5 Grafiken zur aktuellen Marktlage

Geldpolitische Entscheidungen überall, Rohölpreise auf Jahreshoch, steigende Gaspreise und ein schwacher Euro. Hier ein Blick auf die Märkte im September in fünf Grafiken. 

Antje Schiffler 28.09.2023
Facebook Twitter LinkedIn

ölDeutlich bergab ging es im September an den Aktienmärkten in Europa und den USA. In den jeweiligen Währungen beläuft sich das Minus für den Morningstar Europe PR Index seit Monatsbeginn auf 2,39% und der Morningstar US Market PR liegt rund 4% im Minus (Stand 26. September). Angesichts der jüngsten Schwäche des Euros fällt das Minus für die US-Aktien allerdings geringer aus (-2,1%), wenn man den Index in Euro betrachtet. Mit anderen Worten: Ein Anleger aus dem Euroraum, der Anfang des Jahres am US-Markt investiert hat, konnte somit sowohl vergleichsweise höhere Kursgewinne als auch Währungsgewinne einstreichen. 

 

Zwar erhält der Energiesektor durch die steigenden Ölpreise Rückenwind. Doch die hawkishe Fed, Sorgen um eine mögliche Rezession, hohe Inflationsraten und die konjunkturellen Sorgen in China tragen zur durchwachsenen Anlegerlaune bei.

Die Gemeinschaftswährung ist angesichts des straffen geldpolitischen Kurses der Fed und der Aussicht auf weitere Zinsschritte in den USA unter Druck.

 

 

Naht der Zinsgipfel?

Die Blicke richteten sich zuletzt auf die Zentralbanken: Nach EZB (+25 Basispunkte) und Fed (pausiert) gaben am 21. September eine ganze Reihe von Zentralbanken in Europa ihre Zinsentscheide bekannt. Die Bank of England (BoE) und die Schweizerische Nationalbank (SNB) entschieden sich dafür, die Zinsen unverändert zu lassen. Auf Zinsanhebungskurs blieben die Notenbanken Schwedens, Norwegens und der Türkei.

 

 

Morningstars US-Ökonom Preston Caldwell bleibt aber skeptisch hinsichtlich der Fed. “Wir rechnen weiterhin mit einem schnelleren Tempo der Leitzinssenkungen als die Fed derzeit prognostiziert, weil wir mit einem schnelleren Rückgang der Inflation rechnen”, argumentiert der Analyst. Zudem könnte die Geldpolitik das BIP-Wachstum stärker drücken, als die Fed erwartet.

Vertrackt ist die Lage auch im Euroraum, wo die Währungshüter mit störrisch hoher Inflation zu kämpfen haben und das Wirtschaftswachstum gleichwohl zum Erliegen gekommen ist. Die EZB hob die Zinsen zwar an, signalisierte aber auch eine Zinspause.

 

EZB: Lernen aus den Fehlern von 2008 und 2011?

Die EZB dürfte bemüht sein, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, so Clémence Dachicourt, Senior Portfolio Manager, Morningstar Investment Consulting France. So hatte sie im Juli 2008 beschlossen, die Zinssätze zu erhöhen – zu einem Zeitpunkt, als die Weltwirtschaft auf eine der größten Finanzkrisen zusteuerte. Und auch 2011 in der Eurokrise drehte sie an der Zinsschraube.

„In Zukunft könnte die Europäische Zentralbank sich dafür entscheiden, mehr Rücksicht auf das zugrunde liegende Wirtschaftswachstum zu nehmen und die Zinserhöhungen auszusetzen, um zu vermeiden, dass die Eurozone in eine tiefe Rezession stürzt“, lautet ihre Einschätzung.

 

Schweiz, Norwegen, Schweden

In der Schweiz teilte die Zentralbank indes mit, dass der Leitzins nach fünf aufeinanderfolgenden Erhöhungen bei 1,75 Prozent bleibt. Die SNB entschied sich gegen eine Straffung der Geldpolitik und scheint in diesem Zyklus am oberen Ende angekommen zu sein, auch wenn sie die Möglichkeit weiterer Schritte nicht ausschließt, sagt Philipp Burckhardt, Portfolio Manager und Fixed Income Strategist bei Lombard Odier Investment Managers (LOIM).

Die SNB trug damit vor allem der Inflation Rechnung, die sich in den letzten Monaten deutlich abgeschwächt hat. Seit ihrer letzten Lagebeurteilung im Juni ist die Rate leicht auf 1,6% gesunken.

Die neue Inflationsprognose wurde vor allem am längeren Ende leicht, aber bedeutend, nach unten angepasst und liegt nun wieder innerhalb des Ziels der Preisstabilität. Auch die verhaltene Wachstumsprognose hat die SNB in ihrem Entscheid wohl bekräftigt, so Burckhardt. Damit signalisiere sie, dass im Dezember keine Zinserhöhung mehr folgen dürfte.

Die Norges Bank hob derweil den Leitzins um weitere 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent an. Analysten hatten mit der Entscheidung überwiegend gerechnet. Darüber hinaus deuteten die Geldpolitiker an, die Zinsen weiter anzuheben - vermutlich im Dezember.

Die Schwedische Reichsbank (SRB) hob den Leitzins ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte auf nun 4 Prozent an. Auch dieser Schritt war vom Markt mehrheitlich erwartet worden. Darüber hinaus deuteten die Währungshüter an, dass weitere Zinsschritte folgen könnten.

 

Sorgen um Angebotsengpässe treiben Rohölpreise

In Sachen Inflation tauchen bereits neue dunkle Wolken am Horizont auf: denn die hohen Ölpreise sorgen für neue Inflationsgefahren. Das nordamerikanische WTI verteuerte sich allein im Monatsverlauf um rund 7 Prozent und liegt jetzt auf einem Niveau, das zuletzt im Oktober letzten Jahres erreicht wurde.

 



Am Markt geht die Sorge um Angebotsdefizite um. Saudi Arabien verlängerte seine bestehende Produktionskürzung um 1 Mio. Barrel pro Tag (bpd) und kündigte an, dass die Kürzung bis Jahresende bestehen bleibe. Auch Russland, zweite treibende Kraft der Opec+, verknappte das Angebot. Dies könnte im 4. Quartal zu einem erheblichen Defizit am Markt führen, mahnt SG Commodities Research. Sollten die Prognosen der Opec zutreffen und der globale Ölmarkt in dem Quartal ein Defizit von 3,30 Mrd. Barrel aufweisen, wäre das laut Bloomberg-Analysten der größte Lagerschwund seit 2007.

Auch eine andere Commodity zog zuletzt wieder an: Erdgas. Notierte der Benchmark-Kontrakt an der niederländischen TTF Anfang September noch bei knapp über 31 EUR/MWh, waren es zuletzt über 39 EUR/MWh. Ein Streik in einer australischen LNG-Anlage von Chevron hatte auch an diesem Markt für Ängste ums Angebot gesorgt – Zeichen dafür, wie sensibel der Markt auf mögliche Negativnachrichten reagiert.

 

 

Gasmarkt: Volatilität dürfte bleiben

Die europäischen Gasspeicher sind derzeit zwar gut gefüllt, neue LNG-Mengen wurden kontrahiert und die Nachfrage liegt deutlich tiefer als im Vorjahr – auch wegen eines deutlichen Rückgangs des Verbrauchs in der Industrie. Dennoch hatte der Streik kurz vor Beginn der Heizperiode in Europa für Nervosität gesorgt. Denn Europa ist auf Lieferungen von LNG angewiesen, um die russischen Mindermengen zu decken. Die Volatilität am Markt dürfte über den Winter also bleiben, und etwa eine längere Kältewelle oder ungeplante Ausfälle in der Infrastruktur dürften zu heftigen Ausschlägen am europäischen Großhandelsmarkt führen.

Rohstoffimporteure aus dem Euroraum leiden zudem unter der jüngsten Abwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar. Denn schließlich werden die meisten Rohstoffe wie Rohöl und LNG in US-Dollar gehandelt – die schwächere Währung bedeutet, dass sie für die steigenden Energiepreise noch einmal mehr auf den Tisch legen müssen. 

 

Bleiben Sie auf dem Laufenden

Abonnieren Sie unsere kostenfreien Newsletter

STICHWÖRTER
Facebook Twitter LinkedIn

Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.