Biotechnologiefonds als Fels in der Brandung

Trotz der Verwerfungen an den internationalen Börsen führt die Branche ein gewisses Eigenleben und konsolidiert sich selbst.

Simon Nöth 26.09.2008
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Allgemein gelten Engagements in der Gesundheits- und Pharmabranche als eher defensive Investments. Biotechwerte, die ebenfalls in diesen Bereich fallen, können hingegen stärkeren Kursschwankungen ausgeliefert sein. Die Ursachen liegen oftmals außerhalb konjunktureller Einflüsse. Rückschläge in der Forschung, Entscheidungen der Aufsichtsbehörden oder Spätfolgen von Medikamenten können verheerende Kursreaktionen auslösen. Die Volatilität der Biotechfonds verdeutlicht dies. Über drei und fünf Jahre zeigen die Fonds eine 40% höhere Volatilität als globale Blue Chips.

Seit Jahresanfang präsentieren sich die Biotechs hingegen stark. Der MSCI Biotechnology liegt mit 17% im grünen Bereich. Die Biotechfonds können dieser Performance bis dato nur neidvoll applaudieren. Sie verzeichnen

ein Minus von 5%. Im zwölf Monatszeitraum entwickelten sich die Fonds trotz der Finanzkrise mit -11% vergleichsweise gut, verloren die anderen Sektorfonds zwischen 20% und 40% (Ausnahme Healthcare- und Energiefonds).

Der Grund, warum die Fonds nicht an die gute Performance des MSCI Biotechnology heran reichen, liegt in der Konstruktion des Index. Der MSCI Biotechnology besteht nur aus zwölf Aktien. Die größten vier Aktien repräsentieren 70% des Index. Das deutsche Investmentgesetz erlaubt hingegen keine höhere Gewichtung als 10% für Einzelpositionen, so dass es für die Fonds schwer ist, mit dem Index in einem positiven Marktumfeld Schritt zu halten.

Europa holt auf

Im Gegensatz zum Index ist Amgen in den Biotechfonds nicht die erste Wahl. Dennoch kommt das umsatzstärkste Biotech-Unternehmen in den Fonds auf 6%. Vor ihm rangieren die nach Umsatz und Marktkapitalisierung kleineren Gilead Sciences und Celgene mit 7,5% und 7%. Das Umsatzwachstum von Celgenes Medikament Revlimid steuerte erheblich zu dem guten Ergebnis des zweiten Quartals bei.

In den Portfolios der Biotechfonds spielen börsennotierte deutsche Biotechwerte nur eine untergeordnete Rolle. Qiagen und Morphsys sind in den Portfolios mit 0,7% und 0,11% gewichtet. US-Titel repräsentieren immer noch 83% des Portfolios. Lediglich sieben Fonds haben 25% und mehr in europäische und asiatische Biotechs investiert. Nur im UniSektor Gentech stellen europäischen und asiatischen Biotechwerten mehr als die Hälfte des Portfolios. Die größten nicht US-Biotechwerte in den Fonds sind die dänischen Unternehmen Nova Nordisk und Genmab, die im Schnitt zusammen auf 4% kommen.

Auch wenn die Dominanz der US-Unternehmen erdrückend scheint, hat sich der Anteil in den Fonds in den vergangen drei Jahren von 90% auf 83% gesenkt. Das passt auch zu den Ergebnissen von Ernst&Young in ihrem Global Biotechnology Report . Wenn man die Übernahme von Serono durch Merck KGaA ausschließt, ist der Umsatz der europäischen Unternehmen im vergangenen Jahr um 20% gewachsen. Auch die Produkte in der klinischen Phase sind im abgelaufenen Kalenderjahr um 10% gestiegen.

In Deutschland sind 28 verschiedene Investmentfonds mit dem Anlageschwerpunkt Biotechnologie zum Vertrieb zugelassen. Sie kommen zusammen auf ein Volumen von 3,5 Mrd. Euro, allerdings vereinnahmt der Biotechfonds von Pictet 1,8 Mrd. Euro davon. Der Fonds ist auch der älteste in Deutschland zugelassene und schneidet über diverse Zeiträume besser als seine Vergleichsfonds ab. Pictet greift dabei auf das Know-how des externen Beraters Sectoral Asset Management zurück, dessen Fondsmanager Michael Sjöström den Fonds verwaltet.

Markttrends

Die guten Nachrichten sorgten für ein positives Marktumfeld für Biotechs im ersten Halbjahr. Die Konsolidierung in der Biotech-Branche setzte sich weiter fort. Außerdem gab es einige erfreuliche Neuigkeiten von der Produktseite und überraschend gute Unternehmensdaten für das zweite Quartal.

Der Schweizer Pharmariese Roche unterbreitete den Aktionären von Genentech ein erstes Angebot von 89 US-Dollar je Aktie, welches als zu niedrig abgelehnt wurde. Es wird mit einer zweiten Offerte gerechnet, die eher in der Nähe von 100 US-Dollar je Anteilsschein angesiedelt sein wird. Roche besaß vor dem Übernahmeangebot bereits 56% der Aktien. Bristol Myers Squibb befindet sich ebenfalls auf Einkaufstour. Im Juli gab der britische Pharmakonzern bekannt, ImClone für umgerechnet 3,5 Mrd. Euro übernehmen zu wollen. Das Angebot wurde Anfang September jedoch von ImClone zurückgewiesen. Auch Bristol Myers Squibb hält bereits 17% der Anteile des Übernahmekandidaten. Bereits im Juni zuvor wurde Kosan Bioscience für 130 Mio. Euro von Bristol Myers übernommen. Im Frühjahr erwarb Novartis das Biotech-Unternehmen Speedel für umgerechnet 590 Mio. Euro.

Es überrascht nicht, dass die großen Pharmaunternehmen unter den Biotech-Firmen wildern. Für beide Seiten kann langfristig eine Win-Win Situation entstehen, wenn ein finanzstarker Pharmakonzern ein innovatives aber kleines Biotech-Unternehmen übernimmt. Denn die Kosten für die Entwicklung der Medikamente sind enorm und für kleine Unternehmen nur schwer zu stemmen. Durch die Finanzkrise haben sich zudem die Rahmenbedingungen für Fremdfinanzierungen nicht zum Positiven verändert. Auf der anderen Seite laufen diverse Patente auf Medikamente aus und die Generika werden bei den Pharmaunternehmen zu Umsatz- und Gewinneinbußen führen.

Ein Engagement in Biotechs eignet sich lediglich als Beimischung im Portfolio. Anleger positionieren sich damit hauptsächlich im Nebenwertebereich. Für diese Branche ist trotz positiver Nachrichtenlage Ausdauer und Risikobereitschaft gefragt.
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Über den Autor

Simon Nöth  ist Fondsanalyst bei Mornigstar