Das Wichtigste in Kürze:
- Passive Fonds in Europa erzielten 2022 jährliche Zuflüsse von 78,4 Mrd. EUR
- ESG-ETFs sammelten 51 Mrd. EUR ein
- Die Schwäche bei Technologie-ETFs ist Treiber des Rückgangs bei thematischen Fonds
- Die meisten Anbieter in Europa haben das Jahr mit niedrigeren Zuflüssen und Assets under Management (AuM) als 2021 abgeschlossen
Der europäische ETF-Markt hat sich im Jahr 2022 trotz sehr schwieriger Bedingungen an den Finanzmärkten als bemerkenswert widerstandsfähig erwiesen.
Laut dem jüngsten Bericht von Morningstar "Q4 2022 European ETF Asset Flows" haben passive Fonds den Sturm besser überstanden als aktive Fonds. ETFs konnten in 2022 insgesamt 78,4 Mrd. EUR einsammeln, ganz im Kontrast zu den starken Abflüssen aus aktiven Fonds. Gegenüber dem Vorjahr liegen die passiven Strategien allerdings im Minus: 2021 flossen noch 160 Mrd. EUR in ETFs und ETCs. Auch das verwaltete Vermögen (AuM) ging von 1,41 Billionen Euro im Jahr 2021 auf 1,32 Billionen Euro im Jahr 2022 zurück.
Trend zu ESG stützt gute Entwicklung
Umwelt-, Sozial- und Governance-ETFs (ESG-ETFs) spielten letztes Jahr eine große Rolle in dieser Entwicklung. Sie sammelten 51 Mrd EUR an Neugeldern ein. Dies entsprach 65% aller Zuflüsse in ETFs und ETCs in dem Jahr, gegenüber 53% im Jahr 2021.
Dabei lag die Performance dieser nachhaltigen ETFs hinter der traditioneller Vehikel zurück. Die AuM der ESG-ETFs stieg von 235,3 Mrd. EUR im Jahr 2021 auf 248,8 Mrd. EUR und macht nun bereits 18,8% des Gesamtvermögens aus, das in Europa in ETFs und ETCs investiert wird. Im Jahr 2021 waren es 16,7%. Diese Zahl steigt auf 20,5%, wenn ETCs von der Berechnung ausgeschlossen werden.
Der Trend zu ESG hat sich in den letzten drei Jahren deutlich verstärkt. „Angetrieben von einer Mischung aus Investitionen in neue Produkte und der Umwidmung von Mainstream-Fonds in ESG-Angebote sind die jährlichen Zuflüsse in ESG-Produkte im Verhältnis zu den Gesamtzuflüssen in den ETF- und ETC-Markt angeschwollen, und zwar auf ein Rekordhoch von 65% im Jahr 2022von 14% im Jahr 2019“, sagt Jose Garcia-Zarate, Associate Director of Passive Strategies Research bei Morningstar.
Thematische Fonds: Technologie bremst
2022 verlief für Themenfonds nach zwei Jahren mit großen Zuflüssen eher bescheiden. Im Jahr 2022 beliefen sich die Zuflüsse in thematische ETFs auf insgesamt 1,3 Mrd. EUR. Dies war ein starker Rückgang gegenüber 2021 (11,2 Mrd. EUR). und 2020 (9,9 Mrd. EUR).
Die AuM gingen um 18,5% auf 30,3 Mrd. EUR im Jahr 2022 zurück, verglichen mit 37,2 Mrd. EUR im Jahr 2021.
„Der Vermögensrückgang konzentrierte sich auf die Gruppe der Technologie-ETFs (von 23,3 Mrd. EUR 16,5 Mrd. EUR), die mit 54,4% des Gesamtvermögens der thematischen ETFs dennoch die beliebteste bleibt“, sagte Garcia-Zarate.
Aktien- und Anleihen-ETFs
Trotz eines sehr herausfordernden Marktumfelds steckten Anleger weiterhin Geld in Aktien- und Renten-ETFs. Aktien-ETFs sammelten 2022 rund 50,7 Mrd. EUR ein und Renten-ETFs 32,8 Mrd. EUR.
Das Vermögen in Aktien-ETFs stieg von 850,7 Mrd. EUR im dritten Quartal auf 884,7 Mrd. EUR im vierten Quartal 2022, was sowohl durch Mittelzuflüsse als auch durch die Erholung der Aktienmarktbewertungen im Oktober und November nach den hohen Verlusten in den Vormonaten begünstigt wurde. Trotzdem schlossen die AuM in Aktien-ETFs das Jahr mit einem Rückgang von 9% gegenüber 2021 (972,3 Mrd. EUR) ab.
Das Vermögen in Renten-ETFs stieg von 300 Mrd. EUR im dritten Quartal auf 309 Mrd. EUR. Die jährlichen Zuflüsse wurden jedoch durch die Kapitalverluste an den Anleihemärkten mehr als ausgeglichen.
Ein hartes Jahr für ETF-Anbieter
Für europäische ETF-Anbieter war 2022 kein gutes Jahr, bedenkt man die geringeren Zuflüsse und Vermögenswerte.
iShares bleibt unangefochtener Marktführer und konnte den Marktanteil trotz eines Vermögensrückgangs um 5% von 43,7% auf 44,4% steigern. „Das lag daran, dass andere Anbieter stärkere Vermögensrückgänge verzeichneten“, erklärt Garcia-Zarate. „Zum Beispiel verzeichnete Xtrackers im Jahr 2022 Abflüsse in Höhe von fast 4 Mrd. EUR, und das Vermögen sank um 14,8% auf 131,5 Mrd. EUR von 154,3 Mrd. EUR im Jahr 2021. Abgesehen von den Marktbedingungen hätte Xtrackers auf die Flut negativer Schlagzeilen rund um die Muttergesellschaft DWS mit Greenwashing-Vorwürfen, die schließlich zum Rücktritt ihres CEO führten, verzichten können.“
Amundi schloss die Übernahme von Lyxor im Januar 2022 ab und überholte damit Xtrackers und wurde so der zweitgrößte Anbieter in Europa. Amundi verzeichnete Zuflüsse von 4,7 Mrd. EUR gegenüber 20 Mrd. EUR im Jahr 2021, das Vermögen ging dabei um 9,8% auf 170,6 Mrd. EUR zurück.
Vanguard widersetzte sich dem Trend mit einem leichten Anstieg der Nettomittelzuflüsse und AuM im Vergleich zu 2021. „Ein erklärender Faktor ist das minimale ESG-Engagement des Anbieters im Vergleich zu seinen Wettbewerbern in einem Jahr, in dem ESG, obwohl von den Anlegern als langfristiger Trend bevorzugt, eine Underperformance erzielte gegenüber Mainstream-Investitionen“, sagt Garcia-Zarate.