Das nächste China?

Indien steht im Schatten der anderen aufstrebenden Wirtschaftsmacht in Asien, China. Doch auch hier kann sich die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre sehen lassen. Vor diesem Hintergrund erzielten auf Indien spezialisierte Fonds in den vergangenen 3 Jahren eine Rendite von durchschnittlich 50%.

Natalia Siklic, 22.04.2005
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Die Parallelen zwischen Indien und China sind unverkennbar, beides Agrarstaaten mit rasch wachsender Bevölkerung, günstigen Arbeitskosten und hohem Konsumpotential. Indien geht bei der wirtschaftlichen Öffnung allerdings einen etwas anderen Weg als China. Während China sich als "Werkbank" der Welt etabliert hat, macht Indien vor allem durch Erfolge im Dienstleistungsbereich wie Software, Outsourcing oder Call Center von sich reden. Das Land stützt sich dabei auf eine junge, gut ausgebildete, englisch sprechende Bevölkerung. Der Servicesektor macht mittlerweile mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung aus. Weitere Stärken weist Indien im Pharmabereich durch die Produktion günstiger Generika oder in der Automobil- und Textilwirtschaft auf. Und nicht zuletzt profitierten die Stahl- und Zem

enthersteller des Landes vom Hunger Chinas nach Rohstoffen.

Der Boom in diesen Branchen kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie nur einem Bruchteil der Inder Arbeitsplätze bieten und das Wachstum weite Kreise der Bevölkerung noch nicht erreicht hat. Der Industriesektor, das Standbein des chinesischen Wachstums, hat mit der Expansion des Dienstleistungsbereichs nicht Schritt gehalten. Hier wird auch der Vorsprung Chinas erkennbar, das bei Investitionen, nicht zuletzt auch von ausländischer Seite, die Nase deutlich vorn hat.

Der schlechte Zustand der Infrastruktur gilt als größtes Hemmnis für mehr Investitionen. Der Staat ist allerdings alleine nicht in der Lage, die notwendigen Verbesserungen zu finanzieren, das Budgetdefizit lag in den letzten Jahren bei 10% des Bruttoinlandsprodukts. Wirkliche Entspannung könnte hier vermutlich nur ein Umbau des Steuersystems bringen, so z.B. die Einführung einer einheitlichen Mehrwertsteuer. Die Zustimmung zu Reformen ist allerdings immer schwieriger zu organisieren. Die jetzige Koalition besteht aus über 20 Parteien. Die politischen Risiken sind nicht zu unterschätzen, wie auch die Verkaufswelle am Aktienmarkt im Mai des vergangenen Jahres nur allzu deutlich machte. Der Schock über den Wahlsieg einer vermeintlich weniger wirtschaftsfreundlichen Regierung war zwar nur von kurzer Dauer, der Kurssturz aber deswegen nicht minder eindrucksvoll.

Indien erwirtschaftet mit 17% der Weltbevölkerung nur 2% der globalen Wirtschaftsleistung. Das Potential ist nicht zu übersehen, über die Risiken eines Indieninvestments sollte man sich aber im Klaren sein. Zwar gilt die Korrelation mit den globalen Finanzmärkten als gering, da Exporte für die indische Wirtschaft eine eher geringe Rolle spielen, doch schließlich herrscht kein Mangel an internen Risikofaktoren. Wem dies zu viel des Guten ist, kann statt eines Länderfonds auch den Weg über einen breit aufgestellten Asienfonds wählen.

Der indische Aktienboom ist nicht unbemerkt geblieben. Europaweit gibt es mittlerweile 15 Indienfonds, davon sind 9 auch in Deutschland erhältlich. Die Verwaltungsgebühr beträgt durchschnittlich 1,6%, die Branchenstruktur weist im Vergleich zu globalen Aktienfonds ein Übergewicht von Rohstoff- und Softwareunternehmen auf (durchschnittlich 24 und 14% des Portfolios).

Flagschiffcharakter unter den Indienfonds hat der HSBC Indian Equity – mit 1,9 Mrd. Euro nicht nur der größte, sondern auch der erfolgreichste Fonds der deutschen Vergleichsgruppe über die vergangenen fünf Jahre. Der Fonds, der seit Auflage unter der Regie von Sanjiv Duggal steht, hält mittlerweile 130 Titel und weist damit im Konkurrenzvergleich die stärkste Streuung auf. Der Fokus liegt auf den größeren Unternehmen der indischen Börsenlandschaft. Der Fondsmanager legt zunächst die Gewichtung der Sektoren fest. Dabei orientiert er sich am Konjunkturzyklus, berücksichtigt aber auch die Auswirkungen der Regierungspolitik auf die Wettbewerbsfähigkeit der Branchen. Daran schließt sich die Aktienauswahl an.

Auf Sicht eines Jahres hat sich der ACM India Liberalisation Fund vor das HSBC-Produkt gesetzt. Hier handelt es sich um ein konzentrierteres Portfolio von etwa 40 Titeln, in dem derzeit die größten 10 Werte bereits die Hälfte des Fondsvermögens ausmachen. Im Mittelpunkt steht die Einzeltitelselektion. Bhaskar Laxminarayan, seit August 2003 der verantwortliche Fondsmanager, orientiert sich an den Aktienratings des sechsköpfigen Analystenteams. Der Fonds, der über 5 Jahre noch im Mittelfeld landet, gehört im Dreijahresvergleich zu den renditestärksten Produkten der europäischen Peer Group.

Der Fidelity – India Focus Fund ist einer der jüngsten Vertreter der Kategorie. Der Fonds wurde im Sommer letzten Jahres aufgelegt und legt die Betonung im Unterschied zur Konkurrenz auf kleine und mittlere Unternehmen, wie auch der Blick auf die Morningstar Style Box bestätigt. Angesichts geringer Liquidität sind Nebenwerte ein risikoreicheres Investment als die etablierten Large Caps. Zwar ist der in Deutschland erhältliche Fonds erst 18 Mio. Euro groß (Stand Ende Februar 2005), doch konnte Fidelity weltweit über 1 Mrd. US-Dollar für dieses Produkt einsammeln - bei Small und Mid Caps bereits eine ganz andere Größenordnung.
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Im Artikel erwähnte Wertpapiere

BezeichnungKursVeränderung (%)Morningstar Rating
AB India Growth AX USD222,11 USD0,14Rating
Fidelity India Focus A-EUR94,61 EUR0,50Rating
HSBC GIF Indian Equity AC312,74 USD-0,24Rating

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