Der Verbraucherpreisindex der Eurozone stieg im Juli nach der Schnellschätzung von Eurostat auf 2,6%, gegenüber 2,5% im Juni, und lag damit über den Erwartungen der Volkswirte, die einen weiteren Anstieg um 2,5% erwartet hatten. Die Kerninflation, die die Preise ohne Energie- und Nahrungsmittelkosten ausweist, blieb mit 2,9% den dritten Monat in Folge stabil. Ökonomen hatten eine leichte Verlangsamung auf 2,8% erwartet.
„Die höhere Inflation im Euroraum überrascht die EZB, aber bei genauerer Betrachtung sind die Nachrichten gar nicht so schlecht“, kommentierte T. Rowe Price-Chefökonom für Europa Tomasz Wieladek in einer E-Mail. „Die Überraschung bei der Kerninflation war nicht auf einen Anstieg der Dienstleistungsinflation zurückzuführen, sondern auf die Kerninflation bei Gütern“, welche wiederum wahrscheinlich auf einen vorübergehenden Anstieg der Transportkosten zurückzuführen ist, erklärte Wieladek.
In der vorläufigen Inflationsstatistik für Juli wird der größte Beitrag von den Dienstleistungen erwartet (4,0%, verglichen mit 4,1% im Juni), gefolgt von Nahrungsmitteln, Alkohol und Tabak (2,3%, verglichen mit 2,4% im Juni), Energie (1,3%, verglichen mit 0,2% im Juni) und Industriegütern ohne Energie (0,8%), so Eurostat.
Die Daten auf Länderebene zeigten, dass die Inflation in Deutschland und Italien unerwartet stark anstieg. In Europas größter Volkswirtschaft stiegen die Preise im Jahresvergleich um 2,6%, so die vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes, die am Dienstag, den 30. Juli veröffentlicht wurden. In Italien stieg der Verbraucherpreisindex in diesem Monat um 1,3%, gegenüber 0,8 %. In Frankreich beschleunigte sich die Inflation von 2,2% im Juni auf 2,3%, während die Rate in Spanien auf ein Fünfmonatstief von 2,8% sank.
EZB wird voraussichtlich noch im September die Zinsen senken
Die Inflationsdaten vom Juli sind entscheidend für die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank am 12. September. Auf ihrer Sitzung am 18. Juli beließ die EZB die Zinssätze unverändert. Präsidentin Christine Largarde betonte, dass der Zinspfad von drei politischen Kriterien der EZB geprägt sein wird:
1) Inflationsaussichten
2) Messgrößen für die zugrunde liegende Inflation
3) Die Stärke der geldpolitischen Transmission
Trotz des Inflationsanstiegs vom Mittwoch rechnen die Anleger weiterhin mit einer Senkung um einen Viertelpunkt im September.
„Die heutigen Daten zur Dienstleistungsinflation zeigen, dass der jüngste Disinflationstrend bei der HVPI-Inflation im Dienstleistungssektor anhält“, so Wieladek. „Die EZB wird daher wahrscheinlich den starken HVPI-Inflationsdruck von heute durchschauen. Aus Sicht der EZB stehen die heute veröffentlichten Daten im Einklang mit einem vierteljährlichen Zinssenkungstempo. Die EZB wird daher wahrscheinlich ihre Leitzinsen im September und Dezember weiter senken.“
Ein weiterer Schlüsselfaktor für den Zinssenkungskurs der EZB wird die Sitzung der Federal Reserve am Mittwochabend sein, da die Entscheidungsträger auf Anzeichen warten, dass ihre US-Kollegen bereit sind, ihre Geldpolitik zu lockern.