An China scheiden sich die Geister

Asien-Fondsmanager sehen mehr Risiko als Chancen im Reich der Mitte. Zunächst zumindest.

Ali Masarwah 02.11.2011
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Bei wohl kaum einer Fondskategorie ist das Wörtchen „ex“ so entscheidend wie bei der Vergleichsgruppe der Fonds „Asien ex Japan“. In der vergangenen Dekade war der Ausschluss Japans aus dem Anlageuniversum asiatischer Aktien eine Selbstverständlichkeit für Investoren und auch Fondsanbieter: Der Deflationsherd Japan gilt als nachhaltig verbranntes Terrain inmitten einer boomenden Wirtschaftsregion, die von China scheinbar unaufhaltsam nach vorne gedrängt wurde. Wurde?

Im laufenden Jahr hat der Nimbus Chinas als Wachstumsmotor einige Kratzer abbekommen. Freilich: Die Wachstumsrate der chinesischen Wirtschaft ist nach wie vor beeindruckend nach westlichen Maßstäben: Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 9 %. Doch es ist zum einen eine Frage der Maßstäbe; das ist die niedrigste Wachstumsrate in zwei Jahren, die zudem angesichts einer Inflationsrate von gut 6 Prozent im September einiges an Strahlkraft verloren hat. Die Sorgen über die Zukunft des Reichs der Mitte wachsen, zumal die Importmärkte USA und – vor allem – Euroland sich wackelig zeigen.

Die Unsicherheit frisst sich in die Performance der Aktienmärkte: China-Aktien zählen zu den Verlierern in diesem Jahr. Per Ende Oktober hat der MSCI China 16,2 % verloren. Der breit aufgestellte MSCI Emerging Markets büßte mit einem Minus von 14,9 % einen Tick weniger, der MSCI AC Asien ex Japan kam mit minus 13,5 Prozent besser weg (ironischerweise verzeichnete der Nikkei 500 „nur“ ein Minus von 10,3 %). Zum Vergleich: Die Aktienmärkte der Industrieländer mussten in den ersten zehn Monaten Verluste von zwischen 2,5 % (S&P 500) und 11,2 % (DAX 30) hinnehmen.

Entsprechend vorsichtig geben sich Asien-Fondsmanager bei der Einschätzung der Perspektiven für China. „Die jüngsten Daten zeigen, dass sich die Konjunktur abschwächt, zugleich sind die Inflationsraten beständig hoch“, sagt Grant Yun Cheng, Leiter Aktien Emerging Markets bei Union Investment. Er fügt allerdings hinzu: „Wir erwarten nicht, dass es eine harte Landung der Wirtschaft gibt. „Der Übergang von einer export- zu einer konsumgetriebenen Ökonomie ist beschritten, auch wenn das Zeit brauchen wird“, ist er sich sicher.

Ein Blick auf die Moriningstar-Daten zu den Asien-ex-Japan-Fonds zeigt, dass die Fondsmanager China-Aktien im Durchschnitt hoch gewichtet haben. Ausgedrückt an der Gewichtung von Aktien aus dem MSCI China liegt der Durchschnitt in der Vergleichsgruppe bei 26,7 Prozent des jeweiligen Fonds. Das sind drei Prozentpunkte mehr als beim Vergleichsindex MSCI AC Asien ex Japan. Unsere Übersicht zeigt die Aktienprodukte mit der niedrigsten China-Quote. Die gesamte Vergleichsgruppe umfasst 81 Fonds. Etlichen hat die Abstinenz gut getan, wie die Performance-Übersicht für dieses Jahr zeigt.

Rang Aktien Asien ex Japan  Anteil China Rendite 2011* Rang Peer Group
1. LuxTopic - PACIFIC 11,43 -21,63 63
2. Schroder ISF Pacific Eq A Acc 15,54 -12,10 2
3. Meinl Asia Capital A 15,23 -14,42 7
4. UniEM Fernost 13,72 -16,37 16
5. HSBC GIF Asia ex Jap Eq Sm Co A 12,51 -21,87 65
6. KBC Equity High Dividend New Markets Acc 16,34 -19,08 39
7. Melchior Asian Opportunities A GBP 20,20 -21,88 66
8. SEB Choice Asia ex Japan C 16,39 -10,38 1
9. UBS (Lux) KSS 2 Asian Eqs 130/30 USD P 17,19 -19,36 41
10. Allianz RCM Little Dragons A 23,79 -21,90 67
         
  Durchschnitt der Fondsvergleichsgruppe 26,92 -18,80  

* Performance vom 1.1. bis 25.10.2011, Quelle: Morningstar Direct

Vor allem bei Aktien von Unternehmen, die ihren Firmensitz auf dem chinesischen Festland haben, winken viele Fondslenker ab. „Die meisten Aktien am chinesischen Aktienmarkt sind unattraktiv. 75 % des MSCI China besteht aus staatlich kontrollierten Firmen“, sagt Robin Parbrook, Leiter asiatische Aktien (ex Japan) bei Schroders. Und fügt hinzu: „Mit 40 % ist das Gewicht von Banken, Versicherern und Immobilienentwicklern im Index hoch – und das sind die Bereiche, die von der Finanzkrise getroffen werden". Folgerichtig ist der Schroder ISF Pacific Equities mit 13,3 % China-Anteil deutlich konservativer aufgestellt als der Durchschnitt der Peer Group. Dies gilt auch für den SEB Choice Asia ex Japan Fund, der derzeit von Schroders verwaltet wird. Beide Fonds zählen in diesem Jahr zu den besten Produkten dieser Kategorie, wie die Performance-Rangliste in der Spalte links in der oberen Tabelle zeigt.

Parbrook warnt grundsätzlich vor einer zu optimistische Sicht auf die Perspektiven der chinesischen Wirtschaft: „Wir sind der Meinung, dass die überschüssigen ländlichen Arbeitskräfte in die chinesische Wirtschaft absorbiert wurden". Die Folgen: Das Wachstum werde künftig strukturell niedriger ausfallen als bisher. Bei der aktuellen Abschwächung handelt es sich laut Schroders also nicht um ein bloßes zyklisches tief. „Wenn Regierungen in einer derartigen Übergangsphase gegensteuern und wachstumsfördernde Schritte einleiten, droht die Gefahr von spekulativen Blasen. Diese Gefahr sehen wir heute bei China“, warnt Parbrook von Schroders.

Droht China also der konjunkturabsturz - und Investoren eine Beschleunigung der Baisse? Das sehen viele Fondsmanager nicht so pessimistisch. Etwa Jan Ehrhardt von der Pullacher Vermögensverwaltung DJE Kapital etwa konzediert zwar, dass sich die restriktivere Politik der chinesischen Notenbank negativ auf die Wirtschaftsentwicklung auswirken und das gesamte Wachstum der Anlageinvestitionen zurückgehen werde. „Dies wird sich allerdings künftig zu Gunsten des Binnenkonsums verschieben. Eine Stagflation sehe ich daher nicht“, so der Fondsmanager des DJE Asien High Dividend. Im Gegensatz zu den Fonds in der Tabelle weist er eine relativ hohe China-Quote von gut 30 Prozent auf.

„Abkühlung: ja, Crash: nein”, so lässt sich das Szenario vieler Fondsmanager zusammenfassen. „Wir sehen auch am Immobilienmarkt keine Blasenbildung, da die Nachfrage nach wie vor sehr stark ist und der Urbanisierungsprozess unverändert im Gange ist“, sagt etwa Grant Yun Cheng von Union Investment. Insgesamt erwartet er für dieses Jahr ein BIP-Wachstum von 9% in diesem und 8,5 % im kommenden Jahr. Allerdings: Auch bei Union Investment agiert man vorsichtig: Die Gewichtung Chinas im Aktienfonds UniEM Fernost ist mit 16,3 % deutlich unter dem Niveau der meisten anderen asiatischen Aktienfonds.

Welche Asien-Fonds im qualitativen Morningstar-Rating überzeugt haben, finden Sie hier.

 

 

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Über den Autor

Ali Masarwah

Ali Masarwah  Ali Masarwah war von 2011 bis Frühjahr 2021 als Chefredakteur für die deutschsprachigen Anleger Websites von Morningstar verantwortlich