'Wir verstehen uns als Langstreckenläufer.'

Der MainFirst avant-garde Stock Fund investiert in europäische Blue Chips. Morningstar sprach mit Fondsmanager Anko Beldsnijder über seine Anlagephilosophie.

Simon Nöth 09.11.2009
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Morningstar: Herr Beldsnijder, könnten Sie uns bitte die Anlagephilosophie des avant-garde Stock Fund skizzieren?

Gerne. Der Fonds verfolgt einen so genannten Quality-Growth-Stil. Das heißt, wir setzen insbesondere auf qualitativ hochwertige Wachstumsaktien. Um qualitativ gute von schlechten Werten zu unterscheiden, wird ein von uns entwickelter Qualitätsfilter verwendet. Wir analysieren u.a., ob ein Unternehmen über eine führende Marktposition verfügt und das Gewinnwachstum höher als das der Wettbewerber ausfällt. Auch die nachweisbaren Erfolge des Managements sind uns wichtig. Außerdem wird geprü

ft, ob ein Geschäftsmodell transparent und an klaren finanziellen Zielen ausgerichtet ist. Schließlich schauen wir uns an, ob die IT strategisch eingesetzt wird, da dies erfahrungsgemäß zu Wettbewerbsvorteilen führt. Unternehmen, die diese fünf Qualitätskriterien erfüllen, erzielen in der Regel über einen Konjunkturzyklus betrachtet höhere Renditen als andere. Das alleine reicht uns aber nicht. Die Unternehmen, an denen sich der MainFirst avant-garde Stock Fund beteiligt, müssen über einen langen Zeitraum kontinuierlich wachsen. Denn Wachstumstitel haben in Bezug auf die Profitabilität im Vergleich mit herkömmlichen Firmen zumeist die Nase vorn. Regional sind wir auf Westeuropa fokussiert.

Morningstar: Wie setzen Sie diese Strategie in ihrem Fonds um?

Anhand unseres Qualitätsfilters selektieren wir unsere Investmentkandidaten. Dieser Vorauswahl am Schreibtisch folgt in der Regel eine intensive Diskussion mit dem Management. Wir wollen im direkten Gespräch den Führungskräften auf den Zahn fühlen. Pro Jahr führen wir deswegen mehrere Hundert Einzelgespräche mit Vorständen. Am Ende des Analyseprozesses bleiben 60 bis 80 Titel, die wir für aussichtsreich halten. Die Aktienanalyse kombinieren wir grundsätzlich mit einer Bewertung der entsprechenden Branchen. Zurzeit halten wir beispielsweise Versicherer und Konsumgüter für interessant und gewichten diese Sektoren über. Wir können aber auch zu dem Schluss kommen, dass ein qualitativ hochwertiges Unternehmen aus einer unattraktiven Branche kaufenswert ist. So gefällt uns die spanische Telefonica gut, denn das Unternehmen ist stark auf den südamerikanischen Wachstumsmärkten positioniert. Das überwiegt den Nachteil, dass die europäischen Telekomunternehmen kaum Wachstum erzielen oder aufgrund des aktuellen wirtschaftlichen Umfeldes eher unter rückläufigen Gewinnen leiden. Bei dem mehrstufigen Investmentprozess wird unser vierköpfiges Fondsmanagementteam von rund zwei Dutzend hauseigenen Analysten unterstützt. Außerdem informieren uns ausgewählte externe Researchteams.

Morningstar: Worin liegen die Stärken Ihres Ansatzes?

In der Vergangenheit haben wir eine bessere Performance als der Markt liefern können. So ist der MainFirst avant-garde Stock Fund seit seiner Auflage im Jahr 2004 bis heute um knapp 20% besser gelaufen als der Vergleichsindex, der DJ Stoxx 600. Wir verstehen uns als Langstreckenläufer, d.h., dass wir kurzfristig durchaus auch mal hinten liegen können.

Morningstar: Seit Ausbruch der Finanzkrise im Sommer 2007 liegt die Strategie hinter ihrer Benchmark (DJ Stoxx 600) und dem Morningstar Kategorieindex (MSCI Europe Growth). Was sind die Gründe dafür?

In den vergangenen Jahren haben die Anleger vor allem auf qualitativ minderwertige und risikoreiche Aktien gesetzt. Beispielsweise kauften sie reihenweise Restrukturierungskandidaten anstatt Unternehmen, die bereits solide Gewinne erwirtschafteten. Ein hoch verschuldetes Unternehmen wie Renault wurde einer Firma wie BMW vorgezogen, obwohl die Bayern in der Vergangenheit bewiesen haben, dass sie viel innovativer sind und in fast allen Marktphasen in der Lage sind, gute, zum Teil sehr hohe Gewinne zu erwirtschaften. Dieser Herdentrieb hat dazu geführt, dass in den vergangenen Monaten qualitativ minderwertige Aktien deutlich besser gelaufen sind als die Qualitätstitel unseres Fonds. Es gibt aber gute Gründe und erste Anzeichen dafür, dass sich diese Entwicklung zu unseren Gunsten dreht. Langfristig betrachtet muss ein Unternehmen, das kontinuierlich hohe Gewinne erzielt, höher bewertet werden als eine hoch verschuldete Gesellschaft, die ums Überleben kämpft.

Morningstar: Welche Risiken birgt die Strategie?

Die Risiken sind eigentlich überschaubar. Die Aktien in unserem Fonds verfügen zum Teil über historisch niedrige Bewertungen. Wann konnten Sie schon mal eine Novartis mit einem KGV von 11 kaufen, oder eine Roche mit einem KGV von 10? Oder schauen Sie sich die französische BNP an. Diese Bank notiert derzeit deutlich unter dem langfristigen Preis-Buchwert-Verhältnis. Solche (negativen) Übertreibungen sind immer nur von begrenzter Dauer. Zwar bleibt weiterhin unsicher, wie schnell und wie nachhaltig sich die Konjunktur erholen wird. Jedoch kann man festhalten, dass ein kräftiges Wachstum der Geldmenge M1 in Verbindung mit einer besonders steilen Zinskurve sehr gute Bedingungen darstellen.

Morningstar: Wie schätzen Sie die Zukunft für ihre Strategie ein und wo sehen Sie allgemein Chancen?

Allgemein glauben wir, dass Aktien weiter steigen werden. Es sind einfach enorme Mengen an Liquidität in den Märkten, die nach attraktiven Renditen suchen. Bei Anleihen oder Geldmarktfonds bekommen Sie diese aber nicht mehr. Gleichzeitig sind die meisten institutionellen Anleger bei Aktien stark untergewichtet. Sie müssen sich jeden Tag rechtfertigen, warum sie bei der Rally nicht dabei sind. Wir erwarten, dass die Anleger wieder vermehrt rationalen Fakten und fundamentalen Daten Beachtung schenken. Es ist langfristig höchst unwahrscheinlich, dass potenzielle Pleitekandidaten höher bewertet werden als Qualitätstitel. Vor allem hoch verschuldete Unternehmen dürften es künftig schwer haben. Denn sie müssen schlechtere Zinskonditionen verkraften als finanziell solide aufgestellte Firmen. Die höheren Kosten bei der Refinanzierung gehen natürlich zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit – davon profitieren qualitativ hochwertige Aktiengesellschaften. Solche Zusammenhänge rücken wieder stärker in den Fokus der Anleger. In den vergangenen Wochen entwickelte sich unser Portfolio schon wieder besser als der Markt.

Morningstar: Für welchen Anleger ist Ihr Fonds geeignet?

Der Fonds ist sowohl für Profis wie Versicherungen oder Pensionsfonds geeignet als auch für den Privatanleger. Wer glaubt, dass die Weltwirtschaft nicht untergehen wird, sollte einen Teil seines Kapitals in Aktien investieren. Wie viel genau, hängt sicherlich vom Alter und von der Risikoneigung ab. Es mehren sich die Anzeichen, dass die Anleger wieder die Spreu vom Weizen trennen und Qualität wieder mehr in den Vordergrund rücken wird. Für Spekulanten und Trader ist unser Fonds allerdings nicht geeignet. Denn uns kommt es nicht auf die kurzfristige Kursentwicklung an, sondern auf den langfristigen Erfolg. Es gibt schon mal Monate, in denen wir hinten liegen. Aber wir verfolgen seit 15 Jahren dieselbe Anlagephilosophie. Und in dieser Zeit gab es nur ein Jahr, wo wir nicht besser abschnitten als der Gesamtmarkt.

Herr Beldsnijder, besten Dank für das Interview.

Das Interview führte Simon Nöth.

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Über den Autor

Simon Nöth  ist Fondsanalyst bei Mornigstar