Im Rahmen unserer Themenwoche zu den Schwellenländern haben wir die Frage aufgeworfen, wie sich afrikanische Aktienmärkte entwickelt haben und welche Länder sich als neue Wachstumstreiber herausstellen.
Beginnen wir mit dem Land, das uns vielleicht als erstes in den Sinn kommt: Südafrika. Das an natürlichen Ressourcen reiche (und bei europäischen Touristen beliebte) BRICS-Mitglied galt einst als das wichtigste Tor zu Afrika südlich der Sahara. Doch schlechte Regierungsführung, Korruption, hohe Inflation und verheerende Stromversorgungs-Engpässe haben die Wirtschaft lahmgelegt. Gemessen am BIP ist das Land nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) hinter Nigeria zurückgefallen, das inzwischen die größte Volkswirtschaft der Region ist.
"Südafrikas Wirtschaft war bereits schwach (das reale BIP wuchs 2019 nur um 0,3 % gegenüber dem Vorjahr), als die Pandemie ausbrach. Auch wenn die Inflation in Südafrika im Vergleich zu vielen anderen Ländern weniger stark anstieg, waren die Auswirkungen auf die Binnennachfrage groß", sagt Karine Hervé, Senior EM Macro Strategist beim Amundi Institute.
In einem Land, in dem die Ungleichheiten groß sind, das Haushaltseinkommen niedrig ist und die Arbeitslosigkeit bei etwa 30% liegt, wirken sich die gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise stark auf die Kaufkraft der Haushalte aus. Ebenso haben Engpässe in der Versorgungskette in Verbindung mit erhöhten Produktionskosten die Industrieproduktion belastet, zumal Südafrika strukturell unter Defiziten in der Energie- und Verkehrsinfrastruktur leidet, fügt Hervé hinzu.
Wie die meisten anderen Länder hatte auch die südafrikanische Zentralbank (SARB) keine andere Wahl, als die Zinssätze zu erhöhen, um die Inflation zu begrenzen, die Währung zu stabilisieren und weiterhin ausländische Investitionen anzuziehen. Diese Straffung war mit einer Anhebung um 475 Basispunkte auf einen Zinssatz von 8,25 % deutlich spürbar.
Darüber hinaus haben die negativen Auswirkungen der Stromabschaltungen in diesem Jahr das BIP-Wachstum um rund 2 Prozentpunkte nach unten gedrückt. Die jüngsten Initiativen zur Behebung der Stromausfälle dürften jedoch Früchte tragen, sagt Reza Karim, Portfoliomanager für Schwellenländeranleihen bei Jupiter Asset Management. Er schätzt, dass die Wirtschaft zumindest in diesem Jahr nicht schrumpfen wird (das BIP-Wachstum wird laut Bloomberg-Konsens für 2023 auf etwa -0,3 % geschätzt), und die Prognose für 2024 liegt bei 1,3 % BIP-Wachstum.
Südafrikanische Aktien haben angesichts der Probleme seit Ausbruch der Pandemie deutlich schlechter abgeschnitten als ihre Konkurrenten und die globalen Märkte.
Afrika-ETFs und Fonds: Nigerianische Aktien vorne
Wohin haben die Fondsmanager also ihr Geld gelenkt? Die guten BIP-Aussichten Nigerias spiegeln sich auch in den Anlageentscheidungen wider, wie die Daten von Morningstar Direct zeigen.
"Dank einer unerwarteten Reformagenda der neuen Regierung war Nigeria die größte positive Überraschung der jüngsten Zeit. Wir haben uns vor kurzem wieder in dem Land engagiert und finden hier mehr Sicherheit bei US-Dollar-Verdienern. Südafrika begeistert uns weniger, was vor allem an den weniger interessanten relativen Bewertungen liegt", so der Vermögensverwalter.
Jupiter ist nicht der einzige Vermögensverwalter, der das aufstrebende westafrikanische Schwergewicht favorisiert. Wir haben uns die zehn größten Positionen der aktiv verwalteten Fonds angesehen, die im vergangenen Jahr am besten abgeschnitten haben. In diesen Ländern sind die Unternehmen beheimatet:
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Coronation UF Africa Frontiers A: Ägypten (3 Titel), Kenia (3), Nigeria (2)
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HMG Africa Picking Fund A: Nigeria (4), Kenia (2) Ägypten (1)
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Old Mutual African Frontiers B Acc: Nigeria (3), Ägypten (2), Kenia (1)
Die größte Position im Coronation UF Africa Frontiers A ist Eastern Tobacco, ein in Ägypten ansässiger Tabakhersteller, der 11,68% des Coronation-Portfolios ausmacht. Die Aktie ist im vergangenen Jahr auf USD-Basis um 7,33 % gestiegen. Die größte nigerianische Position ist die Stanbic IBTC Holding, die zur Standard Bank Gruppe gehört und deren Aktien in den letzten zwölf Monaten um atemberaubende 114% gestiegen sind.
Unter den zehn größten HMG-Positionen dominieren nigerianische Unternehmen, gefolgt von kenianischen. Die größte südafrikanische Position ist Clover Industries, ein Lebensmittel- und Getränkehersteller. Die Aktien der Gruppe machen 2,17 % des HMF-Portfolios aus und rangieren damit an Position 13 im Portfolio von HMG. Als Top-Position wählten die Manager Mansard Insurance Plc aus Nigeria, die zur AXA-Gruppe gehört. Die Aktie verzeichnete in den letzten 12 Monaten einen Zuwachs von 107%.
Old Mutual African Frontiers lenkte 6,84% seiner Mittel in die Commercial International Bank (Ägypten). Die Aktie schloss das Jahr fast unverändert. Die nigerianischen Titel, darunter United Bank for Africa (+111 % über die letzten 12 Monate), Guaranty Trust Holdings (+96 %) und (+83 %), schnitten jedoch besser ab.
Aktive Fonds dominieren
Von den 23 Strategien, die dem europäischen Anleger zur Verfügung stehen, sind zwei Indexfonds - Lyxor Pan Africa ETF Acc und Xtrackers MSCI Africa Top 50 Swap ETF. Die Renditen schwankten im vergangenen Jahr zwischen 3,11% und -12,32%, die annualisierten Dreijahresrenditen lagen zwischen 10,17 und -1,32 %. Dies ging mit einer hohen Volatilität einher.
Volatilität und uneinheitliche Wertentwicklung sind sicherlich die größten Nachteile für den afrikanischen Aktienanleger. Hier ist ein weiterer: Anleger, der auf ESG achten, dürfen möglicherweise Schwierigkeiten haben, Investments zu finden, die die selbst gesteckten Kriterien ans verantwortungsvolle Investieren erfüllen - das massive Engagement von Coronation bei einem Tabakhersteller ist nur ein Beispiel hierfür.