EZB lässt Zinsen unverändert, aber niedrigerer Inflationsausblick gibt Spielraum

Wie erwartet hat die Europäische Zentralbank (EZB) beschlossen, die Leitzinsen unverändert zu lassen. Allerdings hat sie ihre Inflationsprognose nach unten angepasst, was eher früher als später Spielraum für Zinssenkungen bietet.

Antje Schiffler 07.03.2024
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ezbDie Europäische Zentralbank (EZB) ließ den Leitzins zum vierten Mal in Folge unverändert, nachdem sie ihn im September letzten Jahres rasch und deutlich auf das aktuelle Niveau angehoben hatte. Doch die revidierten Inflationsaussichten zogen die Aufmerksamkeit der Anleger auf sich.

Die europäischen Aktienmärkte stiegen sprunghaft an, da die revidierten Inflationsaussichten bedeuten könnten, dass die Bank die Zinsen eher früher als später senken wird. Der Euro verlor gegenüber dem US-Dollar an Wert.

Der Schritt war weithin erwartet worden, und zwei Drittel der Wirtschaftsexperten gehen nun von einer ersten Zinssenkung im Juni aus. Die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität werden unverändert bei 4,50 %, 4,75 % bzw. 4,00 % bleiben.

Die EZB äußerte sich nicht dazu, wann die Zinsen gesenkt werden könnten. In den USA hatte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell erst am Vortag betont, dass man es mit einer Zinssenkung nicht eilig habe.

 

 

 

Erste Zinssenkung der EZB im Juni?

"Es war die Sprache in der heutigen Erklärung, die die Anleger interessieren wird", so Michael Field, European Market Strategist bei Morningstar. "Wir glauben, dass sich der Tonfall deutlich geändert hat, insbesondere was die Inflationsgefahr betrifft. Dies würde darauf hindeuten, dass die EZB ihre Haltung zu den Zinssätzen aufweicht und die Märkte letztlich auf eine Zinssenkung vorbereitet, die wahrscheinlich eher früher als später kommen wird."

Da die europäische Wirtschaft am Rande einer Rezession steht (und insbesondere die Deutsche Wirtschaft angeshlagen ist), ist Field der Meinung, dass die EZB nun das (äußere) Risiko eines Wiederauflebens der Inflation mit der potenziell dringlicheren Notwendigkeit abwägen muss, sicherzustellen, dass die Wirtschaft nicht in eine lang anhaltende Rezession gerät. "Insofern scheint der Juni ein vernünftiger Kompromiss für die erste Zinssenkung zu sein".

EZB senkt Inflationsprognose

Die EZB hat ihre Inflationsprognose, insbesondere für 2024, nach unten korrigiert, was hauptsächlich auf einen geringeren Beitrag der Energiepreise zurückzuführen ist. Die Bank rechnet mit einer durchschnittlichen Inflation von 2,3 % im Jahr 2024, 2,0 % im Jahr 2025 und 1,9 % im Jahr 2026. Die Projektionen für die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel (Kerninflation) wurden ebenfalls nach unten revidiert und liegen im Durchschnitt bei 2,6% für 2024, 2,1% für 2025 und 2,0% für 2026.

"Obwohl die meisten Messgrößen für die zugrunde liegende Inflation weiter nachgelassen haben, bleibt der inländische Preisdruck hoch, was zum Teil auf das starke Wachstum der Löhne zurückzuführen ist", so die Bank.

Diese Abschwächung der Sprache halten wir angesichts aller uns vorliegenden Daten für gerechtfertigt, so Field. Die Inflation in der Eurozone ging im Februar im Jahresvergleich auf 2,6 % zurück, gegenüber 2,8 % im Januar.

"Insgesamt ist der Kampf gegen die Inflation in der Eurozone auf einem guten Weg", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Er ist aber noch nicht zu Ende, denn die EZB kann sich nicht damit zufrieden geben, ihr Inflationsziel von 2% "fast" zu erreichen.  Zinssenkungen ab Juni bleiben aber wahrscheinlich, auch wenn das Tempo langsamer und vorsichtiger sein könnte, als es sich viele Marktteilnehmer wünschen.

Die Hoffnung auf Zinssenkungen wird auch dadurch genährt, dass sich die wirtschaftlichen Aussichten für den Währungsraum der 20 Länder weiter verschlechtert haben, wie die Prognose der Zentralbank zeigt.

Wie werden sich Zinssenkungen auf europäische Anleger auswirken?

Die Aktienmärkte tendieren dazu, bei erwarteten Zinssenkungen zu steigen, während die Anleihemärkte eher leiden. Andererseits bedeuten sinkende Zinsen bei hohen Zinssätzen auch niedrigere Anleiherenditen, was die Anleihekurse nach oben treibt. Und niedrigere Zinssätze machen bestehende Anleihen, insbesondere solche, die bereits während einer Hochzinsphase begeben wurden, in Bezug auf die Rendite attraktiver.

In der Zwischenzeit werden die Sparzinsen auf Bankkonten wahrscheinlich sinken, was bedeutet, dass die Sparer weniger für ihre Guthaben bei der Bank bekommen könnten. Andererseits werden durch die niedrigeren Zinsen auch Verbraucherkredite und Hypothekenzinsen billiger. In ihrem jüngsten Wirtschaftsbericht erklärte die Bank, dass die Kreditzinsen für Unternehmenskredite leicht zurückgehen und Ende 2023 bei 5,2 % liegen werden, während die Hypothekenzinsen weiter auf 4,0 % steigen.

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.