Aktienfonds-Investoren haben in den vergangenen 12 Monaten ein Wechselbad der Gefühle durchlebt. Anfang 2011 war die Aktienerholung, die im Frühjahr 2009 eingesetzt hatte, noch in vollem Gange. Nach dem kurzen, für die Märkte folgenlosen Fukushima-Schock im März 2011 brachen dann die Kurse im Sommer des vergangenen Jahres auf breiter Front ein, nur um seit Anfang 2012 wieder zur Aufholjagd überzugehen. Wer will es dem Anleger verübeln, wenn er sich verunsichert zeigt? Die Geldanlage-Profis müssten solche Märkte besser handeln. Zumindestens der Idee nach. Wir erinnern uns: Seit Jahren predigt die Fondsbranche, dass die Anlagezyklen immer kürzer, die Kursverläufe immer unberechenbarer werden. Otto-Normalanleger, so die Botschaft der Geldverwalter, möge sein Geld den Profis anvertrauen, um sein Portfolio sicher durch die Kapitalmarktstürme zu navigieren.
Wir haben die Vermögensverwalter beim Wort genommen und wollten nun sehen, wie sich die besten international investierenden Aktienfonds seit Jahresanfang geschlagen haben. Für diese Untersuchung haben wir uns für die Fonds mit langfristigen Performance-Historien entschieden. Um nur erfahrene Fondsmanager bzw Fonds mit etablierten Investmentprozessen zu erfassen, haben wir Standardwertefonds berücksichtigt, die seit März 2003 am deutschen Fondsmarkt zugelassen sind. Dafür haben wir die 3 Morningstar-Kategorien „Standardwerte Blend“, „Standardwerte Value“ und „Standardwerte Growth“ zu einer Gruppe zusammengefasst. Die 310 Fonds (einschließlich Dachfonds) haben wir zur besseren Übersichtlichkeit in Dezile aufgeteilt.
In unserer Untersuchung haben wir das erste Dezil der langfristigen Outperformer-Fonds ausgewertet. Dabei haben wir nicht die bloße Performance verwendet, sondern, um Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen, nach der besten risikoadjustierten Rendite von März 2003 bis Ende 2011 sortiert.
Im nächsten Schritt haben wir uns angesehen, wie sich die Gruppe der besten globalen Aktienfonds in diesem Jahr geschlagen hat. Insgesamt umfassen die Fonds des ersten risikoadjustierten Performance-Dezils 32 Produkte. Den Schnitt für die Auswertung haben wir zum 29. Februar gemacht.
Die untere Tabelle zeigt, dass mehr als die Hälfte der besten Fonds nicht in der Lage war, an ihre langfristig gute Bilanz anzuknüpfen. 18 Produkte landeten in diesem Jahr in den drei untersten Performance-Dezilen aller global investierenden Aktienfonds am Markt. Keiner dieser 18 Fonds konnte eine bessere Rendite erzielen als der Aktienindex MSCI World NR, in absoluten Zahlen nicht und schon gar nicht risikoadjustiert. Die Underperformer-Fonds haben wir rot markiert. Fonds, die im 4.,5., 6. und 7. Quartil, also im Mittelfeld gelandet sind, haben wir gelb unterlegt. Grün unterlegt ist die – kleine – Gruppe der Outperformer in diesem Jahr.
Tabelle: Grün ist die Hoffnung: Die Gruppe der Fonds im ersten Performance-Dezil 2003-2012
Sortierkriterium: Risikoadjustierte Performance März 2003 bis Dezember 2011. Farbliche Unterlegung signalisiert gutes (grün), durchschnittliches (gelb) und schlechtes (rot) Abschneiden 2012, Quelle: Morningstar Direct.
Der erste Teil unserer Auswertung umfasst die große Gruppe der Underperformer in diesem Jahr. Wie ist diese Underperformance zu bewerten? Hat die Mehrzahl der langfristig guten Fondsmanager ihr Handwerk verlernt? Wahrscheinlich wären an dieser Stelle philosophische Überlegungen zu den Begriffen "gut" und "langfristig" an der Tagesordnung, doch wir wollen unsere Untersuchung von der praktischen Seite angehen. Zunächst sollte man die Ergebnisse nicht überbewerten. Die Untersuchung umfasst nur zwei Monate. Einerseits. Andererseits sind es gerade die Sollbruchstellen zwischen zwei Marktphasen, die interessante Rückschlüsse auf die Natur von Investmentprozessen erlauben.
Halten wir fest: Das aktuelle Marktgeschehen ist für viele Manager schwer zu lesen. Wir erinnern uns: Der erste Tender der Europäischen Zentralbank (EZB), vulgo: "Bazooka", war Ende Dezember. Mit ihm hat die EZB den europäischen Banken für bis zu 3 Jahre sehr viel Geld zu extrem günstigen Konditionen zur Verfügung gestellt. Das gab den Startschuss für den Wiedereinstieg von Anlegern in Risiko-Anlagen. Mit der zweiten „EZB-Bazooka“ wurde dann Ende Februar gut eine halbe Billion Euro in dem Markt gepumpt, 800 europäische Banken versorgten sich mit Liquidität.
Neben der abrupten Rettungsaktion der EZB, die so nicht erwartet worden war, kommt hinzu, dass viele Marktteilnehmer Ende 2011 noch viel pessimistischer für die Konkjunkturentwicklung waren als es dann die realen Daten in den ersten zwei Monaten 2012 hergegeben haben. Seit Jahresanfang haben die Marktindizes indes eine Konjunkturaufhellung gespielt und breiter Front zugelegt – bis zu 20 Prozent bei Schwellenländern wie Indien, Russland und der Türkei, aber auch Dax, SMI und Euro Stoxx 50 stiegen per Ende Februar um zwischen 8 und 16%.
Wer nun erwartet, dass die Manager der Top-Fonds nahtlos den Switch von Baisse auf (Liquiditäts-) Hausse mitgemacht haben, kann nur enttäuscht werden. Fundamental agierende Fondsmanager mit stabilen Prozessen neigen nicht dazu, bei rasant steigenden Kursen ihre Fahne nach dem Wind zu hängen. Insofern bestätigt unsere Untersuchung die allgemeine Feststellung: Die meisten Fonds, die langfristig am besten performen, zeichnen sich dadurch aus, dass sie Verluste in der Baisse minimieren, nicht jedoch dadurch, dass sie in Hausse-Phasen ganz oben mitschwimmen. Auch wenn einige international anlegende Aktienfonds Schwellenländer hoch gewichtet haben, werden sie kaum die Hausse in Thailand, Indonesien, der Türkei (und Griechenland) 2012 umfassend mitgenommen haben.
Beispielhaft hierfür sind die beiden Fonds mit der langfristig höchsten risikoadjustierten Rendite: der Amundi International und der FvS Aktien Global. Beide Produkte zählen zu den schlechtesten in diesem Jahr und landen im zehnten, also im letzten, Dezil der global anlegenden Fonds.
Tabelle: Die Ersten werden die Letzten sein, hier jedenfalls von Januar bis März 2012
Sortierkriterium: Risikoadjustierte Performance 2003 bis 2012, Quelle: Morningstar Direct.
Ein etwas tieferer Blick in die Portfolios zeigt, dass beide Fonds mit Cash- und Anleihen-Quoten von rund 20% ins neue Jahr gegangen sind. Zudem haben beide Fonds auch innerhalb der Risiko-Assets soweit wie möglich auf Sicherheit gesetzt. Davon zeugt die Hohe Gewichtung von Barrick Gold (FvS) und dem SPDR Gold Shares (Amundi). Sicherheit stand (und steht) also bei beiden Fonds auf der Agenda. (Mehr zur Aufstellung des FvS-Fonds lesen Sie hier im Fondsmanagerinterview).
Viele Fondsmanager, die sich langfristig behauptet haben, zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie auf Firmen mit soliden Geschäftsmodellen setzen, die gemessen an ihrem Börsenkurs unterbewertet sind. So geht auch Fondsmanager Rajiv Jain vor, der für den Vontobel Global Value Equity verantwortlich ist. Er sucht nach Aktien, die stetig und profitabel wachsen und bevorzugt transparente Geschäftsmodelle und Bilanzen. Ähnlich das Vorgehen der Fondsmanagements des Fonds BL-Global Equities B. Auch hier verfolgt man die Maxime Warren Buffetts, nicht in Firmen zu investieren, deren Geschäftsmodelle schwer zu durchschauen sind. Banken sind typischerweise bei solchen Produkten untergewichtet. Finanztitel haben allerdings die Rally in diesen Jahr angeführt.
Die letzte, dritte Tabelle weiter unten soll das oben Gesagte illustrieren. Sie zeigt die Performance der schlecht gestarteten Fonds in der vorangegangenen Marktphase, also von Anfang August bis Ende Dezember 2011. Die Underperformer-Fonds von August bis Dezember 2011 haben wir rot unterlegt. Fonds, die im 4.,5., 6. und 7. Quartil, also im Mittelfeld gelandet sind, haben wir gelb unterlegt. Grün unterlegt ist die Gruppe der Outperformer.
Tabelle: Viele Langfrist-Outperformer zeigen Stärken in der Baisse: August bis Dezember 2011.
Sortierkriterium: Risikoadjustierte Performance 2003 bis 2012, Quelle: Morningstar Direct.
Die Tabelle zeigt, warum unsere vier Beispiel-Fonds zu den besten Produkten am Markt zählen. In der letzten Baisse sind sie in den obersten beiden Performance-Dezilen gelandet. Der Amundi International, FvS Aktien Global, Vontobel Global Value Equity und BL Global Equities haben durch ihre defensive Qualitätsorientierung Verluste für Kunden (nicht nur) 2011 begrenzt. Insofern ist ihre Underperformance 2012 nichts anderes als das Spiegelbild ihrer Outperformance in der Baisse 2011. Auch in anderen Schwäche-Phasen an den Märkten haben diese Fonds im Großen und Ganzen überzeugt. In starken Aufwärtstrends können die Fonds den Anschluss an die Konkurrenz verlieren, doch auf längere Sicht hat sich dieser defensive Ansatz bezahlt gemacht (lesen Sie hier unsere Langfristauswertung zu internationalen Aktienfonds).
Und die Moral der Geschicht? Kein blindes Vertrauen, sondern Einzelfonds-Analyse
Ist also allen Top-Fonds der Vergangenheit die Absolution zu erteilen? Ist den langfristigen Top-Performern ungeachtet kurzfristiger Trends also „blind“ zu vertrauen, also auch, wenn sie "ab und zu" in den Rankings weit hinten landen? Auf keinen Fall. Vielmehr soll unsere quantitative Analyse Anlegern den Ansporn geben, die richtigen Fragen zu stellen. Die wohl wichtigste ist die nach dem "warum". Es kommt darauf an, sich sehr genau die Gründe für die Out- und Underperformance von Fonds anzusehen.
Bei einigen Fonds sind die Gründe für die jüngste Underperformance wenig problematisch. Wer sich an fundamentalen Unternehmensdaten orientiert, günstige Unternehmen mit einfachen Geschäftsmodellen kauft, landet in diesen Zeiten eher selten bei den Aktien von Investmentbanken und anderen Finanzdienstleistern. Und nimmt entsprechend an der Bankaktien-Hausse nicht teil.
Einige Fonds, die wir in der obersten Tabelle rot unterlegt haben, zeichnen sich indes durch sehr spezielle Investmentprozesse aus, die Anleger beachten müssen. Drei der Fonds unserer Auswahl sind Trendfolger. Der RAM Dynamisch, C-Quadrat Arts Best Momentum und der RWS Dynamik verfolgen prozyklische Handelsstrategien: Wenn die Märkte steigen, erhöhen sie den Anteil der Risikoassets, wenn die Märkte fallen, steigt der Anteil der risikoarmen Assets (oft Cash). Probleme haben derartigen Handelsmodelle, wenn die Märkte abrupte Richtungswechsel vollziehen. Fehlen die Trends, produzieren solche Fonds entweder Kosten oder verharren im Cash (was wiederum hohe Opportunitätskosten mit sich bringt).
Die Frage, warum sich Trendfolger relativ häufig in der Tabelle der besten Langfrist-Performer finden, ist ebenfalls spannend und zeigt die Grenzen quantitativer Fondsauswertungen auf, die mit Rendite- und Risikokennzahlen aus der Vergangenheit arbeiten. Die Trendfolgerfonds in unserer Auswahl zehren auch heute noch von den Marktphasen mit ausgeprägten Trends. Und die rücken immer mehr in die Vergangenheit: Wer im Frühjahr 2000 das Aktienbaisse-Signal empfing und, bildlich gesprochen, bei der Aktienquote auf Tauchstation ging, konnte bis zum Frühjahr 2003 eine starke Outperformance gegenüber vielen fundamental arbeitenden Fondsmanagern aufbauen. Dann kam die lange Hausse von 2003 bis Ende 2007, auf welche die – zwar die nicht so lange aber dafür umso stärker ausgeprägte – Baisse bis ins Frühjahr 2009 folgte. Das waren die Sternstunden der Trendfolger. Seitdem treten die Momentum-Stars von gestern allerdings zumeist auf der Stelle. Investoren, die einen Trendfolgefonds kaufen, müssen also der Meinung sein, dass wir heute entweder an der Schwelle einer langfristigen Hausse stehen, oder dass die Euro-Zone uns mehr Probleme bereiten wird, als es derzeit den Anschein hat. Wer dagegen der Meinung ist, dass sich scharfe Korrekturen und schwungvolle Aufwärtsphasen in schneller Folge ablösen werden, sollte von Trendfolgern die Finger lassen.
Am kommenden Montag lesen Sie, welche langfristigen Outperformer-Fonds das Unwahrscheinliche geschafft haben und auch 2012 vorne liegen. Und, vor allem, warum.