Anleger treffen ihre Investmententscheidungen nicht immer basierend auf den neuesten Informationen. Vielmehr spiegeln sich in ihrem Handeln bestimmte Erwartungen wider. Bei der Erwartungsbildung verfallen die meisten Anleger bestimmten Verhaltensmustern. Doch wie lassen sich die Erkenntnisse der Behavioral Finance in konkrete Investmentstrategien umsetzen? Wissenschaftlich betrachtet haben sich zwei bekannte Strategien entwickelt, die aus der Irrationalität der Anleger entsprungen sind.
Aus der Erkenntnis, dass Investoren Unternehmen mit einer negativen Kursentwicklung systematisch unterschätzen, hingegen oftmals zu hoch bewertete Titel favorisieren, resultiert die Contrarian-Strategie. Diese Strategie ist antizyklisch: Favoriten verkaufen und gleichzeitig die Aktien kaufen, die von den Marktteilnehmern bislang wenig beachtet worden sind. Nach diesem Motto verfahren die Manager von Value-Fonds.
Der Contrarian-Ansatz erwies sich mittel- bis langfristig durchaus als erfolgreich. Diese Strategie muss man allerdings durchhalten können. Sie führt erst dann zum Erfolg, wenn eine Kurswende einsetzt. Der genaue Zeitpunkt lässt sich allerdings nur schwer bzw. überhaupt nicht ermitteln. Deshalb erfordert die Contrarian-Strategie einen ausreichend langen Anlagezeitraum über mehrere Jahre und die Fähigkeit, auch einmal gegen den Strom schwimmen zu können.
„The trend is your friend“
Im Gegensatz zur Contrarian-Strategie setzen Momentum-Anleger darauf, von aktuellen positiven Kurstrends zu profitieren. Dahinter steht die Beobachtung, dass Börsenkurse zunächst eine längere Seitwärtsbewegung aufweisen können, ehe sie in eine Aufschwungphase übergehen. Kurstrends halten meistens über einen bestimmten Zeitraum an, da Anleger in der Regel geneigt sind, vergangene Ereignisse auch in die Zukunft fortzuschreiben und entsprechend handeln.
Allerdings ist ein auf Momentum ausgerichtetes kurzfristiges Investment nur in Zeiten einer Hausse erfolgreich. Eine Korrektur an den Märkten kann die Gewinne schnell wieder zunichte machen, wenn keine entsprechenden Mechanismen zur Risikobegrenzung wie z.B. Stop-Loss-Marken eingesetzt werden.
Behavioral-Finance-Fonds
Mittlerweile existieren einige Fonds, die sich bei ihren Investmententscheidungen explizit auf die Behavioral Finance berufen. In der Regel fahren diese Fonds eine Momentum- oder Contrarian-Strategie bzw. eine Kombination beider Strategien.
Der Deka-EuropaTrend Fonds richtet seine Anlageentscheidungen ganz nach der Momentum-Strategie aus. Dabei werden Trends mittels eines technischen Trenderkennungsverfahrens aufgespürt. Darauf basierend wird die Auswahl der Einzeltitel durchgeführt. Bei positiven Signalen investiert der Deka Fonds vorrangig in europäische Aktienwerte. Allerdings kann die Aktienquote bei negativen Signalen bis auf null Prozent zu Gunsten einer Anlage in Anleihen zurückgefahren werden. Seit Auflegung des Fonds Ende 2005 war der Fonds ausschließlich in Aktien investiert. Im vergangenen Jahr erzielte der Deka Fonds eine Jahresperformance von 24,1%. Damit lag der Fonds im Durchschnitt der Morningstar Vergleichskategorie „Aktien Standardwerte Europa Blend“.
Neben einem Ausgabeaufschlag von 3,75% fallen jährlich laufende Verwaltungsgebühren in Höhe von 1,25% an. Die Gesamtkostenquote liegt derzeit bei 1,37%.
Insgesamt handelt es sich hier um eine recht einseitige Auslegung von Behavioral Finance. Trendfolgemodelle sind zudem sicherlich keine Neuerung im Fondsmanagement. Der Verweis auf die Verhaltenstheorie scheint mehr schmückendes Beiwerk als inhaltlich begründet zu sein.
Auch das Fondsmanagement des JP Morgan Europe Strategic Value Fonds schmückt sich bei seinem Anlageprozess mit dem Etikett der Behavioral Finance. Ein quantitativ geprägtes Verfahren soll typische Investmentfehler vermeiden. Dabei setzt der JP Morgan Fonds sehr stark auf eine antizyklische Anlagestrategie. Aus einem Universum von rund 2000 Aktien wird anhand von vier Kennzahlen (KGV, Gewinnwachstum, Gewinnrevisionen und Kursmomentum) eine Vorauswahl getroffen. Eine endgültige Entscheidung erfolgt anschließend durch das Fondsmanagement. Aktuell befinden sich rund 330 Positionen im Portfolio. Auffällig ist, dass Finanzwerte mit einem Gewicht von derzeit knapp 55% stark übergewichtet sind. Auch ist das Fondsvermögen in Höhe von rund 9,6 Mrd. Euro in den vergangenen Jahren sehr stark angestiegen. Aus diesem Grund steht der Fonds seit April nur noch Anlegern, die bereits Anteilsscheine halten, offen. Der JP Morgan Fonds erzielte in den vergangenen drei Jahren eine Rendite von knapp 23%. Damit lag er im betrachteten Zeitraum in der Morningstar Kategorie „Aktien Europa Standardwerte Value“ über dem Performancedurchschnitt von 20,4%. Der MSCI Europe Value erzielte in demselben Zeitraum eine Rendite von 22,9%.
Es stellt sich allerdings die Frage, was den JP Morgan Fonds von einem gewöhnlichen Value-Fonds unterscheidet. Verwenden nicht auch andere Fondsmanager auf der Suche nach substanzhaltigen Werten bestimmte Kennzahlen innerhalb eines quantitativen Modells? Inwieweit steht die Verwendung dieser Kennzahlen, die wiederum auf subjektiven Schätzungen beruhen, im Einklang mit dem Behavioral Finance Ansatz? Beim JP Morgan Fonds liegt der Schluss nahe, dass auch hier das Etikett der Behavioral Finance zu Marketingzwecken eingesetzt wird.
Im Gegensatz zu den beiden vorhergehenden Fonds untersucht der Conquest Behavioral Finance Aktien Fonds das Anlegerverhalten genauer. Als Berater fungiert Dr. Conrad Mattern von der Conquest Investment Advisory AG. Die Gesellschaft führt Sentiment- und Fundamentalanalysen durch, die Meinungen der Anleger sowie deren Positionierung und Handlungen analysieren und in Beziehung zum aktuellen Marktumfeld setzen. So werden u.a. speziell dafür entwickelte Themenindizes eingesetzt, die messen, wie häufig bestimmte Themen in den Medien vorkommen. Dahinter steckt der Gedanke, dass Themen in den Medien oftmals bei der Meinungsbildung der Marktteilnehmer bestimmend sind. Aufbauend auf solchen Analysen schätzt die Gesellschaft die zukünftige Entwicklung der einzelnen Anlageklassen ein und trifft so die Entscheidung über die Portfolioaufteilung. Zur Verfügung stehen dabei die Anlageklassen Geldmarkt und Aktien. Auch Leerverkäufe mittels Derivaten sind möglich. Die Einzeltitelauswahl erfolgt anschließend anhand eines quantitativ-technischen Modells, das ca. 1100 Aktien auf ihre Kurschancen hin untersucht. Die endgültige Entscheidung trifft das Fondsmanagement. Der Fonds investiert vorrangig in Large- und Mid-Cap Aktien aus der Eurozone.
Der Conquest Fonds wendet sich an sicherheitsorientierte Anleger, die mit angezogener Handbremse am Aktienmarkt investieren möchten. Durch den Einsatz bestimmter Absicherungsstrategien werden Verluste in negativen Marktphasen aufgefangen. Allerdings müssen Anleger einen Renditeverzicht in Kauf nehmen, da sie an einem Aufschwung nicht vollständig partizipieren. Dies wird auch an der Wertentwicklung des Fonds deutlich: Der MSCI Euroland verzeichnete im vergangenen Jahr eine Rendite von 29,6%. Bei deutlich geringeren Wertschwankungen als der Gesamtmarkt erzielte der Conquest Fonds im vergangenen Jahr eine Performance von 9,6%.
Der Fonds ist angesichts seines Renditepotentials mit recht hohen laufenden Gebühren in Höhe von bis zu 1,85% pro Jahr verbunden. Zudem ist das Fondsvermögen mit 22,6 Mio. Euro vergleichsweise gering. Der Ausgabeaufschlag beträgt maximal 5%. Zusätzlich fällt auf die absolut positive Performance ein Abschlag von weiteren 10% an (Performancegebühr).
Fazit
Die Erkenntnisse der Behavioral Finance können dabei helfen, einige wichtige Investmentfehler zu vermeiden. Allerdings sollte man als Anleger erwarten können, dass auch alle übrigen Fondsmanager die Erkenntnisse der Behavioral Finance in ihrem Alltag berücksichtigen, ohne darauf noch extra hinweisen zu müssen. Zumal sie mit dem Anspruch antreten, Anlegern eine professionelle Verwaltung ihrer Gelder anzubieten. Zwar sind auch professionelle Anleger nicht vor vielen typischen Investmentfehlern gefeit, doch sollten Risikomanagementsysteme dafür sorgen, dass diese sich in Grenzen halten.