Diese deutschen Aktien sind zurzeit unterbewertet

Zahlreiche deutsche Aktien notieren zurzeit im unterbewerteten Bereich. Hier ein Blick auf die aktuellen Morningstar-Ratings.

Antje Schiffler 27.11.2024
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deutsche böerse

Morningstar-Analysten beobachten rund 1.740 Aktien. Diese werden mit Sternen bewertet - je nachdem, ob der Analyst die Aktie für über- oder unterbewertet hält. Die Titel, die als unterbewertet gelten, erhalten ein Sterne-Rating von 4 und 5. Überbewertete Aktien erhalten 1 oder 2 Sterne. Wir blicken hier auf die 49 deutschen Unternehmen in der Abdeckung nach der abgelaufenen Berichtssaison zum 3. Quartal.

Der Morningstar Germany Index GR ist seit Jahresbeginn zwar knapp 14% im Plus (lesen Sie hier mehr dazu), doch im November ist von einer vorweihnachtlichen Rallye nichts zu spüren. Vielmehr geht‘s volatil seitwärts.

Denn die Aktienmärkte erlebten mit der Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten und dem Zusammenbruch der Berliner Ampel-Koalition einen turbulenten Monat. Die exportstarken deutschen Blue Chips belasten mögliche US-Zölle, gleichzeitig kamen vom Aus der Ampel-Koalition durchaus positive Impulse durch Hoffnungen auf wirtschaftliche Reformen und einen Neustart nach dem Regierungswechsel. Gleichzeitig konstatierte EY den DAX-Werten eine durchwachsene Berichtssaison mit rückläufigen Gewinnen und einem kräftigen Umsatzminus in Asien.

Nach den Kursturbulenzen rangieren 23 Titel im unterbewerteten Bereich – und damit drei Titel weniger als bei unserer Analyse im August im Anschluss an die Berichtssaison zum 2. Quartal.

Unsere Methodik: Morningstar-Analysten bewerten Aktien anhand der Kennzahl Kurs/Fair Value. Ein Kurs-/Fair Value-Verhältnis von 1 bedeutet, dass das Unternehmen fair bewertet ist, während ein Wert um 2 bedeutet, dass er doppelt so hoch bewertet ist wie der faire Wert, und die Aktie somit überbewertet ist.

Dies heißt also, dass die Analysten davon ausgehen, dass Anleger über einen mehrjährigen Anlagehorizont hinweg eine Rendite erzielen würden, die unterhalb einer angemessenen risikobereinigten Rendite liegt. Das Sterne-Rating für Aktien wird bei Marktschluss börsentäglich neu berechnet, das Kurs-/ Fair Value-Verhältnis einer Aktie wird also fortlaufend aktualisiert.

Die am stärksten unterbewerteten deutschen Aktien

Drei Titel sind seit unserer August-Analyse neu in den unterbewerteten Bereich gerutscht: DHL Group DHL, Merck KGaA MRK und Sartorius SRT. In der Liste der nach Morningstar-Einschätzung zurzeit am stärksten unterbewerteten Aktien tummeln sich zurzeit vor allem die Automobilwerte. Aber auch die durch die Glyphosat-Krise rund um Monsanto angeschlagene Bayer AG ist dabei. Alle Titel mussten in diesem Jahr teils deutliche Kursverluste hinnehmen, bleiben aber unterbewertet, auch wenn unsere Analysten für drei Titel – Bayer, Mercedes Benz und BMW – die Schätzung des fairen Wertes bereits nach unten angepasst haben. Mercedes verlor zudem sein Narrow Moat-Rating.

Auto-Titel wegen Furcht vor Zöllen unter Druck

Die Autotitel sind wegen der Furcht auf Handelsbeschränkungen unter Druck. „Nachdem der designierte US-Präsident Donald Trump Einfuhrzölle von mehr als 200% auf in Mexiko und Kanada hergestellte Fahrzeuge gefordert hat, die den Verkauf von in diesen beiden Ländern produzierten Autos in die USA wirtschaftlich unrentabel machen, untersuchen wir die US-Produktionsstandorte der europäischen Automobilhersteller im Verhältnis zu ihrem Umsatzanteil in den USA", schreibt Morningstar-Analystin Rella Suskin in einer Research Note am 26. November.

“Wir schätzen, dass Stellantis und Volkswagen am meisten gefährdet sind, gefolgt von Porsche. Die meisten europäischen Fahrzeughersteller haben im Laufe der Zeit eine „local-for-local“-Strategie verfolgt, d.h. sie produzieren Fahrzeuge in den Ländern, in denen sie verkauft werden", erläutert sie.

BMW und Mercedes haben dies in den USA erfolgreich getan. BMW stellt 17% seines Gesamtvolumens in den USA her, während das Verkaufsvolumen 15% des Gesamtvolumens ausmacht - eine negative Abweichung von 2%. Mercedes hat eine Abweichung von 1%. Der Volkswagen-Konzern verlässt sich bei der Belieferung von US-Kunden stark auf seine Fabriken in Mexiko. Ungefähr 40% der in den USA verkauften VW-Fahrzeuge werden hier produziert, der Rest in Mexiko. Die Marke Audi verkauft etwa 12% ihrer Autos in den USA, wobei fast 80% in Mexiko hergestellt und der Rest aus Europa importiert wird. Volkswagen kann sein Werk in Tennessee ausbauen, weil es das umliegende Land erworben hat.

Die fünf am stärksten unterbewerteten Aktien am deutschen Markt:

  1. Volkswagen Group VOW3
  2. Bayer BAYN
  3. BMW Group BMW
  4. Mercedes-Benz Group MBG
  5. Continental CON

Volkswagen Group VOW3

Analyst: Rella Suskin, CFA


Die Schwäche des dritten Quartals bei Volkswagen, ebenso wie bei den übrigen europäischen Automobilherstellern, spiegelt weitgehend die anhaltende Schwäche in China wider. Die Auslieferungen in den übrigen Regionen des Unternehmens zeigten eine solide Leistung. Die Durchschnittspreise in den Segmenten des Konzerns hielten sich ebenfalls gut. Restrukturierungskosten in Höhe von €2,2 Milliarden und ein Rückgang der Gewinne aus nach der Equity-Methode bilanzierten Beteiligungsgewinne um zwei Drittel - vor allem des Joint Ventures in China - trugen zu dem 33%igen Rückgang des Gewinns je Aktie für den Konzern und einem ähnlichen Rückgang des Netto-Cashflows für die Automobilsparte im Neunmonatszeitraum bei. Wir nehmen keine Änderungen an unserer Fair Value-Schätzung von €264 je Aktie vor und gehen weiterhin von einem konservativen Ergebnis für das vierte Quartal aus.

Bayer BAYN

Analyst: Jay Lee


Das Ergebnis von Bayer blieb im dritten Quartal hinter unseren Erwartungen zurück, wobei Währungseffekte in den Bereichen Crop Sciences und Consumer Health die ausgewiesenen Ergebnisse erheblich beeinträchtigten. Nach einem erneuten Blick auf die Produktlinien und das Margenprofil des Unternehmens senken wir unseren fairen Wert auf 45,10 EUR je Stammaktie (von 68,00 EUR). Obwohl Teile des Pharmageschäfts für uns attraktiv sind und wir die kurzfristige Margenverbesserung durch die Kostensenkungsprogramme des Unternehmens anerkennen, beinhaltet unser Modell nun eine pessimistischere langfristige Sicht auf das Wachstum und die Gewinnmargen, die die Hauptgründe für unsere niedrigeren fairen Werte sind.

BMW Group BMW

Analyst: Rella Suskin, CFA


BMW hat die Umsatz- und Gewinnprognose für 2024 gesenkt. Die ausgelagerten integrierten Bremssysteme von Continental in über 1,5 Millionen BMW-Fahrzeugen müssen repariert oder ausgetauscht werden, was das Unternehmen im dritten Quartal einen „hohen dreistelligen Millionenbetrag (Euro)“ kosten wird. Auch in China ist die Nachfrage weiterhin gedämpft und der zunehmende Wettbewerb bei Motorrädern wirkt sich auf die Preisrealisierung und die Absatzzahlen aus. Während die Garantiekosten für den Rückruf des Bremssystems ein einmaliger Vorgang sind, hat das Update zum chinesischen Markt auch zu einer Reduzierung unserer Wachstumsprognose für 2025 geführt. Wir reduzieren unsere Fair Value-Schätzung auf €154 je Aktie von €166.

Mercedes-Benz Group MBG

Analyst: Rella Suskin, CFA


Nach einer erneuten Überprüfung haben wir unser Economic Moat-Rating für Mercedes-Benz von Narrow Moat auf None herabgestuft und unsere Fair Value-Schätzung von €112 auf €106 je Aktie gesenkt. Während Mercedes weiterhin zu den wertvollsten Marken weltweit gehört, glauben wir, dass die Bereitschaft der Kunden, einen Aufpreis für die Marke zu zahlen, abgenommen hat und mit der Zeit weiter abnehmen wird. Nur etwa 15% der Autoverkäufe des Unternehmens entfallen auf das obere Preissegment, in dem die Exklusivität weiterhin für konstant hohe Margen sorgt. Die Marktfragmentierung, insbesondere bei den Einstiegs- und Basisfahrzeugen, nimmt in den beiden größten Märkten von Mercedes, China und Europa, rasch zu.

Continental CON

Analyst: Rella Suskin, CFA


Continental meldete ein starkes Ergebnis für das dritte Quartal, das den FactSet-Konsens für das Ergebnis je Aktie um 10% übertraf, was auf eine deutliche Verbesserung der Rentabilität im Automobilsegment trotz schwacher Branchendynamik zurückzuführen ist. Die EBIT-Margen im Automobilsegment stiegen von 0,2% im zweiten Quartal auf 2,5% im dritten Quartal, wobei angesichts der Prognose des Managements für das Gesamtjahr zweistellige Margen im vierten Quartal erwartet werden. Dies ist eine schnellere Trendwende als erwartet.

Die höhere Fahrzeugproduktion in der Industrie und die Markteinführung neuer Produkte durch die Kunden von Continental werden den Umsatz im Automobilsegment im vierten Quartal voraussichtlich um 11% steigen lassen, verglichen mit dem negativen Rückgang von 4% im bisherigen Jahresverlauf. Das Management hat außerdem mit Nachdruck daran gearbeitet, die Kosten im Automobilsegment zu senken, da es sich auf die Ausgliederung dieses Geschäftsbereichs bis Ende 2025 vorbereitet.

Die Prognose für den Konzernumsatz für das Gesamtjahr wurde aufgrund der anhaltenden Schwäche bei ContiTech, die voraussichtlich bis Ende 2024 anhalten wird, geringfügig gesenkt (minus 1%). Alle anderen Prognosen bleiben unverändert. Unsere Prognose beinhaltet bereits eine mehrjährige Verbesserung der Margen trotz eines Umsatzwachstums im niedrigen einstelligen Bereich, das auf einen verbesserten Produktmix und eine starke Kostenkontrolle zurückzuführen ist. Wir halten daher an unserer Fair Value-Schätzung von €108 je Aktie fest.


Der Autor/Autorin oder die Autoren besitzen keine Aktien der in diesem Artikel erwähnten Wertpapiere. Informieren Sie sich über die Redaktions-Richtlinien von Morningstar.

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Über den Autor

Antje Schiffler  ist Redakteurin bei Morningstar in Frankfurt.