Am deutschen Markt trifft es den DAX-Wiederkehrer Commerzbank besonders hart. Die Aktie gibt im Morgenhandel zeitweise mehr als 11,5% nach und ist damit der große Verlierer im DAX. Am Freitag hatte die Aktie 2,6% tiefer geschlossen. Weniger heftig trifft es die Deutsche Bank mit über7% im Minus, nachdem sie am Freitag bereits Verluste in Höhe von 7% erlitten hatte.
Ähnlich sieht es am Schweizer Markt aus, wo die angeschlagene Credit Suisse ebenfalls mit Verlusten im zweistelligen Prozentbereich in die neue Woche startet, gefolgt von der UBS mit einem Minus von über 5%. „Nach den verschiedenen großen Skandalen und dem einhergehenden stark ramponierten Vertrauen der Investoren sowie Kunden und somit hohen Geldabflüssen in jüngster Zeit schüren die Beben im US-Finanzsektor zusätzliche Unsicherheit“, schreibt die Nachrichtenagentur awp zur Credit Suisse.
Schon vergangene Woche war die auf Start-up-Finanzierungen spezialisierte Silicon Valley Bank (SVB) nach einer gescheiterten Notkapitalerhöhung vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Eine staatliche Rettung schloss US-Finanzministerin Janet Yellen aber aus.
So kam es am Donnerstag zum größten Ausverkauf im US-Bankensektor seit fast drei Jahren. "Auslöser war neben den Kapitalproblemen bei der Silicon Valley Bank auch der Zusammenbruch der Krypto-Bank Silvergate Capital. Die Ereignisse führten den Anlegern vor Augen, welche Gefahren - wie etwa Kreditausfälle - mit den jüngst gestiegenen Zinsen einhergehen können“, berichtet awp.
BaFin schließt deutsche Niederlassung der SVB
Die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin ordnete am Montag ein Moratorium über die deutsche Zweigniederlassung der SVB in Frankfurt an, die Bank ist also für den Kundenverkehr geschlossen. Wegen der "bestehenden Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Gläubigern" wurde ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen.
Die Silicon Valley Bank Germany Branch habe allerdings keine systemische Relevanz und stellt keine Bedrohung für die Finanzstabilität dar, betont die BaFin. Die Bilanzsumme des Instituts belief sich gemäß Jahresabschluss zum 31. Dezember 2022 auf 789,2 Mio. EUR.
Heutiger Ausverkauf könnte Chance sein
„Die SVB selbst hat wenig direkt mit den europäischen Märkten zu tun, aber das Problem ist, dass in Zeiten niedriger Zinsen, wie wir sie nun schon seit mehr als einem Jahrzehnt erleben, Kredite billig sind und viele Unternehmen, die nicht finanziert werden sollten, trotzdem Kredite bekommen“, sagt Morningstars Marktstratege Michael Field. „Jetzt, da die Zinsen steigen, erleben wir also die Korrektur und den Rückzug der Kreditgeber. Venture Capial ist die risikoreichste aller Investitionen. Anleger befürchten, dass dies nur der Anfang ist.“ Denn wenn Märkte auf einem so hohen Niveau wie zurzeit gehandelt werden, braucht es nicht viel, um sie zu verunsichern, führt Field fort.
Die heutige Bewegung dürfte aber nicht von langer Dauer sein, es sei denn, wir sehen noch mehr Kreditgeber auf die gleiche Weise kämpfen. „Wir sind der Ansicht, dass die Märkte immer noch mit einem leichten Abschlag zu ihrem eigentlichen Wert gehandelt werden, so dass wir den heutigen Ausverkauf trotz der Risiken als Chance betrachten“, schließt Field.
Was war passiert mit der SVB?
Die Anleger verkauften bereits am Donnerstag Bankaktien, aufgeschreckt durch die Befürchtung einer möglichen Liquiditätskrise in der Branche, nachdem die SVB Financial SIVB am Mittwoch mitgeteilt hatte, dass sie den größten Teil ihres Wertpapierportfolios im Wert von 21 Mrd. USD, in dem sie unrealisierte Verluste verzeichnete, veräußert hat, um ihr Kapital aufzustocken, schreibt Sandy Ward, Marktkolumnistin bei Morningstar.
Die SVB ist ein bedeutender Kreditgeber für junge Technologie- und Gesundheitsunternehmen. Das Unternehmen erklärte, es werde im ersten Quartal 2023 einen Verlust nach Steuern in Höhe von 1,8 Milliarden USD verzeichnen.
Die SVB-Aktie brach darauf hin um mehr als 60% auf 106,04 USD ein und erreichte damit ein 52-Wochen-Tief.
"Abgesehen von den Zusammenbrüchen im Zusammenhang mit Kryptowährungen ist dies eine der ersten Banken, die wir gesehen haben, die wirklich eine Liquiditätskrise erlitten hat, die sie gezwungen hat, die Bilanz zu restrukturieren und Verluste auf ihre Wertpapierportfolios zu realisieren", kommentierte Eric Compton, Aktienstratege bei Morningstar.
Die Probleme der SVB seien aber sehr spezifisch, heißt es auch von Baader Europe. Sie seien wohl auf ein übermäßiges Engagement in einem problematischen Sektor zurückzuführen und auf eine fehlende angemessene Zinsabsicherung, zitiert die awp. Man gehe jedoch nicht davon aus, dass die europäischen Banken aus dem Anlageuniversum in ähnliche Schwierigkeiten geraten könnten und insbesondere gezwungen sein würden, Staatsanleihen mit Verlusten zu veräußern, um den Abzug von Einlagen zu decken.
Lesen Sie mehr zum Unterschied zwischen europäischen Banken und der SVB von unserem Aktienanalysten Johann Scholtz (das Update folgt im Laufe des Vormittags).