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"Wir meiden Unternehmen, die aus Sicht von Private Equity Investoren interessant sind."

Morningstar fragte Peter Saß, verantwortlich für den DWS Euro Corp Bonds, nach den Trends am Markt für Unternehmensanleihen.

Natalia Siklic, 06.10.2006
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Sie managen den DWS Euro Corp Bonds, einen Fonds für Euro-Unternehmensanleihen, seit seiner Auflage im Jahr 2000. Wie gehen Sie dabei vor?

Ich arbeite in einem 16-köpfigen Team für Unternehmensanleihen, das vor etwa 3 Jahren bei der Deutschen Asset Management und der DWS zusammengelegt wurde. Meine Kollegen sind größtenteils als Kreditanalysten tätig und auf bestimmte Sektoren spezialisiert (Finanztitel, Technologie-Medien-Telekom, Industriewerte, Versorger). Ich selbst bin Mitglied des Portfolio Selection Teams, das Modellportfolios für alle von uns betreuten Fonds erstellt.

Unser Investmentp

rozess ist sehr stark bottom-up getrieben. Wie setzen uns fundamental mit den Unternehmen auseinander und legen Wert darauf, uns in Einzelgesprächen mit den Emittenten zu treffen.

Weitere Beiträge kommen von unseren Volkswirten, die Zins-, Wachstums- und Inflationsprognosen beisteuern.

Ihr Fonds setzt den Schwerpunkt auf Unternehmensschuldner mit hohem Kreditrating (Investment Grade). Können Sie auch Papiere von Emittenten mit niedriger Bonität (High Yield Anleihen) erwerben?

Wir können in begrenztem Umfang Emerging Markets, Staats- oder auch High Yield Anleihen beimischen. Wenn wir hochverzinsliche Anleihen ins Portfolio aufnehmen, sollten sie mittelfristig die Chance für eine Heraufstufung des Kreditratings haben, d.h. wir investieren nicht in Titel, die unserer Einschätzung nach im High Yield Bereich bleiben werden. Eine Ratingverbesserung erwarten wir für die norwegische Aker Kvaerner oder die Fresenius AG. TUI steht derzeit nach der Veröffentlichung schlechterer Zahlen auf dem Prüfstand. Allerdings sind die Credit Default Swaps (Instrumente zur Kreditversicherung) hier noch sehr attraktiv.

Der Markt für Credit Default Swaps (CDS), mit denen Investoren sich gegen das Risiko von Zahlungsausfällen versichern, ist stark gewachsen. Inwieweit kommen CDS in Ihrem Fonds zum Einsatz?

Derzeit noch nicht, da wir noch einige vertragliche Fragen mit den Banken klären und die Abwicklungsmodalitäten herstellen müssen. Wir wollen bei einem Zahlungsausfall in jedem Fall in bar und nicht etwa in Anleihen entgolten werden. Neben Einzel-CDS planen wir, in Zukunft auch entsprechende Indizes einsetzen.

Sind Hybrid-Anleihen im Portfolio vertreten?

Ja, soweit sie von der Bonitätseinstufung in Frage kommen, zumal sie auch in den Indizes vertreten sind. In hybriden Unternehmensanleihen sind wir derzeit übergewichtet. So haben wir vor kurzem von Siemens neu emittierte Anleihen, die selbst auf dem nachrangigen Hybrid-Status mit A- geratet sind, erworben, oder auch Schuldpapiere von General Electric, die ein Kreditrating von AA+ aufweisen. Aus dem BBB-Bereich halten wir Südzucker, Henkel und Solvay. Hybride Anleihen bieten gegenüber herkömmlichen Anleihen einen Renditevorsprung, sind aber auch mit höheren Risiken behaftet, da es sich um nachrangige Verbindlichkeiten handelt und der Emittent den Kupon aussetzen kann. Die Laufzeit ist grundsätzlich unendlich, in der Regel kann der Emittent die Anleihe aber nach frühestens 10 Jahren kündigen.

Wie sind Unternehmensanleihen derzeit bewertet?

Die Renditeaufschläge gegenüber Staatsanleihen (Spreads) sind historisch eher eng. Dies ist aus verschiedenen Gründen auch gerechtfertigt, da die Ausfallquoten sehr niedrig sind. In den letzten Jahren ist so gut wie gar kein Schuldner ausgefallen. Im Investment Grade Segment gibt es derzeit auch keine Hinweise auf größere Probleme. Gefährdet sind höchstens einige Automobilzulieferer. Das Verhältnis zwischen Herauf- und Herabstufungen der Ratingagenturen ist sehr gut, historisch sogar auf dem höchsten Stand. Die Unternehmensgewinne sind auf Rekordständen. Positiv sind auch die Signale vom Aktienmarkt, wo die Volatilität weiterhin relativ gering ist.

Gibt es auch belastende Faktoren?

Belastend wirkt momentan eine gewisse Emissionsflut. In den letzten Tagen wurden viele Emissionen angekündigt oder bereits durchgeführt. Dies muss vom Markt erstmal verdaut werden. Allerdings handelt es sich eher um einen kurzfristigen Trend, da die Unternehmen über sehr hohe Cash Flows verfügen. Insgesamt wird es für das Jahr 2006 kein Wachstum beim Emissionsvolumen geben, sofern man auch die Rückzahlungen berücksichtigt. Für die nächsten Monate erwarten wir eine schwache Ausweitung der Spreads, aber nichts Dramatisches.

Bei den Unternehmen zeichnet sich ein Trendwechsel ab: Nicht mehr die Entschuldung, sondern eine aktionärsfreundliche Politik steht im Vordergrund. Welche Auswirkungen hat das für Unternehmensanleihen?

Langfristig macht es für Unternehmen Sinn, sich um die Aktionäre zu kümmern. Dies kann verschiedene Formen annehmen: eine Erhöhung der Dividenden, Aktienrückkäufe oder die Aufnahme von Fremdkapital (Leverage). Dieser Trend wird zu Herabstufungen im Rating führen. Aufgrund der guten Lage der Unternehmen sehe ich dies momentan aber noch nicht als problematisch an.

Bei fremdfinanzierten Unternehmensübernahmen durch Private Equity Firmen drohen Anleihegläubigern Verluste, da die Verschuldung des Unternehmens deutlich steigen kann. Wie gehen Sie mit solchen Risiken um?

Private Equity sorgt für viele Schlagzeilen in den Medien. Wenn man sich aber anschaut, welche Unternehmen bisher tatsächlich betroffen waren, sind es lediglich ISS, TeleDanmark und VNU mit einer Indexgewichtung von insgesamt weniger als 1%. Damit hatten sie einen sehr geringen Einfluss auf die Spreadentwicklung des Gesamtmarkts. Wir haben einen Kalkulator entwickelt, der Unternehmen aus der Brille der Private Equity Investoren analysiert. Falls ein Unternehmen aus dieser Perspektive interessant erscheint, würden wir die Anlage meiden, da sie auf jeden Fall mit dem Risiko einer Spreadausweitung verbunden wäre.

Private Equity Firmen haben viel Geld eingesammelt, wodurch größere Übernahmen wahrscheinlicher werden. Die Spreads sind nicht so hoch, dass sich das Risiko bei gefährdeten Unternehmen lohnen würde. Daher sind wir auch bei Finanzanleihen übergewichtet. Für diese Werte macht Private Equity wenig Sinn.

Ein gewisser Schutz kann sich aus den Anleihenbedingungen ergeben, z.B. durch eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit des Gläubigers. Man muss diese allerdings sehr genau lesen. Es gibt z.B. Fristen, welche Zeit von einer Übernahme bis zur Herabstufung des Kreditratings durch eine Ratingagentur vergehen darf. Wenn in den Bedingungen 3 Monate festgelegt sind und die Ratingagentur erst nach 4 Monaten reagiert, ist der Schutz wertlos.

Welche Sektoren favorisieren Sie derzeit im Portfolio?

Wir sind in nachrangigen Finanzanleihen übergewichtet. Im Vergleich zum Risiko sind deren Spreads viel zu weit. Zu den Emittenten zählen solide europäische Banken wie Fortis oder Dexia. Sie bieten Renditeaufschläge, die sonst nur im Bereich von BBB-Industrieanleihen verfügbar sind, haben aber ein Rating von A bzw. AA.

Industrieanleihen sind aufgrund der strukturierten Nachfrage für Credit Default Swaps teuer. CDS gibt es für nachrangige Finanzanleihen noch nicht. Deren Einführung würde aber zu einer Einengung der Spreads führen.

Untergewichtet sind wir bei zyklischen Konsumwerten wie Autoherstellern, da wir eine Konjunkturabschwächung in den USA erwarten.

Untergewichtet sind wir zudem in Emittenten aus den Bereichen Energie und Versorger, die wir anhand der Spreads für zu teuer halten.

Übergewichtet ist der Fonds in nicht-zyklischen Konsumtiteln. Dazu zählen der französische Einzelhändler Casino, aber auch große Konsumgüterhersteller wie Procter & Gamble.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dieses Interview erschien ursprünglich in der Zeitschrift Going Public.

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