Globale Aktienfonds sind bei europäischen Anlegern beliebt: Ende September waren mehr als 1,4 Milliarden Euro in Fonds der Kategorie "Global Equity Large Cap" investiert. Das entspricht 34% des Fondsmarktes. Aber die Ausrichtung, die die Anleger tatsächlich erhalten, könnte weniger global sein, als sie denken.
Ein Aktienmarktindex verfolgt drei Ziele: Erstens soll er das tatsächliche Marktgeschehen widerspiegeln, indem er sozusagen die "Temperatur" misst; zweitens soll er eine Benchmark schaffen, anhand derer professionelle Fondsmanager beurteilt werden können; und drittens soll er es den Anlegern ermöglichen, gut diversifizierte, kostengünstige Portfolios zusammenzustellen.
Der Morningstar Global Markets Index misst die Wertentwicklung von Aktien in Industrie- und Schwellenländern. Aber seine Gewichtung des US-Marktes beträgt 60%. Im MSCI World Index, der nur die entwickelten Märkte abdeckt, ist der Anteil des US-Marktes sogar noch höher: Ende September lag er bei 70%.
Mit anderen Worten: Wer diese Indizes zur Beobachtung des Marktes heranzieht, erhält ein stark durch die Wall Street verzerrtes Bild. Die relative Performance internationaler Fondsmanager im Vergleich zum Index hängt weitgehend davon ab, in welchem Umfang sie ein Engagement in den USA eingehen. Jeder, der einen Index-Tracker kauft, geht im Grunde eine große Wette auf den amerikanischen Markt ein.
In den letzten zehn Jahren hat die Gewichtung der USA in globalen Indizes rapide zugenommen. Seit November 2012 stieg der US-Anteil am MSCI World um 17 Prozentpunkte, am Morningstar Global um 15. Warum ist das so?
Warum die USA dominieren
Die hohe Gewichtung der USA in den globalen Indizes spiegelt wider, wie sehr Amerika die globalen Märkte dominiert. Allerdings ist die Indexgewichtung mehr als viermal so hoch wie der Anteil der USA am globalen Bruttoinlandsprodukt, wenn man die Kaufkraftparität berücksichtigt. Der Abstand hat sich unter anderem deshalb vergrößert, weil der Anteil der USA am weltweiten BIP seit Beginn des Jahrtausends rückläufig ist.
"Der Morningstar Global Market Index (wie auch der MSCI World Index) ist nach der um den Streubesitz bereinigten Marktkapitalisierung gewichtet, was den Gesamtmarktwert aller im Index enthaltenen Aktien widerspiegelt", erklärt Alex Bryan, Director of Product Management Equity Indices bei Morningstar.
"Dies soll eine passive Darstellung der Zusammensetzung des Marktes darstellen. Wenn der Wert der Aktien in einem Markt, etwa in den USA, schneller wächst als der Index, wird dieser Markt einen größeren Anteil am Index ausmachen."
Offensichtlich ist nicht der Anteil der USA am globalen BIP die Antwort auf den hohen Anteil des Landes in globalen Indizes, sondern vielmehr der steigende Aktienmarkt. Laut Bryan gibt es mehrere Gründe für die Outperformance des amerikanischen Aktienmarktes:
"Eine Reihe von Faktoren hat zur Outperformance des US-Marktes in den letzten zehn Jahren beigetragen, darunter einseitige sektorale Gewichtungen (so ist der US-Markt etwa technologielastiger als der Großteil der Welt, was der Performance in den letzten zehn Jahren zugutekam), ein starkes Gewinnwachstum und ein stärkerer Dollar", sagt er.
Sollten Anleger in passiv verwalteten globalen Aktienfonds davon ausgehen, dass die Übergewichtung der USA zunimmt?
"Wir können nicht darüber spekulieren, ob dieser Rückenwind anhalten wird", sagt Bryan.
Abgesehen davon hat der Technologiesektor in diesem Jahr infolge der raschen Zinserhöhungen und der unsicheren wirtschaftlichen Bedingungen massiv gelitten.
Meta hat den Abbau von 11.000 Arbeitsplätzen angekündigt und Amazon plant die Streichung von 10.000 Stellen – und damit den größten Stellenabbau seiner Geschichte. Apple hat noch keine Stellenstreichungen angekündigt, aber es heißt, dass es Neueinstellungen verlangsamt.
Seit Jahresbeginn ist der Aktienkurs von Meta um fast 70% gefallen, der von Netflix um 50%, bei Amazon waren es 41%. Apple hat sich besser entwickelt und ist "nur" um 17% gefallen. Zum Vergleich: Der Morningstar Global Index liegt in USD bei -17%, in EUR bei -9%.
Die Rückgänge im Technologiesektor, insbesondere bei den oben genannten großen Unternehmen, könnten darauf hindeuten, dass die starke Ausrichtung auf den US-Aktienmarkt nachlässt.
Was bedeutet das für die Anleger?
Als Anleger eines passiv verwalteten globalen Aktienfonds ist Ihr Engagement am US-Aktienmarkt sehr hoch. Das ist nicht automatisch schlecht, aber es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein, damit Sie fundierte Entscheidungen für die Zusammensetzung des restlichen Portfolios treffen können.
"Ein größeres Engagement in den USA ist nicht per se gut oder schlecht, es spiegelt nur die Veränderung in der Zusammensetzung des globalen Aktienmarktes wider", erklärt Bryan.
"Allerdings führt dies zu einer stärkeren geografischen Konzentration, was die Diversifizierung beeinträchtigen und das Währungsrisiko je nach Wohnsitz des Anlegers möglicherweise erhöhen könnte.“
"Dennoch sagt der Markt, an dem die Aktien notiert sind, nur wenig darüber aus, wo die Unternehmen ihre Geschäfte tätigen. US-Firmen sind (wie ihre Pendants in anderen Märkten) überall auf der Welt tätig. Es ist zudem erwähnenswert, dass der US-Aktienmarkt der bei weitem größte der Welt ist, und er ist ziemlich gut diversifiziert.“
Wenn Sie die Kontrolle über die geografische Allokation Ihres Gesamtportfolio erhöhen möchten, können Sie regionale Indizes verwenden, um Ihre Zielgewichtung wiederherzustellen. "Das erhöht jedoch die Umschichtungen und die Transaktionskosten und ist damit teurer, als einfach ein globales Indexportfolio zu halten", warnt Bryan.
Eine weitere wertvolle Maßnahme ist es, Ihr Portfolio zu überprüfen, um festzustellen, ob Sie unwissentlich ein größeres Engagement in den USA haben, als Sie möglichweise denken.
So könnte etwa ein auf die USA ausgerichteter Fonds für Sie weniger sinnvoll sein, wenn Sie bereits stark in einem globalen Indexfonds investiert sind. Es könnte sich daher lohnen, in verschiedene Regionen zu diversifizieren, um länderspezifische Risiken zu verringern.