Die Märkte präsentierten sich im November alles andere als grau. Über 6% liegt der Morningstar Index für Europa im Plus (Stand 30. November). Der Index für den US-Markt ist in US-Dollar etwas über 5,5% im Plus. In Euro denomminiert sieht die Performance der beiden Märkte seit Jahresbeginn wie folgt aus:
Zu dem Optimismus trägt auch die Hoffnung bei, dass die Inflation weltweit nun ihren Höhepunkt erreicht hat – und zwar auf beiden Seiten des Atlantiks. Vor allem fallende Rohstoff- und Frachtraten geben Anlass zu dieser Hoffnung. So waren die Gas- und Strompreise in Europa zuletzt stark rückläufig. Der Baltic Dry Index als führender Preisindex für das weltweite Verschiffen von Hauptfrachtgütern ist seit Jahresbeginn mehr als 17% im Minus. Auch der Ölpreis war zuletzt deutlich unter Druck - die US-Sorte WTI ist im Berichtsmonat knapp 15% im Minus.
Allerdings treten nun das europäische Teil-Embargo gegen russisches Öl sowie der Preisdeckel von 60 USD/bbl für russisches Rohöl der Sorte Ural in Kraft. Beide Maßnahmen sollen dazu beitragen, die russischen Handelsgewinne zu begrenzen, und dadurch Russlands Fähigkeiten zur Kriegsführung einschränken.
Zeitgleich hat das Ölkartell Opec+, zu dem auch Russland gehört, beschlossen, den Output wie erwartet ab November um 2 Mio. Barrel pro Tag zu drosseln, und dies durchs Jahr 2023 hindruch beizubehalten. Dies verlieh den Rohölnotierungen zu Beginn des Monats Dezember Auftrieb.
Hoffnung auf abflauende Inflation
Dennoch: Die jüngsten Rückgänge bei Rohstoffen sorgen auch für Erleichterung bei den Teuerungsraten.
In der EU ist die Inflation im November stärker als erwartet auf 10% gefallen, verglichen mit dem Hoch von 10,6% im Oktober.
Nach wie vor steigen die Energiepreise am stärksten, allerdings nicht mehr ganz so kräftig wie im Vormonat.
„Es ist Konsens unter Analysten, dass die Inflation der europäischen Verbraucherpreise in Kürze zurückgehen wird, von einem Durchschnittswert von 8,25% in diesem Jahr auf 6% bis 7% im nächsten – und dann, nicht viel später, in die Nähe des EZB-Zielwerts von 2%. Ähnliches wird für die USA erwartet, nur etwas früher“, sagt Dieter Wermuth, Ökonom und Partner bei Wermuth Asset Management.
Ähnlich sieht es Commerzbank-Chefökonom Dr. Jörg Krämer. In der Eurozone soll sich die Inflation von den knapp 11% im Oktober bis Ende nächsten Jahres halbieren.
Für die USA erwartet Preston Caldwel, Head of U.S. Economics bei Morningstar, dass die Inflation bis Mitte 2023 etwa auf das 2%-Ziel der Fed zurückkehrt. Für den Dreijahreszeitraum 2023-2026 erwartet er im Schnitt gerade einmal 1.7%.
Angebotsbeschränkungen sowie die allgemeine Konjunkturabschwächung sollten das Inflationsproblem lösen, schreibt er in seinem Ausblick auf die US-Wirtschaft für das 4. Quartal.
Wie hoch ist der Zugzwang der Notenbanken?
Die unerwartet moderate Inflation nimmt ein wenig Druck aus dem Kessel. Die jüngsten Inflationsdaten bestärken die Commerzbank in der Einschätzung, dass die EZB auf ihrer Dezembersitzung die Leitzinsen nur um 50 Basispunkte anheben wird.
Auch in den USA steht im Dezember noch eine Zinssitzung an. Investoren hatten angesichts des abnehmenden Inflationsdrucks zuletzt Hoffnung auf einen kleineren Zinsschritt geschürt. Diese Hoffnung nährte zumindest der Chef der US-Notenbank Federal Reserve. Er untermauerte die Perspektive kleinerer Zinsschritte und löste damit an der Wall Street Mitte vergangener Woche eine kurze Kursrally aus.
Ernüchterung kam mit dem unerwartet starken Arbeitsmarktbericht am Freitag. So wurden in den USA mehr Jobs geschaffen als gedacht, die Stundenlöhne schnellten ebenfalls stärker nach oben als erwartet. Der US-Markt reagierte mit Abschlägen. Die Unsicherheit hinsichtlich von Zinsen und Inflation trübte auch noch zum Wochenauftrakt die Stimmung an den Märkten ein. Die Blicke richten sich nun auf das nächste Treffen der US-Notenbanker Mitte Dezember.
Auch aus dem fernen Osten kommen gemischte Zeichen. China sorgt mit der wechselvollen Null-Covid-Politik immer wieder für Unsicherheit an den Märkten. Nach den massiven Protesten gegen die restriktiven Maßnahmen haben mehrere Städte inzwischen vorsichtig erste Erleichterungen eingeführt.
Der chinesische Markt hat sich im November im Saldo allerdings gründlich erholt. Der Morningstar China Index für den Monat liegt - in Euro gemessen - über 22% im Plus.
Anleger sind ermutigt durch die schrittweise Aufhebung der COVID-Beschränkungen - insbesondere der Mobilitätsbeschränkungen, die die Wirtschaft lahmgelegt haben, berichtet Kate Lin, Data Journalist für Morningstar Asia.
David Chao, Global Market Strategist bei Invesco sagt, dass die Anleger in China bereits „das Licht am Ende dieses langen COVID-Tunnels sehen“. Er erwartet jedoch, dass die chinesischen Märkte volatil bleiben werden. Zuletzt haben Aktien täglich Schwankungen von bis zu 5% erlebt.