  • Liquid Alternatives bieten Long/Short-Strategien ohne die für Hedgefonds typischen hohen Eintrittsbarrieren.
  • Sie können während breiter Marktrückgänge eine Outperformance erzielen. Im Bullenmarkt nach der Finanzkrise haben sie allerdings beispielsweise nicht gut performt
  • Liquid Alternatives sind ebenso vielfältig wie komplex und oft teuer – kennen Sie also Ihre Risikotoleranz und wählen Sie weise.


Lukas Strobl: Wir befinden uns in einem Bärenmarkt. Rezessionsängste und steigende Zinsen lassen Aktien- und Rentenfonds zugelich fallen, und das hat viele Anleger dazu veranlasst, nach anderen Renditequellen zu suchen. Hier bei mir ist Francesco Paganelli von Morningstar, unser europäischer Experte für Liquid Alternatives. 

Francesco, fangen wir einfach an. Was sind Liquid Alternatives?

Francesco Paganelli: Nun, alternative Fonds im Allgemeinen werden oft als Alternative zu Long-Only-Anlagen in Aktien, Anleihen und Bargeld definiert. Aus dieser Perspektive sind sie eine ziemlich breite Anlageklasse, die alles von Rohstoffen und Sachwerten bis hin zu Private Equity, Risikokapital und Hedgefonds umfasst. Alternative Fonds sind für uns solche, die in erster Linie versuchen, die dominanten Risikofaktoren zu modifizieren, zu diversifizieren, zu erweitern oder sogar zu eliminieren. Also die Risikofaktoren, die typischerweise traditionelle Anlageklassen bestimmen: also Aktienrisiko, Kreditrisiko, Durationsrisiko und so weiter.

Alternatives ändern also das Risikoprofil eines Portfolios auf verschiedene Weise. Solche Strategien ermöglichen Anlegern, über das reine Aktien- und Anleihenrisiko hinauszugehen und andere Elemente hinzuzufügen, das Portfolio sozusagen bunter zu machen.

Liquid Alternative umfassen also eine Vielzahl von Strategien, mit denen sie durch den Einsatz verschiedener Techniken gegenläufig zum Markt abschneiden können. Beispiele reichen vom Shorten bis hin zum Einsatz exotischerer Instrumente. Und es gibt solche Strategien, die etwas anderes bieten und nur sehr wenig Co-Abhängigkeit vom breiten Aktienmarkt haben.

Denken wir zum Beispiel an eine Relative-Value-Strategie und sogar an solche Strategien, die tatsächlich dazu neigen, sich zu entwickeln, wenn Aktien fallen, und eher opportunistischer Natur sind, wie z. B. systematische Trends.

 

Strobl: Das klingt nach Hedgefonds. Was ist der Unterschied?

Paganelli: Nun, es kommt wirklich auf Regulierung und Distribution an. Das ist schließlich der Grund, warum wir Alternatives mit der Bezeichnung Liquid ergänzen und sie Liquid Alternatives nennen. Mit anderen Worten handelt es sich also um alternative Strategien, die in einer Investmentfondshülle mit täglicher Liquidität angeboten werden und in Europa der UCITS-Verordnung unterliegen.

Natürlich gibt es aber auch Gemeinsamkeiten. Diese Fonds wenden Strategien an, die normalerweise von Hedgefonds verwendet werden, wie ich bereits erwähnt habe, und tatsächlich ist „Hedgefonds-Lite“ ein weiterer Begriff, der verwendet wird, wenn Liquid Alternatives gemeint sind. 

Übrigens haben viele Akteure in diesem Bereich in der Offshore-Welt angefangen, also in einem Hedgefonds begonnen und sind dann in den breiteren täglichen liquiden Markt eingetreten. Und das ist leichter gesagt als getan, denn es ist möglicherweise nicht immer optimal, da die UCITS-Vorschrift einen Vermögensverwalter in Bezug auf Hebelung und Konzentration der Portfolioliquidität einschränken kann.

In jedem Fall sind Liquid Alternatives natürlich ein Phänomen der globalen Finanzkrise. Sie entstanden nach der "Kernschmelze" von 2008, als die Anleger nach einer Lösung zur Diversifizierung ihres Portfolios suchten.

 

Strobl: Also eine Möglichkeit für jedermann, Zugang zu ausgeklügelten Strategien zu erhalten – was kann da schon schiefgehen? Aber ganz im Ernst: was sind die Risiken?

Paganelli: Nun, in der Tat eröffnen Liquid Alternatives neue und andere Möglichkeiten, aber natürlich sind sie möglicherweise nicht jedermanns Sache. Aber was Ihr Fonds oder Ihre Strategie am Ende des Tages ist, hängt wirklich von Ihren Zielen, Vorlieben und Fähigkeiten ab. Der wichtige Punkt, den ich ansprechen muss, ist, warum Alternatives überhaupt eine gute Idee sind. Wenn wir also auf das zurückkommen, was wir zuvor gesagt haben, kann ein Portfolio als eine Sammlung von Risikopositionen angesehen werden, die miteinander interagieren.

Was wirklich entscheidend ist, ist zu bestimmen, welche Risiken Sie haben, und zu entscheiden, welche Sie behalten möchten, welche Sie abschwächen möchten und von welchen Sie ganz wegdiversifizieren wollen.

Sobald Sie die Strategien gefunden haben, die Ihrem Zweck dienen, gibt es Gruppierungen, aus denen Sie in der Lage sein sollten, den richtigen Fonds für sich auszuwählen.

Was bisher im Jahr 2022 passiert ist, verdeutlicht diesen Punkt. In einem Umfeld, in dem Aktienmärkte und Anleihen gleichzeitig fallen, beginnt man, über die traditionellen Anlageklassen hinauszublicken. Tatsächlich ist eine der bisher leistungsstärksten Kategorien in diesem Jahr der systematische Trend. Einfach beschrieben geht man "long" im steigenden Markt und "short" in fallenden Märkten. Diese Fonds waren mit den boomenden Rohstoffpreisen und der Kernschmelze auf dem Anleihenmarkt in einer guten Position.

Allerdings gibt es natürlich auch Herausforderungen. Alternative Fonds haben zum Beispiel tendenziell eine kürzere Lebensdauer. Und es gibt Gebühren, die sehr oft ziemlich happig sind. Ignorieren Sie diese Herausforderungen also nicht.

Strobl: Richtig. Da lohnt es sich wie immer, die Hausaufgaben zu machen und wählerisch zu sein. Für Morningstar, ich bin Lukas Strobl.

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Über den Autor

Lukas Strobl  ist Redaktionsleiter für die EMEA-Region bei Morningstar.