Seit Inkrafttreten der EU-Offenlegungsverordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) im März 2021 sind Fondsgesellschaften verpflichtet, ihre in der EU vertriebenen Fonds nach ihren jeweiligen Nachhaltigkeitszielen als Artikel 6, 8 oder 9 einzustufen.
Ende September 2022 gaben 33,6% aller Fonds in der EU an, „ökologische und/oder soziale Eigenschaften zu fördern" (Artikel 8), während 4,3% behaupteten, „ein nachhaltiges Ziel" zu verfolgen (Artikel 9). Der Rest sind Fonds (Artikel 6), die keine ESG-Faktoren berücksichtigen.
Gemessen an den Vermögenswerten machten Fonds nach Artikel 8 und Artikel 9 den größeren Teil des Fondsuniversums in der EU aus: zusammen 53,5%, wovon 48,3% auf Artikel 8- und 5,2% auf Artikel 9-Fonds entfielen.
In einem anhaltend schwierigen Umfeld mit Inflationsdruck, Zinserhöhungen, einer drohenden globalen Rezession und geopolitischen Risiken nach Russlands Einmarsch in die Ukraine flossen im dritten Quartal EUR 28,7 Milliarden aus Artikel 8-Fonds ab. Die Abflüsse waren jedoch geringer als die aktualisierten EUR 31,6 Milliarden aus dem zweiten Quartal. Damit hielten sich Artikel 8-Fonds besser als Artikel 6-Fonds, bei denen sich im dritten Quartal die Verluste an Kundengeldern auf EUR 62,1 Milliarden erhöhten.
Unterdessen legten die Investoren weiterhin Geld in Artikel 9-Produkten an, die in den letzten drei Monaten Nettomittelzuflüsse in Höhe von EUR 12,6 Milliarden verzeichneten - mehr als das Doppelte der im zweiten Quartal gemeldeten Zuflüsse in Höhe von EUR 6 Milliarden.
Artikel 8- und Artikel 9-Fonds im Vergleich zu Artikel 6-Fonds:
Zuflüsse in Milliarden EUR pro Quartal
Quelle: Morningstar Direct. Stand: 30. September 2022. Basierend auf SFDR-Daten, erhoben aus den Prospekten von 97,4% der in der EU zum Vertrieb zugelassenen Fonds, ohne Geldmarktfonds, Dachfonds und Feeder-Fonds.
Das positivere Bild für Artikel 9-Fonds wird noch augenfälliger, wenn man die organischen Wachstumsraten betrachtet, die das Wachstum der Mittelflüsse im Verhältnis zu den Vermögenswerten messen. Die organische Wachstumsrate wird wie folgt berechnet: Kapitalfluss im laufenden Zeitraum dividiert durch das Nettovermö-gen zu Beginn des Zeitraums.
Bei Artikel 9-Produkten waren die organischen Wachstumsraten die höchsten seit der Einführung der SFDR und blieben auch in diesem Jahr positiv. Bei Artikel 8- und Artikel 6-Fonds dagegen fielen die organischen Wachstumsraten noch tiefer in den negativen Bereich.
Trotz Nettomittelabflüssen und fallenden Marktpreisen stieg das Vermögen der Artikel 8- und Artikel 9-Fonds im dritten Quartal um fast 3% auf EUR 4,30 Billionen, was auf neu aufgelegte und umklassifizierte Fonds zurückzuführen war. Im Vergleich dazu sank in diesem Zeitraum das Vermögen von Artikel 6-Fonds um fast 7%.
Fondsauflagen: Größeres Angebot an Klima-, Biodiversitäts- und Sozialinvestments
Die Produktentwicklung hat sich leicht verlangsamt. In den letzten drei Monaten kamen schätzungsweise 137 Artikel 8-Fonds und 52 Artikel 9-Fonds neu auf den Markt. Vermutlich werden die Zahlen in künftigen Berichten angepasst, wenn wir weitere Neuauflegungen identifizieren oder uns weitere gemeldet werden.
Fondsauflagen pro Quartal
Quelle: Morningstar Direct. Stand: 30. September 2022. Basierend auf SFDR-Daten, erhoben aus den Prospekten von 97,4% der in der EU zum Vertrieb zugelassenen Fonds, ohne Geldmarktfonds, Dachfonds und Feeder-Fonds.
Im dritten Quartal war der Anteil neu aufgelegter Artikel 8- und Artikel 9-Fonds an den insgesamt in der EU neu aufgelegten Fonds geringer als im zweiten Quartal, jedoch blieb ihr Marktanteil über der 50%-Marke (56%).
Was Anlageklassen, Markt-Exposure, Investmentstile und Investmentthemen betrifft, weiteten die Fondsgesellschaften ihr Angebot an Artikel 8- und Artikel-9-Fonds weiter aus
Allgemeine ESG- und nachhaltigkeitsorientierte Lösungen machten weiterhin den größten Teil der Produktentwicklungen aus, Klimafonds blieben das bei weitem beliebteste Thema unter den neu aufgelegten Produkten. Vierunddreißig neue Fonds mit Schwerpunkt Klima kamen auf den Markt, die alle Investmentansätze zu dem Thema abdecken. Klimafonds ermöglichen es Anlegern, das Klimarisiko in ihren Portfolios zu verringern und/oder sich in Unternehmen zu engagieren, die vom Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft profitieren oder dazu beitragen.
Andere neue nachhaltige Produkte zielen auf eine Vielzahl ökologischer und sozialer Themen ab, darunter Biodiversität, gesunde Ökosysteme, Lebensmittelsicherheit und Gesundheit.
Die große Neuklassifizierung: Mehr Upgrades, aber auch mehr Downgrades
Im dritten Quartal werteten die Fondsgesellschaften ihre Anlagelösungen weiter auf, indem sie die Integrationsprozesse für ESG verbesserten, verbindliche ESG-Kriterien aufnahmen (einschließlich Zielen für die Reduzierung von Kohlenstoff) oder in einigen Fällen das Mandat der Strategie vollständig änderten.
Im letzten Quartal haben wir 383 Fonds identifiziert, die ihren SFDR-Status änderten. In 342 Fällen handelte es sich um Heraufstufungen, wobei die überwiegende Mehrheit (315) von Artikel 6 zu Artikel 8 wechselte, während sieben Fonds von Artikel 6 auf Artikel 9 heraufgestuft und 20 Fonds von Artikel 8 auf Artikel 9 umklassifiziert wurden. Dagegen wurden 41 Fonds von Artikel 9 auf Artikel 8 herabgestuft. Die nachstehende Abbildung zeigt die 10 größten Herabstufungen.
Einige der Neueinstufungen erfolgten im Vorfeld der überarbeiteten Offenlegungsregelung SFDR-Level II, die im Januar 2023 in Kraft tritt. Sie sind zudem die Folge der gemeinsamen Erklärung von EU-Kommission und europäischen Aufsichtsbehörden, dass Artikel 9-Fonds nachhaltige Investments nur auf der Grundlage der Definition in Artikel 2 Nr. 17 der Offenlegungsverordnung vornehmen sollen.
AXA IM etwa, das in den letzten Monaten 21 Strategien von Artikel 9 auf Artikel 8 herabgestufte und ankündigte, in naher Zukunft 24 weitere Strategien herabstufen zu wollen, erklärte, dass "SFDR-Level II eine strengere Auslegung der Artikel 9-Kriterien verlangt. Es wurde klargestellt, dass es sich bei den Produkten nach Artikel 9 um solche handelt, die nur in Vermögenswerte investieren, die als ‚nachhaltige Anlagen‘ qualifiziert sind, mit Ausnahme von Barmitteln und Vermögenswerten, die zu Absicherungszwecken verwendet werden. Obwohl der Begriff der nachhaltigen Investments noch immer unterschiedlich interpretiert wird und der europäische Regulierer bisher noch keine klaren Vorgaben gemacht hat, haben wir entschieden, im Vorfeld der Umsetzung von SFDR-Level II proaktiv zu handeln und die Klassifizierung unserer Produkte zu überprüfen.“
In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen ist zu erwarten, dass in den kommenden Monaten weitere Artikel 9-Produkte in Artikel 8 umklassifiziert werden.
Passive Fonds machen fast ein Viertel der Artikel 9-Fonds aus
Unterdessen gewannen passive Fonds sowohl in der Artikel 8- als auch in der Artikel 9-Kategorie weiter an Boden und erreichten Ende September einen Anteil von 8,9% bzw. 24,3% im Vergleich zu 8,7 % bzw. 23,0% drei Monate zuvor.
Der größere Marktanteil passive Artikel 9-Fonds lässt sich zum Teil durch die wachsende Zahl größer Indexfonds sowie solcher ETFs erklären, die EU-Klima-Benchmarks abbilden. Auf solche Strategien entfallen zurzeit etwa EUR 75 Milliarden bzw. 18% des gesamten Vermögens in Artikel 9-Fonds. Da Fondsgesellschaften jedoch damit beginnen, ihre Produkte, die sich an den EU-Klima-Benchmarks orientieren, als Artikel 8-Fonds umzuklassifizieren, ist zu erwarten, dass der Marktanteil passiver Artikel 9-Fonds sinkt.
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