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5 Grafiken zur aktuellen Marktlage

Zentralbanken sorgen für Überraschungen, Inflationsdaten enttäuschen, volle Gasspeicher wiegen Händler in Sicherheit, Europäer stoßen weniger CO2 aus und Technologieaktien sind der Renner. Hier ist ein Blick auf die Märkte. 

Antje Schiffler 22.06.2023
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InflationDie europäischen Notenbanken heben die Zinsen weiter an. Die Schweizerische Notenbank (SNB) erhöhte den Leitzins heute im Kampf gegen die Inflation um 25 Basispunkte auf 1,75%. Es sei zudem nicht auszuschließen, dass zusätzliche Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten, heißt es in der Geldpolitischen Lagebeurteilung. Es ist die 5. Zinserhöhung in Folge, seit die SNB ihren Erhöhungszyklus vor einem Jahr begann. 

Auch die Bank of England (BoE) hebt den Leitzins an, und zwar mit 50 Basispunkten auf nun 5% überraschend kräftig. Das Urteil des Geldpolitischen Ausschusses (MPC) fiel überraschend deutlich aus: 7 stimmten für den drastischen Schritt, nur 2 sprachen sich dafür aus, den Leitzins bei 4,5% zu belassen. Im Vereinigten Königreich hält sich die Inflation hoch bei 8,7% im April und auf gleichem Niveau im Mai. 

Wie Morningstar Redakteur Ollie Smith aus dem UK berichtet, scheinen viele zu glauben, dass der Schritt eine grundlegende Änderung im Ansatz der BoE darstellt. Schritte in gleicher Höhe könnten künftig noch einmal anstehen, sagt etwa Chris Beauchamp von der IG Group: „Der Kampf gegen die Inflation muss eindeutig einen Gang höher schalten, und die Aufgabe der BoE besteht nun darin, der Zeit erneut einen Schritt voraus zu sein. Ein Hinweis auf die ‚anhaltende Inflation‘ sollte alle darauf aufmerksam machen, dass Bailey und Co. ihre Zurückhaltungen gegenüber aggressiveren Erhöhungen überwunden haben“, so der Chief Market Analyst mit Blick auf BoE-Chef Andrew Baileys Herangehensweise. 

Als dritte im Bunde drehte auch die norwegische Zentralbank heute an der Zinsschraube. Die Norges Bank hob den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf nun 3,75%.

Den Takt vorgegeben hatte die Europäische Zentralbank (EZB) mit einem Zinsanstieg von 0,25 Prozentpunkte auf 4%. Jenseits des Atlantiks übte sich die US-Notenbank indes in Zurückhaltung. Vergangenen Mittwoch gab sie bekannt, den Leitzins unverändert zu lassen

 

Die Inflation hält sich also hartnäckig. In der Eurozone ging es im Mai zwar etwas runter mit der Teuerungsrate auf 6,1% von 7% im April und sogar die Kerninflationsrate verzeichnete den zweiten Monat in Folge einen schwächeren Anstieg (6,13% im Vergleich zum Mai 2022). 

Doch in Frankfurt zeigte man sich wenig beeindruckt. Die EZB-Fachleute haben ihre Prognose für die Kerninflation nach oben korrigiert, insbesondere für dieses und nächstes Jahr. "Gründe hierfür sind die in der Vergangenheit überraschend hohen Werte sowie die Auswirkungen des robusten Arbeitsmarkts auf das Tempo des Inflationsrückgangs", heißt es. Sie rechnen nun mit Plus 5,1 % für 2023, 3,0 % für 2024 und 2,3 % für 2025.

Nach Einschätzung von Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income, deuten die aktualisierten Prognosen der Experten und die Formulierungen in der Erklärung der EZB darauf hin, dass die geldpolitischen Aussichten deutlich restriktiver sind als erwartet. Selbst die Inflationsaussichten für 2025 liegen noch bei 2,2% und damit über dem EZB-Ziel. "All dies deutet darauf hin, dass die EZB vor dem Hintergrund eines bereits schwächelnden Verbrauchs, der unter dem Niveau vor der Pandemie liegt, die Zinsen näher an 4% heranführen wird. Im Moment sieht es jedoch so aus, als ob die Schlüsselvariable für die EZB die Inflationsdaten in Echtzeit sind", so ihr Kommentar.

 

 

Zumindest an der Energiefront beruhigt sich die Lage. Gegenüber dem exorbitanten Preisniveau des Vorjahres verzeichnete der Posten Energie im Mai - wie auch schon im März - Rückgange, geht aus den Eurostat-Daten hervor. 

So setzt sich beim Brent-Rohölpreis der Abwärtstrend, der vor einem Jahr einsetzte, fort. Vom Niveau des Vorjahres sind die Notierungen angesichts der eingetrübten globalen Konjunktur weit entfernt. Zuletzt kostete die Nordseesorte rund 77 USD/Barrel. Zum Vergleich: Ende Juni 2022 lagen die Notierungen noch bei 102 USD/bbl und höher. 

Auch die europäischen Großhandels-Gaspreise haben sich deutlich entspannt und gegenüber dem Vorjahr mehr als halbiert. Die europäischen Gasspeicher sind üppig befüllt, was die Hoffnung schürt, dass die Kavernen bis zum kommenden Winter voll genug sind, um eine Gasmangellage abzuwenden. Ein weiteres tut die verhaltene Nachfrage seitens der Industrie. Asien hat Europa längst wieder als teuerste Weltregion abgelöst. China verstromt da lieber wieder Kohle als Flüssigerdgas (LNG).  

Deutschland hat sein Gasspeicherziel von 75% Füllstand zum 1. September bereits jetzt erreicht. Doch die Alarmstufe des Notfallplans Gas bleibt in Kraft. Sie gilt in Deutschland morgen auf den Tag genau seit einem Jahr. Die Bundesnetzagentur mahnt auch weiterhin zu einem sparsamen Verbrauch.

Dass die Lage angespannt bleibt, zeigen auch die jüngsten Ausschläge an den europäischen Gasmärkten. Ausfälle in der norwegischen Produktion und die Hitzewelle pushen die Notierungen an den europäischen Leitmärkten Anfang Juni wieder nach oben.  

 

 

Ende 2022 konnte sich die europäische Wirtschaft von Schocks aus Pandemie und Russlands Angriff auf die Ukraine einigermaßen erholen. Das Bruttoinlandsprodukt der EU lag im 4. Quartal 2022 immerhin knapp 1,5% über dem Schlussquartal 2021. Das Erfreuliche: Die Treibhausgasemissionen lagen ebenfalls tiefer, wie frisch publizierte Daten der Europäischen Kommission nun zeigen. 

Von den 23 EU-Ländern, in denen die Emissionen zurückgingen, verzeichneten nur 5 einen auch einen Rückgang ihres BIP (Estland, Luxemburg, Litauen, Finnland und Schweden), d. h. die meisten konnten ihre Emissionen senken und gleichzeitig ihr BIP steigern. Hierzu gehören auch die Strom- und Gaserzeuger sowie Industriebetriebe, wie die Daten zeigen (viele Unternehmen aus diesen Sektoren sind emissionshandelspflichtig - hier habe ich einen Blick auf das europäische Emissionshandelssystem geworfen). 

 

 

Nicht zu verachten ist die Performance der Aktienmärkte seit Jahresbeginn. Allerdings profitierten einige Titel - US-Technologiewerte - deutlich besser als der breite Markt. Mein Kollege Jocelyn Jovène ging der Frage nach, ob das Klumpenrisiko inzwischen dem von 1999 ähnelt; und John Rekenthaler fragt: Wurden aus Indexfonds inzwischen Wachstumsfonds? Aber Technologie ist nicht gleich Technologie. Hier ein Vergleich des europäischen Technologiesektors mit dem US- und globalen Pendant. Größte Positionen des Indexes für Europa: SAP, Adyen, Infineon. Beim US-Index: Apple, Microsoft, NVIDIA. 

 

 

 

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.